Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 02.05.1994, Az.: 7 L 548/93

Ausgleichszahlung; Personenbeförderung; Ausbildungsverkehr; Verbundzuschlag; Tarifgebiet

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
02.05.1994
Aktenzeichen
7 L 548/93
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1994, 13914
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1994:0502.7L548.93.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Braunschweig 03.12.1992 - 1 A 1003/92
nachfolgend
BVerwG - 22.03.1995 - AZ: BVerwG 11 C 16/94

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Im Rahmen der Ausgleichszahlung gemäß § 3 Abs. 3 PBefAusglV ist nicht auf etwaige subjektive Momente abzustellen, die den Auszubildenden davon abhalten könnten, bei Nichtbestehen des Verbundes einen zweiten Zeitfahrausweis bei dem den Ausgleich beantragenden Beförderungsunternehmen zu erwerben, sondern allein darauf, ob diejenigen Auszubildenden, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln ihren Ausbildungsplatz erreichen wollen, nach den örtlichen Gegebenheiten und der konkreten Linienführung auf das Umsteigen in Linien des beantragenden Beförderungsunternehmens innerhalb des Stadtgebietes angewiesen sind.

  2. 2.

    Ist der Verbundraum deckungsgleich mit dem städtischen Liniennetz eines Unternehmers, so wird der Verbundzuschlag nach § 3 Abs. 3 PBefAusglV in der Regel nur dem städtischen Verkehrsunternehmen, nicht hingegen dem Unternehmen zustehen, das im Nachbarortslinienverkehr lediglich Zubringerdienste zu einem zentralen Punkt mit Umsteigehaltestellen innerhalb des städtischen Verkehrsnetzes erbringt.

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 1. Kammer - vom 3. Dezember 1992 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Kostenvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des gegen sie festgesetzten Erstattungsbetrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten, bei der Bewilligung der ihr für das Jahr 1988 zu gewährenden Ausgleichszahlungen für die Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs gemäß § 45 a des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) den sogenannten Verbundzuschlag durch Erhöhung der Zahl der Beförderungsfälle um 10 vom Hundert gemäß § 3 Abs. 3 der Verordnung über den Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Straßenpersonenverkehr (PBefAusglV) auch im Hinblick auf den Ausbildungsverkehr im Stadtgebiet von Braunschweig zu berücksichtigen.

2

Die Klägerin ist ein auch im Ausbildungsverkehr tätiges Straßenbahn- und Omnibusunternehmen. Sie unterhält das Linienverkehrsnetz innerhalb der Stadt Braunschweig (Tarifgebiet 1) sowie Überlandlinien, die in das Stadtgebiet von Wolfenbüttel und in die Verkehrsgebiete der Verkehrsgemeinschaften Landkreis Wolfenbüttel und Peine reichen.

3

Im Stadtgebiet von Braunschweig verkehren auch Omnibuslinien anderer Verkehrsunternehmen. Im Jahre 1988 waren dies Linien der Firma Mundstock KG, der Verkehrsgemeinschaft Landkreis Gifhorn (VLG), der Kraftverkehrsgesellschaft Braunschweig mbH (KVG) und der Wolfsburger Verkehrs-GmbH (WVG). Die KVG-Linien 2 und 3, die zum Hauptbahnhof von Braunschweig führen, und die WVG-Linie 23, die am Rathausplatz endet, haben auf der Strecke dorthin innerstädtisch mit den Linien der Klägerin sowohl teilweise parallele Streckenführungen als auch gemeinsame Umsteigehaltestellen.

4

Die Klägerin hat mit den im Stadtgebiet von Braunschweig tätigen Unternehmen Verträge über die gegenseitige Anerkennung von Fahrausweisen geschlossen.

5

Danach erkennt sie Fahrausweise der Preisstufe 2 der Mundstock KG beim Umsteigen in ihre Fahrzeuge an. Umgekehrt erkennt die Mundstock KG Fahrausweise der Klägerin bei Weiterfahrt in ihren Linienfahrzeugen innerhalb des Tarifgebietes 1 an, bei darüber hinausgehenden Fahrten werden diese entsprechend angerechnet.

6

Sämtliche Fahrausweise der VLG, die zu Fahrten bis nach Braunschweig berechtigen, werden beim Umsteigen in Fahrzeuge der Klägerin innerhalb des Tarifgebietes 1 anerkannt. Eine Anerkennung durch die Klägerin erfolgt auch, wenn eine Fahrt in das Verkehrsgebiet der VLG auf ihren Fahrzeugen in Braunschweig angetreten wird. Die VLG erkennt innerhalb der Stadtgrenze Braunschweigs Zeitkarten der Klägerin an. Wochen- und Monatskarten der KVG, die zu Fahrten auf deren Omnibuslinien 2 und 3 in Braunschweig berechtigen, werden beim Umsteigen in den Fahrzeugen der Klägerin im Tarifgebiet 1 anerkannt. Wochen- und Monatskarten, die zu Fahrten im Tarifgebiet 1 der Klägerin berechtigen, werden beim Umsteigen auf die KVG-Omnibuslinien 2 und 3 im Stadtgebiet Braunschweig bis Friedrichshöhe anerkannt.

7

Die Fahrausweise der WVG, die zu Fahrten auf der Omnibuslinie 23 (Wolfsburg-Braunschweig) berechtigen, werden beim Umsteigen in Fahrzeuge der Klägerin für Fahrten innerhalb des Tarifgebietes 1 anerkannt bzw. bei Weiterfahrten in das Tarifgebiet 2 oder 3 angerechnet. Die Fahrausweise der Klägerin werden beim Umsteigen auf die Omnibuslinie 23 der WVG bis Dibbesdorf anerkannt. Bei Weiterfahrt in Richtung Wolfsburg werden diese Fahrausweise der Klägerin angerechnet.

8

Mit Schreiben vom 12. Mai 1989 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung eines Ausgleichs für gemeinwirtschaftliche Leistungen im Straßenpersonenverkehr für das Kalenderjahr 1988. Dabei machte sie hinsichtlich der Zahl der Beförderungsfälle den Verbundzuschlag von 10 % geltend und setzte als mittlere Reiseweite im Ausbildungsverkehr abweichend vom Durchschnittswert des § 3 Abs. 4 PBefAusglV einen betriebsindividuellen Wert nach § 3 Abs. 5 PBefAusglV von 6,68 km an. Als Nachweis dieser betriebsindividuellen mittleren Reiseweite im Schülerverkehr fügte sie verschiedene Anlagen bei: in der als Anlage 6 eingereichten Aufstellung ihrer Beförderungsleistungen innerhalb der Verkehrsgemeinschaft Peine, in der ein Teilstreckentarifsystem galt, ermittelte sie für ihre dortigen Leistungen eine mittlere Reiseweite von 8,34 km. Für ihr übriges Tarifgebiet setzte die Klägerin eine mittlere Reiseweite von 6,54 km an, die sie ausweislich der Anlage 4 anhand einer im Jahre 1985 durchgeführten Verkehrserhebung ermittelt hatte. In der Anlage 7 ermittelte sie anhand der beiden vorgenannten mittleren Reiseweiten eine gemeinsame mittlere Reiseweite für Beförderungen innerhalb ihres und des Tarifgebietes der Verkehrsgemeinschaft Peine von 6,68 km, indem sie jeweils getrennt durch Multiplikation der Zahl der Beförderungsfälle mit dem betriebsindividuellen Wert der mittleren Reiseweite die Personen-Kilometer ermittelte, beide Werte addierte und durch die Gesamtzahl der Beförderungsfälle wieder dividierte.

