Landgericht Lüneburg
Urt. v. 10.05.2021, Az.: 27 Ks 1501 Js 41667/20 (3/21)

Bibliographie

Gericht
LG Lüneburg
Datum
10.05.2021
Aktenzeichen
27 Ks 1501 Js 41667/20 (3/21)
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 72074
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In der Strafsache
gegen
A. B.,
,
wegen Mordes
hat die 4. große Strafkammer des Landgerichts Lüneburg als Schwurgericht in der öffentlichen Sitzung vom 10.05.2021, an der teilgenommen haben
Vorsitzender Richter am Landgericht U.
als Vorsitzender
Richter am Landgericht V.
Richter am Landgericht W.
als beisitzende Richter
Herr X.
Herr Y.
als Schöffen
Staatsanwältin Z.
als Beamtin der Staatsanwaltschaft
Rechtsanwalt S.
als Verteidiger
Rechtsanwältin T.
als Verteidigerin
XXX
als Nebenklägerinnen
Rechtsanwalt XXX
als Nebenklägervertreter für XXX
Rechtsanwältin XXX
als Nebenklägervertreterin für XXX
Rechtsanwältin XXX
als Nebenklägervertreterin für XXX
Justizangestellte XXX
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
für Recht erkannt:

Tenor:

Der Angeklagte ist des Mordes schuldig.

Er wird zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Seine Schuld wiegt besonders schwer.

Das asservierte Nageleisen und das asservierte Beil werden eingezogen.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen der Nebenklägerinnen und des Nebenklägers.

Gründe

I.

Der bei Begehung der hier in Rede stehenden Tat 38-jährige Angeklagte ist ledig und kinderlos. Einen Beruf hat er nicht gelernt, ein Lehramtsstudium hat er abgebrochen. Er ist bislang unbestraft.

II.

1.

Im Oktober 2018 lernte der Angeklagte die spätere Nebenklägerin J. H (im Folgenden "die Nebenklägerin" genannt) kennen. Beide absolvierten im Rahmen einer beruflichen Rehabilitation einen Vorbereitungslehrgang für eine Berufsausbildung in einem Berufsförderungswerk in XXX, wo der Angeklagte in einem angeschlossenen Internat lebte. Sie freundeten sich an und machten gelegentlich gemeinsame Unternehmungen, ohne jedoch eine Beziehung einzugehen bzw. sexuell miteinander zu verkehren.

Ende Juni 2020 fasste der Angeklagte der Nebenklägerin gegen ihren Willen an das Gesäß, woraufhin sie ihn wegen sexueller Belästigung bei der Polizei anzeigte und den Vorfall im Berufsförderungswerk meldete. Dessen Leitung legte ihm nahe, nach XXX zu wechseln und dort seine Berufsvorbereitung fortzusetzen. Dadurch sollte der Konflikt mit der Nebenklägerin beigelegt und beiden eine störungsfreie Fortsetzung der Maßnahme ermöglicht werden. Der Angeklagte folgte diesem Vorschlag nicht. Er war empört darüber, dass die Nebenklägerin ihn angezeigt hatte, was er als Angriff auf seine persönliche Ehre empfand, und wollte sich dies nicht gefallen lassen. Um sie zu diskreditieren, verfasste er ein Schreiben, in dem er sie u.a. als sexuell frustriert beschrieb und als "hässliches Entlein" bzw. "Musterfall an kleinkariertem, borniertem Denken und Handeln" bezeichnete. Auch seiner Ex-Freundin sowie einer weiteren Lehrgangsteilnehmerin warf er vor, ihn zu Unrecht zu beschuldigen ("Die drei Grazien aus dem letzten Block tüfteln also beim Kaffee eine kleine Sommergeschichte aus und laufen zusammen Amok."). Dieses Schreiben verteilte er im Berufsförderungswerk. Dessen Leitung verwies ihn daraufhin der Einrichtung, womit sein Vorbereitungslehrgang beendet und er beruflich einmal mehr gescheitert war.

Der Angeklagte, der sich nicht eingestehen wollte, dass er allein für sein Scheitern verantwortlich war, gab der Nebenklägerin die Schuld hierfür. Um sich an ihr zu rächen, schickte er ihr an ihrem Geburtstag, dem XXX.XXX.2020, diverse Textnachrichten auf ihr Mobiltelefon mit dem Ziel, sie zu ängstigen und einzuschüchtern. Eine dieser Nachrichten lautete: "Ich bin jetzt seit kurzem im Darknet unterwegs. Womit könnte das wohl zu tun haben?". In einer weiteren schrieb er: "Welches Bundesland hat das liberalste Waffengesetz? Ab wann ist Häßlichkeit eine Straftat?". Die Nebenklägerin XXX ängstigten und beunruhigten diese Nachrichten erheblich. Sie antwortete indes nicht, sondern sperrte stattdessen die Rufnummer des Angeklagten und blockierte auf diese Weise den Zugang weiterer Nachrichten von ihm. Weil sie nicht antwortete, fertigte der Angeklagte Fotos ("Screenshots") von seinen Textnachrichten und schickte ihr diese nochmals per Email. Auf diese Weise wollte er den Zugang der Nachrichten sicherstellen. Zu seinem Ärger reagiert sie jedoch auch hierauf nicht.

