Landgericht Lüneburg
Urt. v. 06.07.2021, Az.: 111 KLs 3/21
Förderung der Tat durch Beförderung des Täters und Bereitstellung des Fluchtfahrzeuges
Bibliographie
- Gericht
- LG Lüneburg
- Datum
- 06.07.2021
- Aktenzeichen
- 111 KLs 3/21
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2021, 72732
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGLUENE:2021:0706.111KLS3.21.00
Rechtsgrundlagen
- § 27 Abs. 1 StGB
- § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB
Amtlicher Leitsatz
Zur Förderung der Tat durch Beförderung des Täters und Bereitstellung des Fluchtfahrzeuges.
In der Strafsache
gegen
A. H.,
geboren am 1983 in O., Russland,
zuletzt ohne festen Wohnsitz,
zurzeit J. C., T. 14, 2. C.,
wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung
hat das Landgericht Lüneburg - 11. große Strafkammer - in den öffentlichen Sitzungen vom 04.05., 19.05., 28.05., 16.06., 18.06., 23.06. und 06.07.2021, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Landgericht P.
als Vorsitzende
Richterin am Landgericht M.
als beisitzende Richterin
S. S.
R. F.
als Schöffen
Staatsanwältin K.
als Beamtin der Staatsanwaltschaft
K. J. E. H. und B. E. A. H.
als Nebenkläger (mit Ausnahme des 18.06.2021)
Rechtsanwalt M., C.,
als Vertreter der Nebenkläger
Rechtsanwalt J., D.,
als Verteidiger
Justizangestellte W.
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
am 06.07.2021 für Recht erkannt:
Tenor:
Der Angeklagte ist der Beihilfe zum versuchten besonders schweren Raub schuldig. Er wird zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt.
Seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wird angeordnet.
Die Einziehung des Pkw Citroen Xsara, F., Erstzulassung 28.11.2002, letztes amtliches Kennzeichen D., wird angeordnet.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Nebenkläger.
Gründe
(Die Gründe sind abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 StPO.)
Dem Urteil liegt keine Verständigung gemäß § 257 c StPO zugrunde.
I.
1.
Der 37 Jahre alte Angeklagte ist in O. in der ehemaligen UdSSR geboren und dort zusammen mit seinem am 1985 geborenen Bruder E. H. aufgewachsen. Die Großeltern waren deutschstämmig und die Eltern Spätaussiedler, weshalb beide Brüder die deutsche Staatsangehörigkeit hatten. In der Familie wurde aber nur russisch gesprochen. Der Vater war als Kaufmann tätig und teilweise monatelang wegen des Ankaufs und der Lieferung von Waren unterwegs. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion zu Beginn der 90er Jahre verschlechterten sich die finanziellen Verhältnisse der Familie. Der Vater des Angeklagten verstrickte sich in Diebstahlstaten und war deshalb zwischen 1995 und 1999 inhaftiert. Nach seiner Entlassung erhängte er sich 1999 auf dem Grab der Großmutter des Angeklagten. Die Mutter des Angeklagten wanderte 2001 zusammen mit den beiden Brüdern und weiteren Familienangehörigen nach Deutschland aus. Bis dahin hatte der Angeklagte die Schule in Russland besucht. Er hat einen Hauptschulabschluss. Den Besuch eines Colleges, an dem er nach vier Jahren den Realschulabschluss hätte erreichen können, musste er wegen des Umzugs nach Deutschland im dritten Jahr abbrechen.
Die Familie lebte bis 2006 in U. in Nordrheinwestfalen. Die Mutter heiratete 2006 zum zweiten Mal und die Familie zog in den Haushalt ihres Ehemanns nach B.. Noch im selben Jahr verstarb die Mutter an einem Lungenkarzinom. Zu der Zeit war der Angeklagte 23 Jahre alt. Er hatte nach der Umsiedlung nach Deutschland eine Sprachschule besucht und auf einer Abendschule den deutschen Hauptschulabschluss, nach dem Umzug nach B. auch den Realschulabschluss erreicht. Seine Pläne, das Fachabitur nachzumachen, scheiterten an einer ersten Inhaftierung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr sechs Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung, die er im offenen Vollzug verbüßte. Nach seiner Entlassung im Jahr 2008 besuchte er in D. eine Berufsschule, um den Fachhochschulabschluss im Maschinenbau zu erreichen. Dies scheiterte an nicht ausreichenden Sprachkenntnissen, weshalb er die Ausbildung abbrach. 2008 lernte er auch seine spätere Ehefrau kennen, die er 2009 heiratete. Die Ehe blieb kinderlos und wurde 2012 geschieden.
Von 2010 bis 2014 absolvierte der Angeklagte eine Ausbildung zum Industriemechaniker bei der Deutschen Bahn, die er in D. und zeitweise in A. absolvierte. Danach war er etwa ein Jahr lang in diesem Beruf tätig. Während seiner Ausbildungszeit in A. geriet er zunehmend in dissoziale Kreise. Er begann Heroin zu konsumieren und steigerte den Konsum zunehmend, was seine Leistungsfähigkeit beeinträchtigte, weshalb er seit 2015 keiner geregelten Berufstätigkeit mehr nachging. Er verstrickte sich in Betäubungsmittelkriminalität, weshalb er von September 2017 bis August 2018 inhaftiert war.
Aus der Beziehung zu einer neuen Partnerin, die von 2013 bis 2015 andauerte, hat der Angeklagte einen 2015 geborenen Sohn. Seine Partnerin trennte sich Mitte 2016 von ihm, weil sie seinen Drogenkonsum nicht mehr tolerieren wollte, wodurch der Angeklagte obdachlos wurde. Anfangs hatte er regelmäßigen Kontakt zu seinem Sohn. Da seine Ex-Partnerin selbst ein Alkoholproblem hatte, wurde der gemeinsame Sohn vorübergehend bei seinen Großeltern mütterlicherseits und vor etwa einem Jahr in eine Pflegefamilie aufgenommen. In diesem Zusammenhang wurde dem Angeklagten der Kontakt zu seinem Sohn untersagt. Der letzte Kontakt fand drei Monate vor der aktuellen Inhaftierung statt. Der Angeklagte hat seit etwa drei Jahren eine neue Partnerin, mit der er aber nie zusammenlebte. Zuletzt hielt er sich ohne festen Wohnsitz in D. auf. Seit 2015 lebt er von Hartz-IV-Leistungen. Soziale Kontakte hatte er neben seiner Partnerin überwiegend zu seinem Bruder E. H., der im Zusammenhang mit dem hier abgeurteilten Tatgeschehen verstarb.
2.
Bei dem Angeklagten liegt eine psychische und Verhaltensstörung durch multiplen Substanzgebrauch von Opioiden, Kokain und Alkohol (ICD 10: F19.2) sowie ein Cannabismissbrauch (ICD 10 F 12.1) vor.