9

Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 22. Januar 1990 Ausgleichszahlungen gemäß § 45 a PBefG für 1988 in Höhe von 7.666.856,-- DM, wovon unter Berücksichtigung einer bereits 1988 erbrachten Vorauszahlung noch 2.212.109,-- DM auszuzahlen seien. Die Bewilligung beantragter weiterer 947.371,-- DM, die sich bei Erhöhung der Zahl der Beförderungsfälle um 10 % auch hinsichtlich der im Stadtgebiet von Braunschweig durchgeführten Beförderungsfälle errechneten, lehnte sie mit der Begründung ab, die Voraussetzungen für das Vorliegen eines von mehreren Unternehmen gebildeten Verbundes, die von allen an dem Verbund beteiligten Unternehmen zu erfüllen seien, lägen hinsichtlich der Kooperation innerhalb des Stadtgebietes von Braunschweig nicht vor. Die von den anderen Unternehmen ausgegebenen Fahrausweise würden innerhalb des Tarifgebietes 1 zur Weiterfahrt auf den Linien der Klägerin anerkannt; die Möglichkeit, bei der Klägerin einen Zeitfahrausweis zu erhalten, der zur Weiterfahrt auf dem gesamten Liniennetz (außerhalb des Tarifgebietes 1 der Stadt Braunschweig) gelte, bestehe nicht. Bei einer Weiterfahrt über das Tarifgebiet 1 hinaus werde der ausgegebene Fahrausweis angerechnet. Die von der Klägerin gewählte Zusammenarbeit laufe somit nur auf eine gegenseitige Anerkennung der Fahrausweise innerhalb bestimmter Grenzen hinaus. Aus diesem Grunde sei das Vorhandensein eines Verbundes zu verneinen. Sollte die Klägerin zu einem späteren Zeitpunkt die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Verbundes schaffen, weise sie - die Beklagte - schon jetzt daraufhin, daß der Tarif für diese Fahrausweise, die zum Umsteigen auf ein anderes Unternehmen berechtigten, entsprechend zu gestalten sei. Ebenfalls wären die Umsteigefälle bei der Ermittlung der betriebsindividuellen mittleren Reiseweite mit zu berücksichtigen, da sonst nur die pauschale mittlere Reiseweite anerkannt werden könne.

10

Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein mit der Begründung, die Beklagte nehme zu Unrecht an, daß die Voraussetzungen für die Gewährung eines Verbundzuschlages nur in dem Bereich vorlägen, in dem Beförderungsleistungen im Rahmen der Verkehrsgemeinschaft Peine erbracht würden. Diese Voraussetzungen seien vielmehr auch bei den anderen Gemeinschaftslösungen gegeben. Es liege im Ermessen der am Verbund Beteiligten, ob die einheitlichen oder verbundenen Beförderungsentgelte sich nur auf einen Teil der Linien, die die Gemeinschaftspartner unterhielten, erstreckten oder aber auf das gesamte Liniennetz. Ein "Verbund" werde im Zweifel nur für solche Bereiche festgelegt, in denen dafür ein Bedürfnis bestehe. Das beste Beispiel dafür biete die Deutsche Bundesbahn, die auch in die klassischen Verbünde - Hamburg, München, Stuttgart und Frankfurt - immer nur Teile ihres Strecken- bzw. Linienbestandes einbringe. Niemand sei deswegen auf den Gedanken verfallen, diesen Gebilden den Charakter eines Verbundes abzusprechen. Nicht anders lägen die Dinge im Ergebnis bei der Beschränkung der Zusammenarbeit auf die gegenseitige Anerkennung von Fahrausweisen. Dies sei die einfachste Art eines einheitlichen Beförderungsentgelts, weil sie die Beteiligten der Notwendigkeit enthebe, eine in der Regel komplizierte Einnahmenaufteilung vorzunehmen. Das ändere aber nichts daran, daß es sich um eine Tarifgemeinschaft handele, in deren Geltungsbereich nur ein Fahrausweis ausgegeben werde. § 3 Abs. 3 PBefAusglV setze nicht voraus, daß ein Umsteigen notwendig sei und sich die Umsteigeberechtigung in einem höheren Beförderungsentgelt niederschlagen müsse. Es reiche, daß der Fahrausweis den Fahrgast zu einem Umsteigen in das Verkehrsmittel eines anderen Unternehmens oder zur wahlweisen Benutzung der Verkehrsmittel verschiedener kooperierender Unternehmen berechtige. Mit ihrem abschließenden Hinweis, bei der Ermittlung der betriebsindividuellen mittleren Reiseweite seien die Umsteigefälle zu berücksichtigen, verkenne die Beklagte, daß die Klägerin der Ermittlung dieses Wertes nur die auf ihren Linien zurückgelegten Strecken zugrunde gelegt und dabei auch ausschließlich auf die eigenen Fahrausweise abgestellt habe. Die Ermittlung beruhe auf der Arbeitsanweisung für die Verkehrserhebung 1985, die von der Beklagten seit jeher anerkannt werde. Für eine Berücksichtigung der Umsteigefälle sei mithin kein Raum.

11

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. November 1991 mit der Begründung zurück, die Voraussetzungen für die Gewährung eines Verbundzuschlages seien lediglich für die von der Klägerin erbrachten Leistungen in der Verkehrsgemeinschaft Peine erfüllt. Hinsichtlich der Zusammenarbeit der Klägerin mit den übrigen Verkehrsunternehmen seien die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 PBefGAusglV indessen nicht vollständig erfüllt. Zwar bestehe insoweit ein von mehreren Unternehmen gebildetes zusammenhängendes Liniennetz mit einheitlichen oder verbundenen Beförderungsentgelten, doch fehle es an der Ausgabe nur eines Fahrausweises je beförderter Person. Denn die von der Klägerin ausgegebenen Fahrausweise würden von der KVG nur im Stadtgebiet Braunschweig bis Friedrichshöhe, von der WVG nur bis Dibbesdorf, von der VLG nur innerhalb der Stadtgrenzen Braunschweigs und von der Mundstock KG ebenfalls nur innerhalb des Tarifgebietes 1 der Klägerin anerkannt, während bei Durchführung weiterer Fahrten ein zusätzlicher zweiter Fahrausweis unter Anrechnung des ersten Fahrausweises gelöst werden müsse. Somit würden je beförderte Person zwei Fahrausweise ausgegeben.

