Verwaltungsgericht Osnabrück
Beschl. v. 24.04.2009, Az.: 5 B 29/09
Antrag; Antragsformular, amtliches; Antragsfrist; Aufenthaltserlaubnis; Schriftform; konkludent; mündlich
Bibliographie
- Gericht
- VG Osnabrück
- Datum
- 24.04.2009
- Aktenzeichen
- 5 B 29/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 44508
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOSNAB:2009:0424.5B29.09.0A
Rechtsgrundlagen
- 81 I AufenthG
- 81 III 1 AufenthG
- 95 I Nr 2 AufenthG
- 39 Nr 6 AufenthV
- 41 III AufenthV
- Art 21 Abs 1 SDÜ
Amtlicher Leitsatz
Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis kann auch mündlich oder durch konkludentes Verhalten bei der Ausländerbehörde gestellt werden. Die Verwendung eines amtlichen Antragsformulars ist in § 81 Abs. 1 AufenthG nicht vorgeschrieben, sodass die Erlaubnisfiktion des § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nicht erst mit Eingang eines schriftlichen Antrages bei der Ausländerbehörde zugunsten des Antragstellers greift. Die Frist nach §§ 39 Nr. 6, 41 Abs. 3 AufenthV ist mit mündlicher oder konkludenter Antragstellung ebenfalls gewahrt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Ablehnung seines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
Er ist nigerianischer Staatsangehöriger und reiste im September 2007 als Inhaber eines bis zum 02.02.2009 befristeten griechischen Aufenthaltstitels in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 20.09.2007 heiratete er in Dänemark standesamtlich die deutsche Staatsangehörige G.H.I.. Am 01.10.2007 sprachen der Antragsteller und seine Ehefrau bei dem Sachbearbeiter des Antragsgegners, Herrn J., persönlich vor und begehrten unter Vorlage ihrer Heiratsurkunde und ihrer Pässe den dauerhaften Aufenthalt des Antragstellers in Deutschland. Der Sachbearbeiter übergab dem Antragsteller einen Formularantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels und erläuterte diesem ausweislich einer von ihm gefertigten Gesprächsnotiz, dass dieser mangels ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache derzeit nicht die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erfülle. Er dürfe sich aber aufgrund des griechischen Aufenthaltstitels gegenwärtig in der Bundesrepublik aufhalten. Diese Zeit solle er nutzen, um die erforderlichen Sprachkenntnisse, z.B. durch Belegung eines Sprachkurses bei der Volkshochschule, zu erwerben. Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Sachbearbeiter der Antragsgegnerin - ggf. in einem nachfolgenden Telefonat - auf dem Nachweis von Sprachkenntnissen auf dem Niveau A1 oder B1 bestand und ob er den Antragsteller und dessen Ehefrau auf die Dauer des aufgrund des griechischen Aufenthaltstitels erlaubten Aufenthalts in Deutschland von lediglich 3 Monaten gemäß Art. 21 Abs. 1 SDÜ hingewiesen hat.
Mit Schreiben vom 02.12.2008 wandte sich die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers an den Antragsgegner und beantragte unter Bezugnahme auf die persönliche Vorsprache des Antragstellers am 01.10.2007 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, da dieser nach Belegung eines Kurses bei der Volkshochschule ausreichende Sprachkenntnisse auf dem Niveau A1 vorweisen könne; Sprachkenntnisse auf dem Niveau B1 seien nicht erforderlich. Einen Formularantrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Familienzusammenführung nebst Sprachzertifikat reichte die Ehefrau des Antragstellers dem Antragsgegner am 05.01.2009 nach.
Der Sachbearbeiter des Antragsgegners erstattete unter dem 03.02.2009 Strafanzeige gegen den Antragsteller wegen des Verdachtes des unerlaubten Aufenthalts gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG; das Ermittlungsverfahren ist bei der Staatsanwaltschaft Osnabrück unter dem Aktenzeichen 820 Js 7483/09 weiterhin anhängig.