Am 26.10.2020 schickte der Angeklagte weitere Nachrichten an die Nebenklägerin, diesmal mit expliziten Todesdrohungen. Infolge der Sperrung seiner Rufnummer erhielt sie diese Nachrichten nicht und zeigte dem Angeklagten gegenüber daher wiederum keine Reaktion. Der Angeklagte war frustriert darüber, dass seine Einschüchterungsversuche zu keinem erkennbaren Erfolg führten und sein Wunsch nach Rache weiterhin unerfüllt blieb. Infolgedessen wuchs seine Wut auf die Nebenklägerin weiter. Er entschloss sich, sie zu töten und besorgte sich u.a. einen Hammer, ein Nageleisen und ein Beil, um sie zu erschlagen. Die beabsichtigte Tat kündigte er gegenüber mehreren Bekannten an, die dies indes nicht ernst nahmen. Einer dieser Bekannten war der Zeuge L . Dieser plante, den Angeklagten Anfang Dezember 2020 in XXX zu besuchen. Der Angeklagte schickte ihm am Morgen des 02.12.2020 zur Vorbereitung bzw. Einstimmung auf den Besuch u.a. das Schreiben, das zu seiner Suspendierung im Berufsförderungswerk geführt hatte. Dazu schrieb er dem Zeugen: "Les das durch bis heute Abend. Dann können wir darüber reden."und "Diese beiden Texte habe Ich im Internat verteilt. Zuerst den oberen, dann den unteren, der zum Rauswurf geführt hat wegen Gefährdung des sozialen Friedens..."Zeitgleich fuhr der Angeklagte nach XXX, wo die Nebenklägerin wohnte, um sie zu töten. Weil er sie jedoch nicht antraf, machte er sich unverrichteter Dinge auf den Rückweg nach XXX. Der Zeuge LXXX schrieb als Reaktion auf die Nachrichten des Angeklagten: "Ahja, ja so was macht man auch nicht, Streit hin oder her, dann bis heute Abend". Der Angeklagte antwortete: "Morden auch nicht. Nur wenn es sein muss. Leider hat es heute Morgen nicht geklappt."

Nachdem der Zeuge LXXX in XXX eingetroffen war, zeigte ihm der Angeklagte den Hammer und das Beil und erklärte, dass er damit die Nebenklägerin erschlagen werde. Der Zeuge LXXX, der dem Angeklagten eine solche Tat nicht zutraute, wunderte sich. Während der drei folgenden Tage, die der Zeuge beim Angeklagten verbrachte, sprach dieser immer wieder über die bevorstehende Tötung der Nebenklägerin. Aus der anfänglichen Verwunderung des Zeugen LXXX wurde im Laufe der Zeit Frustration. Er verlor die Lust am Kontakt mit dem Angeklagten ("Die ganze Zeit sprach er davon, das machte keinen Spaß!") und fuhr schließlich nach Hause. In der Folge hatten der Angeklagte und der Zeuge LXXX noch Kontakt über Text- und Sprachnachrichten. Der Zeuge versuchte vergeblich, dem Angeklagten die Tötung der Nebenklägerin auszureden. Dieser beharrte jedoch auf seinen Absichten und teilte dem Zeuge u.a. mit: "Ich habe das rationalisiert und ich habe da keine Begründungsprobleme. Ich habe das gut durchdacht und das ist für mich eine sehr vernünftige Entscheidung. Es gibt so viel Unvernunft, es gibt so viel Unsinn in unserem geregelten Leben und das ist eine Sache, auf die ich mich freue, mit der ich im Reinen bin und ich habe Lust darauf. Ich habe Lust darauf. Und ich werde das durchziehen. Ich hoffe, dass es klappt, weil das ist kein Selbstläufer. Und was die anderen machen ist mir egal. Ich ziehe mein Ding durch, ich habe mein eigenes Leben. Ich bin Individualist und wenn ich irgendwann rauskomme, wird sich mein Leben fortsetzen und ich werde die zehn, zwanzig Jahre, die ich da drin bin nutzen zum Lesen, weil das habe ich zwanzig Jahre nicht gemacht oder nur ganz gering gemacht. Ich muss zu meinem Glück teilweise gezwungen werden. Und Lesen ist für mich Glück."

2.

In den folgenden Tagen veränderte der Angeklagte seinen Tatplan. Er gab die Absicht auf, die Nebenklägerin an ihrem Wohnort in XXX zu erschlagen, und ermittelte stattdessen die Anschrift ihrer - ihm persönlich unbekannten - Eltern, die in XXX (Ortsteil XXX) im Landkreis XXX lebten. Er plante, dorthin zu fahren und entweder die Nebenklägerin, auf deren Anwesenheit im elterlichen Haushalt er allenfalls hoffte, oder ersatzweise ihre Mutter bzw. ihren Vater zu töten, um sich an ihr zu rächen. Dabei wusste und wollte er, dass die Tötung Familienangehöriger bei der Nebenklägerin Verzweiflung und Leid verursachen würde.

