Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 18.10.1989, Az.: 2 W 174/89

Anforderungen an einen Kostenfestsetzungsbeschluss; Voraussetzungen für die Geltendmachung einer erhöhten Prozessgebühr; Voraussetzungen für das Entstehen einer Verkehrsgebühr

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
18.10.1989
Aktenzeichen
2 W 174/89
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1989, 16945
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:1989:1018.2W174.89.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG ... - 10.08.1989 - AZ: 1 O 13/88

Fundstelle

  • JurBüro 1990, 168 (Volltext mit amtl. LS)

Prozessführer

1. Rechtsanwalt ...,

2. Rechtsanwalt ..., ebenda,

Prozessgegner

Pensionär ...,

In dem Rechtsstreit
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts ...
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...
den Richter am Oberlandesgericht ... und
den Richter am Amtsgericht ...
am 18. Oktober 1989
beschlossen:

Tenor:

Auf die als sofortige Beschwerde geltende Erinnerung der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts ... vom 10. August 1989 teilweise abgeändert.

Die von dem Kläger an die Beklagten zu erstattenden Kosten werden auf 6.522,26 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 31. Juli 1989 festgesetzt.

Das weitergehende Rechtsmittel der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von 2.126,70 DM; die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Kläger zu 1/8 und den Beklagten zu 7/8 auferlegt.

Beschwerdewert: 2.419,70 DM.

Gründe

1

Die als sofortige Beschwerde geltende Erinnerung der Beklagen hat nur zum Teil Erfolg.

2

I.

Soweit die Beklagten für ihre Vertretung in der ersten Instanz den Ersatz einer nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO erhöhten Prozeßgebühr verlangen, ist ihr Rechtsmittel begründet.

3

§ 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO macht die Erhöhung der Prozeßgebühr allein davon abhängig, daß mehrere Auftraggeber vorhanden sind. Ob die mehreren Auftraggeber als Einheit auftreten (vgl. BGH JurBüro 1988, 64) oder ob die vom Gesetzgeber unterstellte Mehrbelastung durch mehrere Auftraggeber im konkreten Fall tatsächlich eingetreten ist (vgl. BGH JurBüro 1984, 377, 378), ist dabei ohne Bedeutung. Die Berücksichtigung solcher Umstände widerspräche nicht nur dem Wortlaut der Vorschrift, sondern auch dem Charakter der erhöhten Prozeßgebühr als Pauschgebühr, die auch im Interesse einer einfachen Handhabung nur ein generalisierendes grobes Raster für die Kostenberechnung bietet.

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Es kommt deshalb allein darauf an, ob an der betreffenden Angelegenheit, in der der Rechtsanwalt tätig wird, mehrere rechtsfähige oder doch im Rechtsverkehr so behandelte natürliche oder juristische Personen beteiligt sind (BGH JurBüro 1988, a.a.O.). Das ist bei den Mitgliedern einer Anwaltssozietät, die als BGB-Gesellschaft selbst nicht rechtsfähig ist, der Fall, so daß die Erhöhungsgebühr nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO, die vorliegend 293,- DM beträgt, entstanden ist.

5

Die Erhöhung der Prozeßgebühr ist auch nach § 91 ZPO erstattungsfähig, weil sie zu den zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten gehört. Da die Beklagten als Gesamtschuldner in Anspruch genommen worden sind, konnten sie die Entstehung der Erhöhung der Prozeßgebühr selbst nicht vermeiden. Ob in Aktivprozessen einer Anwaltssozietät, insbesondere bei einer Honorarklage, etwas anderes zu gelten hat, weil die Sozietät es selbst in der Hand hat, einen kostengünstigen Weg dadurch zu beschreiten, daß ein Sozius im eigenen Namen auf Leistung an die Sozietät klagt, mag hier dahinstehen (vgl. dazu OLG Karlsruhe JurBüro 1988, 1661, 1662; im übrigen zuletzt: OLG Hamburg MDR 1989, 922 und SchlHOLG JurBüro 1989, 1257 mit Anmerkung Mümmler und die dortigen Nachweise).

6

II.

Soweit die Beklagten indes auch für die Berufungsinstanz neben den Gebühren ihres Prozeßbevollmächtigten weitere anwaltliche Gebühren ersetzt verlangen, die sie auf sich selbst beziehen, ist ihr Rechtsmittel nicht begründet.

