Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 29.05.2002, Az.: 6 A 181/02
Bescheidungsurteil; juristische Staatsprüfung; materielle Rechtskraft; Notenanhebung; Prüfung; Rechtskraft; Rechtskraftwirkung; Staatsprüfung; Umlaufverfahren
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 29.05.2002
- Aktenzeichen
- 6 A 181/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 43703
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 8 Abs 2 S 1 JAG ND
- § 113 Abs 5 S 2 VwGO
- § 121 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Der Prüfungsausschuss kann seine Entscheidung über eine Notenanhebung im Umlaufverfahren treffen.
2. Die Beurteilung des Prüfungsausschusses, ob die rechnerische Gesamtnote den Leistungsstand eines Prüfungskandidaten zutreffend wiedergibt, geht nicht vorrangig von den schriftlichen Prüfungsleistungen, sondern von dem in der mündlichen Prüfung gewonnenen Eindruck aus.
3. Die materielle Rechtskraft eines Bescheidungsurteils erfasst neben der Urteilsformel nur die Teile der Entscheidungsgründe, in denen die maßgebliche und damit die für den Beklagten verbindliche Rechtsauffassung des Gerichts dargestellt wird.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt eine erneute Entscheidung über das Ergebnis der von ihr bestandenen zweiten juristischen Staatsprüfung.
Die Klägerin bestand am 28.05.1999 vor dem Niedersächsischen Landesjustizprüfungsamt die zweite juristische Staatsprüfung mit der Gesamtnote befriedigend" (6,98 Punkte). Ihre Leistungen im Vorbereitungsdienst waren an den Arbeitsplätzen im Durchschnitt mit 13,1 Punkten und in den Arbeitsgemeinschaften im Durchschnitt mit 10,2 Punkten bewertet worden. In den Klausuren hatte die Klägerin 6, 7 1/2, 9, 11, 10, 4, 6 und 5 Punkte erzielt, dies entspricht einem Durchschnitt von 7,.3 Punkten. Der aus dem Gebiet des Zivilrechts entnommene Vortrag in der mündlichen Prüfung war mit 3 Punkten, die vier Prüfungsgespräche waren laut Prüfungsprotokoll mit 8, 6, 7 und 11 Punkten bewertet worden.
Die Klägerin erhob gegen den ihr über das Ergebnis der Staatsprüfung erteilten Bescheid Widerspruch und machte u.a. geltend, der Aktenvortrag sei zu Unrecht mit mangelhaft ( 3 Punkten) bewertet worden. Sie habe alle Probleme angesprochen und auch die ihr gestellten Fragen richtig beantwortet. In der Strafrechtsprüfung sei der Prüfer aufbrausend und ungeduldig gewesen, außerdem habe er keine präzisen Fragen gestellt. Ferner sei ihr die falsche Antwort einer Mitkandidatin zugerechnet worden. In der Nachbesprechung zur Prüfung im öffentlichen Recht sei beanstandet worden, dass sie die Regelungen der §§ 44, 45 SGB X nicht kenne, obwohl der Prüfer zu Beginn der Prüfung erwähnt habe, dass keinerlei Kenntnisse im Sozialrecht erwartet würden. Die Kommission habe auch nicht erkennbar erwogen, die Gesamtnote im Hinblick auf die im Vorbereitungsdienst gezeigten Leistungen anzuheben. Auch sei nicht erkennbar berücksichtigt worden, dass sie während des Vorbereitungsdienstes einen Ergänzungsstudiengang abgeschlossen habe.
Der Beklagte wies den Widerspruch nach Einholung einer Stellungnahme der Mitglieder des Prüfungsausschusses (Stellungnahme vom 29.07.1999) mit Widerspruchsbescheid vom 02.09.1999 als unbegründet zurück und führte dazu im wesentlichen aus, die Prüfungsentscheidung halte sich im Rahmen des den Prüfern zuzubilligenden Beurteilungsspielraumes.
Auf die dagegen erhobene Klage verpflichtete die Kammer den Beklagten mit Urteil vom 28.02.2001 (6 A 4586/99) über das Ergebnis der zweiten juristischen Staatsprüfung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Dazu heißt es im Wesentlichen, der Beklagte habe bislang nicht rechtsfehlerfrei über die Verbesserung der Gesamtnote entschieden. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Prüfungsausschuss diese ihm gesetzlich eingeräumte Ermächtigung erwogen und in seine Überlegungen eingestellt habe. Der Prüfungsausschuss habe sich nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin insbesondere auch überrascht davon gezeigt, dass sie einen Ergänzungsstudiengang abgeschlossen habe. Das auffällige Herausfallen der Vortragsnote (3 Punkte) biete Anlass, eine Abweichung von der rechnerisch festgestellten Gesamtnote zugunsten der Klägerin gründlich zu prüfen und eingehende Erwägungen zum tatsächlichen Leistungsstand der Klägerin anzustellen. Bereits dieser Rechtsfehler führe zur Aufhebung der ergangenen Prüfungsentscheidung und zur Verpflichtung des Beklagten, eine neue Entscheidung zu treffen.