Er konsumierte erstmals 2002 Cannabis, anfangs sporadisch und im weiteren Verlauf in zunehmender Menge. Ab 2005 nahm er sporadisch Kokain. Nach einer erzwungenen Abstinenz durch die Strafhaft 2007/2008 gelang es ihm, bis etwa 2010 keine Drogen zu nehmen. 2010 begann er, in zunehmender Menge Heroin und auch Kokain zu konsumieren, zunächst durch Inhalieren, später überwiegend intravenös. Aufgrund der parallel laufenden Ausbildung versuchte er wiederholt, "kalt zu entziehen". Trotz wiederholter eigenständiger Entgiftungen, die von Schmerzen, erheblicher Unruhe und Durchfall begleitet waren, gelang es ihm nicht, nachhaltig abstinent zu bleiben. Insbesondere nachdem sich seine damalige Partnerin vom ihm getrennt hatte und er obdachlos geworden war, steigerte sich sein Heroinkonsum deutlich, wodurch es zu Beschaffungskriminalität und einer erneuten Inhaftierung kam. In der Haft wurde 2017 eine Hepatitis-C diagnostiziert. Der Angeklagte absolvierte von August 2018 bis Februar 2019 eine Langzeittherapie gemäß § 35 BtMG, die er regulär abschloss. Anschließend war er in einer stationären Drogennachsorge untergebracht, musste diese aber wegen eines Rückfalls mit Heroin nach zwei Monaten verlassen. Die darauffolgende erneute Obdachlosigkeit steigerte seinen Drogenkonsum wieder. Er konsumierte im Wechsel mit zunehmender Frequenz Kokain und Heroin intravenös. Daneben nahm er gelegentlich Cannabis in geringer Menge und trank bis zu 1,5 Liter Bier täglich. Eigeninitiativ absolvierte der Angeklagte 2019 eine zweiwöchige Entgiftung, die aber keine nachhaltige Abstinenz zur Folge hatten. Nach nur wenigen Wochen wurde er wieder rückfällig.
Im Jahr 2020 nahm der Angeklagte täglich Opiate, überwiegend Subutex (2 mg pro Tag), im Wechsel mit Heroin (0,2 g bis zu dreimal pro Woche) in Kombination mit Kokain (0,2 g bis 0,5 g bis zu zweimal pro Woche). Sein Alkoholkonsum steigerte sich auf 1,5 bis 3 Liter Bier täglich. Cannabis konsumierte er weiterhin nur sporadisch. Wenn er sich keine Opiate verschaffen konnte, litt er an erheblichen Entzugserscheinungen wie Schlaflosigkeit, Angstzuständen, quälender psychomotorischer Unruhe, erheblichen Schmerzen, Durchfall und Schweißausbrüchen. Für einen erneuten "kalten Entzug" fühlte er sich körperlich nicht in der Lage. Unter Kokainentzug war er lustlos, antriebslos und depressiv, unter Beeinflussung von Kokain hingegen glücklich und antriebsstark, weshalb er einen Entzug auch psychisch nur schwer aushalten konnte. Verzicht von Alkohol führte zu Unruhe und Schlaflosigkeit, jedoch ohne sonstige körperliche Entzugssymptome. Nach dem Tod seines Bruders E. im Zusammenhang mit der hier abgeurteilten Tat vom 14.09.2020 vernachlässigte der Angeklagte auch seine sonstige Gesundheit, wodurch es zu einem akuten Nierenversagen kam, welches nach klinischer Behandlung folgenlos ausheilte.
Während der Untersuchungshaft wurde der Angeklagte in den ersten Wochen wegen erheblicher Entzugssymptome mit 4 mg Methadon täglich substituiert, welches sukzessive ausgeschlichen wurde. Seit dem 06.01.2021 erhält er kein Substitut mehr. Aktuell wird er nur noch zur Nacht mit Mirtazapin, einem Antidepressivum, das auch gegen Schlafstörungen wirkt, behandelt.
3.
Ausweislich der Auskunft des Bundesamtes für Justiz vom 12.10.2020 ist der Angeklagte wie folgt in Erscheinung getreten:
Am 16.02.2005 und 29.11.2005 wurden zwei Verfahren wegen Diebstahls durch das Amtsgericht Unna gemäß § 47 JGG eingestellt.
Am 08.11.2006 verhängte das Amtsgericht Münster gegen den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von einem Jahr sechs Monaten, deren Strafrest nach Teilverbüßung mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Dortmund vom 10.04.2008 zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Reststrafe wurde mit Wirkung vom 13.07.2012 erlassen.
Am 17.01.2007 verurteilte ihn das Amtsgericht Bünde wegen Diebstahls geringwertiger Sachen zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 10,00 €.
Am 28.09.2009 verurteilte ihn das Amtsgericht Dortmund wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall gemäß § 243 Abs. 1 Nr. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafe wurde mit Wirkung vom 19.03.2013 erlassen.
Am 11.01.2016 und 31.08.2016 folgten Verurteilungen durch das Amtsgericht Dortmund jeweils wegen Diebstahls geringwertiger Sachen zu Geldstrafen von 30 Tagessätzen zu je 10,00 € und 60 Tagessätzen zu je 10,00 €.
Am 25.04.2017 verurteilte ihn das Amtsgericht Dortmund sodann wegen Diebstahls im besonders schweren Fall gemäß § 243 Abs. 1 Nr. 3 StGB in acht Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr. Dem lag ausweislich der Urteilsfeststellungen zugrunde, dass der Angeklagte zwischen dem 23.09.2016 und 08.02.2017 in Filialen der Firmen Rossmann und Peek & Cloppenburg in Dortmund ein Fußpflegegerät, diverse Tuben Zahnpasta und eine Herrenjacke entwendet hatte. Die Taten wurden aufgrund von Betäubungsmittelabhängigkeit begangen. Zu den Tatzeiten konsumierte der Angeklagte täglich 0,2 g Heroin und 0,2 g Kokain. Die Vollstreckung eines Strafrests wurde durch Entscheidung vom 24.08.2018 gemäß § 35 BtMG zurückgestellt und der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt. Die Bewährungszeit läuft noch bis zum 07.05.2022.
Am 15.01.2018 verurteilte ihn das Amtsgericht Dortmund wegen Diebstahls im besonders schweren Fall gemäß § 243 Abs. 1 Nr. 3 StGB in fünf Fällen zu einer weiteren Freiheitsstrafe von einem Jahr. Dem lag ausweislich der Urteilsfeststellungen zugrunde, dass der Angeklagte zwischen dem 18.05.2017 und 28.05.2017 in Filialen der Firmen Kaufhof und Rossmann in Dortmund diverse Geldbörsen und größere Mengen Zahnpasta entwendet hatte. Auch diese Taten wurden aufgrund von Betäubungsmittelabhängigkeit infolge Heroinkonsums begangen. Die Vollstreckung eines Strafrests wurde ebenfalls durch Entscheidung vom 24.08.2018 gemäß § 35 BtMG zurückgestellt und der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt. Die Bewährungszeit läuft noch bis zum 21.10.2022.
Zuletzt verurteilte ihn das Amtsgericht Dortmund am 11.05.2020 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln (Heroingemisch) zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 10,00 €.
3.
Der Angeklagte wurde in dieser Sache aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Celle vom 02.11.2020 am 12.11.2020 festgenommen und befindet sich seitdem aufgrund des neugefassten Haftbefehls des Amtsgerichts Celle vom selben Tage zu Az. 17 Gs 845/20 in Untersuchungshaft.
II.
Am 14.09.2020 fuhr der Angeklagte seinen Bruder E. H. von D. nach C.. Sein Bruder plante, dort zusammen mit dem ebenfalls in D. aufhältigen 44 Jahre alten V. H. und einem weiteren Mittäter, der als "N. R." im Handy des E. H. gespeichert war, einen Raubüberfall auf das Juweliergeschäft des B. H. in der C. Innenstadt zu begehen. B. H. hatte auf der Internetseite seines Geschäfts Schmuck im Wert von einer Million Euro, darunter hochwertige Uhren der Marken Rolex und Breitling sowie Ringe im Gesamtwert von ca. 250.000,00 € der Marke Cartier zum Verkauf angeboten, von dem ein Teil auch in der Auslage ausgestellt war. E. H. führte u.a. eine Pistole BAIKAL der Marke Makarov, Kaliber 9mm Browning kurz bei sich, die mit drei Patronen geladen, aber nicht durchgeladen war, um den Inhaber durch Drohung mit der Waffe zur Herausgabe des wertvollen Schmucks zu veranlassen. Da das Geschäft nur von dem 72 Jahre alten B. H. und seiner 71 Jahre alten Ehefrau K. H. betrieben wurde, erwartete er keinen Widerstand. Der Angeklagte kannte den Tatplan. Er wusste, dass sein Bruder eine scharfe Waffe mit sich führte und nahm einen körperlichen Übergriff auf das Juwelierehepaar und einen Einsatz der Waffe jedenfalls als Drohmittel bei dem beabsichtigten Überfall zumindest billigend in Kauf. Er wollte die Tat in der Aussicht auf einen Anteil an der Beute fördern, indem er sich als Fahrer seines Pkw Marke Citroen Xsara, amtliches Kennzeichen D., F., Erstzulassung 28.11.2002 für die Hin- und Rückfahrt von D. nach C. zur Verfügung stellte.
