Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 30.07.2021, Az.: 6 U 124/21

Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Pkw mit einem Motor der Baureihe EA 288; Zulässigkeit eines Thermofensters; Unsubstantiierter Klagevortrag

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
30.07.2021
Aktenzeichen
6 U 124/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 49797
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Osnabrück - 29.03.2021 - AZ: 12 O 3570/20

In dem Rechtsstreit
AA, Ort 1,
Kläger und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte:
(...),
Geschäftszeichen: 2019-11.LPNB3P
gegen
BB AG, vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Dr. CC, Ort2,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
(...),
Geschäftszeichen: (...)
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. (...) sowie die Richter am Oberlandesgericht Dr. (...) und (...) auf die mündliche Verhandlung vom 16.07.2021 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 29.03.2021 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 12. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten im Wege deliktischen Schadensersatzes die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein von der Beklagten produziertes Kraftfahrzeugs.

Der Kläger erwarb mit schriftlichem Kaufvertrag vom 18.09.2017 (Anlage K 1) beim BB Zentrum Ort3 ein gebrauchtes Kraftfahrzeug des Typs PKW1 der Schadstoffklasse EU 6 (Erstzulassung am 29.08.2016) zu einem Kaufpreis von 26.930,- €.

Das Automobil, in dem der Motor EA 288 verbaut ist, wies im Zeitpunkt des Erwerbs eine Gesamtfahrleistung von 24.511 km auf. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat betrug die Laufleistung des Fahrzeugs 88.065 km.

Das Emissionskontrollsystem (Abgasnachbehandlung), welches zur Reduzierung von NOx-Emissionen eingesetzt wird, kann über verschiedene Konzepte erfolgen. Grundsätzlich erfolgt die Reduzierung der Emissionen bei dem Motor EA 288 über den Einsatz eines Oxidationskatalysators sowie eines Dieselpartikelfilters (DPF) und bei den neueren Motoren zusätzlich über den Einsatz eines NOx-Speicherkatalysators (NSK) oder eines SCR- Katalysators.

In Fahrzeuge mit dem Motor EA 288 wurde ein sog. Thermofenster sowie (zunächst) eine Fahrkurvenerkennung installiert. Durch das KBA wurde ein Rückruf des Fahrzeugs nicht veranlasst.

Der Kläger hat behauptet, auch der von der Beklagten entwickelte Motor EA 288 sei vom sog. Abgasskandal betroffen. Medienrecherchen hätten offenbart, dass in den Pkw 2 illegale Abschalteinrichtungen verbaut seien. Um den tatsächlichen Schadstoffausstoß produzierter Fahrzeuge zu verschleiern, habe die Beklagte offensichtlich eine Software (Defeat Device) entwickelt, die die Schadstoffreinigung überwiegend so steuere, dass keine oder nur eine reduzierte Abgasnachbehandlung stattfinde. Die Software sei so ausgelegt, dass die Abgasreinigung während eines Abgastests auf einem Prüfstand immer die maximale Reinigungswirkung erziele. Damit habe die Beklagte sichergestellt, dass die Tests für die Zulassung bestanden würden, ohne jedoch diese - nur vorgetäuschten - Emissionswerte im normalen Fahrbetrieb erreichen zu können. Auch die Motoren der Baureihe EA 288 würden über mehrere Strategien verfügen, die die Abgasreinigung im normalen Fahrbetrieb abschalten. Die Software erkenne, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder aktiv im Straßenverkehr befinde. In mit dem Motor EA 288 ausgestatteten Fahrzeugmodellen habe die Beklagte ein Software-Update installiert, welches - für das KBA nicht erkennbar - die ursprünglich eingebaute Abschalteinrichtung im Motor durch Entfernen der Fahrkurve unkenntlich gemacht habe. Die in den Testfahrzeugen nach Aufspielen des Updates nicht mehr erkennbare Abschalteinrichtung habe sich die Beklagte "offiziell" durch das KBA und das Bundesverkehrsministerium bestätigen lassen. Das in seinem PKW installierte sog. Thermofenster (innermotorische Abschalteinrichtung), welches regelmäßig mit der ansonsten bestehenden "Versottungs- und Verlackungsgefahr" gerechtfertigt werde, bewirke, dass lediglich in einem Temperaturbereich zwischen 10 und 32 °C die Rückführung von Abgas in den Motor erfolge und eine Abgasreinigung stattfinde. Der von ihm erworbene Pkw halte die vorgeschriebenen Abgaswerte zwar auf dem Rollenprüfstand ein, jedoch nicht dauerhaft im realen Straßenbetrieb, was Messungen ergeben hätten. Die Einrichtung nehme damit Einfluss auf die Abgasrückführung; die Schadstoffgrenzwerte würden nicht eingehalten. Im Hinblick auf das sog. Thermofenster habe sich die Beklagte bewusst gegen den Einsatz der SCR-Technologie und gegen die permanente Abgasreinigung entschieden.

