Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 22.03.2006, Az.: 12 A 4948/04

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
22.03.2006
Aktenzeichen
12 A 4948/04
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 44501
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2006:0322.12A4948.04.0A

In der Verwaltungsrechtssache

...

hat das Verwaltungsgericht Hannover - 12. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 22. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Behrens, die Richter am Verwaltungsgericht Gonschior und Schulz-Wenzel sowie die ehrenamtlichen Richter G. und H. für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die erstattungsfähig sind.

  3. Die Entscheidung über die Kosten ist vorläufig vollstreckbar.

  4. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass ein zwischen ihr und der Beklagten nach dem Nds. Rettungsdienstgesetz (NRettDG) geschlossener Beauftragungsvertrag infolge Unwirksamkeit der Kündigung durch die Beklagte über den 31.12.2004 hinaus fortbestehe.

2

Die Klägerin und der Rechtsvorgänger der Beklagten schlössen am 06.12.1999 einen Beauftragungsvertrag gemäß § 5 Abs. 1 NRettDG. Nach § 1 Abs. 1 u. 3 des Vertrages wurde die Klägerin mit der Durchführung der Notfallrettung und des qualifizierten Krankentransports nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 NRettDG in den Rettungswachenbereichen (RWB) Burgwedel, Burgdorf, Garbsen, Lehrte, Neustadt, Springe und Laatzen (§ 1 Abs. 3) betraut. § 14 "Vertragsbeginn, Dauer der Beauftragung, Kündigung" regelte u.a., dass der Vertrag am 01.01.2000 in Kraft trat, auf 5 Jahre abgeschlossen wurde und von beiden Seiten zum Ablauf der Vertragsdauer unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Jahr jeweils zum Vertragsende schriftlich gekündigt werden konnte.

3

Am 26.11.2003 führte die Beklagte mit den von ihr zur Wahrnehmung der Rettungsdienstaufgaben Beauftragten - neben der Klägerin die beiden Beigeladenen und ein weiteres Unternehmen - eine Besprechung durch. Ausweislich des von der Beklagten erstellten Protokolls habe diese den Beauftragten mitgeteilt, eine automatische Verlängerung der Verträge auf weitere 5 Jahre komme nicht in Betracht: Aufgrund der enormen Unterschiede zwischen den von den Kostenträgern zugestandenen Kostenzuwächsen im Rahmen der Grundlohnsummensteigerung und den tatsächlichen Kostensteigerungen sei absehbar, dass - auf der Grundlage der bestehenden Verträge - weder Budgets mit den Beauftragten noch eine Entgeltvereinbarung mit den Kostenträgern abgeschlossen werden könnten; im Rahmen neuer Verträge müssten einer Kostensteigerung infolge der Bedarfsplanfortschreibung und den Auswirkungen einer im kommenden Jahr bevorstehenden Novellierung des NRettDG Rechnung getragen werden; mit den neuen Beauftragungsverträgen werde die Optimierung der Wirtschaftlichkeit angestrebt und künftig die Zertifizierung der Beauftragten gefordert werden.

4

Der Regionsausschuss der Beklagten beschloss am 16.12.2003, die Beauftragungsverträge im Rettungsdienst mit Wirkung vom 31.12.2004 zu kündigen und die bisherigen Beauftragten im Zuge der vorgesehenen Neubeauftragung zum 01.01.2005 zur Abgabe von Angeboten für die Durchführung des Rettungsdienstes aufzufordern. Daraufhin kündigte die Beklagte die Beauftragungsverträge; der Klägerin ging das Kündigungsschreiben am 17.12.2003 zu.

5

Nach Durchführung eines offenen Ausschreibungsverfahrens beschloss der Regionsausschuss der Beklagten am 28.09.2004, die Klägerin (nur noch) in den RWB Burgdorf, Lehrte und Neustadt, die Beigeladene zu 1) in den RWB Barsinghausen, Pattensen, Gehrden, Seelze, Garbsen sowie Springe, die Beigeladene zu 2) in den RWB Langenhagen, Wunstorf, Laatzen sowie Burgwedel und die Fa. l. in dem RWB Wedemark sowie bezüglich der Ferntransporte mit der Durchführung von Leistungen des Rettungsdienstes zu beauftragen.