Mit Bescheid vom 19.02.2009 lehnte der Antragsgegner den Antrag des Antragstellers vom 02.12.2008 bzw. 05.01.2009 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab, forderte diesen auf, die Bundesrepublik Deutschland bis zum 15.03.2009 zu verlassen, und drohte für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung nach Nigeria oder in einen anderen zur Rückübernahme bereiten und verpflichteten Staat an. Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis setze gemäß §§ 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 5 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG in der Regel voraus, dass kein Ausweisungsgrund vorliege und dass der Antragsteller mit dem erforderlichen Visum eingereist sei. Ein Ausweisungsgrund sei gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gegeben, denn der Antragsteller halte sich seit dem 01.12.2007 unerlaubt in Deutschland auf und habe sich deshalb nach § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG strafbar gemacht; dies stelle einen nicht geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften dar. Der Antragsteller sei außerdem im Jahre 2007 nicht mit dem erforderlichen Visum nach Deutschland eingereist, denn er sei lediglich im Besitz einer griechischen Aufenthaltserlaubnis gewesen, die ihn gemäß Art. 21 Abs. 1 SDÜ nur zu einem 3-monatigen Aufenthalt zu touristischen Zwecken im Bundesgebiet berechtigt habe. Vom Visumserfordernis könne vorliegend auch nicht abgesehen werden, denn der Antragsteller habe wegen des bestehenden Ausweisungsgrundes keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis. Eine kurzzeitige Trennung von seiner Ehefrau zum Zwecke der Nachholung des Visumsverfahrens sei dem Antragsteller auch unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlich verbürgten Schutzes der Ehe zumutbar.
Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller am 06.03.2009 die beim erkennenden Gericht unter dem Aktenzeichen 5 A 52/09 weiterhin anhängige Klage erhoben und am 20.03.2009 um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit der Begründung nachgesucht, er habe mit seiner Ehefrau bereits im Oktober 2007 im Rahmen der Vorsprache beim Antragsgegner unter Verweis auf die Eheschließung die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis beantragt. Der zuständige Sachbearbeiter, Herr J., habe auf das Erfordernis einer polizeilichen Meldung und des Nachweises ausreichender deutscher Sprachkenntnisse aufmerksam gemacht, wobei dieser seinerzeit nicht gewusst habe, welches Sprachzertifikat er - der Antragsteller - vorzulegen habe. Auf den Hinweis der Ehefrau, keinen deutschen Aufenthaltstitel zu besitzen, habe der Sachbearbeiter entgegnet, dieser werde auch nicht benötigt, da er - der Antragsteller - im Besitz eines griechischen Aufenthaltstitels sei, der bis Februar 2009 Gültigkeit beanspruche. Eine Woche später habe der Sachbearbeiter seiner Ehefrau auf telefonische Nachfrage mitgeteilt, dass ein Sprachzertifikat B1 vorzulegen sei. Er - der Antragsteller - habe sich im Jahre 2008 an der Volkshochschule mehrfach erfolglos um ein Sprachzertifikat B1 bemüht; ausweislich der Bescheinigung der Volkshochschule Cloppenburg vom 17.12.2008 verfüge er jedoch über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache auf dem Niveau A1. Hätte ihn der Sachbearbeiter des Antragsgegners seinerzeit nicht fehlerhaft über den vorzulegenden Nachweis ausreichender Sprachkenntnisse aufgeklärt, hätte er auf einer zeitnahen Bescheidung seines Antrages bestanden oder wäre vorübergehend ausgereist. Das Bestehen eines Ausweisungsgrundes könne ihm vor diesem Hintergrund nicht vorgehalten werden, denn er habe sich nicht wegen unerlaubten Aufenthalts strafbar gemacht. Seit der Antragstellung im Jahre 2007 könne er sich auf eine Erlaubnisfiktion berufen. Selbst wenn seinerzeit keine wirksame Antragstellung erfolgt sei, müsse der strafrechtliche Vorwurf durch den vom Sachbearbeiter hervorgerufenen Verbotsirrtum entkräftet werden.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 19.02.2009 anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung nimmt er auf den angefochtenen Bescheid Bezug.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