Als weitere Abschalteinrichtung sei in dem Pkw außerhalb des Motors (außermotorische Abschalteinrichtung) ein zu kleiner AdBlue Tank verbaut. Das Einspritzen einer Harnstofflösung (sog. AdBlue-Lösung) reduziere die Stickstoffmenge in den Abgasen. Um Platz in den Fahrzeugen zu sparen, hätte die Beklagte jedoch keine ausreichend großen AdBlue-Tanks verbaut. Die Abgasreinigung durch das Einspritzen der AdBlue-Lösung erfolge daher nur bei bestimmten Fahrweisen, u.a. derjenigen auf dem Prüfstand. Im realen Straßenbetrieb werde der Zufluss von AdBlue hingegen gedrosselt, sodass die Abgas-Richtwerte nicht eingehalten würden. Die Beklagte habe die Software-gesteuerte Zudosierung von AdBlue manipuliert, sodass sich der AdBlue-Tank nur sehr langsam entleert habe. Wenn sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befinde, erkenne es die Prüfstandsituation durch eine eingebaute Fahrkurvenerkennung. Das KBA habe - insoweit unstreitig - diese Einrichtung zwar nicht beanstandet und auch einen Rückruf des Fahrzeugs nicht angeordnet. Daraus könne die Beklagte jedoch nichts zu ihren Gunsten herleiten. Denn zum einen habe die Beklagte die Rollenprüfstanderkennung zwischenzeitlich heimlich durch ein Software-Update beseitigt, sodass diese sich überhaupt nicht mehr feststellen lasse. Im Übrigen habe die Beklagte dem KBA anlässlich der Typgenehmigung auch die Funktionsweise des Thermofensters nicht offengelegt und das KBA getäuscht. Wenn das Fahrzeug nicht über Abschalteinrichtungen verfügen würde, müsste der Schadstoffausstoß in sämtlichen Prüfzyklen sowie im realen Straßenbetrieb zumindest ohne wesentliche Abweichungen erfolgen.

Er hat weiter die Auffassung vertreten, dass aus dem Umstand, dass das KBA die Typengenehmigung erteilt habe, nicht geschlossen werden könne, dass keine unzulässigen Abschalteinrichtungen installiert seien. Ein noch nicht erfolgter Rückruf durch das KBA bedeute auch nicht, dass keine illegalen Abschalteinrichtungen verbaut seien. Gleiches gelte im Hinblick auf die erteilte EG-Typgenehmigung. Ferner hat der Kläger geltend gemacht, dass das KBA die EG-Typgenehmigung entweder deshalb erteilt habe, weil es im Zulassungsverfahren über die tatsächlich verbauten Abschalteinrichtungen von der Beklagten getäuscht worden sei, oder dass es die Genehmigung im Wissen um die von der Beklagten unzulässigerweise verbauten Abschalteinrichtungen rechtswidrig erlassen habe. Es bestehe auch der Verdacht, dass die Beklagte gegenüber dem KBA im Rahmen der EG-Typgenehmigung sowie der weiteren Kommunikation zum Motor EA 288 falsche oder unrichtige Angaben gemacht habe.