6

Mit Bescheiden vom 06.10.2004 teilte die Antragsgegnerin den zu Beauftragenden diesen Beschluss mit und ordnete jeweils die sofortige Vollziehung an.

7

Die Klägerin legte unter dem 11.10.2004 hiergegen Widerspruch ein, soweit abgelehnt worden sei, sie mit der Leistungserbringung in den RWB Burgwedel, Garbsen, Laatzen und Springe zu beauftragen, und gegen die Beauftragung der Beigeladenen mit der Leistungserbringung in diesen RWB. Über diesen Widerspruch ist - soweit ersichtlich - bislang nicht entschieden.

8

Auf Antrag der Klägerin vom 15.10.2004 (12 B 5858/04) stellte die erkennende Kammer mit Beschluss vom 11.01.2005, auf dessen Gründe im Einzelnen verwiesen wird, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 11.10.2004 gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 06.10.2004 wieder her; die Beschwerde der Beklagten hiergegen wies das Nds. Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 07.02.2006 (11 ME 26/05) zurück.

9

Die Klägerin hat am 29.09.2004 Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus: Der zwischen ihr und der Beklagten geschlossene Beauftragungsvertrag vom 06.12.1999 bestehe über den 31.12.2004 fort, weil die seitens der Beklagten ausgesprochene Kündigung unwirksam sei. § 14 Abs. 2 des Beauftragungsvertrages, auf den die Kündigung gestützt werde, sei unwirksam, weil § 5 Abs. 1 NRettDG es nicht erlaube, in wiederkehrenden Intervallen (neue) Beauftragungen vorzunehmen. Der Umstand, dass eine zeitabschnittsweise Beauftragung im Gesetz nicht geregelt sei, zeige, dass der Gesetzgeber eine solche Verfahrensweise nicht gewollt habe. Vielmehr sei die mit dem Inkrafttreten des NRettDG erforderliche Neuordnung der Beauftragungen nur einmal vorzunehmen gewesen. Der Gesetzgeber habe die einmal vorgenommene Beauftragung für den Regelfall als dauerhaft verstanden. So habe der Abgeordnete J. seinerzeit in der Plenarsitzung des Landtags erklärt, mit dem System der Beauftragung werde so etwas wie ein closed shop geschaffen; wer beauftragt sei, bilde mit den anderen Beauftragten ein Kartell; damit aus dem Kartell kein kostentreibendes Monopol werde, sollten die Träger für die im Gesetz genannte Vielfalt sorgen. Zwar verbiete § 60 VwVfG nicht die Vereinbarung von Kündigungsklauseln in öffentlich-rechtlichen Verträgen; diese generelle Möglichkeit sei aber durch § 5 Abs. 1 NRettDG ausgeschlossen. Auch sei die Kündigung des Vertrages ermessensfehlerhaft. Die in § 5 Abs. 1 NRettDG genannten Kriterien seien nicht gegeneinander abgewogen, denn die Beklagte habe lediglich die Kostensituation betrachtet. Es sei sachwidrig, ein bestimmtes Abrechnungssystem, nämlich eine Budgetvereinbarung, durchsetzen und damit das Risiko von tatsächlichen Kostenentwicklungen allein den Beauftragten auferlegen zu wollen. Damit versuche die Beklagte, Einsparungen zu Lasten der Beschäftigten durchzusetzen, die sie selbst in ihrer Rettungsleitstelle nicht verwirkliche. Als milderes Mittel sei im Übrigen eine Änderungskündigung mit dem Ziel, neue Vertragsvereinbarungen hinsichtlich der Kosten zu treffen, in Betracht gekommen.