II.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG und §§ 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO, § 70 Abs. 1 NdsVwVG, § 64 Abs. 4 Satz 1 NdsSOG keine aufschiebende Wirkung entfaltenden Klage gegen die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und gegen die Abschiebungsandrohung mit Ausreisefristsetzung anordnen, wenn bei der vom Gericht vorzunehmenden Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des angefochtenen Verwaltungsakts und dem Interesse des Betroffenen, vom Vollzug der behördlichen Verfügung vorerst verschont zu bleiben, das letztgenannte überwiegt. Maßgeblich - aber nicht ausschließlich - ist hierbei auf die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs abzustellen, soweit diese sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung überschauen lassen. Bestehen hiernach - in Anlehnung an den für das behördliche Aussetzungsverfahren nach § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO geltenden Maßstab - ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des in der Hauptsache angefochtenen Verwaltungsaktes, ist dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung stattzugeben, denn am Vollzug eines rechtswidrigen Verwaltungsakts kann kein öffentliches Interesse bestehen. Umgekehrt ist der Rechtsschutzantrag abzulehnen, wenn der angefochtene Verwaltungsakt keinen ernstlichen Zweifeln an seiner Rechtmäßigkeit ausgesetzt ist, denn mit seinem Vollzug soll nach der gesetzgeberischen Wertung des § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG bzw. § 64 Abs. 4 Satz 1 NdsSOG aufgrund der im Ausländer- bzw. Verwaltungsvollstreckungsrecht gegebenen Eilbedürftigkeit nicht bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens zugewartet werden müssen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist vorliegend die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, denn bei summarischer Prüfung bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides des Antragsgegners vom 19.02.2009. Dem Antragsteller steht aller Voraussicht nach ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß §§ 27, 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG, zumindest aber ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung zu.
Der Anspruch des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis scheitert nicht schon an der gemäß § 28 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG zu fordernden Fähigkeit, sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen zu können. Gemäß Ziff. 28.1.5 und 30.1.1.2.1 der Vorläufigen Niedersächsischen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz - Stand: 31.07.2008 - (Vorl.Nds.VV-AufenthG) entspricht diese gesetzliche Voraussetzung der Definition des Sprachniveaus der Stufe A1 der kompetenten Sprachanwendung des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens des Europarates (GERR). Die Stufe A1 GERR beinhaltet als unterstes Sprachstandardniveau folgende sprachliche Fähigkeiten: "Kann sich mit einfachen, überwiegend isolierten Wendungen über Menschen und Orte äußern. Kann sich auf einfache Art verständigen, doch ist die Kommunikation völlig davon abhängig, dass etwas langsamer wiederholt, umformuliert oder korrigiert wird. Kann einfache Fragen stellen und beantworten, einfache Feststellungen treffen oder auf solche reagieren, sofern es sich um unmittelbare Bedürfnisse oder um sehr vertraute Themen handelt, z.B. wo sie / er wohnt, welche Leute sie / er kennt oder welche Dinge sie / er hat." Der Antragsteller hat durch Vorlage einer Bescheinigung der Volkshochschule Cloppenburg vom 17.12.2008 sowie der das Sprachzertifikat Deutsch B1 betreffenden Testergebnisse vom 09.04. und 23.07.2008 hinreichend nachgewiesen, dass er nicht nur die Anforderungen an das Sprachniveau A1 vollständig erfüllt, sondern darüber hinaus - auf das höhere Sprachniveau B1 bezogen - über befriedigende bis gute mündliche Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.
Ferner liegen, soweit erkennbar, in der Person des Antragstellers die Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG vor. Insbesondere ist kein Ausweisungsgrund gegeben (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG), der die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG hindert.