Hinsichtlich erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil verwiesen (Bd. I Blatt 199 GA).

Die Beklagte hat behauptet, in dem verbauten Motor des erworbenen Kraftfahrzeugs seien keine Abschalteinrichtungen (den Begriff der Abschalteinrichtung erläutert sie auf Seite 9 der Klageerwiderung - Bd. I Blatt 88 GA) installiert, insbesondere nicht eine sog. Umschaltlogik. Das werde etwa dadurch belegt, dass das KBA kein einziges Fahrzeug mit einem solchen Motor - insoweit unstreitig - zurückgerufen habe. Das KBA habe den Motortyp EA 288 eingehend geprüft und im Jahre 2016 festgestellt, dass in diesem keine unzulässigen Abschalteinrichtungen zum Einsatz kommen (Anlage B 1). Die gesetzlich geltenden Abgasgrenzwerte würden - unabhängig von einer Fahrkurvenerkennung - eingehalten. Das hätten Untersuchungen - auch sog. Real Driving Emissionsmessungen - des KBA - bezogen auf NEFZ und Straßenbetrieb - belegt. Die gesetzlich einzuhaltenden Grenzwerte für das von ihm erworbene Fahrzeug seien reine Laborwerte. Diese Prüfstand-Grenzwerte hätten die Hersteller zu beachten und einzuhalten. Die Messungen, die für die Erlangung der EG-Typgenehmigung erfolgen und die für die Hersteller für das Fahrzeug verbindlich seien, seien solche, die ausschließlich nach der VO (EG) 715/2007 auf dem Rollenprüfstand im sog. NEFZ erfolgen würden. Der Kläger verkenne auch die Funktionsweise des sog. Thermofensters. Der Einbau eines solchen Thermofensters sei in sämtlichen in der EU produzierten Dieselmotoren üblich. Eine Abgasreinigung, die gleichsam bei allen Temperaturen funktioniere, könne zu Motorschäden führen. Die temperaturabhängige Abgasrückführung (Thermofenster) sei zum Schutz des Motors und des sicheren Fahrzeugbetriebs technisch erforderlich und zwingend sowie notwendiger Bestandteil eines jeden Dieselfahrzeugs. Die Abgasrückführung sei bei einer Außentemperatur zwischen -24 °C bis +70 °C zu 100 % aktiv. Außerhalb dieses Temperaturbereichs (Extremtemperaturen) erfolge aus Motorschutzgründen keine Abgasrückführung. Das über die konkrete Ausgestaltung der Abgasrückführung informierte KBA habe keine Beanstandungen ausgesprochen. Eine unzulässige Temperaturerkennung komme in dem Fahrzeug des Klägers nicht zum Einsatz.

Die in dem Pkw verbaute Fahrkurvenerkennung habe keinen Einfluss auf den Stickstoffanteil in den Abgasen während des Prüfstandverfahrens. Die Beklagte hat ferner die Auffassung vertreten, eine Zykluserkennung sei ebenso wie eine Rollenprüfstanderkennung nicht per se verboten. Unerlaubt sei lediglich, die Funktion des Abgassystems von einer Zykluserkennung abhängig zu machen. Sie hat behauptet, ein solches System liege bei dem vom Kläger erworbenen Pkw nicht vor. Die Abgasreinigung des Systems arbeite auch im Straßenbetrieb, dies gelte auch für die Abgasrückführung. Bei dem Vorwurf einer unzulässigen Fahrkurvenerkennung handele es sich um eine "Variante "des Vorwurfs einer unzulässigen Umschaltlogik". Dieser Vorwurf sei bereits im Ansatz verfehlt, weil er von einem unzutreffenden Verständnis der Funktionsweise einer Fahrkurvenerkennung ausgehe. Eine Fahrkurvenerkennung (Zykluserkennung) sei im Ausgangspunkt eine Softwarefunktion, die erkenne, ob das Fahrzeug einen Prüfzyklus durchfahre. Eine derartige Zykluserkennung seien nicht unzulässig. Regulatorisch gebe es kein Verbot einer Fahrkurven- oder Zykluserkennung. Die Fahrkurvenerkennung sei nur dann als unzulässige Abschalteinrichtung zu werten, wenn diese dazu genutzt werde, um die Funktion eines Teils des Emissionskontrollsystems so zu verändern, dass dessen Wirksamkeit im normalen Fahrbetrieb (grenzwertkausal) verlängert werde (vgl. Anlage B 6). Das sei jedoch nicht der Fall, wie Untersuchungen des KBA ergeben hätten. Sie habe im Übrigen ab dem Modellwechsel (Kalenderwoche 22 des Jahres 2016) entschieden, bei allen EA 288 Motoren (mit SCR- sowie NSK-Technologie) die Fahrkurvenerkennung nicht mehr zu verwenden. Das sei Gegenstand der dem KBA bekannten und mit Schreiben vom 29.12. 2015 übersandten Applikationsrichtlinie EA 288 vom 18.11.2015 gewesen und mit dem KBA abgestimmt worden. Die betreffende Software sei (ab Produktionsdatum Kalenderwoche 22/2016) entfernt worden.