12

Die Klägerin hat daraufhin am 7. Januar 1992 Klage erhoben und zur Begründung ergänzend im wesentlichen ausgeführt: Im Verbundraum, der hier deckungsgleich mit ihrem Tarifgebiet 1 sei, genüge jeweils ein ausgegebener Fahrausweis, der von den an dem Tarifverbund beteiligten Unternehmen wechselseitig anerkannt werde. Bei der Ermittlung der betriebsindividuellen mittleren Reiseweite habe sie zu Recht Umsteigefälle nicht berücksichtigt. Denn bei der Ermittlung der Personen-Kilometer für die Berechnung des Ausgleichs sei jeder Beförderungsfall nur einmal zu zählen, auch wenn mit einem Zeitfahrausweis mehrere Verkehrsmittel benutzt würden. Da es um den Ausgleich von Mindereinnahmen des einzelnen Unternehmens gehe, das Zeitfahrausweise im Ausbildungsverkehr ausgebe, könne es auch nur auf die von dem jeweiligen Unternehmen ausgegebenen eigenen Fahrausweise und die mit diesen Fahrausweisen auf seinen Linien zurückgelegten Strecken ankommen. Bei der Neuberechnung des Verbundzuschlages sei von der dem Antrag zugrunde gelegten betriebsindividuellen Reiseweite von 6,68 km auszugehen. Denn der Anspruch auf den Verbundzuschlag sei von der Geltendmachung einer höheren betriebsindividuellen mittleren Reiseweite zu unterscheiden. Beides habe nichts miteinander zu tun und könne deshalb auch kumulierend in Frage kommen. Die Ausgleichszahlungen seien deshalb unter Berücksichtigung sowohl einer 10 %igen Erhöhung der Beförderungsfälle als auch einer Erhöhung der betriebsindividuellen mittleren Reiseweite möglich.

13

Die Klägerin hat beantragt,

14

die Beklagte zu verpflichten, die Ausgleichszahlungen nach § 45 a PBefG an die Klägerin für das Jahr 1988 um 947.371,-- DM zu erhöhen und hierauf 4 % Zinsen seit Klageerhebung zu zahlen, sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Januar 1990 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 26. November 1991 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.

15

Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

17

Sie hat ergänzend ausgeführt: Der Klägerin sei zwar nunmehr - anders als noch im Widerspruchsbescheid - zuzustimmen, daß das Ausstellen eines zweiten Fahrausweises bei Fahrten über den Verbundraum hinaus einer Anerkennung des Verkehrsverbundes nicht entgegenstehe. Anders verhalte es sich aber bei der Prüfung des verbundspezifischen Nachteils bei der Klägerin, weil deren Vorbringen hier widersprüchlich sei. Bei Anerkennung eines Verbundzuschlages müßten die (Fremd-) Umsteiger im Liniennetz der antragstellenden Verkehrsgesellschaft bei der Ermittlung der betriebsindividuellen mittleren Reiseweite berücksichtigt werden. Würden diese nicht erfaßt, könne lediglich der Pauschalwert zugrunde gelegt werden. Vertrete die Klägerin die Ansicht, daß Umsteiger nicht in nennenswerter Zahl vorhanden seien, müßte bereits aus diesem Grund die Anerkennung eines Verkehrsverbundes scheitern. Würdige man das Vorbringen der Klägerin dahingehend, daß die Voraussetzungen für einen Verkehrsverbund vorlägen und die Ermittlung der betriebsindividuellen mittleren Reiseweite in der Form erfolgen dürfe, daß Umsteiger aus anderen Verkehrsbereichen nicht zu berücksichtigen seien, sei dies fehlerhaft. Denn der sog. Personen-Kilometer sei ein Produkt aus Beförderungsfällen und mittlerer Reiseweite. Die Personen-Kilometer-Zahl habe wiederum unmittelbar Einfluß auf die Höhe der Ausgleichszahlung. Ungerecht wäre es, einerseits - wie die Klägerin es vorhabe - den Multiplikator der Beförderungsfälle dadurch zu erhöhen, daß die Umsteiger Berücksichtigung finden, andererseits aber beim Multiplikator der mittleren Reiseweite die Umsteiger aus anderen Verkehrsbetrieben außer Betracht zu lassen. Die Berücksichtigung der Umsteiger bei der Ermittlung der betriebsindividuellen mittleren Reiseweite hätte zur Folge, daß die vorausgesetzte Erhöhung um mindestens 25 % gegenüber dem statistischen Wert von 5 km nicht erreicht werden würde, mit der Folge, daß nur die pauschale mittlere Reiseweite pro Beförderungsfall angenommen werden könnte. Dies erkläre sich daraus, daß die potentiellen Umsteiger in das Liniennetz der Klägerin angesichts der geringen Größe des Verbundgebietes regelmäßig nur sehr kurze Wegstrecken zurücklegten, um ihr Ziel im Tarifgebiet 1 zu erreichen. Ihre Berücksichtigung würde zwangsläufig zu einer Herabsetzung der ermittelten betriebsindividuellen mittleren Reiseweite führen, weil diese im gesamten Liniennetz der Klägerin ermittelt worden sei. Die von der Klägerin gewollte Kombination aus Beförderungsfällen plus Verbundzuschlag und betriebsindividueller mittlerer Reiseweite von 6,68 km sei rechtlich und tatsächlich nicht haltbar.

18

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 3. Dezember 1992 - der Beklagten zugestellt am 18. Dezember 1992 - stattgegeben und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin erfülle die Anforderungen des § 3 Abs. 3 PBefAusglV bereits durch die Zusammenarbeit innerhalb der Verkehrsgemeinschaft Peine, darüber hinaus aber auch durch die von ihr praktizierte Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen innerhalb ihres Tarifgebietes 1. Dieses stelle ein zusammenhängendes Liniennetz dar, das von mehreren Unternehmen gebildet worden sei. Schon nach der Art der Verknüpfung der betroffenen Linien dränge sich mit Rücksicht auf die weiteren Umstände der Schluß auf, daß die Klägerin in diesem Gebiet 1988 Verkehrsleistungen im Ausbildungsverkehr erbracht habe, die die Annahme eines ausgleichsfähigen verbundspezifischen Nachteils begründeten. Die Linien der anderen Unternehmer könnten ersichtlich allenfalls zu einem geringen Teil direkte Zubringerdienste innerhalb Braunschweigs leisten. Die Fahrgäste dieser Unternehmen seien daher nach den örtlichen Gegebenheiten auf die Verteilerleistungen der Klägerin angewiesen, wenn sie innerhalb Braunschweigs Ziele erreichen wollten, die - wie meist - nicht in unmittelbarer Nähe der Haltestellen der von außerhalb kommenden Linien lägen. Daß es, abgesehen von den Linien der Kooperationspartner der Klägerin, auch innerhalb des das gesamte Stadtgebiet Braunschweigs umfassenden Tarifgebietes 1 ein von der Klägerin zu befriedigendes Bedürfnis nach öffentlichen Personennahverkehrsleistungen gebe, werde von der Beklagten, die die diesbezügliche Tätigkeit der Klägerin genehmigt habe, nicht bestritten. Schon mit Rücksicht auf die Zentralortfunktion Braunschweigs müsse auch von einer erheblichen Anzahl auswärtiger Auszubildender ausgegangen werden, von denen zumindest eine "nennenswerte Anzahl" auf das Umsteigen in Busse oder Straßenbahnen der Klägerin angewiesen sei, so daß diese Personen ohne Fahrscheinanerkennung durch die Klägerin bei dieser auch einen zweiten Fahrausweis erwerben würden. Mehr als eine solche, sich hier nach Sachlage ohne weiteres aufdrängende hinreichende Wahrscheinlichkeit für verbundspezifische Nachteile könne nicht verlangt werden.

