Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 21.08.2019, Az.: 1 A 181/18

Fahrtenbuch; Fahrtenbuchanordnung; Heckaufnahme; standardisiertes Messverfahren; Zeugnisverweigerungsrecht

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
21.08.2019
Aktenzeichen
1 A 181/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 69519
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Anordnung des Beklagten, ein Fahrtenbuch für die Dauer von sechs Monaten zu führen.

Mit dem Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen C., dessen Halterin die Klägerin ist, wurde am 28. Mai 2018 um 17:54 Uhr in A-Stadt, D. im Bereich der Bundesstraße 3 die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 30 km/h überschritten.

Mit Schreiben vom 11. Juni 2018 bat die Bußgeldstelle des Beklagten die Klägerin um nähere Angaben zum Verkehrsverstoß. Diesem Schreiben war ein Foto beigefügt, das das Heck des Fahrzeugs der Klägerin zeigt. Unter dem 18. Juni 2018 antwortete die Klägerin, sie mache von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch.

Nachdem das Ordnungswidrigkeitenverfahren am 2. Juli 2018 eingestellt worden war, verfügte der Beklagte nach vorheriger Anhörung mit Bescheid vom 5. Oktober 2018 gegenüber der Klägerin, dass für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen E. oder ein dafür beschafftes Ersatzfahrzeug ein Fahrtenbuch für die Dauer von sechs Monaten zu führen ist. Die Verfügung begründete er im Wesentlichen damit, dass der für den angeführten Verkehrsverstoß verantwortliche Fahrzeugführer auch nach intensiven Ermittlungen nicht habe ermittelt werden können. Er sei seiner Ermittlungspflicht - soweit zumutbar - nachgekommen. Der begangene Verstoß wäre mit einer Geldbuße in Höhe von 80 EUR und einem Punkt im Verkehrszentralregister zu ahnden gewesen. Deshalb erweise sich der mit dem Fahrzeug begangene Verstoß als ausreichende Grundlage für die Anordnung.

Dagegen hat die Klägerin am 8. November 2018 Klage erhoben. Sie macht zur Begründung im Wesentlichen geltend: Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig. Der Beklagte habe nicht alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um den verantwortlichen Fahrzeugführer zu ermitteln. Auch wenn das Schreiben vom 11. Juni 2018 in der Betreffzeile den Zusatz „Zeugenfragebogen“ enthalte, sei der weitere Inhalt dahin zu verstehen, dass sie als Betroffene angehört und als Fahrzeugführerin in Betracht gezogen worden sei. Diese Einordnung ergebe sich insbesondere aus der Formulierung „Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit“. Dieses Schreiben könne auch nicht aufgrund der Hinweise auf Seite 2 in rechtlicher Hinsicht als Zeugenfragebogen qualifiziert werden, da ein Messfoto, dass einen Fahrzeugführer erkennen lasse, nicht vorhanden gewesen sei. Andernfalls hätte der Beklagte Kenntnis davon haben müssen, dass sie als Fahrzeugführerin nicht in Betracht käme. Soweit sie von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht habe, könne dies nicht zu ihren Lasten gehen. Sie hätte im Ordnungswidrigkeitenverfahren auch als Zeugin gehört werden müssen. Zu einem angemessenen Ermittlungsaufwand gehöre weiter die grundsätzlich unverzügliche, d.h. innerhalb von zwei Wochen erfolgte Benachrichtigung des Fahrzeughalters von der begangenen Zuwiderhandlung. Das Schreiben des Beklagten vom 11. Juni 2018 sei aber nicht innerhalb dieser Frist bei ihr zugegangen. Außerdem könne der Ermittlungsakte nicht entnommen werden, dass die streitgegenständliche Messung ordnungsgemäß vorgenommen worden sei. Ferner sei auf dem Messfoto ein weiteres Fahrzeug ersichtlich. Es sei daher nicht auszuschließen, dass die hier in Rede stehende Messung beeinflusst worden sei.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 5. Oktober 2018 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt er auf seine Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid Bezug und trägt ergänzend vor: Die Klägerin sei mit dem Schreiben vom 11. Juni 2018 als Zeugin befragt worden. Im Rahmen der erforderlichen Ermittlungstätigkeit hätten die Behörden dann nicht Anlass zu umfangreichen weiteren Ermittlungen, wenn der Halter des betreffenden Fahrzeugs nicht hinreichend daran mitwirke, den verantwortlichen Fahrzeugführer zu bezeichnen. An einer solchen Mitwirkung fehle es bereits dann, wenn der Fahrzeughalter den Anhörungs- oder Zeugenfragebogen der Behörde nicht zurücksendet oder weitere Angaben zum Personenkreis der Fahrzeugbenutzer nicht mache. Auch die Ausübung des Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrechts stehe der Anwendbarkeit des § 31a StVZO nicht entgegen. Verzögerte Ermittlungshandlungen, wollte man hier überhaupt davon ausgehen, schlössen eine Fahrtenbuchauflage nicht aus, wenn feststehe, dass die Verzögerung für die unterbliebene Ermittlung des Fahrzeugführers nicht ursächlich gewesen sei. Vorliegend sei offenkundig nicht anzunehmen, dass die Klägerin - wäre sie wenige Tag zuvor aufgefordert worden, den Fahrzeugführer zu benennen - diesen benannt hätte. Auch dann hätte sie sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Angesichts der Schwere des Verstoßes sei die Fahrtenbuchanordnung auch angemessen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die gegenüber der Klägerin als Halterin des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen F. verfügte Fahrtenbuchauflage ist § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO. Danach kann die Verwaltungsbehörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein auf ihn zugelassenes Fahrzeug die Führung eines Fahrtenbuches anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