10

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass der Beauftragungsvertrag zwischen ihr und der Antragsgegnerin vom 06.12.1999 infolge Unwirksamkeit der Kündigung vom 16.12.2003 über den 31.12.2004 hinaus fortbestehe.

11

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

12

Sie erwidert: Die Kündigung des Beauftragungsvertrages vom 06.12.1999 sei wirksam. Der Klägerin sei seit Vertragsabschluss bekannt gewesen, dass der Vertrag zum 31.12.2004 kündbar (gewesen) sei; ihr habe damit auch das unternehmerische Risiko, das grundsätzlich allen befristeten Vertragsverhältnissen innewohne, bewusst sein müssen. Sie habe nicht darauf vertrauen können, auch nach Ablauf des vertraglich vereinbarten Zeitraumes die Rettungsdienststellen weiter betreiben zu können.

13

Die Beigeladenen beantragen jeweils,

14

die Klage abzuweisen.

15

Sie treten dem Vorbringen der Beklagten bei.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie des Verfahrens 12 B 5858/04 und des von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorgangs Bezug genommen; diese sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Klage ist unbegründet.

18

Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig; insbesondere ist ein Feststellungsinteresse der Klägerin zu bejahen, denn die Beklagte wäre - unabhängig vom Ausgang eines Vergabeverfahrens - gehindert, solche RWB, die bislang von der Klägerin betreut werden, an

19

Konkurrenten zu vergeben, wenn die von der Klägerin begehrte gerichtliche Feststellung getroffen würde.

20

Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Kündigung des zwischen der Klägerin und dem Rechtsvorgänger der Beklagten am 06.12.1999 geschlossenen Beauftragungsvertrages ist wirksam.

21

Die Kündigungsmöglichkeit ergibt sich ausdrücklich aus dem Vertrag. Dessen § 14 "Vertragsbeginn, Dauer der Beauftragung, Kündigung" lautet:

"1. Dieser Vertrag tritt am 01.01.2000 in Kraft. Er wird auf 5 Jahre abgeschlossen.

2. Der Vertrag kann von beiden Seiten zum Ablauf der Vertragsdauer unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Jahr jeweils zum Vertragsende schriftlich gekündigt werden. Eine Kündigungserklärung muss dem anderen Vertragspartner durch eingeschriebenen Brief spätestens ein Jahr vor Ablauf des Vertrages zugegangen sein. Wird der Vertrag nicht gekündigt, so verlängert sich seine Geltungsdauer um jeweils 5 Jahre."

22

Rechtlich durchgreifende Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit der Klausel sind nicht gegeben. Entgegen der Auffassung der Klägerin steht sie nicht im Widerspruch zu § 5 Abs. 1 NRettDG. Nach dieser Vorschrift kann der Träger des Rettungsdienstes (§ 3 NRettDG) Dritte mit der Durchführung von Leistungen des Rettungsdienstes und der Einrichtung und Unterhaltung der dafür erforderlichen Einrichtungen ganz oder teilweise beauftragen (Satz 1). Dabei ist sicherzustellen, dass der Beauftragte die ihm übertragene Aufgabe so erfüllt, wie dies der Träger des Rettungsdienstes selbst nach diesem Gesetz oder nach den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen tun müsste (Satz 2). Der Beauftragte handelt im Namen des Trägers des Rettungsdienstes (Satz 3). Bei der Auswahl der Beauftragten ist der Vielfalt der Anbieter und den gewachsenen Strukturen unter Berücksichtigung von Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit Rechnung zu tragen (Satz 4).

23

Bereits der Wortlaut der Norm gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass - wie die Klägerin meint - es nicht "erlaubt" sei, in wiederkehrenden Intervallen (neue) Beauftragungen vorzunehmen. Dass das Gesetz die Kündigung der Beauftragungsverträge nicht ausdrücklich vorsieht, lässt diesen Schluss ebenfalls nicht zu. Eine ausdrückliche Regelung ist nicht erforderlich, weil die vertragliche Vereinbarung eines Kündigungsrechts - wie hier - nach den (allgemeinen) Vorschriften zum öffentlich-rechtlichen Vertrag grundsätzlich möglich ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 60 Rdnr. 3); dass Fehlen einer speziellen Regelung des Kündigungsrechts bzw. des Verbots von Kündigungen spricht demnach dafür, dass der Gesetzgeber des NRettDG die allgemeinen Regelungen nicht konterkarieren wollte.