In Umsetzung dieses Plans fuhr er am 11.12.2020 mit der Bahn nach XXX, wo er gegen frühen Nachmittag eintraf. Er begab sich zum Haus der Eltern der Nebenklägerin und traf dort ihre Mutter, die 56-jährige P. HXXX, an. P. HXXX versah sich keines Angriffs durch den Angeklagten. Dieser beschloss, P. HXXX zum Objekt seiner Rache an der Nebenklägerin zu machen und sie unter Ausnutzung ihrer Arg- und Wehrlosigkeit überraschend anzugreifen und zu töten. Er versetzte ihr, höchstwahrscheinlich mit dem von ihm mitgebrachten Nageleisen, vor der Haustür in Tötungsabsicht mehrere Schläge auf den Hinterkopf. P. HXXX verlor das Bewusstsein und ging zu Boden. Der Angeklagte schleifte sie an die Seite des Hauses und versetzte ihr weitere Schläge mit dem Nageleisen und dem ebenfalls mitgebrachten Beil. Insgesamt fügte er P. HXXX 37 Riss- bzw. Schnittverletzungen und 23 Hämatome bzw. Schürfwunden zu, die meisten davon im Bereich des Kopfes, des Halses, der Schultern und des Bauches. Dabei kam es u.a. zu einem Bruch des Schädeldachs sowie einer Zertrümmerung des Kehlkopfes mit Durchtrennung von Luftröhre und Halsschlagader. Höchstwahrscheinlich wollte er den Kopf der Getöteten abtrennen, um absolut sicher zu sein, diese getötet zu haben. Infolge des starken Blutverlustes starb P. HXXX am einem Verblutungsschock. Bei der Tatausführung war die Schuldfähigkeit des Angeklagten weder aufgehoben noch erheblich vermindert. Auch die Einsicht in die Niedrigkeit seiner Beweggründe war ihm aufgrund seiner geistig-seelischen Verfassung nicht versperrt. Er war in der Lage, seinen Wunsch nach Rache gedanklich zu beherrschen und willensmäßig zu steuern.

Nachdem er P. HXXX getötet hatte, rief der Angeklagte um 15: 49 Uhr den Polizeinotruf an und meldete dem diensthabenden Polizisten: "Hallo, äh, ich wollte hier ne, ne Straftat melden. Ich hab jemand ermordet."Er sei "Herr BXXX". Auf die Frage, wen er umgebracht habe, erklärte er: "Ah ne Frau hier, die hier gewohnt hat, die hier wohnt. Komm sie einfach vorbei und holen se uns ab oder holen mich ab. Ok?"Anschließend verschickte er ein Dokument mit dem Titel "Gegenholocaust" an HXXX und den Zeugen LXXX . In diesem Dokument begründete er im "Vorwort" die ursprünglich geplante Tötung der Nebenklägerin - nicht die tatsächlich begangene zum Nachteil ihrer Mutter - als Reaktion ("größtmögliche Gegenoffensive") auf eine "Verschwörung" bzw. einen "anhaltenden Bombenholocaust" der Nebenklägerin. U.a. heißt es in dem Dokument: "Ich habe diesen letzten Schlussakt, das heißt das Ableben von Frau HXXX, bewusst gewählt."und "Mir ist vollkommen klar, dass meine Handlungen nicht mehrheitsfähig sind und es niemals sein werden. Ich kann dafür kein von juristischen Personen des Öffentlichen Rechts bewilligtes Denkmal bekommen. Kein Bundesverdienstkreuz. Aber ich sehe es als Wohltat nicht nur für mich selbst, sondern allgemein. Ich habe hier ein Symbol platziert. Meine Tat könnte auch bei anderen Männern den Gedanken von Erlösung erzeugen, egal ob sie es zugeben oder nicht."sowie "Ich habe diese Person von der Erde verschwinden lassen und schütze damit andere Menschen. Ich verhindere weitere nicht im Gesetzbuch stehende Straftaten: die Kontinuität der Verbreitung von FakeNews aus dem privaten, halböffentlichen und großen Bereich. Ich entlaste sensible soziale Gefüge auf symbolische Weise von zumindest einem Störfaktor, von einem Virus, von gruppengefährlichem Verhalten. Ich bin auch der Rächer für andere sinnlose Ekeleien und Geschmacklosigkeiten aus dem Hause HXXX der letzten Jahrzehnte."

Als der Zeuge PK HXXX am Tatort eintraf, erklärte der Angeklagte sinngemäß, dass er P. HXXX getötet habe, dazu aber keine näheren Angaben machen werde.

Der Zeuge LXXX sowie HXXX riefen am späten Nachmittag bzw. frühen Abend des 11.12.2020 unabhängig voneinander anonym die Polizei XXX in an, weil sie sich aufgrund des ihnen vom Angeklagten übersandten Dokuments ("Gegenholocaust") - anders als zuvor - nunmehr doch ernsthaft um die Sicherheit der Nebenklägerin sorgten. Sie wiesen darauf hin, dass ein AXXX BXXX aus XXX eine Frau HXXX aus XXX umbringen wolle. Der Zeuge POK WXXX nahm daraufhin mit der Polizei in XXX Kontakt auf. Die dortigen Kollegen berichteten ihm, dass die Polizei XXX in bereits angerufen und mitgeteilt habe, dass im dortigen Bezirk eine Frau HXXX getötet worden sei.

Die Nebenklägerin befindet sich infolge der Tötung ihrer Mutter bis heute in psychiatrischer und psychologischer Behandlung und nimmt regelmäßig Medikamente ein, weil sie Angst hat, unvermittelt angegriffen zu werden. Ihr Vater, der Ehemann der Verstorbenen, befindet sich infolge des Todes der bis dato berufstätigen P. HXXX in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten. Neben dem persönlichen Verlust droht ihm auch der Notverkauf des Hauses in XXX, das er alters- und krankheitsbedingt aus eigenen Mitteln allein nicht finanzieren kann.

III.

1.