Die Kammer weise allerdings vorsorglich auf einige Einzelheiten des Sachverhalts hin, die die Annahme weiterer Beurteilungsfehler begründen könnten. Der Prüfungsausschuss habe nicht der Behauptung der Klägerin widersprochen, ihr gegenüber, sei in der Nachbesprechung der Prüfung im öffentlichen Recht bemängelt worden, dass sie die Regelungen der §§ 44, 45 SGB X nicht gekannt habe, obwohl der Prüfer zu Beginn erwähnt habe, dass keinerlei Kenntnisse im Sozialrecht erwartet würden, und ihr in der Prüfung keine Möglichkeit gegeben worden sei, die Vorschriften selbst aufzusuchen. Es verstehe sich von selbst dass nicht gegebene Antworten einer Kandidatin, die einleitend als. nicht erforderlich bezeichnet und damit von der Prüfung ausgenommen worden seien, nachträglich nicht zu Ungunsten der Klägerin als fehlendes Wissen berücksichtigt werden könnten.
Der Prüfungsausschuss habe auch nicht ausreichend zu dem Vorbringen der Klägerin Stellung genommen, der Prüfungsausschuss habe darauf abgestellt, dass die von ihr beantworteten Fragen im Baurecht viel zu einfach gewesen seien, um eine bessere Benotung als befriedigend (7 Punkte) zu rechtfertigen. Ein Abstellen auf den Schwierigkeitsgrad einzelner Prüfungsfragen mache eine Gewichtung der zutreffenden Antworten der Kandidatin im Verhältnis zu den unzutreffenden erforderlich.
Der Prüfungsausschuss habe außerdem nicht der Behauptung der Klägerin widersprochen, ihr sei bei der Nachbesprechung zur Last gelegt worden, sie habe auf die Frage nach der Stellung der Staatsanwaltschaft innerhalb der Rechtspflege geantwortet, dass die Staatsanwaltschaft unabhängig sei, obwohl die Mitkandidatin H. bereits während der Prüfung gegenüber dem Prüfer I. zugegeben habe, dass sie es gewesen sei, die die fragliche Antwort gegeben habe. Dies deute daraufhin, dass die Bewertung der Teilleistungen der Klägerin im strafrechtlichen Prüfungsgespräch möglicherweise auf einer in diesem Punkt unzutreffenden Tatsachengrundlage beruhe und deshalb wiederholt werden müsse.
Die Kammer habe demgegenüber nicht feststellen können, dass dem Prüfungsausschuss im tatsächlichen Ablauf der mündlichen Prüfung Verfahrensfehler unterlaufen seien, die sich auf die Prüfungsleistungen der Klägerin ausgewirkt hätten und die sich nur durch eine Wiederholung der Prüfung ausgleichen ließen. Dies betreffe insbesondere die behauptete Unbeherrschtheit des Strafrechtsprüfers, die fehlende Gelegenheit, eigenes Wissen darzulegen, die angeblich ungeeigneten Fragestellungen und die Dauer des Prüfungsgesprächs im Fach Zivilrecht.
Gegen dieses Urteil wurden keine Rechtsmittel eingelegt.
Der Beklagte übersandte nach Rechtskraft des Urteils dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses ( VizePräsLG Dr. J. in K.) mit Schreiben vom 07.05.2001 das Urteil der Kammer vom 28.02.2001, und bat ihn, eine Entscheidung über die Verbesserung der Gesamtnote herbeizuführen. Am 05.06./14.06.2001 billigten die Mitglieder des, Prüfungsausschusses ( VizePräsLG Dr. J., VRiVG L., MR Dr. M., RA Dr. I.) im Umlaufverfahren eine vom Vorsitzenden verfasste Stellungnahme, die folgenden Wortlaut hat:
„1. Die Vermutung, der Prüfungsausschuss habe Erwägungen zu § 8 Abs. 2 NJAVO bei Bewertung der Prüfungsleistung der Kandidatin A. B. nicht angestellt, trifft nicht zu. Der Prüfungsausschuss hat bei allen, Kandidaten/innen der Prüfung vom 28.05.1999, die maßgeblichen Erwägungen angestellt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Abweichung von der Gesamtpunktzahl nicht gerechtfertigt war.
Wie ausführlich dieses Ergebnis der Kandidatin B. mitgeteilt worden ist, kann nicht mehr nachvollzogen werden.
Wenn auf Bl. 3 im Abschnitt E des Prüfungsprotokolls die Leerzeile mit dem Zeichen ./. versehen ist, heißt dies nicht, entsprechende Erwägungen seien nicht angestellt. Die Eintragung in der Spalte bedeutet, dass im Ergebnis keine Abweichung vorgenommen werden sollte.
2. Die Prüfungskommission bewertet unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts die Prüfungsgesamtnote der Kandidatin A. B. erneut mit befriedigend (6,98 Punkte).
Die Prüfungskommission sieht erneut nach dem Gesamteindruck aller Prüfungsleistungen bei einer Würdigung aller Umstände keinen hinreichenden Anlaß, eine abweichende Punktzahl festzusetzen, weil der Leistungsstand der Kandidatin dadurch nicht besser gekennzeichnet wird.
