Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 17.04.2018, Az.: L 11 AS 1373/14

Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Berücksichtigung von Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bei der Einkommensermittlung; Anforderungen an die Überprüfungspflicht durch Leistungsträger und Sozialgerichte

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
17.04.2018
Aktenzeichen
L 11 AS 1373/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 35046
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hannover - 25.11.2014 - AZ: S 7 AS 4070/13

Fundstellen

  • FEVS 2019, 188-192
  • FuBW 2019, 120-123
  • FuHe 2019, 157-160
  • FuNds 2019, 187-189
  • ZfSH/SGB 2018, 477-479
  • ZfSH/SGB 2018, 433 (Pressemitteilung)
  • info also 2018, 286
  • info also 2019, 190

Amtlicher Leitsatz

1. Der Umstand, dass die Leistungsträger und die Sozialgerichte im Rahmen des § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 7 SGB II im Regelfall von der eigenständigen Ermittlung gesetzlicher Unterhaltsansprüche entlastet werden sollen, schließt eine Prüfung, ob die Aufwendungen der "Erfüllung gesetzlicher Unterhaltspflichten" dienen, nicht aus.

2. In den Fällen, in denen eine gesetzliche Unterhaltspflicht offensichtlich nicht besteht, sind die SGB-II-Träger und die Sozialgerichte befugt, die Frage der gesetzlichen Unterhaltspflicht zu überprüfen.

3. Eine solche Offensichtlichkeit ist z.B. dann gegeben, wenn eine gesetzliche Unterhaltspflicht schon nach Aktenlage, dh. ausweislich der dem Leistungsträger im Verwaltungsverfahren zur Anspruchsprüfung vorliegenden Unterlagen, nicht bestehen kann.

Redaktioneller Leitsatz

1. Absetzbar nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 SGB II sind unterhaltsbezogene Aufwendungen nur, wenn sie tatsächlich erbracht worden sind, auf einer gesetzlichen Verpflichtung beruhen und die Unterhaltspflicht tituliert ist.2. Indem der Gesetzgeber für die Höhe des vom Einkommen abzusetzenden Unterhaltsbetrags an den in einem Unterhaltstitel festgesetzten Unterhaltsanspruch als Obergrenze für die Berücksichtigung der Unterhaltszahlungen als Abzugsbetrag anknüpft, unterstellt er im Sinne einer verwaltungspraktischen Anwendbarkeit der SGB II-Vorschriften zur Einkommensberücksichtigung typisierend, dass ein nach Maßgabe der §§ 1601 ff BGB gegebener Unterhaltsanspruch auch in der festgelegten Höhe besteht.3. Titulierte Unterhaltszahlungen, die nicht auf einer gesetzlichen Verpflichtung beruhen, sind aber nicht als Absetzbeträge vom Einkommen zu berücksichtigen.4. Eine offensichtlich nicht bestehende Unterhaltspflicht ist nach Ansicht des erkennenden Senats z.B. dann gegeben, wenn eine gesetzliche Unterhaltspflicht schon nach Aktenlage, d.h. ausweislich der dem Leistungsträger im Verwaltungsverfahren zur Anspruchsprüfung vorliegenden Unterlagen nicht bestehen kann.

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 25. November 2014 wird zurückgewiesen.

Eine Kostenerstattung im Berufungsverfahren findet nicht statt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt höhere Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende für die Zeit vom 1. August bis zum 31. Dezember 2013; er wendet sich gegen die Anrechnung einer Betriebsrente als Einkommen.

Der am I. geborene Kläger bezog seit März 2010 Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende von dem Beklagten. Nach eigenen Angaben lebt er seit dem 1. Oktober 2009 von seiner Ehefrau, der Zeugin J., getrennt.