Die oben unter I. getroffenen Feststellungen zur Person beruhen auf den Angaben des Angeklagten in der Hauptverhandlung. Dass der Angeklagte bislang unbestraft ist, folgt aus der in der Hauptverhandlung verlesenen Auskunft des Bundesamtes für Justiz vom 23.03.2021.

2.

Der Angeklagte hat sich nicht zur Sache eingelassen. Die oben unter II. getroffenen Feststellungen zur Sache beruhen auf den in die Hauptverhandlung eingeführten Beweismitteln. Soweit im Folgenden Abbildungen (z.B. Lichtbilder) erwähnt werden, wurden diese in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen. Wegen der Einzelheiten wird gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO auf die Abbildungen verwiesen. Im Einzelnen:

a.

Die Feststellungen zur Tatvorgeschichte (oben II. 1.) beruhen auf den Angaben des Zeugen LXXX und den zeugenschaftlichen Bekundungen der Nebenklägerin. Die Nebenklägerin hat ihren Kontakt zum Angeklagten im Berufsförderungswerk sowie dessen Griff an ihr Gesäß und ihre diesbezügliche Strafanzeige glaubhaft geschildert. Der Angeklagte habe daraufhin - wie festgestellt - ein Schreiben im Berufsförderungswerk verteilt und infolgedessen eine "Schulverweis" erhalten. Anschließend sei einige Wochen lang "Ruhe" gewesen, d.h. sie habe nichts mehr von ihm gehört. An ihrem Geburtstag habe sie dann überraschend Textnachrichten vom Angeklagten erhalten und diese von Anfang an als "Morddrohungen" aufgefasst, nicht zuletzt, weil der Angeklagte behauptet habe, im "Darknet" unterwegs zu sein und von "Waffen" die Rede gewesen sei. Sie habe sämtliche Nachrichten von ihm blockiert und anschließend auch keinen Kontakt mehr zu ihm gehabt. Die Kammer hat keine Bedenken, die Angaben der Zeugin ihren Feststellungen zugrunde zu legen, denn sie ließ keine Belastungstendenz erkennen. Sie wirkte bei ihrer Aussage ruhig, gefasst und sachlich. Dabei versuchte sie erkennbar, sich an Einzelheiten zu erinnern, und räumte einzelne Gedächtnislücken unumwunden ein. Zudem wurden ihre Angaben durch die Bekundungen des Zeugen LXXX bestätigt. Der Zeuge hat ebenfalls von dem im Berufsförderungswerk verteilten Schreiben und dem daraus resultierenden Schulverweis berichtet. Er habe dieses Schreiben am 02.12.2020 anlässlich seines bevorstehenden Besuchs vom Angeklagten erhalten, so der Zeuge. Am selben Tag habe ihm der Angeklagte auch per Textnachricht von seinem erfolglosen Versuch berichtet, die Nebenklägerin in XXX zu töten ("Leider hat es heute Morgen nicht geklappt!"), ihm Hammer und Beil präsentiert und erklärt, diese Gegenstände besorgt zu haben und damit die Nebenklägerin erschlagen zu wollen. Den weiteren Verlauf seines Besuches beim Angeklagten sowie die nachfolgende Kommunikation per Text- und Sprachnachrichten ("Ich habe das rationalisiert und ich habe da keine Begründungsprobleme."etc.) hat der Zeuge wie festgestellt geschildert. Auch er berichtete ohne erkennbare Belastungstendenz über seine Erinnerungen und erklärte, seit rund 8 Jahren gut mit dem Angeklagten befreundet gewesen zu sein. Insbesondere in den Monaten vor der Tat habe sich der körperliche und psychische Zustand des Angeklagten deutlich verbessert ("Als ich ihn 2012 kennenlernte, war er ein körperliches und psychisches Wrack!"). Durch die Aussicht, in absehbarer Zeit endlich eine Berufsausbildung absolvieren und damit nicht zuletzt auch die Erwartungen seiner Eltern erfüllen zu können, habe der Angeklagte deutlich an Selbstbewusstsein gewonnen, sich zeitweise gar überheblich verhalten. Vor diesem Hintergrund habe er die zahlreichen Tatankündigungen des Angeklagten auch nicht ernst genommen und seinen Besuch bei diesem nach einigen Tagen frustriert bzw. genervt beendet.

b.