Die Ausbildungs- und Personalakten der Kandidatin liegen vor und sind mit ausgewertet. Das gilt auch für die Tatsache des Ergänzungsstudiums und dessen Ergebnis.
Die Prüfungskommission verkennt nicht, dass die Klausuren einen Schnitt von 7,31 aufweisen und die mündlichen Prüfungsleistungen (mit Ausnahme des Vortrages) einen Schnitt von 8 Punkten. Allerdings sind vier der Klausuren in der Zensurenstufe ausreichend". Die Ausbildungsnoten der AG-Leiter und die am Arbeitsplatz erzielten Ergebnisse lagen in der Prüfung und liegen erneut allen Mitprüfern vor und sind in die Erwägungen eingegangen. Es ist eine bekannte Tatsache, dass der Schnitt der Ausbildungsnoten deutlich von den Examensnoten abweicht.
Die Kommission berücksichtigt darüber hinaus, dass die Vortragsleistung mit mangelhaft (3 Punkte) im Vergleich zu anderen Prüfungsleistungen deutlich schlechter ausgefallen ist. Mit 6,98 Punkten und damit deutlich in der Nähe von 7 Punkten war aber damals wie heute der Leistungsstand der Kandidatin bei einer Gesamtwürdigung der Prüfungsleistungen nicht so gekennzeichnet, dass 'eine Korrektur geschehen müsste. Die Prüfungsgesamtnote ergibt kein atypisches Leistungsbild.
3. Der Vorsitzende hat in einer Prüfungspause oder kurz vor der Prüfung den Mitprüfern über alle Kandidaten/innen eine zusammengefasste Darstellung des Werdeganges, der Studienleistung (erstes Staatsexamen), besondere Interessen, berufliche Wünsche oder besondere Fähigkeiten gegeben. Da nicht alle Kommissionsmitglieder konkrete Erinnerungen an diesen Teil der wiedergegebenen Informationen haben werden, sei auf die ergänzende Stellungnahme des Vorsitzenden verwiesen.“
Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses verfasste unter dem 05.06.2001 eine ergänzende Stellungnahme, in der folgendes ausgeführt wird:
Soweit das Verwaltungsgericht seine Vermutung (S. 8 1. Absatz der Entscheidungsgründe) darauf stützt, bestimmten Vorbringen der Klägerin sei nicht ausdrücklich entgegengetreten, erkläre ich folgendes:
Die Ausbildungs- und Personalakten der Klägerin haben vorgelegen. Manche Punkte sind mit der Klägerin in einem Vorgespräch erörtert und den Mitprüfern entweder vor der Prüfung oder in einer Prüfungspause erläutert. Ganz sicher werde ich das Ergebnis des ersten Staatsexamens mitgeteilt haben, wobei heute nicht mehr erinnerlich ist, ob ich auch die Absolvierung eines Ergänzungsstudienganges hervorgehoben habe. Nach einer handschriftlichen Notiz werde ich erwähnt haben, dass die Kandidatin die X. Business School besucht hat, dass sie der European Lau [mit Schreiben des Vorsitzenden vom 20.10.2001 korrigiert in Law] Students association angehörte und deren Seminare besucht hat, dass sie Korrekturassistentin an der Universität war und eine Dissertation zu schreiben vorhatte. Ich werde ihre außerjuristischen Betätigungsfelder (Betreuung von Kindergruppen, Übungsleiterin) und ihre Sprachkenntnisse in Englisch und Dänisch erwähnt haben. Diese Informationen sind teils aus den Personalakten gewonnen und teils Ergebnisse des Vorgesprächs (Vorstellungstermin) mit der Kandidatin."
Mit Bescheid vom 22.06.2001 teilte der Beklagte der Klägerin unter Hinweis auf diese, Stellungnahmen mit, dass der Prüfungsausschuss die Prüfungsgesamtnote erneut auf befriedigend (6,98 Punkte) festgesetzt habe.
Die Klägerin erhob dagegen Widerspruch und beantragte beim Verwaltungsgericht die Vollstreckung aus dem Urteil vom 28.02.2001. Sie machte dazu in weitgehender Übereinstimmung mit ihrem Widerspruchsvorbringen geltend, der Prüfungsausschuss habe nicht im Umlaufverfahren über die Notenverbesserung entscheiden dürfen. Er habe entgegen den Vorgaben des Verwaltungsgerichts im Urteil vom 28.02.2001 auch nicht die Voraussetzungen für eine Notenverbesserung sorgfältig und umfassend geprüft. Die mit mangelhaft bewertete Vortragsleistung dürfe nicht in die Abwägung einbezogen werden. Dieser offensichtliche Ausrutscher sei gerade die Voraussetzung für die Anwendung der Abweichungsregelung. Der Prüfungsausschuss habe nicht beachtet, dass die Leistungen im Vorbereitungsdienst auch dann zu berücksichtigen, seien, wenn man davon ausgehe, dass Ausbildungsnoten deutlich besser ausfielen als die Prüfungsnoten. Unberücksichtigt sei auch geblieben, dass die Endnote 6,98 Punkte typischerweise von solchen Prüflingen erzielt werde, die im schriftlichen Prüfungsteil mit "ausreichend" benotet worden seien. Die Klägerin habe in den schriftlichen Prüfungsleistungen im Durchschnitt befriedigende Leistungen erbracht. Der Prüfungsausschuss habe auch isoliert die vier mit ausreichend bewerteten Klausuren berücksichtigt. Die mit befriedigend und vollbefriedigend bewerteten Klausuren seien demgegenüber nicht erwähnt worden. Auch die mit einem Notendurchschnitt von 8 Punkten bewerteten Teilleistungen der mündlichen Prüfung seien nicht hinreichend in die Abwägung eingestellt worden. Der Prüfungsausschuss habe auch nicht deutlich gemacht, in weicher Form er die aus den Ausbildungs- und Personalakten der Klägerin gewonnenen Erkenntnisse berücksichtigt habe. Der Prüfungsausschuss habe sich auch nicht mit den Ergebnissen der mündlichen Teilleistungen aus dem Strafrecht und dem öffentlichen Recht auseinandergesetzt. Die Kammer habe den Beklagten auch insoweit zu einer erneuten Entscheidung verpflichtet.