24

Im Übrigen müsste sich die Klägerin unter dem Gesichtspunkt des venire contra factum proprium ein treuwidriges Verhalten vorhalten lassen, weil sie angesichts des eindeutigen Wortlauts des Vertrags diesen in voller Kenntnis der Kündigungsmöglichkeit abgeschlossen hat, ohne die Unwirksamkeit der Klausel gegenüber der Beklagten vor dem Ausspruch der Kündigung geltend gemacht zu haben.

25

Auch mit ihrem weiteren Vorbringen kann die Klägerin keinen Erfolg haben.

26

Es kann dahingestellt bleiben, ob ihrer Auffassung, die Kündigung dieses öffentlich-rechtlichen Leistungsvertrages bedürfe einer fehlerfreien Ermessensentscheidung, weil die Entscheidung über den Abschluss des Beauftragungsvertrages nach § 5 NRettDG ebenfalls auf einer Ermessensentscheidung basiere/basieren müsse, zu folgen ist.

27

Denn die Beklagte hat dieses Ermessen jedenfalls fehlerfrei ausgeübt. Ausweislich des Protokolls der Besprechung der Antragsgegnerin mit den Beauftragten am 26.11.2003 hat diese jenen mitgeteilt, eine automatische Verlängerung der Verträge auf weitere 5 Jahre komme nicht in Betracht; aufgrund der enormen Unterschiede zwischen den zugestandenen Kostenzuwächsen im Rahmen der Grundlohnsummensteigerung und den tatsächlichen Kostensteigerungen sei absehbar, dass weder Budgets mit den Beauftragten noch eine Entgeltvereinbarung mit den Kostenträgern abgeschlossen werden könnten; im Rahmen neuer Verträge müsse einer Kostensteigerung infolge der Bedarfsplanfortschreibung und den Auswirkungen einer im kommenden Jahr bevorstehenden Novellierung des NRettDG Rechnung getragen werden; mit den neuen Beauftragungsverträgen werde die Optimierung der Wirtschaftlichkeit angestrebt und künftig die Zertifizierung der Beauftragten gefordert werden.

28

Der Umstand, dass die Antragsgegnerin die Erwägungen, die entscheidend für Ausübung ihres Ermessens waren, in dem Kündigungsschreiben nicht noch einmal ausgeführt hat, ist rechtlich nicht erheblich; denn diese waren der Antragstellerin aus der Besprechung vom 26.11.2003 bekannt.

29

Diese Ermessenserwägungen sind vor dem Hintergrund der Regelungen des NRettDG, insbesondere dessen § 5 Abs. 1 Satz 4, nicht als sachwidrig anzusehen. Das in § 5 Abs. 1 Satz 4 NRettDG genannte Kriterium der "gewachsenen Strukturen" verbietet nicht eine befristete Beauftragung. Ohne die Möglichkeit der Kündigung eines Beauftragungsvertrages bestünde nicht diejenige der Neuausschreibung. Nur eine in regelmäßigen Abständen erfolgende Neuausschreibung führt einen - wiederum durch das Kriterium der "gewachsenen Strukturen" begrenzten - Wettbewerb herbei; erst dadurch wird das ebenfalls in der Vorschrift genannte Kriterium der "Wirtschaftlichkeit" mit Leben erfüllt.