Entgegen der Behauptung des Klägers stehe für sein Fahrzeug auch kein Software-Update zur Entfernung einer angeblichen unzulässigen Abschalteinrichtung zur Verfügung. Es drohe insbesondere keine Stilllegung des Fahrzeugs. Der Pkw verfüge über eine wirksame EG-Typgenehmigung.

Schließlich hat die Beklagte in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 15.03.2021 darauf hingewiesen, dass kein anderer Motor des VW-Konzerns oder irgendeines anderen Herstellers so intensiv untersucht worden sei als der Motor EA 288. Das KBA habe für das betreffende Aggregat bestätigt, dass dieses keine unzulässigen Abschalteinrichtungen enthalte.

Das Landgericht hat mit dem am 29.03.2021 verkündeten Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen sowie hinsichtlich der erstinstanzlichen gestellten Anträge verwiesen wird, die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Kläger ein deliktischer Schadensersatzanspruch nicht zusteht. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung diverser Oberlandesgerichte könne der Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine Rückabwicklung beanspruchen. Insbesondere ergebe sich ein Anspruch nicht aus § 826 BGB. Bereits nach dem Vortrag des Klägers ergebe sich keine Haftung der Beklagten, hinsichtlich der behaupteten Fahrtkurvenerkennung fehle es an einem hinreichend substantiierten Vortrag und hinsichtlich des sog. Thermofensters fehle es an der Sittenwidrigkeit.

Die Behauptung des Klägers, die schädigende Handlung der Beklagten liege in dem Inverkehrbringen eines Fahrzeugs mit einer Fahrkurvenerkennung vergleichbar mit der Abschalteinrichtung im Motor EA 189 sei erkennbar ohne Substanz und willkürlich aus der Luft gegriffen. Eine Beweisaufnahme sei deshalb nicht gerechtfertigt. Der Kläger habe nicht substantiiert zu dem angeblichen System vorgetragen, dass die Abgasreinigung nur im Prüfzyklus NEFZ, nicht aber im Realbetrieb aktiviert sei. Für das tatsächliche Vorliegen der Fahrzykluserkennung fehle es auch an konkreten Anhaltspunkten. Nach den plausiblen Erklärungen der Beklagten werde die in dem Fahrzeug installierte Fahrkurvenerkennung im Rahmen der Prüfstanderkennung dazu genutzt, die Regenerationsintervalle des NOx-Speicher-Katalysators an die Prüffahrt anzupassen. Im Übrigen sei der Motor durch das KBA nicht beanstandet worden und auch von einer Rückrufaktion nicht betroffen. Da das KBA keine Rückrufaktion angeordnet habe und auch sonstige Maßnahmen betreffend des vom Kläger erworbenen Fahrzeugs nicht vorgenommen worden seien, spreche dagegen, dass die Behörde sich hinsichtlich dieses Fahrzeugtyps gesteuert sehe oder aus sonstigen Gründen von einer Rechtswidrigkeit der erteilten Genehmigung ausgehe und deshalb Beschränkungen drohen würden. Soweit der Kläger möglicherweise andeuten wolle, dass die Abschalteinrichtung zwar vorhanden sei, jedoch das KBA nicht in der Lage sei, diese zu erkennen oder festzustellen, bleibe das reine Spekulation.