Der Kläger und seine Ehefrau hatten am 30. September 2009 eine privatschriftliche Trennungsvereinbarung abgeschlossen, nach der die Ehefrau (u.a.) die mit der Nutzung der bisherigen gemeinsamen Ehewohnung bestehenden vertraglichen Pflichten bzw. Belastungen übernimmt und an den Kläger durch gesonderten Untermietvertrag zwei Zimmer nur Nutzung vermietet. Darüber hinaus verpflichtete sich der Kläger zur Gewährung eines monatlichen Trennungsunterhalts i.H.v. mindestens 1.000,- Euro. Am 23. August 2010 schlossen der Kläger und seine Ehefrau eine notarielle Trennungsvereinbarung (Notar K., L., UR M.). In dieser heißt es u.a., dass die Trennungsvereinbarung vom 30. September 2009 seither umgesetzt werde. Darüber hinaus wurden in die notarielle Urkunde im Wesentlichen die privatschriftlichen Regelungen aufgenommen. Unter dem 15. März 2010 bestätigte die Ehefrau schriftlich, dass der Kläger von Oktober 2009 bis März 2010 den vereinbarten Unterhalt von monatlich 1.000,- Euro gezahlt habe.

Der Kläger bezieht seit 1. August 2010 eine Betriebsrente von der N. Lebensversicherungs-AG (seinerzeit 302,95 Euro abzüglich Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung KV/PV i.H.v. insgesamt 51,05 Euro), die nach seinen Angaben direkt an seine getrenntlebende Ehefrau als Unterhaltszahlung überwiesen werde.

Mit Bescheid vom 2. Juli 2013 bewilligte ihm der Beklagte für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2013 Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende, erstmals unter Anrechnung der Betriebsrente als Einkommen (257,59 Euro abzüglich der Versicherungspauschale i.H.v. 30,- Euro) ab dem 1. August 2013. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte durch Bescheid vom 24. Oktober 2013 zurück.

Der Kläger hat am 26. November 2013 Klage beim Sozialgericht (SG) Hannover erhoben.

Zur Begründung hat er geltend gemacht, dass die Anrechnung der Rente als Einkommen rechtswidrig sei, da diese zur Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung bzw. der notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung direkt an seine Ehefrau gehe. Auch bestehe Vertrauensschutz, da der Beklagte bis Ende Juli 2013 die Rente nicht als Einkommen angerechnet habe.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 25. November 2014 mit der Begründung abgewiesen, dass die behauptete Zahlung an die Ehefrau im streitgegenständlichen Zeitraum nicht nachgewiesen sei. Es könne damit im Ergebnis offenbleiben, ob die notarielle Trennungsvereinbarung vom 23. August 2010 im Hinblick auf die Unterhaltsvereinbarung unwirksam sei, wofür jedoch einiges spreche. So habe der Kläger bereits zum Zeitpunkt der Unterhaltsvereinbarung im Leistungsbezug gestanden. Er dürfe jedoch keine Unterhaltsverpflichtungen ohne Leistungsfähigkeit und damit zu Lasten der Allgemeinheit eingehen.

Gegen das ihm am 29. November 2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 22. Dezember 2014 beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachen-Bremen eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen, dass die Betriebsrente zur Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht an seine Ehefrau gezahlt werde und daher anrechnungsfrei sei.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 13. August 2015 hat der Kläger eine schriftliche Bestätigung seiner Ehefrau vom 10. August 2015 vorgelegt, ausweislich der er in der Zeit von Oktober 2009 bis März 2010 den vereinbarten Mindestunterhalt von monatlich 1.000,- Euro gezahlt habe. Seit August 2010 erhalte die Ehefrau anstatt des vereinbarten Mindestunterhalts nur noch ausschließlich die Brutto-Betriebsrente direkt von der N. Versicherungs-AG auf ihr Konto überwiesen. Von dort werde der jeweils anteilige Kranken- und Pflegekassenbeitrag von der O. -Betriebs-Krankenkasse monatlich abgebucht, so dass ihr nur die Netto-Betriebsrente von derzeit 263,55 Euro verbleibe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 25. November 2014 sowie den Bescheid des Beklagten vom 2. Juli 2013 und den Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2013 zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger für die Zeit vom 1. August bis zum 31. Dezember 2013 Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende ohne Anrechnung einer Betriebsrente zu gewähren.