7

1.

§ 91 Abs. 2 S. 4 ZPO, den die Beklagten insoweit heranziehen, bestimmt nicht, daß die beklagten Anwälte, die sich durch einen beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt haben vertreten lassen, zusätzlich eigene Gebühren nach § 31 BRAGO erstattet erhalten. Diese Vorschrift regelt vielmehr nur die Erstattung von Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts in eigener Sache, also in den Fällen, in denen sich der Anwalt selbst vertritt und so anwaltlich tätig wird. Es besteht weder ein sachlicher Grund noch gibt der Wortlaut des § 91 Abs. 2 S. 4 ZPO dafür etwas her, daß ein Rechtsanwalt, der im Rechtsstreit einen anderen Rechtsanwalt als Prozeßbevollmächtigten beauftragt hat, kostenrechtlich anders zu behandeln ist als jede andere Partei und in der bloßen Eigenschaft als Partei ohne eine eigene anwaltliche Tätigkeit irgendwelche Gebühren erhält. Im übrigen wurde der Erstattungsfähigkeit derartiger Gebühren der Beklagten auch § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO entgegenstehen, wonach die Kosten mehrerer Rechtsanwälte nur insoweit zu erstatten sind, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen.

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2.

Den Beklagten steht auch keine Gebühr nach § 52 Abs. 1 BRAGO zu. Einem in eigener Sache tätigen Rechtsanwalt kann eine derartige Gebühr nicht entstehen, wie sich aus dem Wesen der Verkehrsgebühr und dem durch sie abzugeltenden Aufgabenbereich ergibt. Der durch den Begriff der Verkehrsführung gekennzeichnete Aufgabenbereich eines Verkehrsanwalts besteht nicht nur in der Aufnahme, Verarbeitung und Weiterleitung der Information, sondern in der Vermittlung der Aussprache zwischen Partei und Prozeßbevollmächtigten und erfaßt damit einen Teil der Aufgaben, die bei unmittelbarem Verkehr mit der Partei einem Prozeßbevollmächtigten selbst obliegen. Da eine dritte Person, die als Partei in Betracht käme, hier nicht vorhanden ist, kann der Rechtsanwalt bei einem Prozeß in eigener Sache eine derartige Vermittlungstätigkeit nicht ausüben (vgl. OLG Düsseldorf JurBüro 1984, 766; OLG Koblenz JurBüro 1988, 616; OLG Bamberg JurBüro 1980, 295 m.w.N.).

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Entsteht nach allem für einen in eigener Sache tätigen Rechtsanwalt eine Verkehrsgebühr nach § 52 Abs. 1 BRAGO nicht, so kommt ausgehend von diesem Grundsatz auch ihre Erstattung bis zur Höhe fiktiver Informationskosten nicht in Betracht, weil dies die Erstattungsfähigkeit der Verkehrsgebühr voraussetzt. Konkrete Informationskosten haben die Beklagten aber nicht geltend gemacht.

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III.

Den Beklagten ist schließlich auch keine erstattungsfähige Gebühr nach § 31 Nr. 2 BRAGO oder § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO dadurch entstanden, daß der Beklagte zu 2. auf Anordnung des Senats in der Verhandlung am 23. Juni 1989 teilgenommen hat. Wie bereits ausgeführt, stellt § 91 Abs. 2 S. 4 BRAGO für die Beklagten, die anderweit anwaltlich vertreten waren, keine Rechtsgrundlage für die Erstattung derartiger Kosten dar. Die Beklagten können insoweit nur Reisekosten in dem Umfang erstattet verlangen, wie sie auch einer Partei, die nicht Rechtsanwalt ist, erstattet verlangen könnte (vgl. Madert in Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert BRAGO 10. Aufl. § 1 Rdn. 84). In dieser Höhe sind Reisekosten in dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluß aber bereits berücksichtigt.

11

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, wobei hinsichtlich der Gerichtskosten § 1 GKG i.V.m. Nr. 1181 des Kostenverzeichnisses berücksichtigt worden ist. Der festgesetzte Beschwerdewert entspricht dem streitigen Kostenbetrag.

Streitwertbeschluss:

Beschwerdewert: 2.419,70 DM.