1.

Das Gericht hat die Überzeugung gewonnen, dass durch die angeführte Geschwindigkeitsüberschreitung mit dem genannten Fahrzeug eine erhebliche Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften begangen wurde. Anhaltspunkte dafür, dass die Feststellungen zur Geschwindigkeitsüberschreitung fehlerhaft waren, sind weder von der Klägerin substantiiert dargelegt worden noch anderweitig ersichtlich. Ausweislich der in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Unterlagen wurde die Geschwindigkeitsmessung mit einem bis zum Ende des Jahres 2019 geeichten Geschwindigkeitsüberwachungsgerät vom Typ POLISCAN FM1 des Herstellers VITRONIC und von einem an diesem Gerät besonders ausgebildeten Bediensteten durchgeführt. Messergebnisse, die mit amtlich zugelassenen Geräten in standardisierten Verfahren gewonnen werden, können, wenn möglichen Fehlerquellen durch den Abzug von Messtoleranzen - wie hier - Rechnung getragen wurde, von Behörden und Gerichten im Regelfall ohne Weiteres zugrunde gelegt werden. Die Eichbescheinigung einer Geschwindigkeitsmesseinrichtung - hier des Landesamtes für Mess- und Eichwesen Berlin-Brandenburg vom 15. Februar 2018 (Bl. 31 der Beiakte) sowie das bei der durchgeführten Messung erstellte Messprotokoll - hier vom 28. Mai 2018, Bl. 30 der Beiakte - sind öffentliche Urkunden im Sinne des § 98 VwGO in Verbindung mit § 418 Abs. 1 ZPO, die den vollen Beweis über die Funktionsfähigkeit des Messgeräts sowie die Ordnungsmäßigkeit der Messung und Auswertung erbringen (vgl. hierzu: Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 29.11.1999 - 12 L 4605/99 -, juris Rn. 1 m.w.N.; VG Braunschweig, Urt. v. 1.9.2005 - 6 A 98/05 -, juris Rn. 16). In dem Protokoll wird ausdrücklich bestätigt, dass das Messgerät gemäß der Bedienungsanleitung des Herstellers verwendet wurde und die sichtbaren Eichstempel kontrolliert wurden. Diese Urkunden und die daraus getroffenen Feststellungen erachtet das Gericht als ausreichend. Im Übrigen gehört es weder zu den tatbestandlichen (fachrechtlichen) Voraussetzungen, dass der Verkehrsverstoß auf Grundlage eines standardisierten (Mess-)Verfahrens festgestellt worden ist. Ebenso wenig gibt es eine allgemeine verwaltungsprozessuale Beweisregel mit dem Inhalt, nach dem es dem Gericht verboten wäre, sich anhand des Akteninhalts aufgrund freier Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) selbst eine Überzeugung über das Vorliegen einer erheblichen Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zu bilden (Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 17.7.2019 - 12 ME 105/19 -, v. n., BA S. 5, Beschl. v. 3.1.2019 - 12 LA 244/17 -, n.v., BA S. 7 f., Beschl. v. 28.5.2018 - 12 ME 79/18 -, n.v., BA S. 5, Beschl. v. 30.1.2018 - 12 ME 218/17 -, n.v., BA S. 4).