Der Beklagte tritt dem Berufungsbegehren unter Bezugnahme auf das angegriffene Urteil des SG Hannover entgegen und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung am 17. April 2018 die Ehefrau des Klägers, Frau J., als Zeugin vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 17. April 2018 (Bl. 77 ff GA) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die von dem Beklagten als Verwaltungsvorgänge vorgelegten Unterlagen sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 17. April 2018 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die nach §§ 172, 173 SGG statthafte und zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat seine Klage zu Recht abgewiesen.

Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. August bis zum 31. Dezember 2013 (vgl. seine Erklärung zum Streitgegenstand in der mündlichen Verhandlung am 17. April 2018) keinen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach §§ 19 ff. i.V.m. §§ 7 ff. SGB II. Zwar erfüllte er die Grundvoraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld II (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II) hinsichtlich Alter, Erwerbsfähigkeit und des gewöhnlichen Aufenthaltes; ein Ausschlusstatbestand ist nicht festzustellen. Auch steht als Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme für den erkennenden Senat fest, dass der Kläger und seine Ehefrau getrennt lebten, so dass seine Hilfebedürftigkeit nicht im Hinblick auf das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft anzuzweifeln war (vgl. § 9 Abs. 2 SGB II).

Eine weitergehende Hilfebedürftigkeit nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. §§ 9, 11 SGB II als in der vom Beklagten festgestellten Höhe besteht jedoch nicht. Es ist nicht festzustellen, dass der Bedarf des Klägers fehlerhaft festgestellt worden ist, insbesondere nicht, dass der Beklagte darauf ein unzutreffend berechnetes zu berücksichtigendes Einkommen (§ 11 SGB II) \226 hier monatlich die Netto-Betriebsrente i.H.v. 257,59 Euro abzüglich der sog. Versicherungspauschale i.H.v. 30,- Euro (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V) - angerechnet hat. So hat der Kläger in diesem Umfang für den streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf einkommensmindernde Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen an seine von ihm getrenntlebende Ehefrau.

Nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 SGB II sind Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag vom Einkommen abzusetzen. Mit dieser Regelung soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die entsprechenden Mittel des Unterhaltsverpflichteten angesichts ihrer jederzeitigen Pfändbarkeit (vgl. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) nicht als bereite Mittel und damit nicht als Einkommen zur Verfügung stehen (vgl. BT-Drucks. 16/1410, S. 20 f. zu Art. 1 Nr. 9a). Die Regelung durchbricht den Grundsatz, dass der Hilfebedürftige nach dem SGB II sein Einkommen auch dann zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage für sich verwenden muss, wenn er sich dadurch außerstande setzt, anderweitig bestehende Verpflichtungen zu erfüllen (vgl. BSG, Urteil vom 19. September 2008 - B 14/7b AS 10/07 - Rn. 25). Dieser Abzug der titulierten und gezahlten Unterhaltsbeiträge erfolgt unabhängig von ihrer konkreten Pfändbarkeit (BSG, Urteil vom 9. November 2010 - B 4 AS 78/10 R -, Rn. 20).

Absetzbar nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 SGB II sind unterhaltsbezogene Aufwendungen aber nur, wenn sie tatsächlich erbracht worden sind, auf einer gesetzlichen Verpflichtung beruhen und die Unterhaltspflicht tituliert ist (BSG, Urteil vom 8. Februar 2017 - B 14 AS 22/16 R -, Rn 18; Urteil vom 9. November 2010 - B 4 AS 78/10 R -, Rn 13).