19

Das praktizierte Tarifverbundsystem führe nicht dazu, daß die Voraussetzung der Ausgabe nur eines Fahrausweises nicht erfüllt sei. Die Beklagte habe in diesem Verfahren zu Recht eingeräumt, daß es insoweit lediglich auf den spezifischen Verbundraum ankommen.

20

Der Anspruch der Klägerin sei unter Zugrundelegung der von ihr geltend gemachten betriebsindividuellen mittleren Reiseweite von 6,68 km zu berechnen. Für die Klägerin, die überwiegend Orts- und Nachbarortslinienverkehr betreibe, gelte gemäß § 3 Abs. 4 ein Durchschnittswert von 5 km. Der von ihr angesetzte Wert weiche um mehr als 25 % hiervon ab und sei deshalb nach § 3 Abs. 5 Satz 1 PBefAusglV anzusetzen. Den geltend gemachten betriebsindividuellen Wert habe die Klägerin nachgewiesen. Als geeigneter Nachweis im Sinne des § 3 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 PBefAusglV könne auch eine Mischung der in Nr. 1 und 2 genannten Nachweisverfahren dienen. So könne z.B. - wie vorliegend für den von der Klägerin im Rahmen der Verkehrsgemeinschaft Peine erbrachten Teil ihrer Leistungen - ein im Sinne der Nr. 1 anhand der verkauften Strecken-Zeitfahrausweise nach den mittleren Werten der Entfernungsstufen der genehmigten Beförderungsentgelte ermittelter Wert (hier unstreitig 8,34 km) verbunden werden mit einem die übrigen Verkehrsleistungen durch Verkehrszählung im Sinne der Nr. 2 erfassenden Wert. Die jeweiligen Teil-Reiseweiten seien dabei anhand des Faktors "Personen-Kilometer" zu bewerten und zur gemeinsamen betriebsindividuellen Reiseweite des Unternehmers zusammenzufassen. In diesem Zusammenhang habe die Klägerin insbesondere auch den von ihr geltend gemachten Wert der von ihr außerhalb der Verkehrsgemeinschaft Peine angesetzten Teil-Reiseweite von 5,54 km durch die Verkehrszählung 1985 nachgewiesen. Die von ihr in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Erläuterungen zu dem als Anlage 4 des Antrags eingereichten Schreiben hätten anfängliche Zweifel der Kammer zerstreut. Aufgrund ihrer Ausführungen bestünden keine Zweifel mehr daran, daß es sich hierbei um eine hinlänglich repräsentative Stichprobenerhebung gehandelt habe, wie auch dem Bestätigungsschreiben der Firma IVV vom 27. Mai 1987 entnommen werden könne.

21

Die Ansicht der Beklagten, im Falle der Gewährung eines Verbundzuschlages könne die betriebsindividuelle mittlere Reiseweite nur zuverlässig nachgewiesen sein, wenn zugleich auch die Reiseweite der Fremdumsteiger mit berücksichtigt worden sei, finde in den maßgeblichen Vorschriften keinen Rückhalt. Die Verordnung nehme den Sonderfall ausgleichsfähiger verbundspezifischer Nachteile zum Anlaß, eine (grundsätzlich pauschale) Erhöhung der Beförderungsfälle zu bestimmen. Ein Zusammenhang mit der berücksichtigungsfähigen mittleren Reiseweite lasse sich dem Text der Verordnung nicht entnehmen. Sowohl die Typisierungen der landesrechtlichen Verordnung über die durchschnittlichen verkehrspezifischen Kosten je Personen-Kilometer nach § 45 a des PBefG als auch die Durchschnittswerte der Personenbeförderungsausgleichsverordnung beruhten auf statistischen Erhebungen, die allein die von § 3 Abs. 2 erfaßten Beförderungsfälle beträfen und demgemäß auch nur die durchschnittlichen Reiseweiten erfaßten, die aufgrund der vom Unternehmer selbst verkauften Zeitfahrausweise des Ausbildungsverkehrs zurückgelegt worden seien. Wenn dies aber für den Regelfall so sei, könne etwas anderes auch dann nicht gelten, wenn der Unternehmer auch Leistungen im Rahmen eines Verkehrsverbundes erbringe und dafür eine Erhöhung der Beförderungsfälle geltend mache.

22

Denn die für die Beachtlichkeit des nachgewiesenen Wertes erforderliche 25 %ige Abweichung vom Durchschnittswert setze denknotwendig eine Vergleichbarkeit voraus, die nur dann gegeben sei, wenn beide Werte auf der gleichen Basis ermittelt worden seien. Bestätigt werde dies durch die Regelung über den Nachweis einer vom Durchschnittswert der Erhöhung der Beförderungsfälle um 10 v.H. abweichenden betriebsindividuellen Belastung nach § 3 Abs. 5 Satz 1 2. Alternative PBefAusglV. Danach hätte es der Beklagten oblegen, durch Verkehrszählung oder in sonstiger geeigneter Weise selbst zu ermitteln, ob die durch Fremdumsteiger bedingten Beförderungsfälle der Klägerin weniger als 7,5 % der nach § 3 Abs. 2 PBefAusglV errechneten Zahl der (allgemeinen) Beförderungsfälle betragen hätten und wie hoch der sich daraus ergebende Verbundzuschlag anzusetzen sei. Da die sonstigen Berechnungsvoraussetzungen zwischen den Beteiligten unstreitig seien, ergebe sich ein restlicher Ausgleichsanspruch in Höhe des mit der Klage geltend gemachten Betrages, den die Beklagte zu bewilligen verpflichtet sei.

23

Die Beklagte hat hiergegen am 18. Januar 1993 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie ergänzend ausführt: Das Verwaltungsgericht sehe die Voraussetzungen für die Gewährung eines Verbundzuschlages bereits durch die Zusammenarbeit mit der Verkehrsgemeinschaft Peine als erfüllt an. Diese Argumentation sei jedoch abwegig. Denn selbstverständlich könnten Verbundzuschläge nur für solche Linien und die dort angefallenen Beförderungsfälle geltend gemacht werden, die konkret in Verbundkooperationen eingebracht worden seien.

