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  • ab 16.07.2020 (aktuelle Fassung)

Abschnitt 4 ZPZARdErl - Aufenthaltsrechtlicher Status, soziale Sicherung

Bibliographie

Titel
Zusammenarbeit zum Schutz von Betroffenen des auf sexuelle Ausbeutung gerichteten Menschenhandels und der Zwangsprostitution
Redaktionelle Abkürzung
ZPZARdErl,NI
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
21021

4.1 Die Art des Bezuges öffentlicher Leistungen für ausländische Opfer von Menschenhandel richtet sich nach ihrem aufenthaltsrechtlichen Status.

4.1.1 Ausländische Betroffene, die im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4a AufenthG sind (Aufenthalt zum Zweck der Zeugenaussage), können bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II oder dem SGB XII haben.

4.1.2 Um ausländischen Opfern von Menschenhandel die Möglichkeit zu geben, sich zu stabilisieren, sich dem Einfluss der Täterin oder des Täters bzw. der Täterinnen oder Täter zu entziehen, ggf. Kontakt zu Fachberatungsstellen aufzunehmen und eine Entscheidung darüber zu treffen, ob sie sich in einem Strafverfahren für eine Zeugenaussage zur Verfügung stellen, sieht § 59 Abs. 7 Sätze 1 und 2 AufenthG eine mindestens dreimonatige Ausreisefrist vor. Während dieser Erholungs- und Bedenkzeit kann die Ausreisepflicht nicht vollzogen werden.

Betroffene aus Drittstaaten erhalten eine Grenzübertrittsbescheinigung und haben Zugang zu den Leistungen nach dem AsylbLG (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG). Diese Leistungen umfassen in begründeten Einzelfällen auch die Gewährung sonstiger Leistungen gemäß § 6 AsylbLG, z. B. bei entsprechend begründeter, amtsärztlich attestierter Notwendigkeit die Übernahme der Kosten therapeutischer Maßnahmen im Fall von Traumatisierungen.

Soweit es sich bei den betroffenen Personen um vollziehbar ausreisepflichtige geduldete Ausländerinnen und Ausländer handelt (z. B. bestandskräftig abgelehnte Asylbewerberinnen und Asylbewerber mit vollziehbarer Abschiebungsandrohung), ist eine bereits erteilte Duldung ggf. entsprechend zu verlängern oder - z. B. auch im Fall untergetauchter abgelehnter Asylbewerberinnen und Asylbewerber - neu zu erteilen und die Betroffenen sind über die ihnen gewährte Bedenkzeit schriftlich zu informieren. Auch diese Betroffenen haben Zugang zu den Leistungen nach dem AsylbLG.

Handelt es sich um Bürgerinnen und Bürger der EU, die von den Leistungen des AsylbLG grundsätzlich ausgeschlossen sind, erhalten diese vor dem Hintergrund des in § 11 Abs. 1 Satz 11 FreizügG/EU enthaltenen Schlechterstellungsverbots auch während der Bedenkzeit Leistungen nach dem SGB II oder dem SGB XII.

Von der Festsetzung der mindestens dreimonatigen Frist kann abgesehen, diese aufgehoben oder verkürzt werden, wenn z. B. der Aufenthalt der oder des Betroffenen die öffentliche Sicherheit und Ordnung beeinträchtigt oder das ausländische Opfer wieder Verbindung zu den Täterinnen oder Tätern aufgenommen hat (§ 59 Abs. 7 Satz 3 AufenthG).

Vor einer Entscheidung über die Festlegung, die Aufhebung oder Verkürzung der Ausreisefrist beteiligt die Ausländerbehörde die zuständige Staatsanwaltschaft oder das mit dem Strafverfahren befasste Strafgericht, sofern diese nicht bereits von Amts wegen Umstände mitgeteilt haben, die eine Verkürzung oder Aufhebung der gewährten Ausreisefrist rechtfertigen. Ist die zuständige Staatsanwaltschaft noch nicht bekannt, ist die für den Aufenthaltsort zuständige Polizeibehörde zu beteiligen (§ 72 Abs. 6, § 87 Abs. 5 Nr. 1 AufenthG).

Die Ausländerbehörden unterrichten gemäß § 90 Abs. 4 AufenthG die zuständige Staatsanwaltschaft oder das befasste Strafgericht zeitnah über

  • die Erteilung oder Versagung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 4a AufenthG,

  • die Festsetzung, Verkürzung oder Aufhebung einer Ausreisefrist nach § 59 Abs. 7 AufenthG oder

  • den Übergang der Zuständigkeit auf eine andere Ausländerbehörde.

4.2 Die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4a Satz 1 AufenthG wird zum Zweck der Zeugenaussage vor Gericht erteilt, um die Verfolgung und Bestrafung der Täterinnen oder Täter zu ermöglichen. Die Gültigkeitsdauer richtet sich nach den geltenden aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen (§ 26 AufenthG). Die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4a Satz 3 AufenthG oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels kommt bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen in Betracht.

4.3 Die Erteilung einer Erlaubnis zur Beschäftigung an ausländische Betroffene, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4a AufenthG erteilt wurde und die während der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis einer Beschäftigung nachgehen möchten, bedarf gemäß § 31 BeschV keiner Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit.

Die Zeugenschutzdienststelle trifft und/oder veranlasst die durch die Arbeitsaufnahme erforderlichen Schutz- und Abdeckungsmaßnahmen.

Außer Kraft am 1. Januar 2026 durch Nummer 6 des Runderlasses vom 16. Juli 2020 (Nds. MBl. S. 728)