Die Kammer lehnte den Antrag mit Beschluss vom 15.08.2001 (6 D 2874/01) ab und führte dazu im Wesentlichen aus, dass tragender Grund der Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung die fehlende bzw. unzureichende Befassung des Prüfungsausschusses mit der Vorschrift gewesen sei, die eine Verbesserung der rechnerisch ermittelten Gesamtnote zulasse. Der Prüfungsausschuss habe nunmehr auch erkennbar die Ausbildung und den Werdegang der Klägerin zur Kenntnis genommen und in seiner Stellungnahme vom 05.06.2001 auch hinreichend deutlich, dargelegt, weshalb er bei seiner ursprünglichen Entscheidung, geblieben sei. Ob der Beklagte den Hinweisen der Kammer auf mögliche Prüfungsfehler in den Fächern Strafrecht und öffentliches Recht nachzugehen habe, sei im Vollstreckungsverfahren nicht zu klären. Die Hinweise der Kammer hätten die Entscheidung nicht getragen und würden deshalb an der Bindungswirkung des Urteils nicht teilnehmen. Die Klägerin legte gegen diesen Beschluss kein Rechtsmittel ein.
Der Beklagte befasste den Prüfungsausschuss mit dem Widerspruchsvorbringen der Klägerin. Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses erstellte daraufhin unter dem 20.10.2001 eine Stellungnahme, die bis zum 29.10.2001 von den anderen Mitgliedern des Prüfungsausschusses im Umlaufverfahren schriftlich gebilligt wurde. In dieser Stellungnahme heißt es:
„Die Stellungnahme der Kommission vom 05.06.2001 wird im Ergebnis und in der Begründung aufrechterhalten.
Zu den Einwendungen im Einzelnen:
Zu 1:
Die Kommission hält das Umlaufverfahren für sachgerecht und wiederholt, dass es sich um eine erneute Prüfungsentscheidung unter Beachtung der Ausführungen des Urteils des Verwaltungsgerichts gehandelt hat, wobei alle Prüfungsleistungen und die Unterlagen über Leistungen im Vorbereitungsdienst ausgewertet sind.
Zu 2:
Die Voraussetzungen einer Anwendung der Abweichensregelung sind erneut geprüft und abgewogen worden.
Die Kommission hat in einem ersten Schritt aus den Einzelnoten eine Gesamtnote gebildet und danach in einem weiteren Schritt erörtert und beurteilt, ob die so ermittelte Gesamtnote nach dem gewonnenen Gesamteindruck den Leistungsstand der Kandidatin zutreffend wiedergibt. Dazu wird auf die Stellungnahme vom 5. Juni 2001 verwiesen.
Zu a):
Die Kommission hat die Vortragsnote nicht doppelt gewichtet, sondern im Gegenteil kenntlich gemacht und berücksichtigt, dass sie im Vergleich zu anderen Prüfungsleistungen deutlich schlechter ausgefallen ist. Anders ausgedrückt: Die sonstigen Leistungen, waren teils deutlich besser. Im übrigen ist das ganze Spektrum der Noten ausgewertet und gewürdigt worden.
Zu b):
Die Ausbildungsnoten sind berücksichtigt, also auch die guten Ausbildungsnoten" in die Erwägungen eingeflossen. Die angeführten statistischen Erörterungen sind nicht entscheidend, wenn sie überhaupt zutreffend sind.
Zu c):
Sämtliche schriftlichen Leistungen der Kandidatin sind in die Gesamtwürdigung einbezogen. Das gilt auch für die mündlichen Teilleistungen.
Zu d):
Die Kommission hat den Inhalt der Ausbildungs- und Personalakten in die Gesamtwürdigung einbezogen.