Der Einwand der Klägerin, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der zugrunde liegende Verkehrsverstoß von dem weiteren auf dem Messfoto abgebildeten Fahrzeug begangen worden sei, vermag nicht zu überzeugen. Gegen die Annahme der Klägerin spricht zum einen die Positionen beider Fahrzeuge im Messfoto. Das andere Fahrzeug befindet sich am äußeren Rand der Aufnahme, während das Fahrzeug der Klägerin eher im Zentrum der Aufnahme abgebildet ist. Zum anderen wird im Messfoto festgehalten, dass sich die Messung auf den abfließenden Verkehr („Richtung abfließend“), mithin auf das Fahrzeug der Klägerin bezieht, dessen Heck abgebildet ist.

2.

Die Feststellung eines Fahrzeugführers nach der festgestellten Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften war unmöglich im Sinne der genannten Vorschrift. Hiernach ist eine solche Feststellung unmöglich, wenn die zuständige Behörde nach den Umständen des Einzelfalles nicht in der Lage gewesen ist, den Fahrzeugführer zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen traf. Mithin hat die Behörde in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen zu veranlassen, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg haben können. Art und Umfang der Ermittlungstätigkeit der Behörde können sich an dem Verhalten und den Erklärungen des Fahrzeughalters ausrichten. Lehnt dieser erkennbar die Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab, ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben. An einer hinreichenden Mitwirkung des Fahrzeughalters daran, den Fahrzeugführer zu bezeichnen, fehlt es regelmäßig bereits dann, wenn der Fahrzeughalter den Anhörungsbogen der Ordnungswidrigkeitenbehörde nicht zurücksendet oder keine weiteren Angaben zum Personenkreis der Fahrzeugbenutzer macht. Darin liegt die konkludente Erklärung, sich nicht zur Sache äußern zu wollen. Der Verfolgungsbehörde werden in diesen Fällen weitere Ermittlungsversuche, die über die Anhörung des Fahrzeughalters hinausgehen, grundsätzlich nicht abverlangt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.10.1987 - 7 B 162.87 -, juris Rn. 5, Urt. v. 17.12.1982 - 7 C 3.80 -, juris Rn. 7; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 14.1.2019 - 12 ME 170/18 -, juris Rn. 16 f., Beschl. v. 1.2.2013 - 12 LA 122/12 -, juris Rn. 7, Beschl. v. 7.6.2010 - 12 ME 44/10 -, juris Rn. 5).

Nach Maßgabe dessen war es der Verfolgungsbehörde nicht im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO möglich, den Fahrzeugführer zu ermitteln, da sie alle nach den Umständen des Einzelfalles angemessenen und zumutbaren Maßnahmen traf, um den Fahrzeugführer zu ermitteln. Weitere Maßnahmen drängten sich hier nicht auf, zumal die Klägerin als Halterin des Tatfahrzeugs nicht hinreichend an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes mitwirkte, sondern von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machte.