24

Das Gericht gehe ferner aufgrund der Zentralortfunktion Braunschweigs von einer erheblichen Zahl auswärtiger Auszubildender aus, die in nennenswerter Zahl im Verteilerverkehr auf das Umsteigen auf die Verkehrsmittel der Klägerin angewiesen seien. Dies reiche indessen nicht aus, da hier nur einseitig der Umsteigeverkehr von den in das Tarifgebiet 1 hineinführenden Linien der anderen Unternehmen auf Fahrzeuge der Klägerin betrachtet werde. Das vom Verordnungsgeber geforderte zusammenhängende Liniennetz mit einheitlichen oder verbundenen Beförderungsentgelten setze nach Sinn und Zweck aber voraus, daß ein wechselseitiger Umsteigeverkehr stattfinde. Da die Klägerin über ein sehr engmaschiges Liniennetz innerhalb des Tarifgebietes 1 verfüge, finde kein nennenswerter Umsteigeverkehr von ihren Fahrzeugen auf solche der anderen Unternehmen statt. Wenn es Umsteiger geben sollte, dann könnten dies allenfalls Auspendler sein, die über das Tarifgebiet 1 hinaus das Stadtgebiet verlassen wollten. Diese müßten jedoch einen verbundschädlichen zweiten Fahrausweis lösen. Ein zusammenhängendes Liniennetz setze voraus, daß der Übergang von einem Netz in das räumlich davon getrennte Netz eines anderen Unternehmens ermöglicht werde. Hier sei der Fall indessen so gelagert, daß sich Linien der Klägerin mit den in das Tarifgebiet 1 führenden Linien der anderen Unternehmen parallel überlagerten. Der Annahme eines Verbundes stehe auch entgegen, daß eine Einnahmeaufteilungsvereinbarung gemäß § 5 PBefAusglV zwischen den Verbundpartnern nicht getroffen worden sei. Es könne nicht angehen, daß die Klägerin aus Vereinfachungsgründen den Aufwand, den sie durch die Übernahme von Umsteigern im Rahmen des innerstädtischen Verteilerverkehres möglicherweise haben möge, allein dadurch zu kompensieren versuche, daß sie hierfür den Verbundzuschlag beanspruche. Eine Einnahmeaufteilungsregelung sei zwingend, da diese Einnahmen dem Ertrag im Sinne des § 45 a Abs. 2 PBefG zuzuschlagen wären und damit die Höhe des Ausgleichsanspruchs beeinflussen würden. Im übrigen sei die Klägerin dafür beweispflichtig, daß sie im Zuge ihres innerstädtischen Verteilungsverkehrs in nennenswerten Umfang Umsteiger aufnehme und ihr dadurch ausgleichsbedürftige verbundspezifische Mindereinnahmen entstünden.

25

Der Hinweis des Verwaltungsgerichts auf das Tarifgenehmigungsverfahren nach § 39 PBefG sei nicht nachvollziehbar. Dieses gebe der Genehmigungsbehörde keine rechtliche Handhabe zum Verhindern von Parallelverkehren oder zur Durchsetzung ausgewogener Beförderungsleistungen.

26

Bei der Ermittlung der betriebsindividuellen mittleren Reiseweite sei jeder Fahrgast und damit auch jeder Umsteiger mitzuzählen. Eine unternehmensbezogene konkrete Ermittlung der durchschnittlichen Reiseweite als eines Spiegelbildes der tatsächlichen durchschnittlichen Beförderungsleistung eines Unternehmers lasse sich anders gar nicht ermitteln. Werde der Fahrtstreckenanteil individuell ermittelt, sei jede beförderte Person und damit auch der Umsteiger mit seinem Fahrtstreckenanteil zu erfassen. Bei einer Verkehrszählung mache es keinen Unterschied, ob die Befragten einen Fahrausweis der Klägerin oder einen solchen eines Verbundpartners besäßen, denn maßgeblich sei allein, welche Fahrstrecke der Fahrgast konkret auf dem Fahrzeug der Klägerin zurückgelegt habe. Problematisch könne allenfalls sein, ob die Klägerin entsprechend der Rechtsauffassung des Landes Niedersachsen verpflichtet sei, die Fremdumsteiger bei der Verkehrszählung gesondert zu erfassen und deren Zahl der Ausgleichsbehörde offenzulegen. Ein Erfassen ohne Differenzierung zwischen eigenen Fahrgästen und Fremdumsteigern sei aber auf jeden Fall nötig und möglich und werde deshalb hilfsweise für den Fall, daß das Gericht eine Mitteilungspflicht der Fremdumsteigerzahl nicht bejahe, gefordert. Pauschalisierungsgesichtspunkte kämen bei der Geltendmachung individueller Werte nicht zum Tragen. Es sei keineswegs egal, ob die Reiseweite in voller Länge demjenigen Unternehmen zugerechnet werde, das den Fahrausweis verkauft habe, aber einen Teil der Fahrtstrecke als Fahrleistung gar nicht erbringe. Diese Form der Ermittlung einer betriebsindividuellen Reiseweite, die immer zu einer über die Zahl der tatsächlichen Fahrleistungen hinausgehenden Reiseweite führe, begünstige den Verbundunternehmer über den Verbundbonus hinaus ein zweites Mal, weil der Multiplikator der mittleren Reiseweite auch noch erhöht werde. Der Verordnungsgeber habe die verbundspezifischen Nachteile in Form der Verringerung der Beförderungsfälle jedoch nur durch den pauschalen 10 %igen Zuschlag auf die Beförderungsfälle ausgleichen wollen.

27

Die Beklagte beantragt,

28

das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 1. Kammer - vom 3. Dezember 1992 zu ändern und die Klage abzuweisen.

29

Die Klägerin beantragt,

30

die Berufung zurückzuweisen.

31

Sie entgegnet im wesentlichen: Die These der Beklagten, ein "einseitiger" Umsteigeverkehr sei kein Linienverbund, finde im Gesetz keine Stütze. Mindereinnahmen entstünden, wenn ein einheitliches oder verbundenes Beförderungsentgelt angeboten werde, auch dann, wenn niemand umsteige. Denn die Fahrpreise würden alsdann anders bemessen, als dies bei einem Einzelunternehmen der Fall sei. Schon das Angebot einer Umsteigemöglichkeit oder aber der wechselweisen Benutzung von Linien des einen oder des anderen Unternehmens bewirke Mindereinnahmen. Wer wechselweise einmal die Linie des einen und einmal die Linie des anderen Verkehrsunternehmens benutze, benötige dafür nur noch einen Fahrausweis, während er zuvor zwei Fahrausweise hätte kaufen müssen. Ebensowenig "verbundschädlich" sei, daß die Linien teilweise parallel verliefen. Der von der Beklagten geforderte wechselseitige Umsteigeverkehr sei im übrigen auch gegeben. Denn alle die Auszubildenden, die auf dem Wege zu ihrer Ausbildungsstätte die Verkehrsmittel der Klägerin als Umsteiger benutzten, täten dies naturgemäß auf der Rückfahrt ebenfalls. Ebenso verfehlt sei die Annahme der Beklagten, daß ein Verbund das Bestehen eines Einnahmeaufteilungsvertrages voraussetze. Schon aus der Überschrift des § 5 PBefAusglV ergebe sich, daß diese Vorschrift nur zum Zuge komme, wenn ein Einnahmeaufteilungsvertrag geschlossen worden sei. Auch in der amtlichen Begründung heiße es lediglich, daß "in der Regel" solche Verträge bestünden und für diese Fälle eine besondere Vorsorge getroffen werden müsse. Das Vorliegen eines Einnahmeaufteilungsvertrages, das im Antragsformular lediglich als eine von verschiedenen Möglichkeiten genannt werde, komme im allgemeinen nur bei größeren Kooperationen und in sog. klassischen Verkehrsverbünden wie Hamburg, München, Stuttgart, Frankfurt und Rhein-Ruhr in Betracht.

32

Eine Beweispflicht für die Zahl der Umsteiger treffe sie nicht. Sie habe lediglich den Pauschalsatz des § 3 Abs. 3 der Verordnung für sich in Anspruch genommen. Es sei dann Sache der Beklagten, den Beweis dafür anzutreten, daß dieser Prozentsatz wesentlich unterschritten sei.