Zu 3:
Die Kommission verweist auf die Stellungnahme vom 29.07.1999. Nach so langer Zeit lässt sich nicht jede Frage oder Antwort in Erinnerung rufen, die am Tage der Prüfung ausgetauscht wurden. Die Kandidatin hat im Anschluss an die mündliche Prüfung eine ausführliche Begründung erhalten und ihr in keinem Punkt widersprochen oder nachgefragt. Es trifft nicht zu, dass in der öffentlich-rechtlichen Prüfung Antworten als nicht erforderlich bezeichnet worden sind, die anschließend zu ihren Ungunsten als fehlendes Wissen berücksichtigt worden sind. Ein solches Vorgehen wäre Kommissionsmitgliedern aufgefallen.
Aus denselben Erwägungen sind auch nicht Antworten zu Lasten der Kandidatin bewertet worden, die von ihr nicht abgegeben worden sind. Die Kommission ist von einer zutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen.“
Der Beklagte wies daraufhin den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 18.12. 2001 - zugestellt am 28.12.2001 - als unbegründet zurück. Dazu heißt es unter Bezugnahme auf die. Stellungnahme des Prüfungsausschusses vom 20.10.2001, dass die Entscheidung des Prüfungsausschusses, einen sog. Zusatzpunkt nicht zu vergeben, keine Rechtsfehler erkennen lasse. Der Prüfungsausschuss habe im Umlaufverfahren entscheiden dürfen, ein erneutes Zusammentreten des Prüfungsausschusses sei für diese Entscheidung nicht erforderlich gewesen. Ob die rechnerisch ermittelte Gesamtnote anzuheben sei, sei eine im Beurteilungsspielraum des Prüfungsausschusses liegende Entscheidung. Die Prüfungsleistungen der Klägerin von mangelhaft (3 Punkte) bis vollbefriedigend (11 Punkte) deckten das gesamte mittlere Notenspektrum ab. Dass den Prüfungsleistungen (1 x mangelhaft/ 5 x ausreichend/ 4 x befriedigend/ 3 x vollbefriedigend) ein höheres Gewicht als den Ausbildungsleistungen zugemessen worden sei, könne nicht beanstandet werden. Angesichts des Ausnahmecharakters der Vorschrift, die zur Abweichung von der rechnerisch ermittelten Gesamtnote ermächtige, rechtfertigten bessere Ausbildungsnoten - die Ausbildungsnoten lägen regelmäßig 1 1/2 Notenstufen über den Prüfungsnoten - für sich alleine nicht die Anhebung der Gesamtnote.
Die Klägerin hat am 13.01.2002 Klage erhoben. Sie wiederholt zur Begründung ihr Widerspruchsvorbringen und macht insbesondere geltend, der Prüfungsausschuss habe sich , immer noch nicht ausreichend mit der Möglichkeit einer Notenverbesserung befasst. Auch den Hinweisen der Kammer auf mögliche Mängel bei der Durchführung der mündlichen Prüfung in den Fächern Strafrecht und öffentliches Recht sei nicht nachgegangen worden.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, über das Ergebnis ihrer mündlichen Prüfung vom 28. Mai 1999 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts erneut zu entscheiden und die Entscheidung des Prüfungsausschusses des Beklagten vom 22.06.2001 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 18.12.2001 aufzuheben, soweit diese der Verpflichtung des Beklagten entgegenstehen.
Der Beklagte, beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf die angefochtenen Bescheide vom 22.06.2001 und vom 18.12.2001.
Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten 6 A 181/02, 6 A 4586/99 sowie 6 D 2874/01 und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (2 Bände) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine erneute Entscheidung über das Ergebnis der von ihr am 28.05.1999 bestandenen zweiten juristischen Staatsprüfung. Der Bescheid des Beklagten vom 22.06.2001, mit dem die Prüfungsgesamtnote erneut auf befriedigend (6,98 Punkte) festgesetzt worden ist, und sein Widerspruchsbescheid vom 18.12.2001 lassen Rechtsfehler zu Lasten der Klägerin nicht erkennen.
Die nunmehr ausdrücklich getroffene und begründete Entscheidung des Prüfungsausschusses, die rechnerisch ermittelte Punktzahl der Prüfungsgesamtnote von 6,98 Punkten nicht zu Gunsten der Klägerin anzuheben, ist nicht zu beanstanden. Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 NJAVO, der mit § 5 d Abs. 4 Satz 1 DRiG inhaltlich übereinstimmt, kann der Prüfungsausschuss nach pflichtgemäßem Ermessen von der nach § 8 Abs. 1 NJAVO errechneten Punktzahl bis zu einem Punkt abweichen, wenn dies auf Grund des Gesamteindrucks aller Prüfungsleistungen den Leistungsstand des Prüflings besser kennzeichnet und die Abweichung auf das Bestehen keinen Einfluß hat.