Der sinngemäße Einwand der Klägerin, die Verfolgungsbehörde habe deshalb nicht alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen zur Ermittlung des Fahrzeugführers ergriffen, weil sie lediglich als Betroffene, nicht aber als Zeugin angehört worden sei, trifft nicht zu. Zunächst ist es ausreichend, wenn die Verfolgungsbehörde den Fahrzeughalter in dem Anhörungsschreiben vorsorglich auch als Zeugen angesprochen hat (vgl. BVerwG, Beschl. v. 1.3.1994 - 11 B 130.93 -, juris Rn. 4, Beschl. v. 21.10.1987 - 7 B 162.87 -, juris Rn. 4; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 3.1.2019 - 12 LA 244/17 -, n. v., BA S. 8). Hier hat die Verfolgungsbehörde die Klägerin mit Schreiben vom 11. Juni 2018 (jedenfalls auch) als Zeugin befragt. Auch wenn in dem Anhörungsschreiben die Formulierung zu finden ist „Sie überschritten die zulässige Höchstgeschwindigkeit“, die auf eine Täterschaft der Klägerin hindeutet, so wird jedoch durch die ausdrückliche Bezeichnung „Zeugenfragebogen“ in der Betreffzeile des Schreibens, den einleitenden Hinweis des Fragebogens, „aufgrund der Feststellungen kommt die Halterin bzw. der Halter als verantwortliche(r) Fahrzeugführer(in) nicht in Betracht“ und die Klägerin werde daher als Zeugin gehört, und die Bezeichnungen im Fragebogen („Angaben zur Zeugin / zum Zeugen“) hinreichend deutlich, dass mit dem Fragebogen die Klägerin nicht - allein - als Beschuldigte, sondern - zumindest auch - als Zeugin zum Verkehrsverstoß befragt wurde.

In diesem Zusammenhang ist nicht entscheidungserheblich, dass der Zeugenfragebogen nicht innerhalb von zwei Wochen nach dem Verkehrsverstoß bei der Klägerin zugegangen war. Zwar gehört es grundsätzlich zu den angemessenen Ermittlungsmaßnahmen, dass der Fahrzeughalter möglichst umgehend, im Regelfall innerhalb von zwei Wochen, von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.6.1987 - 7 B 139.87 -, juris Rn. 2, Urt. v 13.10.1978 - VII C 77.74 -, juris, Rn. 18).

Diese Zweiwochenfrist gilt für jene vom Regelfall abweichenden Gestaltungen jedoch nicht, in denen bei typisierender Betrachtung auch eine spätere Anhörung zur effektiven Rechtsverteidigung genügt oder erkennbar ist, dass die Rechtsverteidigung des Fahrzeughalters durch seine spätere Anhörung nicht beeinträchtigt worden ist. Verzögerte Ermittlungshandlungen der Behörde schließen deshalb die Fahrtenbuchanordnung nicht aus, wenn feststeht, dass die Verzögerung für die unterbliebene Ermittlung des Täters nicht ursächlich gewesen ist und deshalb auch bei einer früheren Anhörung ein anderes Ermittlungsergebnis nicht zu erwarten gewesen wäre (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 25.6.1987 - 7 B 139.87 -, juris, Rn. 2; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 23.11.2017 - 12 ME 211/17 -, Beschl. v. 20.7.2015 - 12 ME 83/15 -, n.v.). Dies ist etwa der Fall, wenn die unterlassene Benennung des Fahrers nicht auf - angesichts des Zeitablaufs - fehlendem Erinnerungsvermögen, sondern auf anderen Umständen beruht.

So fehlt es an einer solchen Ursächlichkeit, wenn sich der Fahrzeughalter - wie hier - weigert, sich zur Sache zu äußern und nicht zugleich geltend macht, wegen der verzögerten Anhörung keine Erinnerung an den Fahrzeugführer oder den Kreis der Fahrzeugnutzer zu haben. (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.6.1987 - 7 B 139.87 -, juris Rn. 2, Urt. v. 13.10.1978 - VII C 77.74 -, juris Rn. 19). Hier weigerte sich die Klägerin, sich zur Sache zu äußern, indem sie im Rahmen ihrer Anhörung erklärte, von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch zu machen. Daneben ist eine Ursächlichkeit der unterbliebenen Ermittlung des Fahrzeugführers wegen Überschreitens der Zweiwochenfrist nicht gegeben, wenn der Fahrzeughalter - wie hier - in der Lage war, den Kreis der Nutzer des Fahrzeuges zu nennen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.5.1997 - 3 B 28.97 -, juris Rn. 5).