In Celle stieg der dem Angeklagten weder von Person noch vom Namen her bekannte ukrainische Staatsangehörige V. H., der im Handy seines Bruders E. unter "H." - passend zu einem russischen Schimpfwort für einen Ukrainer - gespeichert war, in den Citroen Xsara und setzte sich auf die Rücksitzbank. E. H. nahm auf dem Beifahrersitz Platz. Der Angeklagte fuhr den Citroen Xsara an einem Trauringstudio vorbei durch die Straße A., die in westlicher Richtung an die Fußgängerzone der C. Innenstadt angrenzt, weiter bis zum Restaurant S., vor dem er das Fahrzeug gegen 15.35 Uhr parkte. In dem Fahrzeug befand sich ein Rollstuhl, den E. H. wenige Tage zuvor, am 10.09.2020, in den M. K. in L. zwecks Durchführung der Tat gestohlen hatte. Der Angeklagte und sein Bruder stiegen aus dem Citroen Xsara aus. Sie luden den Rollstuhl aus dem Kofferraum. E. H. setzte V. H. in den Rollstuhl, um diesen zum Tatobjekt zu fahren und sich unter Vortäuschung einer Gehbehinderung trotz der geltenden Corona-Beschränkungen zu zweit Zutritt in das kleine Juweliergeschäft verschaffen, was dem Angeklagten als Teil des Tatplans bekannt war. Zu dritt entfernten sie sich von dem Fahrzeug. Der Angeklagte kehrte kurze Zeit später allein zurück und fuhr mit dem Citroen Xsara davon.
E. H. stand über ein Funkgerät der Marke Baofeng in Kontakt mit "N. R.". Dieser hatte ihm zuvor per Handy um 15.09 Uhr die Standortdaten des Goldgeschäfts J. in der links von der Straße A. abzweigenden und ebenfalls an die Fußgängerzone angrenzenden S. und um 15.36 Uhr die Standortdaten eines Geschäfts in der N. inmitten der Fußgängerzone in C., in der auch das Juweliergeschäft H. liegt, zugesandt. Während der Angeklagte einen geeigneten Parkplatz für den Citroen Xsara suchte, schob E. H. den V. H. zunächst zum Goldgeschäft J., welches sich nach einem Blick in die Auslage aber nicht als das angestrebte Tatobjekt herausstellte, und sodann über den inmitten der Innenstadt liegenden Brandplatz zur N..
Gegen 15.50 Uhr erreichten sie das Juweliergeschäft H.. E. H. klingelte an der von außen nicht zu öffnenden Tür. K. H. hielt sich im Verkaufsraum auf. Sie betätigte den Türöffner. E. H. betrat das Geschäft und schob den weiterhin im Rollstuhl sitzenden V. H. hinein. Als sich die Tür hinter ihnen wieder geschlossen hatte, schubste E. H. den Rollstuhl gegen den Verkaufstresen, hinter dem K. H. stand. V. H. erhob sich aus dem Rollstuhl und sprang unter einer schwingend aufgehängten Plexiglasscheibe, die als Spuckschutz angebracht war, hindurch über den Tresen. Er zog K. H. vor seinen Körper und nahm sie von hinten in einen Würgegriff, wobei er seinen Unterarm gegen ihren Hals presste. K. H. rief ihren Ehemann zu Hilfe. V. H. hatte in einem Rucksack ein Handbeil bei sich und ebenso wie E. H. Handschellen griffbereit, mit denen die Eheleute H. gefesselt werden sollten. Dass dies dem Angeklagten als Teil des Tatplans bekannt war, konnte die Kammer nicht feststellen.
B. H. hatte in einem in Verlängerung des Verkaufstresens liegenden Nebenraum die Fernsehsendung "Bares für Rares" angeschaut. Da er und seine Ehefrau in ihrem Geschäft im Jahr 1998 schon einmal überfallen und ausgeraubt worden waren, hatte er drei Schusswaffen griffbereit und geladen in dem kleinen Laden verteilt, mit denen er seitdem regelmäßig Schießübungen machte und für die er auch entsprechende Waffenbesitzkarten besaß. Er griff nach einem mit sechs Patronen geladenen Revolver TAURUS, Modell Ultra-Lite, Kaliber .38 Special, und betrat eilig den Verkaufsraum. Er stand V. H. gegenüber, der seine Ehefrau im Würgegriff hielt. Links zweigte ein weiterer Verkaufstresen ab, von dem sich E. H. näherte, wobei dieser seinerseits die geladene, aber nicht durchgeladene Makarov drohend auf B. H. gerichtet in der Hand hielt. B. H. erkannte, dass es sich um eine echte Waffe handelte, weil die Makarov ein seiner Kenntnis nach für Spielzeugpistolen oder Gaspistolen untypisches Außengewinde für einen Schalldämpfer hatte, der jedoch nicht aufgeschraubt war. In Notwehr bzw. in Nothilfe für seine Ehefrau gab B. H. jeweils einen gezielten Schuss auf beide Täter ab. V. H. wurde durch einen Kopfschuss schwerstverletzt und fiel sofort handlungsunfähig zu Boden. E. H. brach mit durchschossener Brust tödlich getroffen zusammen. Die Eheleute H. alarmierten die Polizei und den Rettungsdienst. Letzterer verbachte V. H. in das Allgemeine Krankenhaus in C., wo dieser noch am selben Tag verstarb.
Der Angeklagte hatte sich nach Abstellen des Citroen Xsara zu Fuß in Richtung Fußgängerzone begeben. Als ihm durch nicht näher ermittelte Umstände bewusst wurde, dass die von seinem Bruder und V. H. durchgeführte Tat gescheitert war, bat er den ihm entgegenkommenden Passanten D. S. darum, dessen Handy für ein Telefonat nutzen zu können. Er führte ein etwa eineinhalb Minuten langes Telefonat in russischer Sprache mit "N. R.", dessen Inhalt D. S. nicht verstand. Sodann verließ der Angeklagte C. und fuhr nach D. zurück.
Ob der Angeklagte zur Tatzeit Heroin, Kokain oder Alkohol konsumiert hatte, konnte die Kammer nicht feststellen. Er stand aber sicher nicht in einem seine Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB erheblich beeinträchtigenden oder diese gar aufhebenden Maße unter akutem Suchtmitteleinfluss. Auch war seine Schuldfähigkeit weder durch akuten Suchtdruck oder die Angst vor unmittelbar bevorstehenden Entzugserscheinungen beeinträchtigt.
K. H. wurde durch den Würgegriff des V. H. nur leicht verletzt. Sie erlitt am Mundboden, am Übergang zum Hals, eine 3,5 bis 4 cm messende Hautrötung, eine leichte Schleimhauteinblutung an der Innenseite der Oberlippe sowie zwei max. 1,5 x 3 cm messende Hautunterblutungen an der Streckseite des linken Unterarms, letztere infolge von Abwehrbewegungen. Sie hatte den vorangegangenen Überfall aus dem Jahr 1998 mithilfe einer Therapie gut verarbeitet. Aufgrund des aktuellen Tatgeschehens erlitt sie einen Schock. Sie hat bis heute Schlafstörungen und unbestimmte Ängste, wenn sich ihr Personen mit vom Typ her ähnlichem Aussehen wie die beiden Täter nähern. B. H. hat das Tatgeschehen nach anfänglicher Aufregung gut verarbeitet.