Die Entscheidung des Prüfungsausschusses ist verfahrensfehlerfrei ergangen. Der Prüfungsausschuss hat seine Entscheidung insbesondere im sog. Umlaufverfahren treffen dürfen. Die Vorschriften des NJAG und der NJAVO bestimmen nicht, dass diese Entscheidung die persönliche Anwesenheit aller Prüfer voraussetzt. Die Prüfer sind zwar persönlich anwesend, wenn der Prüfungsausschuss im Anschluss an die mündliche Prüfung auch über die Anhebung der rechnerisch ermittelten Gesamtnote entscheidet (vgl. § 13 Abs. 3 Satz 1 NJAG). Die. persönliche Anwesenheit aller Prüfer ist aber regelmäßig nicht erforderlich, wenn eine solche Entscheidung isoliert zu treffen ist. Das BVerwG (Urt. v. 16.04.1997, NJW 1998, 323, 327 [BVerwG 16.04.1997 - BVerwG 6 C 9/95]) hat bereits entschieden, dass im verwaltungsinternen Kontrollverfahren über die vom Kandidaten erhobenen Bedenken gegen die Bewertung von Prüfungsleistungen regelmäßig auch im Umlaufverfahren entschieden werden kann, wenn - wie auch hier - gesetzlich nichts anderes geregelt ist. Ein erneutes Zusammentreten des Prüfungsausschusses ist nach dieser Entscheidung nur geboten, wenn dies für eine tatsächlich wirkungsvolle Überprüfung der Entscheidung erforderlich ist. Das Vorbringen der Klägerin bietet für eine derartige Annahme keine Anhaltspunkte. Dafür ist auch ansonsten nichts ersichtlich. Die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 NJAVO zu treffende Entscheidung beruht auf dem Gesamteindruck aller Prüfungsleistungen des Kandidaten. Die Mitglieder des Prüfungsausschusses sind an der Bewertung der schriftlichen Prüfungsleistungen und der Leistungen im Vorbereitungsdienst, die nach § 8 Abs. 2 Satz 2 NJAVO in der zweiten Staatsprüfung zu berücksichtigen sind, in aller Regel nicht beteiligt gewesen. Sie können insoweit nur auf schriftliche Unterlagen zurückgreifen. Der in der mündlichen Prüfung von dem Kandidaten gewonnene Eindruck kann zwar bei der Gesamtwürdigung auch eine Rolle spielen, maßgebend sind aber letztlich die in der mündlichen Prüfung gezeigten Leistungen, deren Bewertung im Protokoll festgehalten wird. Dies rechtfertigt die Annahme, dass ein erneutes Zusammentreten des Prüfungsausschusses für eine Entscheidung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 NJAVO regelmäßig nicht geboten ist. Die vom Vorsitzenden beteiligten Mitprüfer haben auch keine Einwände gegen eine Entscheidung im Umlaufverfahren erhoben, sondern der vom Vorsitzenden verfassten Stellungnahme ausdrücklich zugestimmt. Dass ein erneutes Zusammentreten des Prüfungsausschusses dennoch zwingend geboten gewesen ist, hat auch die Klägerin nicht dargelegt.
Das Vorbringen der Klägerin zeigt auch nicht auf, dass ein Mitglied des Prüfungsausschusses befangen gewesen ist. Die in der Stellungnahme des Vorsitzenden vom 05.06.2001 enthaltene Formulierung Lau Students" beruht auf einem erkennbaren Schreibfehler und ist vom Vorsitzenden in seinem Schreiben vom 20.10.2001 auch entsprechend korrigiert worden. Die Vermutungen der Klägerin auf S. 6 der Widerspruchsbegründung vom 22.07.2001 hinsichtlich einer möglichen Befangenheit des Vorsitzenden sind nicht weiter vertieft worden. Greifbare Anhaltspunkte für eine mögliche Befangenheit des Vorsitzenden bietet die mittlerweile korrigierte Formulierung im Schreiben vom 05.06.2001 nicht.
Die Entscheidung des Prüfungsausschusses lässt auch inhaltlich keine Rechtsfehler erkennen.
Das BVerwG hat zu der früher in den §§ 5 d Abs. 3 DRiG und 72 Abs. 3 NJAO (1982) inhaltsgleich enthaltenen Ermächtigung entschieden, dass auf die Einschätzung, ob und in welchem Umfang eine Abweichung von der rechnerisch ermittelten Gesamtnote den Leistungsstand des Kandidaten besser kennzeichnet, die gleichen Maßstäbe wie bei der Beurteilung von einzelnen Prüfungsleistungen anzuwenden sind, und den Prüfungsausschüssen auch insoweit einen Wertungsspielraum zugebilligt (Urt. v. 12.07.1995, BVerwGE 99, 74, 76ff). Dieser Rechtsprechung hat sich die Kammer bereits wiederholt auch zu der hier anwendbaren Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 1 NJAVO angeschlossen (Urt. v. 19.04.2002, 6 A 1629/01; Urt. v. 28.02.2001, 6 A 4586/99). Die Maßstäbe für die Beurteilung der Frage, ob die rechnerisch ermittelte Gesamtnote den Leistungsstand des Kandidaten unrichtig kennzeichnet, sind vorrangig den Festlegungen der jeweiligen Prüfungsordnung zu entnehmen, was insbesondere für die in der Prüfungsordnung vorgeschriebene Gewichtung der Noten für die erbrachten Einzelleistungen sowohl in ihrem Verhältnis zueinander als auch hinsichtlich ihres Anteils an der Gesamtnote gilt.