Ohne Belang ist dabei, ob der Klägerin ein Verschulden an der Nichtfeststellbarkeit des Fahrzeugführers trifft. Dies folgt aus dem gefahrenabwehrrechtlichen Charakter der Regelung mit dem Ziel, die Ordnung und Sicherheit des Straßenverkehrs bei gegebenem Anlass dadurch zu gewährleisten, dass in Zukunft der Täter einer Verkehrsordnungswidrigkeit über das Fahrtenbuch alsbald ermittelt werden kann (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 14.1.2019 - 12 ME 170/18 -, juris Rn. 16 f., Urt. v. 23.1.2014 - 12 LB 19/13 -, juris Rn 16 m.w.N.). Dementsprechend hängt die Beantwortung der Frage, ob die Mitwirkung eines Fahrzeughalters ausreichend war, nicht entscheidend davon ab, ob er im Bußgeldverfahren durchsetzbare Rechtspflichten, wie etwa die dort grundsätzlich bestehende Zeugnispflicht (vgl. § 46 Abs. 2 OWiG i. V. m. § 161a Abs. 1 Satz 1 StPO, § 46 Abs. 5 OWiG) verletzt hat (Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 14.1.2019 - 12 ME 170/18 -, juris Rn. 17, Beschl. v. 13.11.2017 - 12 LA 98/17 -, Beschl. v. 14.7.2016 - 12 ME 109/16 -, n.v.) oder ihm dies sogar „vorzuwerfen“ ist. Das kann schon daraus gefolgert werden, dass es kein „doppeltes Recht“ des Fahrzeughalters gibt, nach einem mit seinem Kraftfahrzeug begangenen Verkehrsverstoß zur Täterschaft (unter Berufung auf ein ihm zustehendes Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrecht) keine Angaben zu machen, aber gleichwohl eine Fahrtenbuchanordnung abzuwehren. Vielmehr darf auch ein vollständig rechtmäßiges Verhalten des Fahrzeughalters im Bußgeldverfahren in dem diesem Verfahren nachfolgenden Verwaltungsverfahren zur Anordnung einer Fahrtenbuchführung - unter rein gefahrenabwehrrechtlichem Blickwinkel - als Obliegenheitsverletzung gewürdigt werden, welche den Umfang der Ermittlungen reduziert, die von der Verfolgungsbehörde im Bußgeldverfahren unternommen worden sein müssen, damit im Rahmen des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO davon ausgegangen werden darf, die Feststellung des Fahrzeugführers sei nicht möglich gewesen. Mithin ist eine Fahrtenbuchanordnung nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Halter des Fahrzeuges, mit dem ein Verkehrsverstoß begangen worden ist, im Ordnungswidrigkeitenverfahren - ausdrücklich oder konkludent - von seinem Aussage- und/oder Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht (BVerwG, Beschl. v. 22.6.1995 - 11 B 7.95 -, juris Rn. 3 f.; Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 31.10.2006 - 12 LA 463/05 -, juris Rn. 6). Mit der Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen, bleibt das Recht des Betroffenen gewahrt, sich selbst oder Angehörige nicht bezichtigen zu müssen. Aus der für sich gesehen rechtmäßigen Handlungsweise des Betroffenen darf jedoch in zulässiger Weise die Prognose abgeleitet werden, dass er auch bei künftigen Verstößen - seien sie von ihm, seien sie von anderen begangen - von seinem Recht zu schweigen oder zu leugnen Gebrauch machen wird. Das damit verbundene Risiko, dass derartige zukünftige Verkehrsverstöße ungeahndet bleiben, muss die Rechtsordnung nicht hinnehmen, weil sie sich damit für einen nicht unbeträchtlichen Teilbereich von vornherein der Möglichkeit begäbe, durch die Androhung von Sanktionen Verkehrsverstößen und den damit verbundenen Gefahren, namentlich für die anderen Verkehrsteilnehmer, im allgemeinen Interesse vorzubeugen (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 8.6.2018 - 12 LA 74/17 -, n.v., BA S. 7).

3.