Es kann offenbleiben, inwieweit die notariell beurkundete Trennungsvereinbarung vom 23. August 2010 eine notariell beurkundete Unterhaltsvereinbarung i. S. d. § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 SGB II darstellt (zu Bedenken insoweit wegen des möglicherweise lediglich einseitig verpflichtenden Charakters als Schuldversprechen: Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 28. August 2017 \226 L 9 AS 228/17 B ER; zur Anerkennung von Jugendamtsurkunden nach §§ 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 60 Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) als Unterhaltstitel in diesem Sinne: BSG, Urteil vom 9. November 2010 - B 4 AS 78/10 R -, Rn. 14).

Denn titulierte Unterhaltszahlungen, die nicht auf einer gesetzlichen Verpflichtung beruhen, sind nicht als Absetzbeträge vom Einkommen zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 9. November 2010 - B 4 AS 78/10 R -, Rn. 15). Indem der Gesetzgeber für die Höhe des vom Einkommen abzusetzenden Unterhaltsbetrags an den in einem Unterhaltstitel festgesetzten Unterhaltsanspruch als Obergrenze für die Berücksichtigung der Unterhaltszahlungen als Abzugsbetrag anknüpft, unterstellt er im Sinne einer verwaltungspraktischen Anwendbarkeit der SGB II-Vorschriften zur Einkommensberücksichtigung zwar typisierend, dass ein nach Maßgabe der §§ 1601 ff BGB gegebener Unterhaltsanspruch auch in der festgelegten Höhe besteht. Deswegen bedarf es auch regelmäßig keiner eigenen Feststellungen des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende oder der Sozialgerichte zur Höhe des Unterhaltsanspruchs (BSG, Urteil vom 09. November 2010 \226 B 4 AS 78/10 R \226, Rn. 16; Urteil vom 8. Februar 2017 \226 B 14 AS 22/16 R, Rn. 20). Der Umstand, dass die Leistungsträger und die Sozialgerichte im Rahmen des § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 SGB II jedenfalls im Regelfall von der eigenständigen Ermittlung gesetzlicher Unterhaltsansprüche entlastet werden sollen, schließt jedoch eine Prüfung, ob die Aufwendungen der "Erfüllung gesetzlicher Unterhaltspflichten" dienen, nicht aus (vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2017 - B 14 AS 22/16 R -, Rn.20; im Urteil vom 09. November 2010 \226 B 4 AS 78/10 R \226 wohl noch offengelassen). Daraus folgt, dass in den Fällen, in denen eine gesetzliche Unterhaltspflicht offensichtlich nicht besteht, die SGB II-Träger und die Gerichte befugt sind, die Frage der gesetzlichen Unterhaltspflicht zu überprüfen (der Senat schließ sich insoweit dem Hessischen Landessozialgericht an, vgl. Beschluss vom 28. August 2017 \226 L 9 AS 228/17 B ER \226, Rn. 38; ebenso: Schmidt in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage 2017, § 11b Rn 29). Eine solche Offensichtlichkeit ist nach Ansicht des erkennenden Senats z.B. dann gegeben, wenn eine gesetzliche Unterhaltspflicht schon nach Aktenlage, d.h. ausweislich der dem Leistungsträger im Verwaltungsverfahren zur Anspruchsprüfung vorliegenden Unterlagen nicht bestehen kann.