33

Das Verwaltungsgericht habe auch zu Recht auf die von der Beklagten nach § 39 Abs. 2 PBefG erteilte Tarifzustimmung verwiesen. Für das von der Beklagten genehmigte gegenseitige Anerkennen von Fahrausweisen gebe es nur eine Rechtfertigung, wenn hierfür auch Bedarf bestehe, ein Umsteigeverkehr also gegeben sei. Die Vorschrift werde im übrigen entgegen dem Vortrag der Beklagten nicht nur als Instrument der Mißbrauchsaufsicht verstanden, sondern schon seit Jahren vielerorts als Mittel der verkehrspolitischen Gestaltung angewandt.

34

Bei ihren Ausführungen zur Ermittlung der betriebsindividuellen mittleren Reiseweite verkenne die Beklagte, daß zwischen der Gewährung des Verbundzuschlages einerseits und der Anerkennung einer betriebsindividuellen mittleren Reiseweite andererseits kein Sachzusammenhang bestehe. Die Zahl der Beförderungsfälle betreffe die Einnahmen, die mittlere Reiseweite die Kosten. Im übrigen gingen die in § 3 Abs. 5 Satz 3 PBefAusglV genannten drei Nachweismöglichkeiten für Abweichungen vom Durchschnittswert für die mittlere Reiseweite von demselben Prinzip aus. Wenn nach der in Nr. 1 aufgeführten Nachweismethode auf die verkauften Streckenzeitfahrausweise abzuheben sei, bedeute dies, daß es nur um die Zeitfahrausweise gehen könne, die von dem antragstellenden Verkehrsunternehmen verkauft worden seien. Bei der Nachweismethode mittels Verkehrszählung könne es gleichfalls dann nur um die Zählung der Personen gehen, die im Besitz von Streckenzeitfahrausweisen des antragstellenden Verkehrsunternehmens seien. Denn nur insofern sei auch eine konkrete Auswertung der Fahrstreckenanteile möglich. Diese Verfahrensweise werde auch dem Prinzip der Ausgleichsleistungen gerecht. Denn dabei gehe es stets um Ausgleichsleistungen, die nur auf eine mehr oder weniger pauschalierte Art und Weise die tatsächlich entstehenden Mindereinnahmen ausgleichen sollten. Ins Gewicht fallen Überzahlungen könnten schon deshalb nicht in Betracht kommen, weil jedes am Verbund beteiligte Verkehrsunternehmen nur die von ihm verkauften Fahrausweise erfasse.

35

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, daß der Klägerin der begehrte Verbundzuschlag auch im Hinblick auf die von ihr praktizierte Kooperation innerhalb des Tarifgebietes 1 zusteht und dieser von der Beklagten in der beantragten Höhe zu bewilligen ist. Das Berufungsvorbringen führt zu keiner anderen Beurteilung.

37

Nach § 45 a Abs. 1 PBefG ist im Verkehr mit Straßenbahnen und Omnibussen sowie im Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen dem Unternehmer für die Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs auf Antrag ein Ausgleich nach Maßgabe des Absatzes 2 zu gewähren, wenn und soweit der Ertrag aus den für diese Beförderung genehmigten Beförderungsentgelten zur Deckung der nach Abs. 2 Satz 2 zu errechnenden Kosten nicht ausreicht und der Unternehmer innerhalb eines angemessenen Zeitraums die Zustimmung zu einer Anpassung der in den genannten Verkehrsformen erhobenen Beförderungsentgelte an die Ertrags- und Kostenlage beantragt hat. Als Ausgleich werden nach § 45 a Abs. 2 Satz 1 PBefG gewährt 50 v.H. des Unterschiedsbetrages zwischen dem Ertrag, der für die Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs erzielt worden ist, und dem Produkt der dabei geleisteten Personen-Kilometer und der durchschnittlichen verkehrsspezifischen Kosten. Nach § 3 Abs. 1 der auf der Grundlage des § 58 Abs. 1 Nr. 5 PBefG erlassenen Verordnung über den Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Straßenpersonenverkehr (PBefAusglV) vom 2. August 1977 (BGBl. I S. 1460) mit - hier nicht entscheidungserheblichen - Änderungen durch Verordnung vom 30. Juni 1989 (BGBl. I S. 1273) sowie am 24. März 1992 (BGBl. I S. 730) werden die Personen-Kilometer durch Multiplikation der Beförderungsfälle mit der mittleren Reiseweite ermittelt.

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In § 3 Abs. 3 PBefAusglV ist für den Sonderfall kooperierender Unternehmen bestimmt, daß die dergestalt errechnete Zahl der Beförderungsfälle um 10 v.H. zu erhöhen ist, wenn ein von mehreren Unternehmern gebildetes zusammenhängendes Liniennetz mit einheitlichen oder verbundenen Beförderungsentgelten besteht und je beförderte Person nur ein Fahrausweis ausgegeben wird.

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Nach der den Beteiligten bekannten Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 5. 11. 1990 - 7 L 92/89 -), die das Bundesverwaltungsgericht bestätigt hat (Beschl. v. 16. 1. 1992 - 7 BB 33.91 -, DVBl. 1992, 708 = DÖV 1992, 630) und der auch der VGH Bad.-Württ. folgt (Urt. v. 25. 2. 1993 - 14 S 1279/92 -, DÖV 1993, 827), liegt ein zusammenhängendes Liniennetz im Sinne der vorgenannten Vorschrift nur vor, wenn angesichts der örtlichen Gegebenheiten und wegen der konkreten Linienführung eine nennenswerte Zahl von Fahrgästen des Ausbildungsverkehrs auf das Umsteigen angewiesen ist. Denn bei der Ermittlung der Personen-Kilometer für die Berechnung des Ausgleichs ist nach § 3 Abs. 2 Satz 4 PBefAusglV jeder Beförderungsfall nur einmal zu zählen, auch wenn mit einem Zeitfahrausweis mehrere Verkehrsmittel benutzt werden. Werden hingegen mehrere Verkehrsmittel verschiedener Unternehmer benutzt, so sind die Beförderungsfälle für jedes Unternehmen, das Zeitfahrausweise ausgibt, gesondert zu errechnen. Gehen die Unternehmen aber einen Verbund ein und geben sie nur einen Zeitfahrausweis je beförderte Person aus, der gegenseitig anerkannt wird, so erleiden sie einen über die Verbilligung der Zeitfahrausweise hinausgehenden Verlust, wenn im Hinblick auf den Umsteigeverkehr ohne den Verbund insgesamt mehr Zeitfahrausweise im Ausbildungsverkehr ausgegeben würden. Dieser zusätzliche Verlust soll durch § 3 Abs. 3 PBefAusglV mit einer pauschalen Erhöhung der nach § 3 Abs. 2 PBefAusglV ermittelten Zahl der Beförderungsfälle um 10 v.H. ausgeglichen werden. Ein solcher Ausgleich setzt aber voraus, daß der besagte zusätzliche Fahrgeldausfall nach der Art, in der die Liniennetze der Unternehmer miteinander verbunden sind, durch ein erforderliches Umsteigen auch tatsächlich entsteht. Wäre der Fahrgast früher - vor dem Verbund - nicht umgestiegen, weil es nicht notwendig war, um das Fahrziel zu erreichen, und er deshalb die damit verbundenen Kosten nicht aufgewendet hätte, ermäßigt sich als Folge der Verbundbildung die Zahl der Beförderungsfälle nicht und ein ausgleichsbedürftiger Nachteil tritt nicht ein. Daraus ergibt sich zugleich, daß auch der Umstand, daß Fahrgäste je nach ihren zeitlichen Bedürfnissen die eine oder andere Linie benutzen, die Annahme eines zusammenhängenden Liniennetzes nicht tragen kann. Denn auch diese Fahrgäste hätten bei vernünftiger wirtschaftlicher Betrachtungsweise vor Bildung des Verbunds nicht mehrere Zeitkarten gekauft, nur um sich Wartezeiten zu ersparen. Verlaufen die Linien der Unternehmen innerhalb des Verbundes lediglich mit einigen gemeinsamen Haltestellen parallel, ohne daß die Auszubildenden auf die Benutzung sowohl der einen wie der anderen Linie angewiesen sind, sie also auch ohne den Verbund nur einen Zeitfahrausweis kaufen müßten, kann von einem zusammenhängenden Liniennetz im Sinne des § 3 Abs. 3 PBefAusglV nicht die Rede sein.