Der Beklagte erließ die angefochtene Verfügung gegen die richtige Adressatin, weil die Klägerin Halterin des Fahrzeuges ist, mit dem der zugrunde liegende Verkehrsverstoß begangen worden war. Für den Halterbegriff des § 31a StVZO gelten die zu § 7 StVG entwickelten Grundsätze.

4.

Die Fahrtenbuchanordnung lässt Ermessensfehler nicht erkennen. Ein solcher läge vor, wenn die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hätte (vgl. § 114 Satz 1 VwGO).

Der Beklagte beachtete bei seiner Anordnung die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens. Er stellte hinsichtlich der Dauer seiner Anordnung maßgeblich auf die Schwere des festgestellten Verkehrsverstoßes ab. Dies ist nicht zu beanstanden. Die Anordnung verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Eine einmalige Geschwindigkeitsüberschreitung um mehr als 30 km/h stellt eine so erhebliche Verkehrsübertretung dar, dass eine Androhung einer Fahrtenbuchauflage nicht ausreicht, sondern deren Anordnung geboten ist. Dies gilt selbst dann, wenn durch die Geschwindigkeitsübertretung, die eine der hauptsächlichen Unfallursachen im Straßenverkehr ist, eine konkrete Gefährdung nicht eingetreten ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 10.8.2015 - 10 S278/15 -, juris Rn. 14; Niedersächsisches OVG, Urt. v. 8.7.2014 - 12 LB 76/14 -, juris Rn. 26). Bei der Bemessung der Dauer der Fahrtenbuchauflage ist insbesondere das Gewicht des festgestellten Verkehrsverstoßes zu berücksichtigen. Stellt die Behörde im Regelfall hinsichtlich der Dauer auf das Gewicht des Verkehrsverstoßes ab, so darf sie die Dauer der Fahrtenbuchauflage anhand dieses Kriteriums staffeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.5.2015 - 3 C 13.14 -, juris Rn. 20; Niedersächsisches OVG, Urt. v. 8.7.2014 - 12 LB 76/14 -, juris Rn. 28, Urt. v. 23.1.2014 - 12 LB 19/13 -, juris Rn. 19). Das Interesse der Allgemeinheit, einer Gefahr entgegenzuwirken, bei weiteren Zuwiderhandlungen vergleichbarer Schwere den Fahrer nicht ermitteln zu können, wächst je schwerer der Verstoß wiegt. Bei einem schweren Verstoß kann es deshalb gerechtfertigt sein, dem Halter eine längere Überwachung der Nutzung seines Fahrzeuges abzuverlangen. Dabei darf sich die Behörde bei der Bemessung des Gewichtes einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften an dem Punktsystem nach der Anlage 13 der Fahrerlaubnisverordnung orientieren (vgl. Niedersächsisches OVG, Urt. v. 8.7.2014 - 12 LB 76/14 -, juris Rn. 28). Ist ein Verstoß - wie hier - als erheblich einzuschätzen, unterliegt die Dauer einer Fahrtenbuchauflage von sechs Monaten keinen rechtlichen Bedenken hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit. Denn die Dauer einer Fahrtenbuchanordnung muss von einer gewissen Mindestdauer sein, um das mit der Anordnung verfolgte Ziel zu erreichen, den Fahrzeughalter zu einer nachprüfbaren Überwachung der Fahrzeugbenutzung und zur Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers im Falle eines Verstoßes anzuhalten. Eine Dauer von sechs Monaten wird als im unteren Bereich einer effektiven Kontrolle liegend anzusehen sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.5.2015 - 3 C 13.14 -, juris Rn. 22 - 26 im Falle einer Geschwindigkeitsüberschreitung im Bereich von 26 bis 30 km/h mit einer Fahrtenbuchanordnung von zwölf Monaten, Urt. v. 7.5.1995 - 11 C 12.94 -, juris Rn. 11). Hier ist der zugrunde liegende Verstoß als erheblich einzuordnen, weil eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 30 km/h außerhalb geschlossener Ortschaft mit einer Geldbuße in Höhe von 80 EUR und einem Punkt im Fahreignungsregister zu ahnden gewesen wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124a Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.