Die Feststellungen zum Ablauf des 11.12.2020 sowie zum eigentlichen Tatgeschehen folgen insbesondere aus den Angaben des Angeklagten anlässlich seines Notrufs um 15: 49 Uhr und gegenüber dem Zeugen PK HXXX sowie den Ausführungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen Dr. med. HXXX . Der Angeklagte hat die Tat in seinem Notruf eingeräumt ("Hallo, äh, ich wollte hier ne, ne Straftat melden. Ich hab jemand ermordet."), dessen Verschriftung in der Hauptverhandlung verlesen wurde. Sein Geständnis hat er kurz darauf am Tatort gegenüber PK HXXX nach dessen Angaben wiederholt. Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussagen bestehen nicht. Der Sachverständige Dr. med. HXXX, leitender Oberarzt am rechtsmedizinischen Institut des Universitätsklinikums XXX, hat dazu passend geschildert, dass die getötete P. HXXX - wie festgestellt - eine Vielzahl von Rissbzw. Schnittverletzungen (rechtsmedizinisch "halbscharfe Gewalt") sowie Hämatome bzw. Schürfwunden (rechtsmedizinisch "stumpfe Gewalt") aufgewiesen habe. Die am Tatort sichergestellten Werkzeuge würden zu den Verletzungen passen mit der Maßgabe, dass die stumpfe Gewalt (u.a. gegen den Kopf) mit dem Nageleisen und die halbscharfe Gewalt (u.a. gegen den Hals) mit dem Beil verübt worden sei. Insbesondere die fächerförmig verteilten Verletzungen am Hinterhaupt, aber auch die schweren Verletzungen am Hals mit Zertrümmerung des Kehlkopfes mit Durchtrennung von Luftröhre und Halsschlagader seien "sehr zielgerichtet und kraftvoll" beigebracht worden. Die im Vergleich zu den übrigen Verletzungen starken Unterblutungen am Hinterkopf sprächen dafür, dass diese Verletzungen zuerst zugefügt worden seien. Aus rechtsmedizinischer Sicht sei sicher von einem Gewaltdelikt auszugehen, zudem müsse man von "bemerkenswerter Brutalität" sprechen. Hiervon habe die Getötete jedoch höchstwahrscheinlich nur die ersten Schläge auf den Hinterkopf bewusst erlitten, denn der festgestellte Bruch des Schädeldachs lege nahe, dass sie infolge der heftigen Schläge auf den Kopf rasch das Bewusstsein verloren habe. Dass sie vom Angeklagten anschließend an die Seite des Hauses geschleift worden sei, folge aus der Auffindesituation. Diese ist auf den Lichtbildern Bl. 3 und Bl. 4 im "Sonderheft I Bildmappe" dokumentiert und zeigt die Getötete in Rückenlage neben ihrem Haus. Sowohl die deutlich erkennbaren dunkelroten Spuren am Boden als auch die in Richtung des Halses verschobene Oberbekleidung ließen, so der Sachverständige, nur den Schluss zu, dass sie vom Angeklagten an den Beinen bzw. Füßen gepackt und in diese Position gezogen worden sei. Die bei der Obduktion vorgefundenen Schürfwunden an ihrem Rücken würden damit korrespondieren. Aufgrund dieser Umstände steht für die Kammer zweifelsfrei fest, dass der Angeklagte P. HXXX absichtlich getötet hat.

c.

Dass P. HXXX bei dem ersten vom Angeklagten mit Tötungsvorsatz geführten Angriff arg- und infolgedessen wehrlos war, folgt für die Kammer bereits daraus, dass sie nach Angaben des Sachverständigen Dr. med. HXXX keine Verletzungen an Händen und Unterarmen aufwies, wie sie als sog. "Abwehrverletzungen" für ein Kampfgeschehen typisch sind. Dass sie demzufolge nicht einmal den Versuch unternommen hat, sich zu verteidigen, lässt für die Kammer nur den Schluss zu, dass der Angeklagte ihr keine Gelegenheit hierzu ließ. Die Verletzungen am Hinterkopf deuten ebenfalls auf einen - für die Getötete überraschenden - Angriff von hinten hin. Es bestehen auch sonst keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass P. HXXX mit einem körperlichen Angriff des ihr unbekannten Angeklagten gerechnet und sich bewusst auf eine körperliche Auseinandersetzung mit ihm eingelassen hätte. Selbst wenn die Getötete zuvor von ihrer Tochter über die gegen den Angeklagten erstattete Strafanzeige informiert worden wäre, hätte das ihre Arglosigkeit keinesfalls aufgehoben. Ein derartiger plötzlicher Überfall auf dem eigenen Grundstück ohne Abwehrmöglichkeit war für sie völlig unvorhersehbar. Dass der Angeklagte das Überraschungsmoment bewusst zur Tatbegehung ausnutzte, folgt für die Kammer daraus, dass ein offenes Vorgehen unter den gegebenen Umständen keinen Erfolg versprochen hätte. Denn wenn er ihr die Möglichkeit gelassen hätte, sich seinem bevorstehenden Angriff - mit Nageleisen und Beil - durch Flucht zu entziehen, Hilfe herbeizurufen oder sich wenigstens ihrerseits mit einem Werkzeug zur Abwehr des Angriffs zu versehen, so hätte sie diese zweifellos genutzt. Für die sichere Durchführung der Tötung war die Ausnutzung ihrer Arg- und Wehrlosigkeit mithin aus Sicht des Angeklagten von entscheidender Bedeutung.

d.

Dass der Angeklagte die Tat beging, um sich durch die Tötung der P. HXXX an der Nebenklägerin zu rächen, schließt die Kammer daraus, dass ein anderes Motiv nicht ersichtlich ist und dass es ihm nicht gelungen war, die Nebenklägerin selbst zu töten ("Leider hat es heute Morgen nicht geklappt!"). Seine Fahrt am Tattag nach W. kann nach den Umständen nur dazu gedient haben, nunmehr endlich Rache zu nehmen. Weil die Nebenklägerin - wie der Angeklagte wusste - ihren Wohnsitz in R. hatte und ihre Eltern nur gelegentlich besuchte, war die Wahrscheinlichkeit, sie dort anzutreffen, gering. Dass er sich dennoch auf den Weg machte, spricht dafür, dass er bereits vor Fahrtantritt den Kreis seiner möglichen Opfer auf ihre Eltern erweitert hatte und es ihm nicht entscheidend darauf ankam, ob er sie selbst oder ein Elternteil töten würde. Anhaltspunkte für eine Verwechselung im Sinne eines irrtümlichen Angriffs auf die Mutter der Nebenklägerin statt auf diese selbst bestehen nicht. Hiergegen spricht zudem, dass der Angeklagte in seinem Notruf mitgeteilt hat, eine Frau getötet zu haben, "die hier gewohnt hat", was auf die Nebenklägerin nicht zutraf.