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Nach diesen Grundsätzen beansprucht die Klägerin zu Recht eine Erhöhung der Zahl der Beförderungsfälle nach § 3 Abs. 3 PBefAusglV durch Zubilligung des Verbundzuschlages im Hinblick auf die von ihr eingegangene Kooperation mit der Mundstock KG, der VLG, der KVG und der WVG innerhalb des Stadtgebietes von Wolfsburg. Ihr Linienverkehr innerhalb des Tarifgebietes 1 bildet zusammen mit den Verkehren der Kooperationspartner ein zusammenhängendes Liniennetz im Sinne dieser Bestimmung. Denn die Kooperation bezieht sich auf das gesamte innerstädtische Liniennetz der Klägerin, das - abgesehen von der jeweiligen, in das Stadtgebiet von Wolfsburg führende Linie des Kooperationspartners - von den Verbundpartnern nicht parallel bedient wird. Mithin sind nach den örtlichen Gegebenheiten und der Lage des Streckennetzes alle auswärtigen Auszubildenden, die über Zeitfahrkarten der Kooperationspartner der Klägerin verfügen und Ausbildungsstätten innerhalb von Braunschweig aufsuchen oder von ihren Ausbildungsstätten wieder zurückfahren wollen, auf das Umsteigen in Linien der Klägerin angewiesen. Diese müßten normalerweise hierfür einen zweiten Fahrausweis bei der Klägerin lösen. Da diese Notwendigkeit infolge des bestehenden Verbundes entfallen ist, entstehen der Klägerin, die für diese Personengruppe keine (zweiten) Zeitfahrausweise (mehr) verkauft, Einnahmeverluste, die über § 3 Abs. 3 PBefAusglV auszugleichen sind.

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Dem läßt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mit Erfolg entgegenhalten, angesichts der nur geringen Entfernungen zwischen den Haltepunkten der Linien der Kooperationspartner der Klägerin innerhalb Braunschweigs und den Ausbildungsstätten, die im Tarifgebiet 1 der Klägerin liegen, würden die Auszubildenden, gäbe es den Verbund nicht, lieber den restlichen Weg zu ihrer Ausbildungsstätte zu Fuß zurücklegen als bei der Klägerin einen - dann erforderlichen - zweiten Zeitfahrausweis des Ausbildungsverkehrs zu lösen. Gleichermaßen unerheblich ist, ob die Träger der Schülerbeförderung verpflichtet wären, den in Linien der Kooperationspartner der Klägerin anreisenden Schülern nach § 94 NSchG die Mehrkosten für den Erwerb eines zweiten Zeitfahrausweises bei der Klägerin zu erstatten, oder dies im Hinblick auf bestimmte Mindestentfernungen zwischen den Haltestellen der Kooperationspartner und den Ausbildungsstätten mit Erfolg verweigern könnten. Denn abzustellen ist insoweit nicht auf etwaige subjektive Momente, die den Auszubildenden davon abhalten könnten, bei Nichtbestehen des Verbundes einen zweiten Zeitfahrausweis bei der Klägerin zu erwerben, sondern allein darauf, ob diejenigen Auszubildenden, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln ihren Ausbildungsplatz erreichen wollen, nach den örtlichen Gegebenheiten und der konkreten Linienführung auf das Umsteigen in Linien der Klägerin innerhalb des Stadtgebietes angewiesen sind. Dies ist zu bejahen und wird auch von der Beklagten nicht in Frage gestellt.

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Die Forderung der Beklagten, die Zuerkennung des Verbundzuschlages setze darüber hinaus, daß infolge wechselseitigen Umsteigens allen am Verbund Beteiligten ausgleichsbedürftige Einnahmeverluste entstünden, findet in der Verordnung keine Stütze. Der Beklagten ist allerdings zuzugeben, daß die Leitsätze in der Entscheidung des Senats vom 15. 11. 1990 und in der des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. 1. 1992 diese Vermutung nahelegen könnten, weil das Kriterium des Erfordernisses einer nennenswerten Zahl von Umsteigern nur als Tatbestandsmerkmal des Begriffes des zusammenhängenden Liniennetzes im Sinne des § 3 Abs. 3 PBefAusglV bezeichnet worden ist. Dies erklärt sich indes allein daraus, daß es im dort entschiedenen Fall um die Beurteilung von zwei Buslinien verschiedener Unternehmer ging, die auf einer völlig parallelen Strecke verliefen und gemeinsame Umsteigehaltestellen aufwiesen. Da ein objektives Bedürfnis für das Wechseln von der einen auf die andere Linie bei dieser Linienführung - auch wechselseitig - nicht gegeben war, wurde das zusammenhängende Liniennetz verneint und keinem der beteiligten Unternehmen der geltend gemachte Verbundzuschlag zugesprochen. Hieraus läßt sich aber nicht der allgemeine Schluß ziehen, daß die Gewährung des Verbundzuschlages stets voraussetze, daß alle am Verbund beteiligten Unternehmen als Folge der Verbundbildung ausgleichsbedürftige Ertragseinbußen im Hinblick auf den Verkauf von Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs erleiden müßten. Abzustellen ist vielmehr bei der Betrachtungsweise nach Sinn und Zweck der Ausgleichszahlungen stets darauf, ob der jeweilige Verbundpartner im Hinblick auf die von ihm in das gemeinsame Liniennetz eingebrachten Linien wegen der verbundenen Beförderungsentgelte weniger Einnahmen erzielt als zuvor. Ist der Verbundraum - wie im hier zur Entscheidung stehenden Fall - deckungsgleich mit dem städtischen Liniennetz eines Unternehmers, so wird - dies zeigt das Parallelverfahren der KVG (7 L 546/93) - der Verbundzuschlag nach § 3 Abs. 3 PBefAusglV deshalb in der Regel nur dem städtischen Verkehrsunternehmen, nicht hingegen dem Unternehmen zustehen, das im Nachbarortslinienverkehr lediglich Zubringerdienste zu einem zentralen Punkt mit Umsteigehaltestellen innerhalb des städtischen Verkehrsnetzes erbringt.