III.
1.
Die Feststellungen zur Person beruhen auf den glaubhaften Angaben des Angeklagten gegenüber der psychiatrischen Sachverständigen F., die seine Angaben aus der Exploration in der Hauptverhandlung vorgetragen hat. Der Angeklagte hat ihre Angaben zu seinem Lebenslauf und seinem Drogenkonsum als zutreffend bestätigt. Hinsichtlich seiner Vorbelastungen stützt die Kammer ihre Feststellungen ergänzend auf die Verlesung der Auskunft des Bundesamtes für Justiz und der Urteile des Amtsgerichts Dortmund vom 25.04.2017, 15.01.2018 und 11.05.2020.
Die Diagnose einer psychischen und Verhaltensstörung durch multiplen Substanzgebrauch von Opioiden, Kokain und Alkohol (ICD 10: F19.2) sowie eines Cannabismissbrauchs (ICD 10 F 12.1) wurde von der psychiatrischen Sachverständigen Franke gestellt. Diese hat ausgeführt, dass der Angeklagte bezüglich Opioiden, Kokain und Alkohol alle Kriterien eines multiplen Abhängigkeitssyndroms erfülle. So habe er einen Zwang entwickelt, diese Substanzen zu konsumieren. Er kenne die für unfreiwillige Abstinenz typischen körperlichen Entzugserscheinungen bei Heroinentzug ("Affen schieben") und beschreibe einen für unfreiwilligem Kokainentzug bekannten psychischen Suchtdruck. Sein Konsummuster sei durch eine zunehmende Toleranzentwicklung und eine fortschreitende Vernachlässigung anderer Interessen geprägt. Er habe den Konsum trotz eingetretener Folgeschäden wie einer Hepatitis-C-Erkrankung fortgesetzt. Er sei wegen des Drogenkonsums in seiner beruflichen Entwicklung gescheitert, habe den Kontakt zu seinem Sohn und die Beziehung zu der Kindesmutter verloren und sei in die Obdachlosigkeit abgerutscht. Auch sei er zuletzt weder zu eigenständigen Entzugsversuchen in der Lage gewesen noch habe eine stationäre Langzeittherapie eine nachhaltige Abstinenz bewirken können. Seine Angaben zu seinen Konsummustern seien glaubhaft und würden durch seine Vorverurteilungen wegen Beschaffungskriminalität, Zurückstellungen nach § 35 BtMG und die wegen erheblicher Entzugserscheinungen erfolgte Substitution mit anfangs 4 mg Methadon zu Beginn der Untersuchungshaft bestätigt.
Die Kammer schließt sich den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen der psychiatrischen Sachverständigen Franke nach eigener kritischer Würdigung an. Soweit sich die Sachverständige auf die Angaben des Angeklagten zu seinem Drogenkonsum stützt, sind diese angesichts seiner Vorbelastungen auch glaubhaft.
2.
Der Angeklagte hat sich zur Sache nicht eingelassen. Er ist durch die ausweislich des Protokolls in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise überführt.
a)
Die Feststellungen zum Tatablauf stützen sich auf die Bekundungen der Zeugen und Nebenkläger B. und K. H., die das Geschehen vor Ort ab Betreten des Juweliergeschäfts durch die Täter bis zur Schussabgabe wie festgestellt übereinstimmend geschildert haben. Die polizeilichen Ermittlungen richteten sich anfangs auch gegen B. H.. Das Verfahren gegen ihn wurde wegen Notwehr bzw. Nothilfe gemäß § 170 Abs.2 StPO von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Die Aussagen der beiden Geschädigten waren detailreich, in sich widerspruchsfrei und standen im Einklang mit den sonstigen objektiven Beweisen. Sie zeigten auch keine Tendenzen, den Angeklagten zu Unrecht zu belasten.
So stand ausweislich der glaubhaften Bekundungen des Zeugen PK K., der nach der Meldung des Überfalls als erster vor Ort war, und des im Selbstleseverfahren eingeführten Tatbefundberichts des PHK P., vor dem Tresen des ausweislich der in Augenschein genommenen Tatortskizze nur 6,45m x 4,91 m messenden Geschäftsraums ein Rollstuhl. Die rechte Metallstrebe der ca. 180 x 140 cm großen über dem Tresen hängende Plexiglasscheibe war herausgezogen, weshalb die Scheibe quer in der Luft hing, was mit dem geschilderten Sprung des V. H. über den Tresen vereinbar ist. K. H. hat dessen Griff an ihren Hals plastisch geschildert. Ihre Schilderungen stimmen ausweislich des im Selbstleseverfahren eingeführten Gutachtens des Instituts für Rechtsmedizin der Medizinischen Hochschule H., dem ihre körperliche Untersuchung noch am Tattag des 14.09.2020 zugrunde lag, mit dem festgestellten Verletzungsbild überein. Dass V. H. tatsächlich nicht auf einen Rollstuhl angewiesen war, spricht dafür, dass es zum Tatplan gehörte, sich durch Vortäuschen eines Angewiesenseins auf einen Rollstuhl Zutritt in das kleine Geschäft zu verschaffen, was angesichts der zur Tatzeit geltenden Corona-Beschränkungen ansonsten zu zweit nicht möglich gewesen wäre. Ausweislich der glaubhaften Bekundungen der Hauptermittlungsführerin POK´in H. hatte E. H. den Rollstuhl der Marke Bischoff & Bischoff GmbH am 10.09.2020 gegen 15.30 Uhr, vier Tage vor der Tat, in den M. K. in L. entwendet. Auf Lichtbildern von Überwachungskameras der M. K., die in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen wurden, ist zu sehen, wie eine ihm nach Kopf- und Gesichtsform, Verlauf des Haaransatzes, Frisur und Form von Ohren und Nase ähnliche Person den Aufnahmebereich betritt und diesen wenige Minuten später mit einem Rollstuhl wieder verlässt. Auf dem am Tatort gesicherten Rollstuhl fanden sich ausweislich der in Augenschein genommenen Lichtbilder Rückstände eines Aufklebers, auf denen der Schriftzug "K. L." noch schemenhaft lesbar war.
Bei Eintreffen des PK K., dessen glaubhafte Schilderung durch die in Augenschein genommenen Lichtbilder vom Tatort bestätigt und ergänzt wurde, lag V. H. mit einer Kopfverletzung schwer atmend in einer großen Blutlache auf dem Boden hinter dem Tresen, an dem die Plexiglasscheibe angebracht war. Er trug Latexhandschuhe und hatte Stahlhandfesseln in seiner linken Hand. E. H. lag tot mit einer blutenden Brustverletzung in dem rechtwinklig angrenzenden Verkaufsbereich. Er trug ebenfalls Latexhandschuhe. In seiner Hosentasche hatte er ein IPhone. In seinem Ohr steckte ein Kopfhörer, dessen Kabel unter der Kleidung zu einem Funkgerät der Marke Baofeng führte. Er hielt eine Pistole in seiner Hand, die nach den glaubhaften Bekundungen des Zeugen PHK P. mit drei Patronen teilweise geladen, aber nicht durchgeladen war. Die Waffe sei entsichert gewesen. Zur Schussabgabe sei nur noch das Zurückziehen des Verschlusses notwendig gewesen. Nach einem verlesenen Gutachten des Niedersächsischen Landeskriminalamts handelte es sich wie festgestellt um eine Pistole BAIKAL der Marke Makarov, Kaliber 9mm Browning kurz, deren ursprünglicher Lauf durch einen 9mm Browning mit einem Außengewinde, auf das ein Schalldämpfers geschraubt werden könne, ausgetauscht worden sei. Die Waffennummer sowie sonstige Beschriftungen und Kennzeichen seinen mechanisch entfernt worden. In einem Rucksack, den die Täter mitgebracht hatten, befand sich zudem ein Handbeil, dessen konkreten Verwendungszweck die Kammer nicht feststellen konnte.