Die Kammer hat auch keinen Zweifel daran, dass der Angeklagte die Umstände, die die Niedrigkeit seiner Beweggründe ausmachen, in ihrer Bedeutung für die Tatausführung ins Bewusstsein aufgenommen hat. Obwohl er sich aufgrund der Strafanzeige der Nebenklägerin und seiner Suspendierung vom Berufsvorbereitungslehrgang massiv seiner persönlichen Ehre gekränkt sah, war ihm klar, dass ihre Tötung - wie er es im "Gegenholocaust" formulierte - "nicht mehrheitsfähig" war. Daraus folgt, dass ihm erst Recht bewusst gewesen ist, dass die Tötung ihrer an diesem Konflikt völlig unbeteiligten Mutter nicht einmal ansatzweise nachvollziehbar und verständlich ist.

e.

Zur Frage der Schuldfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der Tat hat der psychiatrische Sachverständige Dr. med. FXXX, Facharzt für Psychiatrie, im Wesentlichen ausgeführt: Der Angeklagte habe sich von ihm nicht explorieren lassen und lediglich mitgeteilt, er "interessiere sich für die Sicherungsverwahrung". In den Akten befänden sich verschiedene ärztliche Unterlagen, außerdem seien anlässlich der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten auch Medikamente bzw. deren Verpackungen aufgefunden worden. Nach Auswertung der Akten und unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Hauptverhandlung sei das Bestehen von Zwangsgedanken und -handlungen (ICD10: F42.2) beim Angeklagten als gesichert anzusehen, belegt u.a. durch einen Entlassungsbrief der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie XXX vom 17.05.2015. Dies äußere sich darin, dass der Angeklagte in seiner Wohnung viele Notizzettel schreibe und aufbewahre, aus Sorge, Dinge (Termine, Essenspläne, Wochenziele etc.) zu vergessen. Dieses Verhalten haben auch die Nebenklägerin und der Zeuge LXXX bestätigt. Dieselbe Diagnose finde sich u.a. in einem Entlassungsbericht einer Rehabilitationseinrichtung für psychisch kranke Menschen XXX in vom 13.10.2017. Dort seien zudem weitere Diagnosen genannt, nämlich eine depressive Störung (ICD-10: F33.1), eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit vorwiegend schizoiden und narzisstischen Anteilen (ICD-10: F61.0) sowie eine Alkoholabhängigkeit mit Abstinenz seit Februar 2016 (ICD-10: F 10.20). Das Bestehen einer Abhängigkeitserkrankung hat der Zeuge LXXX ebenfalls bestätigt. Zur Einordnung dieser Diagnosen hat der Sachverständige ausgeführt, dass die Zwangsstörung, die depressive Störung und die Alkoholabhängigkeit als krankhafte seelische Störung im Sinne von § 20 StGB einzuordnen seien. Die Persönlichkeitsstörung stelle eine schwere andere seelische Störung dar.

Eine Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit bei Tatbegehung im Sinne der §§ 20, 21 StGB sei dennoch auszuschließen. Dass der Angeklagte die Einsicht gehabt habe, Unrecht zu tun, sei aus sachverständiger Sicht unzweifelhaft. Das durch die Tötung eines Menschen begangene Unrecht sei so schwer und offensichtlich, dass ein Fehlen dieser Einsicht regelmäßig nur bei schweren psychischen Ausnahmezuständen, wie z.B. einer akuten Psychose, in Betracht komme. Ein derartiger Zustand sei hier jedoch auszuschließen. Stattdessen ergebe sich aus seinen Äußerungen vor der Tat (z.B. "Ich bin Individualist und wenn ich irgendwann rauskomme, wird sich mein Leben fortsetzen und ich werde die zehn, zwanzig Jahre, die ich da drin bin nutzen zum Lesen, weil das habe ich zwanzig Jahre nicht gemacht oder nur ganz gering gemacht."), dass er mit einer langjährigen Freiheitsstrafe gerechnet habe, was Unrechtseinsicht voraussetze.