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Wenn die Beklagte meint, die Erhöhung der Zahl der Beförderungsfälle um 10 v.H. sei unangemessen und die Erhöhung dürfe nur weniger als 7,5 v.H. betragen, so räumt ihr § 3 Abs. 5 PBefAusglV die Möglichkeit ein, dies durch Verkehrszählung oder in anderer geeigneter Weise nachzuweisen. Die Beweislast hierfür trifft indessen die Beklagte, nicht hingegen die Klägerin, die bei der Berechnung des Verbundzuschlages lediglich den Pauschalsatz von 10 v.H. in Ansatz gebracht hat. Solange aber dieser Nachweis nicht erbracht worden ist, ist die Beklagte verpflichtet, der Klägerin den Verbundzuschlag in der pauschalen Höhe zu bewilligen.

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Der geltend gemachte Anspruch der Klägerin scheitert auch nicht daran, daß diese mit ihren Verbundpartnern keinen Einnahmeaufteilungsvertrag im Sinne von § 5 PBefAusglV abgeschlossen hat. Denn der Abschluß eines solchen Vertrages ist in § 3 Abs. 3 PBefAusglV nicht als Voraussetzung für die Gewährung des Verbundzuschlages normiert. Lediglich dann, wenn derartige Einnahmeaufteilungsverträge geschlossen sind, ist der dem jeweiligen Unternehmen zugewiesene Anteil an den Erträgen aus dem Verkauf von Zeitfahrausweisen als Ertrag des Unternehmens im Sinne von § 45 a Abs. 2 PBefG anzugeben, ein Zwang zur Erwirtschaftung derartiger Erträge besteht nicht.

45

Die Klägerin erfüllt nach alledem sämtliche Voraussetzungen für die Gewährung des Verbundzuschlages durch Erhöhung der Zahl der Beförderungsfälle um 10 v.H. gemäß § 3 Abs. 3 PBefAusglV.

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Der Verbundzuschlag ist der Klägerin auch in der mit dem Klageantrag geltend gemachten Höhe zu bewilligen. Die Auffassung der Beklagten, bei Zuerkennung des Verbundzuschlages könne nicht die von der Klägerin im Ausgleichsantrag angesetzte, an Hand der von ihr verkauften Zeitfahrausweise ermittelte betriebsindividuelle mittlere Reiseweite im Ausbildungsverkehr zugrunde gelegt werden, anzusetzen sei dann vielmehr eine unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Reiseweite der sogenannten Fremdumsteiger ermittelte betriebsindividuelle mittlere Reiseweite, höchstens jedoch der in § 3 Abs. 4 PBefAusglV festgelegte Durchschnittswert, ist mit dem vorgegebenen System für die Berechnung des Ausgleichsbetrages nicht vereinbar. Die bei der Errechnung des Ausgleichsbetrages nach § 45 a Abs. 2 PBefG einzustellende Verkehrsleistung des Unternehmers - ausgedrückt in Personen-Kilometer im Ausbildungsverkehr - errechnet sich durch die Multiplikation der Zahl der Beförderungsfälle im Ausbildungsverkehr mit der mittleren Reiseweite im Ausbildungsverkehr. Macht der Unternehmer - wie hier - einen Verbundzuschlag geltend, wird grundsätzlich die Zahl der Beförderungsfälle, die ihrerseits anhand der im Ausbildungsverkehr verkauften Wochen-, Monats- und Jahreszeitfahrausweise nach einem in § 3 Abs. 2 PBefAusglV bestimmten Schlüssel berechnet wird, um 10 % erhöht. Der Multiplikator "mittlere Reiseweite" bleibt indes von der Geltendmachung des Verbundzuschlages unberührt. Dieser beträgt nach § 3 Abs. 4 PBefAusglV vielmehr als Durchschnittswert 5 km, wenn überwiegend Ort- und Nachbarortslinienverkehr, bzw. 8 km, wenn überwiegend sonstiger Linienverkehr (Überlandlinienverkehr) betrieben wird. Eine Korrektur dieses Durchschnittswertes für den Fall der Beantragung und Gewährung eines Verbundzuschlages sieht die Verordnung nicht vor. Es wäre mithin systemfremd, eine solche Korrektur dann zu verlangen, wenn von der durch § 3 Abs. 5 PBefAusglV eingeräumten Möglichkeit, bei Nachweis eines Abweichens um mehr als 25 v.H. vom Durchschnittswert der mittleren Reiseweite der Berechnung des Ausgleichsbetrags die tatsächlich nachgewiesenen Werte zugrunde zu legen, Gebrauch gemacht wird. Gegen die Forderung der Beklagten spricht auch der Umstand, daß bei Berücksichtigung der Fremdumsteiger eine Vergleichbarkeit des Pauschalwertes und des ermittelten Wertes der mittleren Reiseweite nicht gegeben wäre (ebenso für den Nachweis der konkreten Zahl der Beförderungsfälle: Bay VGH, Urt. v. 2. 2. 1988 - II B 86.00025 -, DÖV 1988, 929). Denn die Pauschalwerte des § 3 Abs. 4 PBefAusglV differenzieren nicht nach allgemeinen Beförderungsfällen und nach (Fremd-)Umsteigefällen. Deshalb kann auch bei Ermittlung der betriebsindividuellen mittleren Reiseweite eines Verbundpartners nur auf dessen allgemeine Beförderungsfälle abgestellt werden. Hierfür spricht überdies auch, daß in § 3 Abs. 5 Nr. 1 PBefAusglV als eine Möglichkeit des Nachweises der Abweichung von dem Durchschnittswert für die mittlere Reiseweite eine Ermittlung auf Grund der "verkauften" Streckenzeitfahrausweise vorgesehen ist. Diese Nachweismöglichkeit müßte dann aber bei einem Verbundunternehmer stets ausscheiden, weil der Fremdumsteiger eben gerade keinen Fahrausweis bei ihm erwirbt. Unterstellt man überdies die Annahme der Beklagten als richtig, daß bei gesonderter Berücksichtigung der durchschnittlichen Reiseweite der Fremdumsteiger ein geringerer betriebsindividueller Wert für die mittlere Reiseweite im Ausbildungsverkehr zu errechnen wäre, hätte das von der Beklagten favorisierte Berechnungsverfahren zur Folge, daß gerade die Unternehmer, die einen besonders hohen Anteil an Fremdumsteigern befördern, mithin wegen des Verbundes besonders hohe Ertragseinbußen hinzunehmen haben, nicht oder kaum noch in den Genuß der vom Verordnungsgeber mit der Zubilligung des Verbundzuschlages bezweckten Erhöhung des Ausgleichsbetrages kämen. Daß dies dem Sinn der Ausgleichsregelung zuwider liefe, bedarf keiner weiteren Erläuterung.

47

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

48

Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen. Denn der bislang höchstrichterlich nicht geklärten Frage, wie bei Zubilligung des Verbundzuschlages nach § 3 Abs. 3 PBefAusglV die Abweichung vom Durchschnittswert für die mittlere Reiseweite zu berechnen ist, kommt zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung grundsätzliche Bedeutung zu.

49

Beschluß

50

Der Wert des Berufungsgegenstandes wird auf 947.371,-- DM festgesetzt (§§ 14 Abs. 1 Satz 1, 13 Abs. 2 GKG).

51

Czajka

52

Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Peschau ist im Urlaub und daher gehindert zu unterschreiben. Czajka

53

Rettberg