Landgericht Braunschweig
Beschl. v. 08.01.2016, Az.: 13 Qs 258/15
Beiordnung eines Pflichtverteidigers wegen der Schwere der Tat
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 08.01.2016
- Aktenzeichen
- 13 Qs 258/15
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2016, 10160
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGBRAUN:2016:0108.13QS258.15.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Braunschweig - 05.12.2015
Rechtsgrundlage
- § 140 Abs. 2 StPO
Amtlicher Leitsatz
Zur Beiordnung eines Pflichtverteidigers wegen Schwere der Tat.
In der Strafsache
gegen pp
XXX
wegen versuchter Körperverletzung u.a.
hat die 13. große Strafkammer des Landgerichts in Braunschweig am 08.01.2016 durch die unterzeichnenden Richter beschlossen:
Tenor:
Der Beschluss des Amtsgerichts Braunschweig vom 05.12.2015 wird aufgehoben und dem Angeklagten wird Rechtsanwalt Jan-Robert Funck, Braunschweig, als Pflichtverteidiger beigeordnet.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Angeklagten werden der Staatskasse auferlegt.
Gründe
Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Braunschweig vom 5.12.2015 ist zulässig und begründet, da die Schwere der Tat die Beiordnung eines Pflichtverteidigers gebietet, § 140 Abs. 2 StPO. Maßgeblich ist insoweit vor allem die zu erwartende Rechtsfolgenentscheidung. Daneben sind aber auch die Verteidigungsfähigkeit und sonstige schwerwiegende Nachteile, die der Angeklagte infolge der Verurteilung zu erwarten hat, von Bedeutung. Hierzu gehört auch die drohende Dauer der Strafvollstreckung im Falle einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 20.11.2003 - 2 Ws 279/03).
Das Amtsgericht Braunschweig ist insoweit zutreffend davon ausgegangen, dass eine im Falle einer Verurteilung zu bildende Gesamtstrafe in dem Verfahren 5 Ds 104 Js 39254/15 (Beleidigung in 3 Fällen, davon in zwei Fällen jeweils tateinheitlich mit versuchter Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte) voraussichtlich ein Jahr nicht übersteigen wird. Hierbei ist allerdings nicht berücksichtigt worden, dass gegen den Angeklagten ein weiteres Verfahren bei dem Amtsgericht Braunschweig (6 Ds 915 Js 57801/14) anhängig ist, in welchem dem Angeklagten zwei Diebstähle im besonders schweren Fall zur Last gelegt werden (Tatzeit: 22.09.2014). Die Verurteilungen in den Verfahren 5 Ds 104 Js 39254/15 und 6 Ds 915 Js 57801/14 wären gesamtstrafenfähig.
Der Angeklagte ist bereits ganz erheblich strafrechtlich vorbelastet. Der Bundeszentralregisterauszug vom 11.08.2015 weist insgesamt 25 Eintragungen auf. In dem Verfahren 8 Ls 802 Js 64311/09 steht der Angeklagte noch unter Führungsaufsicht. Unter Berücksichtigung dieser Vorbelastungen und der Mindeststrafe für einen Diebstahl im besonders schweren Fall von 3 Monaten (§ 243 Abs. 1 StGB) dürfte im Falle einer Verurteilung schlussendlich durchaus eine Gesamtfreiheitsstrafe von über einem Jahr in Betracht kommen, so dass die Beiordnung eines Pflichtverteidigers hier gemäß § 140 Abs. 2 StPO geboten ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 StPO.