Bei der Steuerungsfähigkeit im Sinne der Hemmungsfähigkeit (motivationale Steuerungsfähigkeit) sei zu bedenken, dass es sich nicht um eine spontan ausgeführte Impulstat gehandelt habe. Sie lasse sich daher nicht als Folge einer aus der Persönlichkeitsstörung möglicherweise resultierenden Störung der Impulskotrolle einordnen. Auch Alkohol bzw. die Alkoholabhängigkeit des Angeklagten habe bei der Tat ausweislich des in der Hauptverhandlung verlesenen Gutachtens des Instituts für Rechtsmedizin der Medizinischen Hochschule H. vom 22.12.2020 keine enthemmende Rolle gespielt, weil kein Blutalkohol nachgewiesen worden sei. Stattdessen habe sich der Angeklagte über einen längeren Zeitraum intensiv mit seinem Wunsch beschäftigt, sich durch eine Tötung an der Nebenklägerin zu rächen, und seine Tötungsabsichten mehrfach mit dem Zeugen LXXX besprochen. Eine Verminderung der Steuerungsfähigkeit sei unter diesen Umständen denkbar, wenn beim Angeklagten eine wahnhafte Störung vorgelegen hätte im Sinne unzutreffender und unkorrigierbarer Überzeugungen, und er deshalb für sich keine andere Handlungsoption gesehen hätte als die Tötung der P. HXXX . Dies sei jedoch nicht anzunehmen. Gegen eine wahnhafte Störung sprächen bereits die Erklärungen des Angeklagten vor der Tat ("Ich habe das rationalisiert und ich habe da keine Begründungsprobleme. Ich habe das gut durchdacht und das ist für mich eine sehr vernünftige Entscheidung. Es gibt so viel Unvernunft, es gibt so viel Unsinn in unserem geregelten Leben und das ist eine Sache, auf die ich mich freue, mit der ich im Reinen bin und ich habe Lust darauf. Ich habe Lust darauf.") bzw. im "Gegenholocaust"("Mir ist vollkommen klar, dass meine Handlungen nicht mehrheitsfähig sind und es niemals sein werden."). Ein wahnhafter Täter, so der Sachverständige, fühle sich durch seine unzutreffenden Annahmen zu seiner Tat gedrängt bzw. gezwungen und töte nicht, weil er "Lust darauf" habe. Zudem versperre eine wahnhafte Störung die Einsicht, dass es auch andere (Mehrheits-)Standpunkte gebe. Diese sei beim Angeklagten jedoch erhalten gewesen. Schließlich hätten sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass sich der Angeklagte von der Getöteten schuldlos einer Straftat bezichtigt und seiner Zukunft beraubt gesehen habe. Selbst wenn man also von einem wahnhaften Verfolgungs- oder Beeinträchtigungserleben bezogen auf die Nebenklägerin ausgehen würde, würde dies die Steuerungsfähigkeit bei der Tötung ihrer Mutter nicht beeinträchtigen. Auch eine Beeinflussung der Steuerungsfähigkeit durch die Zwangsstörung (Schreiben von Notizzetteln), die depressive Störung und die vom Angeklagten eingenommenen Medikamente sei nicht ersichtlich. Aus sachverständiger Sicht sei mithin von einer rein kriminellen Entscheidungsfindung auszugehen, die zum Inhalt gehabt habe, sich für die erlittene Kränkung durch ein Fanal im Sinne der "größtmöglichen Gegenoffensive" zu rächen. Die Kammer schließt sich den Ausführungen des Sachverständigen nach eigener kritischer Würdigung an mit der Maßgabe, dass ihr die Prüfung der Schuldfähigkeit des Angeklagten in eigener Verantwortung obliegt. Ein Zusammenhang zwischen der Suchtmittelabhängigkeit, der Zwangsstörung und/oder der depressiven Erkrankung und der Tat ist nicht erkennbar. Dass die Persönlichkeitsstörung bei der Tat eine Rolle gespielt haben könnte, weil sie möglicherweise zu einer erhöhten Kränkbarkeit des Angeklagten geführt hat, kann nicht ausgeschlossen werden. Auf seine Schuldfähigkeit - insbesondere seine Steuerungsfähigkeit - hätte dies, selbst wenn man es zu seinen Gunsten unterstellen würde, jedoch keinen Einfluss. Denn zum einen hatte die Getötete mit der Kränkung persönlich nichts zu tun. Zum anderen bliebe es auch in diesem Fall dabei, dass sich die Tat - unabhängig von der Person der Opfers - nicht als Impulsdurchbruch, sondern als geplantes, im Vorwege mehrfach angekündigtes ("Ich habe das rationalisiert und ich habe da keine Begründungsprobleme. Ich habe das gut durchdacht und das ist für mich eine sehr vernünftige Entscheidung.") Vorgehen mit einem eindeutig kriminellen Motiv (Rache in Form der "größtmöglichen Gegenoffensive") darstellt. Aus diesem Grunde sind trotz der großen Brutalität auch keine Anhaltspunkte für eine affektive Erregung ersichtlich, die über das bei einem Tötungsdelikt normale Maß hinausgegangen wäre.

f.

Die Feststellungen zu den anonymen Anrufen der P. HXXX und des Zeugen D. LXXX bei der Polizei XXX in am Tattag beruhen auf den Bekundungen des Zeugen POK WXXX. Der Zeuge LXXX hat dazu erklärt, er habe sich wegen des vom Angeklagten verschickten Dokuments ("Gegenholocaust") Sorgen gemacht und versucht, ihn zu kontaktieren. Als ihm dies nicht gelungen sei, habe er sich entschlossen, die Polizei zu informieren.

g.

Die Feststellungen zu den - über den Tod der P. HXXX hinausgehenden - Tatfolgen beruhen auf den zeugenschaftlichen Bekundungen der Nebenklägerin. Diese hat, auch insoweit nachvollziehbar und glaubhaft, sowohl von ihren eigenen anhaltenden psychischen Problemen und Ängsten als auch von der Situation ihres durch die Tat verwitweten Vaters berichtet.

IV.