E. H. wurde nach den glaubhaften Bekundungen des PK K. noch vor Ort durch seinen Personalausweis, den er bei sich führte, identifiziert. Ausweislich der verlesenen Auskunft des Bundesamtes für Justiz vom 16.09.2020 war auch E. H. mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten. Sein Registerauszug weist 14 Einträge von 2003 bis 2018 u.a. wegen Raubes, Diebstahls und gefährlicher Körperverletzung aus, die u.a. mit Verbüßung von Strafhaft geahndet wurden, wobei er zur Zeit der hier relevanten Tat unter dreifacher Bewährung stand und die den letzten Verurteilungen aus den Jahren 2016, 2017 und 2018 zugrundeliegenden Taten aufgrund von Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hatte.
Der 1976 geborene ukrainische Staatsangehörige V. H. konnte ausweislich eines verlesenen Vermerks des EKHK L. erst durch Nachfragen beim Generalkonsulat der Ukraine identifiziert werden. Dieser war bis dahin ausweislich eines verlesenen Vermerks des PK S. im polizeilichen Auskunftssystem als russischer Staatsangehöriger V. T. mit acht weiteren Aliaspersonalien u.a. wegen Verstößen gegen das Waffengesetz, das Betäubungsmittelgesetz und gewerbsmäßige Bandenhehlerei bekannt.
E. H. verstarb ausweislich seiner Todesbescheinigung am 14.09.2020 um 15.50 Uhr durch einen Brustdurchschuss mit Verletzung der Brustaorta und der Truncus pulmonalis, einer zur Lunge führenden Arterie. V. H. verstarb ausweislich seiner Todesbescheinigung am 14.09.2020 um 20.04 Uhr an einer Schussverletzung am Hirn mit nachfolgender schwerer Hirnverletzung, einem epiduralen Hämatom und einem schweren Hirnödem. Das Verletzungsbild beider Verstorbener stimmt mit der Schilderung des B. H., jeweils einen gezielten Schuss auf den Kopf bzw. in die Brust eines Täters abgegeben zu haben, überein. Dieser habe sich nach den glaubhaften Bekundungen des Zeugen PK K. bei dessen Eintreffen zusammen mit seiner unter Schock stehenden Ehefrau in dem an den Verkaufsbereich angrenzenden Nebenraum aufgehalten. Beide hätten ihm den Überfall geschildert. B. H. habe ihm (dem Zeugen PK K.) einen Revolver TAURUS, Modell Ultra-Lite, Kaliber .38 Special überreicht, mit dem er auf beide Täter geschossen habe. Die tatzeitnahe Schilderung der Eheleute H. zum Tathergang gegenüber dem Zeugen PK K. deckten sich mit den Feststellungen der Kammer, denen ihren Angaben in der Hauptverhandlung zugrunde liegen. Passend zu der Abgabe von zwei Schüssen aus dieser Waffe wurden in dem Juweliergeschäft zwei verfeuerte Patronenhülsen und zwei deformierte Geschosse Kaliber .38 Special, eines davon infolge eines Durchschusses in einer Vitrine, das andere bei der Obduktion in einer der beiden Leichen sichergestellt.
b)
Als Tatfahrzeug konnte der Citroen Xsara, amtliches Kennzeichen D. anhand von Videosequenzen bzw. Lichtbildern zweier Überwachungskameras zweifelsfrei identifiziert werden.
So ist auf den in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Aufnahmen einer Überwachungskamera des Restaurants S. in der Straße A. zu sehen, wie ein silberner Kleinwagen gegen 15.30 Uhr am Straßenrand vor dem Restaurant anhält. Durch das geöffnete Beifahrerfenster sind schemenhaft ein Beifahrer und auf dem Rücksitz eine weitere Person erkennbar. Die Zeugin A. M. hat hierzu glaubhaft bekundet, dass das Fahrzeug unmittelbar vor ihr geparkt habe. Sie habe mit ihren Kindern ein Eis essen wollen und um 15.38 Uhr ein Parkticket gezogen. Ihr sei aufgefallen, dass aus dem silbernen Kleinwagen älteren Baujahrs ähnlich einem Ford Fokus oder einem Opel Corsa, der ein auswärtiges Kennzeichen mit zwei Buchstaben für den Ort gehabt habe, zwei Männer ausgestiegen waren. Ein Teil der Rücksitzbank des Fahrzeugs sei nach vorne geklappt gewesen und ein Rollstuhl habe zusammengeklappt neben dem Fahrzeug gestanden. Der Beifahrer habe einen dritten Mann in einen Rollstuhl gesetzt. Alle Männer seien etwa 30 bis 40 Jahre alt gewesen. Sie arbeite als Krankenschwester. Ihr sei deshalb aufgefallen, dass der Rollstuhl ein einfaches Krankenhausmodell gewesen sei und nicht dem Standard für einen dauerhaft Rollstuhlpflichtigen entsprochen habe. Auch habe der Mann, der in den Rollstuhl gehoben wurde, zuvor nicht auf der Beifahrerseite, sondern hinten auf der Rücksitzbank des Fahrzeugs gesessen, was sie bei einem dreitürigen Fahrzeug nicht erwartet hätte. Alle drei hätten sich vom Fahrzeug entfernt. Der Fahrer sei nach etwa zehn Minuten allein zurückgekommen und in Richtung S. weggefahren. Ihre Beobachtungen sprechen dafür, dass es sich bei dem Beifahrer und der Person vom Rücksitz um E. H. und V. H. handelte. Der Angeklagte konnte von der Zeugin A. M. hingegen nicht als Fahrer des Fahrzeugs wiedererkannt werden.
Dass E. H. und V. H. diejenigen waren, die aus dem silbernen Kleinwagen ausgestiegen und sich zu Fuß bzw. im Rollstuhl sitzend durch die C. Innenstadt in Richtung des Juweliergeschäfts H. in der N. bewegten, wird durch die in Augenschein genommenen Lichtbilder des Juweliergeschäfts G. in der S. bestätigt, die einen Mann zeigen, der um 15.42 Uhr - wobei die Kamera nach den Ermittlungen der POK`in H. noch auf Winterzeit, also 14.42 Uhr, eingestellt war - einen anderen Mann in einem Rollstuhl aus Richtung A. kommend in Richtung des B. schiebt. Passend hierzu hat die Zeugen S. B. glaubhaft bekundet, dass sie um 15.45 Uhr ein Parkticket in der S. gezogen habe. Dabei seien ihr zwei Männer, einer davon im Rollstuhl sitzend, Mitte/Ende 30 aufgefallen, die sich in Richtung des B., von dem aus die N. zu erreichen sei, entfernt hätten.
Ausweislich der glaubhaften Bekundungen der Hauptermittlungsführerin POK`in H. wurde das Fahrzeug kurze Zeit vor dem Parken am Restaurant S. beim Vorbeifahren an einem Trauringstudio in der Straße A. von einer Kamera erfasst. Das schemenhaft zu erkennende Fahrzeug konnte ausweislich der verlesenen Mitteilung des Sachverständigen C. vom Niedersächsischen Landeskriminalamt als silberner dreitüriger Citroen Xsara Coupe aus der von Oktober 2000 bis November 2004 vertriebenen Baureihe identifiziert werden. Für den Dreitürer sprachen die von einem Fünftürer abweichende Gestaltung der Seitenschutzleisten, für die Baureihe die hinten montierte Dachantenne, die nicht in den Kotflügel verlaufende Form der Scheinwerfer und die Gestaltung der Lüftungsschlitze im Kühlergrill.