Es erscheint bereits sehr zweifelhaft, ob sich - wie der Antragsgegner meint - der Antragsteller wegen unerlaubten Aufenthalts in der Bundesrepublik nach dem 30.11.2007 gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG strafbar gemacht hat und deswegen ein Ausweisungsgrund nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG besteht. Denn der Antragsteller hat während seines nach Art. 21 Abs. 1 SDÜ erlaubten Aufenthalts in der Bundesrepublik am 01.10.2007 bei dem Antragsgegner gemeinsam mit seiner Ehefrau vorgesprochen und sein Begehren auf Erteilung eines deutschen Aufenthaltstitels, der ihn zum dauerhaften Verbleib im Bundesgebiet berechtigt und damit den Eheleuten eine gemeinsame Lebensführung ermöglicht, zum Ausdruck gebracht. Das hat der Antragsteller durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung seiner Ehefrau im vorliegenden Verfahren glaubhaft gemacht. Danach ist davon auszugehen, dass er schon zu diesem frühen Zeitpunkt - und nicht erst durch den am 04.12.2008 beim Antragsgegner eingegangenen Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten - mündlich, zumindest aber durch konkludentes Verhalten (dazu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Auflage, § 22 Rn. 31 m.w.N.) einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gestellt hat. Damit ist dem Antragserfordernis des § 81 Abs. 1 AufenthG Genüge getan, denn der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels unterliegt keinen besonderen Formbestimmungen; insbesondere ist die Verwendung amtlicher Antragsformulare, anders als noch unter Geltung des § 21 Abs. 2 Satz 1 AuslG 1965, nicht mehr vorgeschrieben (Renner, Ausländerrecht, 8. Auflage, § 81 AufenthG Rn. 6). Dass auch der zuständige Sachbearbeiter des Antragsgegners das Begehren des Antragstellers dementsprechend aufgefasst haben muss, ergibt sich bei summarischer Prüfung nicht nur aus seiner von ihm gefertigten Gesprächsnotiz vom 01.10.2007, wonach er den Eheleuten erläutert haben will, dass der Antragsteller derzeit nicht die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mangels hinreichender Sprachkenntnisse erfülle. Zusätzlich spricht nämlich der Umstand, dass der Sachbearbeiter eine Ausländerakte für den Antragsteller angelegt, zu dieser Ablichtungen der Heiratsurkunde und der Pässe der Eheleute genommen, den Antragsteller zur amtlichen Meldung bei der Samtgemeinde K. angehalten und ihm einen Formularantrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ausgehändigt hat, für eine Antragstellung im Sinne des § 81 Abs. 1 AufenthG. Damit greift aller Voraussicht nach zugunsten des Antragstellers seit dem 01.10.2007 die Erlaubnisfiktion des § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG, mit der Folge, dass der Antragsteller auch nach Ablauf des 30.11.2007 nicht vollziehbar ausreisepflichtig war, § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG und damit schon der Tatbestand des § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht erfüllt sein dürfte. Selbst wenn sich in der Hauptsache oder in dem bei der Staatsanwaltschaft anhängigen Strafverfahren, z.B. nach Durchführung einer Beweisaufnahme, ergeben sollte, dass eine wirksame Antragstellung am 01.10.2007 nicht erfolgt ist, erscheint - worauf die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers zutreffend hinweist - unter den vorliegenden Umständen eine vorsätzliche Tatbestandsverwirklichung durch den Antragsteller mit Blick auf § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB fraglich.
Selbst wenn man mit dem Antragsgegner von einem unerlaubten Aufenthalt des Antragstellers in der Bundesrepublik ab dem 01.12.2007 ausginge, kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht angenommen werden, dass hierin kein geringfügiger Verstoß des Antragstellers gegen Rechtsvorschriften i.S.d. § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG zu erblicken ist. Selbst die Begehung einer Straftat, die eine Verurteilung zu einer Geldstrafe von bis zu 30 Tagessätzen zur Folge hat, hat der Antragsgegner nach Ziff. 55.2.2.3.1 Vorl.Nds.VV-AufenthG als noch geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften zu werten.