Nach den Feststellungen hat sich der Angeklagte des Mordes (§ 211 StGB) schuldig gemacht, indem er P. HXXX heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen tötete. Dass er heimtückisch handelte, indem er die arg- und wehrlose P. HXXX in feindlicher Willensrichtung angriff, um sie vorsätzlich zu töten, liegt nach den Feststellungen auf der Hand. Die gebotene Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren für die Handlungsantriebe des Angeklagten maßgeblichen Faktoren ergibt, dass das für ihn handlungsleitende Motiv nach allgemeiner Anschauung verachtenswert ist und auf tiefster Stufe steht. Sie ist damit "niedrig" im Sinne von § 211 Abs. 2 StGB. Der Angeklagte hat P. HXXX getötet, weil sie ihm seiner Vorstellung zufolge als Objekt seiner Rache an der Nebenklägerin dienen sollte, obwohl sie an dem Konflikt zwischen ihm und der Nebenklägerin gänzlich unbeteiligt war. Die Tat ist mithin nicht nur Ausdruck einer Einstellung, in der die vermeintliche Verletzung der persönlichen Ehre des Klägers als todeswürdig angesehen wird, was an sich bereits unter dem Aspekt der Selbstjustiz die Annahme eines niedrigen Beweggrundes rechtfertigen würde (vgl. BGH, 10.01.2006, 5 StR 341/05). Sie ist darüber hinaus auch Ausdruck einer völligen Missachtung des personalen Eigenwerts der Getöteten, die der Angeklagte wie ein beliebiges Objekt behandelte, indem er hemmungslos seinen Wunsch nach Rache und seinen Lebensfrust an ihr abarbeitete (vgl. Fischer, StGB, 68. Auflage, § 211 StGB n. 21 m.w.N.). Insgesamt entbehrt seine Tatmotivation jeglichen nachvollziehbaren Grund und erscheint überdies als besonders verwerflich, weil der Angeklagten die Mutter der Nebenklägerin als unbeteiligtes Opfer wählte, dessen Tötung über die oben genannten Gesichtspunkte hinaus auch Verzweiflung und Leid bei seinem eigentlichen Zielobjekt, nämlich der Nebenklägerin, hervorrufen sollte.

Dass auch das Mordmerkmal der Grausamkeit erfüllt ist, konnte die Kammer trotz der zahlreichen Verletzungen und der - wie es der rechtsmedizinische Sachverständige Dr. med. HXXX ausdrückte - "bemerkenswerten Brutalität" nicht mit der gebotenen Sicherheit feststellen. Es ist nämlich davon auszugehen, dass der Angeklagte der Getöteten den größten Teil der Verletzungen erst zufügte, als sie bereits bewusstlos war und infolgedessen keine Schmerzen mehr verspürte.

Gemäß § 211 Abs. 1 StGB war auf eine

lebenslange Freiheitsstrafe

zu erkennen.

V.

Die Kammer hat darüber hinaus die besondere Schwere der Schuld im Sinne von § 57a Abs. 1 Nr. 2 StGB festgestellt, weil das gesamte Tatbild einschließlich der Täterpersönlichkeit von den erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Mordfällen so sehr abweicht, dass eine Strafaussetzung der lebenslangen Freiheitsstrafe nach 15 Jahren auch bei dann günstiger Täterprognose unangemessen wäre. Dabei war zu bedenken, dass hier sowohl ein täterbezogenes (niedrige Beweggründe) als auch ein tatbezogenes (heimtückisch) Mordmerkmal erfüllt sind. Bei der Bewertung der Tatmotivation im Hinblick auf die Schuldschwere ist zu bedenken, dass das Merkmal niedrige Beweggründe im vorliegenden Fall gleichsam übererfüllt ist (Selbstjustiz zur Wiederherstellung der persönlichen Ehre und Verletzung des personalen Eigenwerts des unbeteiligten Opfers). Unter diesen Umständen fällt der Umstand, dass der Angeklagte unbestraft ist, nicht entscheidend ins Gewicht. Dass er die Tat im Rahmen des Notrufs und am Tatort gegenüber dem Zeugen PK HXXX eingeräumt hat, ist nicht Ausdruck von Bedauern oder gar Reue, sondern Teil einer mit maximaler Brutalität vorgetragenen Machtdemonstration zur Befriedigung seines Geltungsbedürfnisses. Das Verhalten zeigt so im Zusammenspiel mit den verschiedenen Tatankündigungen und Begründungen, namentlich den zahlreichen Textnachrichten, die der Angeklagte im Oktober 2020 an die Nebenklägerin schickte, seine wiederholten Äußerungen gegenüber dem Zeugen LXXX und dem im Dokument "Gegenholocaust" enthaltenen "Vorwort"("größtmögliche Gegenoffensive" etc.). ein von Menschenverachtung und Selbstüberhebung geprägtes Weltbild des Angeklagten, welches er mit beispielloser Rücksichtslosigkeit in die Tat umgesetzt hat. Dabei war zu berücksichtigen, dass sich die Nebenklägerin bereits seit dem 03.10.2020, als sie die ersten Nachrichten vom Angeklagten erhalten hatte ("Darknet" etc.), durchgängig in einer Situation der Angst und Unsicherheit wegen möglicher weiterer Aktionen und Nachrichten des Angeklagten befand. Schließlich sind auch die über den Tod von P. HXXX hinausgehenden Tatfolgen, unter denen die Nebenklägerin und ihr Vater auf nicht absehbare Zeit leiden werden, bei der Schuldfrage zu berücksichtigen.

VI.

Die Einziehungsentscheidung betreffend die asservierten Tatmittel (Nageleisen und Beil) folgt aus § 74 StGB Abs. 1 StGB. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 465 Abs. 1, 472 Abs. 1 StPO.