Der Prüfungsausschuss hat deshalb bei seiner Annahme, der Leistungsstand der Klägerin sei mit der rechnerisch ermittelten Gesamtnote befriedigend (6,98 Punkte) hinreichend gekennzeichnet, darauf abstellen dürfen, dass 4 von 8 Klausuren der Klägerin mit ausreichend (4, 5, 2x 6 Punkte) bewertet worden sind. Die Bewertungen der acht schriftlichen Aufsichtsarbeiten gehen mit insgesamt 60 % (jeweils 7,5 %; § 9 Abs. 1 Nr. 1 NJAG) in die Gesamtnote ein und bilden damit den maßgeblichen Schwerpunkt für die Gesamtnote. Der Durchschnitt der schriftlichen Prüfungsleistungen weist mit 7,31 Punkten ebenso wie der Durchschnitt der Prüfungsgespräche (8 Punkte) auf einen Leistungsstand im Bereich der Note befriedigend" hin, wobei die Durchschnittsnote der schriftlichen Prüfungsleistungen eher im unteren Bereich dieser Notenstufe anzusiedeln ist. Dass die Klägerin lediglich eine knapp unter 7 Punkte liegende Gesamtnote im Bereich der Notenstufe befriedigend (vgl. § 2 Abs. 2 der VO vom 03.12.1981, BGBl I S. 1243) erzielt hat, beruht auf der mit mangelhaft (3 Punkte) bewerteten Vortragsleistung. Dieses Herausfallen einer einzelnen Prüfungsleistung aus dem Gesamtbild kann zwar eine Abweichung der rechnerisch ermittelten Gesamtnote zu Gunsten der Kandidatin rechtfertigen, maßgebend ist aber nach dem eindeutigen Wortlaut des § 8 Abs. 2 Satz 1 NJAVO der aus allen Prüfungsleistungen gewonnene Gesamteindruck. Der Prüfungsausschuss hat nunmehr hinreichend dargelegt, dass der aus allen Prüfungsleistungen einschließlich der Vortragsleistung gewonnene Gesamteindruck des Leistungsstandes der Klägerin mit der Note befriedigend (6,98 Punkte) hinreichend gekennzeichnet ist.
Der Prüfungsausschuss hat nunmehr auch den Ausbildungs- und Werdegang der Klägerin, insbesondere das abgeschlossene Ergänzungsstudium, ausdrücklich zur Kenntnis genommen. Dies zeigen die Stellungnahmen des Prüfungsausschusses und des Vorsitzenden vom 05.06.2001 deutlich. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass sich daraus Umstände ergeben" die eine Anhebung der Gesamtnote nach § 8 Abs. 2 Satz 1 NJAVO nahe legen oder gar gebieten.
Die deutlich besseren Leistungen der Klägerin im Vorbereitungsdienst (Arbeitsplatz durchschnittlich 13,1 Punkte/ Arbeitsgemeinschaft durchschnittlich 10, 2 Punkte) gebieten eine Anhebung der rechnerisch ermittelten Prüfungsgesamtnote ebenfalls nicht. Nach § 8 Abs. 2 Satz 2 NJAVO sind in der zweiten Staatsprüfung auch die Leistungen im Vorbereitungsdienst zu berücksichtigen. Der Prüfungsausschuss hat in diesem Zusammenhang in Erwägung ziehen dürfen, dass die Ausbildungsnoten regelmäßig deutlich über den Prüfungsnoten liegen und eine alleine darauf beruhende Anhebung der Prüfungsgesamtnote mit dem Ausnahmecharakter des § 8 Abs. 2 NJAVO nicht vereinbar ist und im Ergebnis auch mit Sinn und Zweck des § 5 d Abs. 4 Satz 4 DRiG, der eine rechnerisch ermittelte Anrechnung von im Vorbereitungsdienst erteilten Noten auf die Prüfungsgesamtnote ausschließt, nicht in Einklang steht. Die Kammer hat deshalb auch einem erheblichen Missverhältnis zwischen Prüfungsleistungen und Leistungen im Vorbereitungsdienst keine zwingende Bedeutung für eine Anhebung der Prüfungsgesamtnote beigemessen (vgl. Urt. der Kammer v. 19.04.2002, 6 A 1629/01).
Die Entscheidung des Prüfungsausschusses, die rechnerisch ermittelte Gesamtnote nicht anzuheben, lässt mithin keine Rechtsfehler erkennen. Der Beklagte ist auch nicht verpflichtet gewesen, die Klägerin in den Fächern öffentliches Recht und Strafrecht erneut mündlich zu prüfen. Die Kammer hat in ihrem Urteil vom 28.02.2001 (6 A 4586/99) eine derartige Verpflichtung des Beklagten nicht ausgesprochen.