Überdies begegnet ernstlichen Zweifeln, ob sich der Antragsgegner für den hier interessierenden Fall des Familiennachzugs eines Ausländers zu einer deutschen Staatsangehörigen zur Versagung des Aufenthaltstitels gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG auf das Vorliegen eines (einfachen) Ausweisungsgrundes i.S.d. § 55 Abs. 2 AufenthG berufen kann. Denn gemäß Ziff. 28.1.0.3 Vorl.Nds.VV-AufenthG kann der Antragsgegner den Familiennachzug mit Blick auf die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nur verweigern, wenn ein zwingender Ausweisungsgrund i.S.d. § 53 AufenthG vorliegt oder die Voraussetzungen für eine Ausweisung aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung i.S.d. § 56 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AufenthG gegeben sind. Die Vorgaben der Vorl.Nds.VV-AufenthG lenken insoweit das dem Antragsgegner nach § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eingeräumte Ermessen ( Nds. OVG, Urteil vom 24.04.2008 - 11 LB 15/08 -, juris; zur Ermessensausübung i.R.d. § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG vgl. Nds. OVG, Urteil vom 27.04.2006 - 5 LC 110/05 -, juris). Der Antragsgegner hat sein ihm nach § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eingeräumtes Ermessen ausweislich der Gründe des angefochtenen Bescheides verkannt. Dies rechtfertigt jedenfalls in der Hauptsache die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Verpflichtung zur Neubescheidung gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.
Der Antragsgegner kann dem Anspruch des Antragstellers auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis auch nicht entgegen halten, dieser sei nicht mit dem erforderlichen Visum in das Bundesgebiet eingereist, § 5 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG. Denn dem Antragsteller war aufgrund des bis zum 02.02.2009 gültigen griechischen Aufenthaltstitels nach Art. 21 Abs. 1 SDÜ die Einreise (am 01.09.2007) und der 3-monatige Aufenthalt in der Bundesrepublik (bis 30.11.2007) gestattet. Als Drittausländer war er damit gemäß § 39 Nr. 6 AufenthV, der durch Art. 1 Nr. 4 der Verordnung zur Änderung der Aufenthaltsverordnung und der AZRG-Durchführungsverordnung vom 14.10.2005 (BGBl I, S. 2982) neu eingefügt wurde und eine Gleichstellung mit den unter § 39 Nr. 3 AufenthV fallenden Drittstaatsangehörigen bezweckt (BR-Drs. 659/05, S. 6 f.), berechtigt, einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet innerhalb der in § 41 Abs. 3 AufenthV angeführten Frist von 3 Monaten nach der Einreise einzuholen. Mit der Vorsprache bei dem Antragsgegner am 01.10.2007 hat der Antragsteller diese Frist gewahrt; die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG sind - wie vorstehend dargelegt - erfüllt.
Selbst wenn sich in der Hauptsache herausstellen sollte, dass eine wirksame Antragstellung am 01.10.2007 nicht erfolgt ist und der Antragsteller die Frist des § 41 Abs. 3 AufenthV mit der Folge versäumt hat, dass in seinem Fall § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG Anwendung findet (vgl. Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, Stand: Feb. 2008, § 81 AufenthG Rn. 13), hat der Antragsteller sein durch § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG eingeräumtes Ermessen, vom Erfordernis der Einreise mit nationalem Visum zum Zwecke des Familiennachzugs absehen zu können, fehlerhaft ausgeübt. Er hat verkannt, dass die materiellen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erfüllt sind und in einem solchen Fall nach Ziff. 5.2.1.2.1 Vorl.Nds.VV-AufenthG auf die Einhaltung des Visumverfahrens verzichtet werden soll, sofern nicht die Gesamtumstände des Einzelfalls eine andere Beurteilung erfordern. Auf die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Ausführungen zur Zumutbarkeit einer vorübergehenden Trennung zur Nachholung des Visumverfahrens kommt es hingegen nicht an. Der Antragsgegner wäre auch aus diesem Grunde zumindest zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zu verpflichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Streitwertbeschluss:
Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 2 GKG.