In einem entsprechenden Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen D. war E. H. nach dem verlesenen Vermerk des PHK B. am 24.04.2020 in S. bei einer Trunkenheitsfahrt angetroffen worden. Ausweislich des im Selbstleseverfahren eingeführten Fahrzeugscheins handelt es sich bei dem Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen D. um einen Xsara Coupe, Erstzulassung 28.11.2002. Das Fahrzeug war auf einen E. B. zugelassen, der aber nicht der tatsächliche Gewahrsamsinhaber oder Halter war, sondern das Fahrzeug nur für einen namentlich nicht genannten Bekannten zugelassen hatte, wie er nach den glaubhaften Bekundungen der Zeugin POK`in H. ihr gegenüber in seiner Vernehmung angegeben habe. Eine Nachfrage der Zeugin POK`in H. bei der Versicherung habe ergeben, dass der Angeklagte Versicherungsnehmer war, zuletzt aber keine Versicherungsbeiträge mehr gezahlt hatte. Bei einer Sicherstellung des Fahrzeugs in Dortmund, die wegen eines Vergehens gegen das Pflichtversicherungsgesetz anlässlich einer Fahrzeugkontrolle am 01.10.2020 mit anschließender Stilllegung des Fahrzeugs erfolgte, wurde der Angeklagte als Fahrer angetroffen.
Das Fahrzeug wurde in der Folgezeit auf individuelle Merkmale untersucht. Passend zu den ausweislich der verlesenen Mitteilung des Sachverständigen C. anhand der Videoaufzeichnungen des Trauringstudios erkennbaren Ausstattungsmerkmalen des Tatfahrzeugs hatte auch der Citroen Xsara mit dem amtlichen Kennzeichen D. keine separaten Nebelscheinwerfer. Die Reifen waren nicht mit Radkappen ausgestattet und auf schwarze Stahlfelgen aufgezogen. Im Hinterreifen befanden sich Auswuchtungsgewichte auf der Fahrerseite. Zudem war das Beifahrerfenster ausweislich eines auszugsweise verlesenen DEKRA-Gutachtens, das den Restwert des Fahrzeugs mit 111,00 € ermittelte, mit einem Schraubendreher verkeilt, weshalb es sich nicht mehr schließen ließ. Auf den in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Lichtbildern der Überwachungskamera des Trauringstudios sind zudem im Kofferraum schemenhaft Umrisse eines liegenden Rollstuhls erkennbar. Ausweislich der glaubhaften Bekundungen der Zeugin POK`in H. hat ein Passversuch ergeben. dass der am Tatort sichergestellte Rollstuhl zusammengeklappt in den Citroen Xsara passte, wenn ein teilbares Stück der Rücksitzbank nach vorne geklappt ist, was wiederum mit den Beobachtungen der Zeugin A. M. in Einklang zu bringen ist. Nach alldem hat die Kammer keine Zweifel, dass es sich bei dem Citroen Xsara, Erstzulassung 28.11.2002 mit dem amtlichen Kennzeichen D. um das Tatfahrzeug handelte.
c)
Der Angeklagte war ausweislich der in Augenschein genommenen Lichtbilder des Trauringstudios auch als Fahrer des Citroen Xsara vor Ort in C.. Zwar ist der Fahrer auf diesen Bildern nur schemenhaft zu sehen. Seine Kopfform mit einem markant ausgeprägten Kinn und seine helle Hautfarbe passen aber zu dem Erscheinungsbild des Angeklagten. Außerdem trug der Fahrer ein helles T-Shirt mit schwarz abgesetzter Brusttasche und schwarz abgesetzten Ärmel. Ein solches T-Shirt wurde bei der Durchsuchung des Zimmers, das der Angeklagte in D. bei einem Bekannten namens D. N. in der R. 3 in 4. W. am 12.11.2020 allein bewohnte, in dem von ihm allein benutzten Schrank sichergestellt. Der Zeuge D. S. hat zudem glaubhaft bekundet, dass ihn am 14.09.2020 gegen 16.00 Uhr eine männliche Person in der C. Innenstadt gefragt habe, ob diese sein Handy benutzen könne. Die Person habe eine Nummer gewählt, die sich als die Handynummer des "N. R." herausstellte. Das Gespräch sei in russischer Sprache geführt worden. Er erkenne den Angeklagten zwar nicht wieder. Das Erscheinungsbild des Mannes sei aber mit der Statur und dem Aussehen des Angeklagten in Einklang zu bringen.
Dass der Angeklagte vor Ort war und Kenntnis von den Tatplänen hatte, ergibt sich aus einer nach der Tat geschalteten Telekommunikationsüberwachung seines Handys. In einzelnen Telefonaten mit Verwandten und Freunden anlässlich der Beerdigung seines Bruders sagt der Angeklagte u.a. "Das Schlimmste, was man angenommen hatte, ist, dass sie auffliegen", "Man hätte niemals damit gerechnet, dass der Opa so reagiert. Die haben sich verschätzt.", "Man hat gedacht, es ist nur ein kleiner Laden und der Besitzer ist alt.", "Sie haben nicht gedacht, dass er gleich Leute kalt machen wird." und "Er (gemeint ist nach dem Sachzusammenhang sein Bruder E. H.) war betrunken, als er losgegangen ist". Zudem spekuliert er darüber, dass sein Bruder es nicht geschafft habe, die Waffe durchzuladen und sich auch nicht ergeben hätte, weil es nicht dem Naturell seines Bruders entsprochen habe, sich zu ergeben.
In einer Gesamtschau dieser Indizien hat die Kammer keine Zweifel, dass der Angeklagte derjenige war, der als Fahrer des Citroen Xsara vor Ort in C. war, von dem geplanten Überfall unter Einsatz einer geladenen Waffe auf das Juweliergeschäft H. wusste und die Tat seines Bruders und dessen Mittäters durch die Fahrt zum Tatort und die Bereitstellung des Fluchtfahrzeugs fördern und unterstützen wollte. Es angesichts seiner desolaten persönlichen Verhältnisse und der engen Beziehung zu seinem Bruder als einem der Haupttäter ist es nach Auffassung der Kammer lebensnah und zweifelsfrei, dass er als Gegenleistung einen nicht näher feststellbaren Anteil von der erstrebten Beute bekommen sollte.
3.
Hinweise auf einen tatzeitnahen Konsum von Heroin, Kokain und/oder Alkohol, akute Entzugserscheinungen oder akuten Suchtdruck, durch den die Einsichts- und /oder Steuerungsfähigkeit des Angeklagten im Sinne der §§ 20,21 StGB relevant beeinträchtigt gewesen sein könnte, haben sich nicht ergeben. Da sich erst im Verlauf der Ermittlungen ein Tatverdacht gegen den Angeklagten ergab, weshalb er auch erst Wochen nach der Tat am 12.11.2020 festgenommen wurde, gibt es keine tatzeitnah abgenommene Blut- oder Urinprobe. Eine relevante Beeinträchtigung seiner Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit lasse sich auch nicht aus der Verhaltensanalyse herleiten, wie die Sachverständige F. nachvollziehbar ausgeführt hat. So sei der Angeklagte in der Lage gewesen, den Citroen Xsara über eine Strecke von etwa 250 km von D. nach C. und zurück zu fahren. Er habe die Telefonnummer des "N. R." aus dem Gedächtnis wählen können, ohne dabei auf eine Notiz zu schauen, wie der Zeuge D. S. bekundet habe. Dem Zeugen S. seien auch keine Auffälligkeiten wie starkes Schwitzen, Lallen, geweitete Pupillen oder ein unsicherer Gang aufgefallen. Auch die Zeugin M. habe keine Auffälligkeiten beim Einparken, Aussteigen, Verlassen des Fahrzeugs und der Rückkehr des Fahrers wenige Minuten später bemerkt. Der Einschätzung der Sachverständigen, die die glaubhaften Aussagen der Zeugen D. S. und A. M. zutreffend erfasst und zugrunde gelegt hat, schließt sich die Kammer nach eigener kritischer Würdigung an. Eine relevante akute Suchtmittelintoxikation lag nach der Verhaltensanalyse nicht vor. Angesichts der langen Fahrtstrecke von D. nach C. ist zur Überzeugung der Kammer auch ein akuter Suchtdruck oder eine die Tatbeteiligung bestimmende Angst vor drohenden Entzugserscheinungen ausgeschlossen.