30

Diesem Ergebnis steht das von der Klägerin ins Feld geführte Abgeordnetenzitat nicht entgegen. Wenn es dort heißt, damit aus dem Kartell kein kostentreibendes Monopol werde, sollten die Träger für die im Gesetz genannte Vielfalt sorgen, kann damit bei verständiger Betrachtung nur gemeint sein, dass die herzustellende Vielfalt der Anbieter für eine kostenbremsende Konkurrenz sorgen soll. Dies setzt wiederum voraus, dass Beauftragungsverträge nur zeitabschnittsweise geschlossen werden (können), um Konkurrenz um eine Beauftragung immer wieder neu herbeizuführen.

31

Die in § 5 Abs. 1 NRettDG genannten Kriterien müssen nicht (bereits) bei der Kündigungsentscheidung sondern - wie die Beauftragungsentscheidung der Beklagten und deren gerichtliche Überprüfung gezeigt hat - (erst) bei der Auswahlentscheidung über die Neubeauftragung gegeneinander abgewogen werden.

32

Soweit die Klägerin unter Berufung auf eine Entscheidung der 7. Kammer des erkennenden Gerichts zur Zulässigkeit der Kündigung einer Leistungsvereinbarung nach § 93 BSHG meint, die Kündigung sei sachwidrig, weil damit ein bestimmtes Abrechnungssystem, nämlich eine Budgetvereinbarung, durchgesetzt werden solle und damit das Risiko von tatsächlichen Kostenentwicklungen allein den Beauftragten auferlegt werde, übersieht sie die entscheidungserheblichen Unterschiede des vorliegenden zu dem von der 7. Kammer entschiedenen Verfahrens. In jener Entscheidung hat das Gericht die Ermessensausübung für fehlerhaft gehalten, weil nach den insoweit einschlägigen Vorschriften des BSHG Gegenstand der Leistungsvereinbarung nicht Fragen der Vergütung seien und daher die Leistungsvereinbarung nicht wegen des die Vergütung betreffenden Wunsches, das Abrechnungssystem zu ändern, gekündigt werden dürfe. Das NRettDG nimmt eine solche Differenzierung jedoch nicht vor.

33

Der Einwand, die Beklagte versuche, Einsparungen zu Lasten der Beschäftigten der Klägerin durchzusetzen, die sie selbst in ihrer Rettungsleitstelle nicht verwirkliche, kann nicht mit Erfolg gegen die Zulässigkeit der Vertragskündigung erhoben werden. Wenn dieser Vorwurf zutrifft, könnte dies dazu führen, dass sich die Kostenträger gegenüber der Beklagten weigern, solche einem "wirtschaftlich arbeitenden Rettungsdienst" (§ 15 Abs. 1 Satz 4 NRettDG) nicht entsprechenden Kosten in die Entgeltvereinbarung einzubeziehen.

34

Die Kündigung ist auch nicht - wie die Klägerin meint - deshalb unzulässig, weil als milderes Mittel eine Änderungskündigung mit dem Ziel, neue Vertragsvereinbarungen hinsichtlich der Kosten zu treffen, in Betracht gekommen sei. Wenn es - so die Klägerin - der Beklagten verwehrt sein soll, zeitabschnittsweise über die Beauftragung mit der Betreuung von RWB "dem Grunde nach" zu entscheiden, bestünde für den Beauftragten, weil er sich der Beauftragung "als solcher" sicher sein könnte, kein Grund, auf Forderungen der Beklagten, Kosten zu senken bzw. nicht oder nur in bestimmtem Maße zu erhöhen, einzugehen. Eine Konkurrenzsituation unter den Angehörigen der "gewachsenen Strukturen", wie sie - dies zeigt auch der zitierte Redebeitrag des Abgeordneten J. - der Gesetzgeber als "Kostenbremse einbauen" wollte, käme bei einer Änderungskündigung, die nur die Kostenvereinbarung erfasst, nicht zustande und entspricht daher nicht der Absicht des Gesetzgebers.

35

Die Klägerin hat als Unterlegene gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.

36

Es entspricht hier der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO), denn diese haben sich, indem sie jeweils einen Sachantrag gestellt haben, einem Kostenrisiko ausgesetzt.

37

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Behrens
Gonschior
Schulz-Wenzel