In diesem Sinne ist vorliegend offensichtlich, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum keiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nach dem hier als Anspruchsgrundlage einzig infrage kommenden § 1361 BGB (Unterhalt bei Getrenntleben von Ehegatten) gegenüber seiner getrenntlebenden Ehefrau ausgesetzt war. Denn eine Unterhaltspflicht besteht grundsätzlich dann nicht, wenn der Verpflichtete nicht leistungsfähig ist. Die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten ist die Voraussetzung jeder Unterhaltspflicht (vgl. § 1603 Abs. 1 BGB für den Verwandtenunterhalt; vgl. für den ehelichen Unterhalt: Viefhues in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 1361 BGB, Rn. 429 m.w.N.). Dem Unterhaltsverpflichteten sollen grundsätzlich die Mittel verbleiben, die er zur angemessenen Deckung des seiner Lebensstellung entsprechenden allgemeinen Bedarfs benötigt (BGH, Urteil vom 8. Juni 2005 - XII ZR 75/04 -, Rn. 20). Die finanzielle Leistungsfähigkeit endet folglich dort, wo der Unterhaltspflichtige nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern (Mindestselbstbehalt - vgl. BVerfG, Urteil vom 20.08.2001 - 1 BvR 1509/97 - FamRZ 2001, 1685 f.; BGH, Urteil vom 15.03.2006 - XII ZR 30/04; vgl auch Viefhues, a.a.O., § 1361 BGB, Rn. 429 m.w.N.). Der Selbstbehalt hat nach der unterschiedlichen Schutzbedürftigkeit der Unterhaltsberechtigten eine unterschiedliche Höhe (vgl. Brudermüller in: Palandt, BGB, 76. Auflage 2017, § 1603 Rn. 14; vgl. auch die gesetzliche Wertung in § 1603 Abs. 1 einerseits und Abs 2 BGB andererseits). So beträgt nach der Düsseldorfer Tabelle der gegenüber dem getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten relevante Selbstbehalt (vgl. dazu BGH. Urteil vom 19.11.2008 - XII ZR 129/06; vgl auch Viefhues, a.a.O., Rn. 432) für das hier zu berücksichtigende Jahr 2013 1.100,00 Euro monatlich.

Damit liegt es auf der Hand, dass der Kläger gegenüber seiner Ehefrau im hier relevanten Zeitraum nicht unterhaltsverpflichtet war. Denn der maßgebliche Selbstbehalt wurde durch seine Einkünfte nicht einmal erreicht.

Er bezog unter Anrechnung der Betriebsrente von August bis Dezember 2013 monatliche SGB-II-Leistungen i.H.v. 564,41 Euro (vgl. den Bewilligungsbescheid vom 2. Juli 2013). Selbst ohne Anrechnung der Betriebsrente und bei zusätzlicher Addition des Netto-Betrages der Rente ergäben sich monatlich lediglich Einkünfte i.H.v. 1.049,59 Euro (792,- Euro + 257,59 Euro) und auch in diesem hypothetischen Fall keine Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber seiner Ehefrau. Einkünfte aus seiner selbständigen Tätigkeit hat der Kläger im relevanten Zeitraum nicht erzielt, für den Unterhalt einzusetzendes Vermögen war nicht vorhanden (vgl. dazu die Angaben im Weiterbewilligungsantrag vom 17. Mai 2013: nach der Anlage EK wurde eine selbständige Tätigkeit nicht ausgeübt; vgl. ferner die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 17. April 2018; zum Vermögen vgl. die Anlage VM vom 11.01.2013(Bl. 169 BA) i.V.m. der Angabe, dass Änderungen nicht eingetreten wären (Bl. 226 BA)).

Damit war die fehlende Leistungsfähigkeit des Klägers offensichtlich und damit auch das Nichtbestehen einer gesetzlichen Unterhaltspflicht. Somit war keine Anrechnungsfreiheit gegeben, so dass der Beklagte die Betriebsrente zu Recht als Einkommen angerechnet hat. Der Kläger kann dem auch nicht mit dem Argument fehlender bereiter Mittel entgegentreten. Er hatte jederzeit die Möglichkeit, einen dem Anrechnungsbetrag entsprechenden Geldbetrag (ggf. nach entsprechender Aufrechnungserklärung) von den an seine Ehefrau gezahlten Unterkunftskosten (vgl. seine Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat) einzubehalten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Zulassung der Revision ist erfolgt, da der Senat die Frage, unter welchen Voraussetzungen die SGB-II-Träger und die Gerichte die Frage der gesetzlichen Unterhaltspflicht im Rahmen des § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 SGB II überprüfen können, für grundsätzlich erachtet (vgl. § 160 Abs 2 SGG).