IV.
Nach den Feststellungen hat sich der Angeklagte der Beihilfe gemäß § 27 Abs. 1 StGB zum gemeinschaftlichen versuchten besonders schweren Raub gemäß §§ 249, 250 Abs. 2 Nr. 1, 22, 23, 25 Abs. 2 StGB schuldig gemacht.
Hinreichende Anhaltspunkte für eine über eine Stellung als Gehilfe hinausgehende Mittäterschaft des Angeklagten an der Tat liegen nicht vor. Er hat in Kenntnis des Tatplans durch die Verbringung seines Bruders, des V. H. und des Rollstuhls in Tatortnähe sowie die Bereitstellung des Fluchtfahrzeugs die Tat bewusst gefördert. Er war bei der Tatausführung aber nicht vor Ort in dem Juweliergeschäft und hatte keinen Einfluss auf die unmittelbaren Tatabläufe. Anhaltspunkte dafür, dass er an der Tatplanung oder dem sich im Fall eines Taterfolgs anschließenden Versetzens der Beute persönlich beteiligt war, woraus sich ein Wille zur Tatherrschaft herleiten ließe, haben sich in einer Gesamtschau der in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise nicht ergeben. Zwar war beabsichtigt, den Angeklagten an der erwarteten Beute zu beteiligen. Angesichts seiner desolaten persönlichen Lebensverhältnisse war zur Überzeugung der Kammer neben der Solidarität zu seinem Bruder auch die Aussicht auf einen Beuteanteil Motiv für seine Tatbeteiligung. Hingegen konnte die Kammer keine Feststellungen dazu treffen, dass er einen über einen für eine Beihilfeleistung hinausgehenden Anteil an der Beute erhalten sollte. Da die beiden vor Ort agierenden Haupttäter verstorben sind und der mutmaßliche vierte Beteiligte flüchtig ist, gibt es auch keine weiteren Ermittlungsansätze hierzu.
Der Angeklagte handelte vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft.
V.
1.
Bei der Strafzumessung hat die Kammer gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 StGB zunächst den Strafrahmen des § 250 Abs. 2 StGB von 5 Jahren bis 15 Jahren Freiheitsstrafe nach der Strafandrohung für die Haupttäter zugrunde gelegt.
Die Kammer hat sodann geprüft, ob ein minder schwerer Fall vorliegt, dies jedoch im Ergebnis verneint. Denn das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit weicht nicht derart vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle eines besonders schweren Raubes in einem solchen Maß zugunsten des Angeklagten ab, dass die Anwendung des milderen Strafrahmens des § 250 Abs. 3 StGB geboten erscheint.
Dabei hat die Kammer zunächst die nachfolgenden allgemeinen Strafzumessungskriterien untereinander abgewogen, die für sich betrachtet in einer Gesamtschau keinen minder schweren Fall rechtfertigen.
Zugunsten des Angeklagten hat die Kammer insoweit berücksichtigt,
- dass der Angeklagte nicht vor Ort im Juweliergeschäft war und auf den Tatablauf als solchen keinen Einfluss hatte,
- dass sein Bruder, mit dem er nach dem frühen Tod der Eltern eng verbunden war, bei der Tat verstorben ist,
- dass der Angeklagte einen gesteigerten Geldbedarf aufgrund seiner multiplen Drogenabhängigkeit und seiner dadurch bedingten instabilen persönlichen Verhältnisse ohne eigene Wohnung, feste Tagesstrukturen, berufliche Perspektiven und stabilisierende soziale Kontakte hatte.
Zulasten des Angeklagten sprachen hingegen
- die erhebliche kriminelle Energie, die in der ihm bekannten Tatplanung der Haupttäter zum Ausdruck kam, namentlich das Bei-Sich-Führen und der von ihm zumindest billigend in Kauf genommene Einsatz einer scharfen Waffe und die durch Vortäuschung einer Gehbehinderung trotz der Corona-Beschränkungen ermöglichte gemeinschaftliche Tatbegehung vor Ort, was die Gefährlichkeit der Tat zulasten der Eheleute H. erkennbar von Anfang an steigerte,
- die von den Haupttätern angestrebte hohe Beute in Millionenhöhe,
- die psychischen und - wenn auch nicht schweren - körperlichen Folgen der Tat für K. H., die der Angeklagte in Kenntnis eines geplanten Überfalls jedenfalls billigend in Kauf genommen hatte,
- seine erheblichen und auch wegen Diebstahls als Eigentumsdelikt einschlägigen Vorbelastungen, zumal der Angeklagte bereits hafterfahren ist und zweifach unter laufender Bewährung stand.
Auch die besonderen Strafzumessungskriterien des Versuchs und der Beihilfe jeweils isoliert für sich gesehen als auch beide zusammen betrachtet sowie mit den vorgenannten allgemeinen Strafzumessungskriterien jeweils einzeln als auch in einer Gesamtschau abgewogen, rechtfertigen die Annahme eines minder schweren Falls nicht. Dabei hat die Kammer sowohl die nachfolgend dargelegten versuchsspezifischen Kriterien als auch den Umfang Beihilfeleistung des Angeklagten berücksichtigt, die für einen Taterfolg nicht unerheblich war.
Die Kammer hat keine Veranlassung gesehen, von der fakultativen Milderungsmöglichkeit wegen Versuchs gemäß § 23 Abs. 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB Gebrauch zu machen. Dabei hat sie alle für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände unter besonderer Berücksichtigung der versuchsspezifischen Umstände in einer Gesamtschau untereinander abgewogen. Relevant waren insoweit die dem Angeklagte bekannte Gefährlichkeit der Haupttat durch Mit-Sich-Führen einer scharfen Waffe und die ihm ebenfalls bekannte erhebliche kriminelle Energie der Haupttäter, die sich den Zutritt in das kleine Juweliergeschäft zu zweit trotz der Corona-Beschränkungen durch Vortäuschen einer Gehbehinderung erschlichen und zu diesem Zweck im Vorfeld einen Rollstuhl entwendet hatten, getrennt nach C. gefahren waren und bei der Tatausführung keine Standortdaten übermittelnden Handys, sondern Funkgeräte zur Absprache mit dem Hintermann vor Ort nutzten, um eine Strafverfolgung zu verhindern oder zumindest zu erschweren. Zwar ist es hinsichtlich der erstrebten hohen Beute zu keiner Zeit in die Nähe der Tatvollendung gekommen, weil beide Haupttäter vor einem Zugriff auf die Beute erschossen bzw. schwerstverletzt angeschossen wurden. Dennoch wurden wesentliche Tatbestandsmerkmale des besonders schweren Raubes angesichts der gegen K. H. ausgeübten Gewalt durch den Würgegriff des V. H. an ihren Hals und die gegenwärtige Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben gegen B. H. durch Vorhalten der geladenen, wenn auch nicht durchgeladenen Schusswaffe des E. H. bereits verwirklicht, was der Angeklagte in Kenntnis des Tatplans zumindest billigend in Kauf genommen hatte.
Der Strafrahmen des § 250 Abs.2 StGB war wegen Beihilfe gemäß §§ 27 Abs. 2 Satz 2 StGB i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB auf zwei Jahre bis 11 Jahre drei Monate Freiheitsstrafe zu mildern. Bei Zugrundelegung dieses Strafrahmens hält die Kammer unter erneuter Abwägung aller bereits im Rahmen des minder schweren Falls dargelegten für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände einschließlich der den Versuch und die Beihilfe prägenden Umstände eine Freiheitsstrafe von 5 Jahren für tat- und schuldangemessen.