Die materielle Rechtskraft (§ 121 Nr. 1 VwGO) eines Bescheidungsurteils erfasst regelmäßig nicht nur die Urteilsformel, sondern auch die Teile der Entscheidungsgründe, in denen die maßgebliche und damit die für den Beklagten verbindliche Rechtsauffassung des Gerichts dargestellt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.01.1995, NJW 1996, 737; Beschl. v. 22.04.1.987, Buchholz 310 § 121 VwG0 Nr. 54; Urt. v. 03.12.1981, DVBI 1982, 447). Die Kammer hat den Beklagten zur erneuten Entscheidung über das Ergebnis der zweiten Staatsprüfung der Klägerin verpflichtet, weil der Prüfungsausschuss nicht rechtsfehlerfrei über eine Anhebung der, rechnerisch ermittelten Gesamtnote befunden hat. Nur dieser Teil der Entscheidungsgründe ist in Rechtskraft erwachsen und hat den Beklagten nach 121 Nr. 1 VwG0 bei seiner erneuten Entscheidung gebunden. Die weiteren Ausführungen der Kammer auf Seite 9 des Urteils vom 28.02.2001 zu möglichen Beurteilungsfehlern bezüglich der Prüfungsgespräche im öffentlichen Recht und im Strafrecht haben die Entscheidung nicht getragen und sind deshalb vom Beklagten nicht nach § 121 Nr. 1 VwG0 zu beachten gewesen. Diese Ausführungen beruhen auf einem zum damaligen Zeitpunkt nicht bestrittenen Sachvortrag der Klägerin und bezeichnen keine festgestellten, sondern nur mögliche Rechtsfehler, auf die ausdrücklich auch nur vorsorglich hingewiesen worden ist. Die Kammer hat bereits in ihrem Beschluss vom 15.08.2001 (6 D 2874/01) diese Ausführungen als nicht entscheidungstragend und deshalb auch nicht von der Bindungswirkung nach § 121 Nr. 1 VwGO umfasst bezeichnet. Daran ist auch nach erneuter Prüfung festzuhalten. Die Ausführungen der Kammer zu möglichen Fehlern bei der Beurteilung der mündlichen Leistung der Klägerin in den Fächern Strafrecht und öffentliches Recht haben deshalb den Beklagten nicht kraft gerichtlicher Entscheidung bei dem Erlass eines neuen Bescheides gebunden. Die Klägerin hätte deshalb angesichts der Fassung der Entscheidungsgründe Rechtsmittel gegen das Urteil der Kammer vom 28.02.2001 einlegen müssen, wenn sie die verbindliche Feststellung von Bewertungsfehlern bei der mündlichen Prüfung in den Fächern Strafrecht und öffentliches Recht und eine Verpflichtung des Beklagten zur Durchführung einer neuen mündlichen Prüfung in diesen Fächern hätte erreichen wollen. Das BVerwG (Urt. v. 27.01.1995, NJW 1996, 737; Beschl. v. 22.04.1987, Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 54; Urt. v. 03.12.1981, DVBl. 1982, 447) hat ,bereits wiederholt entschieden, dass ein einem Bescheidungsantrag stattgebendes Bescheidungsurteil den Kläger beschwert, wenn sich die vom Gericht für verbindlich erklärte Rechtsauffassung nicht mit seiner eigenen deckt und bei Anwendung der Rechtsauffassung des Gerichts durch den Beklagten eher mit einem ihm ungünstigen Ergebnis zu rechnen ist als bei Anwendung seiner eigenen Rechtsauffassung (ebenso Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, § 113 VwGO Rn. 75).
Nur ergänzend ist, darauf. hinzuweisen, dass der Prüfungsausschuss sich nunmehr auch mit dem Vorbringen der Klägerin zu den Prüfungsgesprächen im öffentlichen Recht und im Strafrecht befasst hat. Er hat in seiner Stellungnahme vom 20.10.2001 ausdrücklich erklärt, dass er ihr weder eine falsche Antwort einer Mitkandidatin noch fehlendes, nicht für notwendig erklärtes Wissen zugerechnet hat. Dazu hat die Klägerin keine Stellungnahme abgegeben. Der Prüfungsausschuss hat im Übrigen ergänzend auf seine Stellungnahme vom 29.07.1999 (Bl. 46 50 der GA 6 A 4586/99) verwiesen. In dieser Stellungnahme wird zur Strafrechtsprüfung u.ä. ausgeführt, die Klägerin habe die Rolle der Staatsanwaltschaft unklar und wenig sinnvoll gekennzeichnet. Für die Annahme, dass der Klägerin in diesem Zusammenhang eine falsche Antwort der Mitkandidatin H. zugerechnet worden sein soll, bietet diese Stellungnahme keine Anhaltspunkte. Hinsichtlich der Prüfung im öffentlichen Recht wird in der Stellungnahme vom 29.07.1999 zwar erwähnt, dass der Prüfer zu Beginn erklärt habe, er verlange keine Spezialkenntnisse im Sozialrecht. Dass Spezialkenntnisse im Sozialrecht tatsächlich verlangt wurden, lässt die Stellungnahme nicht erkennen. Der Rechtsbegriff "grobe Fahrlässigkeit, bei dessen Definition die Klägerin große Schwierigkeiten gehabt haben soll, ist nicht nur im Sozialrecht von Bedeutung, sondern auch sonst im öffentlichen Recht (z.B. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG) und im Übrigen auch im BGB (z.B. § 277 BGB).
Die Entscheidung des Prüfungsausschusses lässt mithin keine Rechtsfehler erkennen, so dass die gegen die Bescheide des Beklagten vom 22.06.2001 und vom 18.12.2001 gerichtete Klage abzuweisen gewesen ist.