VI.
Die Kammer hat die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB angeordnet.
Die psychiatrische Sachverständige F. hat hierzu ausgeführt:
Der Angeklagte habe den Hang, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Dies ergebe sich zwangslos aus der seit vielen Jahren bestehenden polymorphen Substanzmittelabhängigkeit von Opiaten, Kokain und Alkohol. Das Tatgeschehen stehe als Beschaffungsdelikt im symptomatischen Zusammenhang mit dem Hang. Es handele sich insbesondere nicht um ein einmaliges oder isoliertes Ereignis. Vielmehr habe der Angeklagte in der Vergangenheit bereits diverse Straftaten zur Finanzierung seiner multiplen Abhängigkeit begangen, wie sich aus seinen Vorverurteilungen ergebe. Unbehandelt seien weitere Straftaten der Beschaffungskriminalität von ihm zu erwarten.
Es bestehe auch eine Erfolgsaussicht, den Angeklagten zu heilen oder für eine erhebliche Zeit vor einem Rückfall zu bewahren. Prognostisch günstig sei, dass der Angeklagte zu Beginn seiner Abhängigkeit wiederholt versucht habe, eigenmächtig "kalt" zu entgiften, um seine damalige Ausbildung nicht zu gefährden. Trotz langer Abhängigkeit habe er 2018/2019 eine stationäre Langzeittherapie regulär absolvieren können und aus eigenem Antrieb 2019 eine zweiwöchige stationäre Entgiftung durchgeführt. Er habe bislang noch keine forensische Behandlung im Setting des § 64 StGB erfahren. Er sei für eine solche auch hinreichend intelligent, wie sich daraus ergebe, dass er nach der Auswanderung im 18. Lebensjahr engagiert die deutsche Sprache gelernt, einen Realschulabschluss erreicht und eine Ausbildung abgeschlossen habe. Er sei derzeit auch therapiemotiviert. Durch die erzwungene Entgiftung während der aktuellen Untersuchungshaft und den Tod seines Bruders, der nach dem frühen Tod beider Eltern eine wichtige Bezugsperson in seinem Leben gewesen sei, habe er eine erhebliche Frustration bezüglich seiner Drogenabhängigkeit der vergangenen Jahre und einen Wunsch nach anhaltender Drogenabstinenz entwickelt und werde durch die Erwartung, nach einer erfolgreichen Therapie wieder Kontakt zu seinem Sohn aufnehmen zu können, bestärkt. Es sei trotz seit Januar 2021 ausgeschlichener Substitution in der Untersuchungshaft bislang auch nicht zu Drogenrückfällen gekommen.
Prognostisch negativ sei, dass der Angeklagte eine dissoziale Persönlichkeitsakzentuierung habe. Diese äußere sich in seinen nicht unerheblichen Vorstrafen und in einer deutlichen Affektverflachung während der emotionslosen Schilderungen zu dem Tod seines Vaters durch Erhängen am Grab der Großmutter und dem Tod seiner Mutter aufgrund eines Lungenkarzinoms. Auch sei keine Empathie mit den Geschädigten der hier relevanten Tat zum Ausdruck gekommen. Es gebe aber durchaus Phasen sozialer Integration in seinem Leben, wie die erfolgreichen Schul- und Ausbildungsabschlüsse und nicht nur kurzzeitige Partnerschaften, weshalb noch nicht von einer dissozialen Persönlichkeitsstörung auszugehen sei, die einem Behandlungserfolg entgegen stünde. Problematisch seien auch die aktuelle Obdachlosigkeit, die seit mehr als fünf Jahren bestehende Berufsuntätigkeit, die wiederholten Rückfälligkeiten und die fehlenden sozialen Strukturen. Bei der derzeitig hohen Motivation könne ein Behandlungserfolg in einer kontinuierlichen suchtspezifischen Therapie mit psychosozialer Unterstützung und einer engmaschigen, sozialpsychiatrischen und suchttherapeutischen Nachsorge dennoch erzielt werden. Mit einer Behandlungsdauer von mindestens zwei Jahren sei zu rechnen.
Die Kammer schließt sich auch diesen umfassenden und überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen nach eigener kritischer Würdigung an. Mit seiner Tatbeteiligung strebte der Angeklagte einen Anteil an der erwarteten Beute an, um sich Geld für seinen Lebensunterhalt und den Kauf von Drogen zu verschaffen, deren Konsum angesichts seiner langjährigen und multiplen Abhängigkeit und fehlender sozialer Integration seinen Alltag prägte und für die Tat zumindest mitursächlich war. Unbehandelt sind von ihm auch zukünftig erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 64 Abs. 1 Satz 1 StGB zu erwarten. Auch wenn nicht der Angeklagte, sondern sein verstorbener Bruder E. maßgeblich an der Planung und Durchführung des Überfalls auf das Juweliergeschäft Heinrichs beteiligt war, ist jedenfalls mit sonstigen Beschaffungsdelikten wie den zuletzt ausgeurteilten besonders schweren Diebstählen durch gewerbsmäßige Begehung in Kaufhäusern und Drogerien zu rechnen. Diese sind keine Bagatelldelikte und gehören mit einem Regelstrafrahmen von drei Monaten bis zu zehn Jahren der mittleren Kriminalität an.
Derzeit bestehen auch hinreichende Aussichten, den Angeklagten innerhalb der Frist des nach § 67 d Abs. 1 Satz 1 oder 3 StGB zu heilen oder für eine erhebliche Zeit vor einem Rückfall zu bewahren. Auch die Kammer geht davon aus, dass die Behandlung angesichts der fehlenden sozialen Integration des Angeklagten und seiner langjährigen Abhängigkeit mindestens zwei Jahre in Anspruch nehmen wird. Nachdem mittlerweile fast acht Monate Untersuchungshaft vollstreckt sind, die kraft Gesetzes auf die Strafe anzurechnen sind, bestand bei der daneben verhängten Freiheitsstrafe von fünf Jahren kein Anlass, einen Vorwegvollzug gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 StGB anzuordnen.
VII.
Gemäß § 74 StGB war die Einziehung des Pkw Citroen Xsara, F., Erstzulassung 28.11.2002, letztes amtliches Kennzeichen D., anzuordnen. Das Fahrzeug stand im Eigentum des Angeklagten. Dieser hatte das Fahrzeug schon vor der Tat in seinem Besitz und war Versicherungsnehmer. Dem steht nicht entgegen, dass es auf einen E. B. zugelassen war. Denn dieser hat bei seiner Vernehmung gegenüber POK`in H. keine Besitz- oder Eigentumsansprüche an dem Fahrzeug geltend gemacht, wie die Zeugin POK`in H. glaubhaft bekundet hat. Er habe das Fahrzeug lediglich für einen Bekannten zugelassen, dessen Namen er aber nicht nennen wolle.
Eine Einziehung der beiden im Zimmer des Angeklagten gefundenen Funkgeräte der Marke Baofeng, die baugleich mit dem bei dem verstorbenen E. H. aufgefundenen Funkgerät waren, kam nicht in Betracht. Zwar deutet einiges darauf hin, dass zumindest eines dieser Funkgerät bei der Tat benutzt wurde. Denn der verstorbene E. H. war bei der Tat mit einem baugleichen Funkgerät verbunden. In einem Mischbefund eines der im Zimmer des Angeklagten gefundenen Funkgeräte konnte zudem DNA einer dritten Person bestimmt werden, bei der es sich mutmaßlich um "N. R." handelt. Da die Funkgeräte aber erst zwei Monate nach der Tat sichergestellt wurden, ist eine Zuordnung als Tatwerkzeug mit der erforderlichen Sicherheit nicht mehr möglich.
VIII.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 465 Abs. 1 Satz 1, 472 Abs. 1 Satz 1 StPO.