In Bezug auf das sog. Thermofenster fehle es an einem sittenwidrigen Verhalten der Beklagten, weil die Annahme, ein Thermofenster stelle keine unzulässige Abschalteinrichtung dar, juristisch zumindest vertretbar sei. Bei einer die Abgasreinigung beeinflussenden Motorsteuerungssoftware, die vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise arbeite wie auf dem Prüfstand, und bei denen Gesichtspunkte des Motor- respektive das Bauteilschutzes als Rechtfertigung ernsthaft angeführt werden könnten, könne bei Fehlen konkreter Anhaltspunkte nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass die handelnden bzw. verantwortlichen Mitarbeiter der Beklagten in dem Bewusstsein gehandelt hätten, möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. Das KBA und auch das Bundesverkehrsministerium seien bislang nicht von der generellen Unzulässigkeit verbauter Thermofenster ausgegangen.

Wegen aller Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil (Seiten 5 - 18 LGU) verwiesen.

Dagegen wendet sich der Kläger mit dem Rechtsmittel der Berufung.

Er vertritt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens und seiner Rechtsausführungen die Ansicht, der geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei begründet und das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft.

Er behauptet, zwischen den Parteien sei offenbar unstreitig, dass der Motor EA 288 über die gleiche oder jedenfalls eine vergleichbare Zykluserkennung wie der Vorgängermotor EA 189 verfüge. Beide Motoren seien mit der identischen Software ausgestattet worden. Die erheblichen Grenzwertüberschreitungen des Motors mit der Schadstoffklasse Euro 6 würden belegen, dass die Abgasrückführung manipuliert sei. Vorliegend gehe es zum einen um die Erkennung, ob sich das Fahrzeug im oder außerhalb des Zyklus befinde, um den Emissionsausstoß zu manipulieren. Die Beklagte platziere während des Zyklus künstlich die Regeneration und zwar so, dass sie - anders als im Realbetrieb - immer sicher optimal durchgeführt werden könne. Damit sei belegt, dass die Regeneration des NSK -Zyklus anders erfolgen würde als außerhalb des Zyklus. Ein anderer Grund für diese Abschalteinrichtung als die Manipulation des Schadstoffausstoßes sei nicht denkbar. Die installierte Fahrkurse werde dazu verwendet zu erkennen, ob sich das Fahrzeug im oder außerhalb des Zyklus befinde. Ihm sei es nicht möglich, die genaue Art und Weise der Funktion dieser Software darzulegen. Die Manipulation des Motors EA 288 ergebe sich auch insbesondere aus der sog. Applikationsrichtlinie der Beklagten. Bestritten werde, dass diese Abschalteinrichtung tatsächlich ausgebaut worden sei, vielmehr würden die Messergebnisse und erhebliche Grenzwertüberschreitungen belegen, dass noch eine stets unzulässige Abschalteinrichtung vorhanden sei. Die sog. Diesel-Akten würden weitere Hinweise auf die Manipulation des Motors EA 288 enthalten. Insgesamt sei der Motor mit einer Vielzahl von Abschalteinrichtungen ausgestattet. Aufgrund des von ihm gehaltenen Sachvortrags wäre eine Beweiserhebung durch das Landgericht erforderlich gewesen. Der Beklagten wäre es zudem zumutbar und möglich gewesen, substantiiert zur Funktionsweise der verbauten Abschalteinrichtung vorzutragen. Ihrer sekundären Darlegungslast sei die Beklagte jedoch bis heute nicht nachgekommen. Durch das Ausmaß der betroffenen Fahrzeuge sei der Schluss gerechtfertigt, dass dies das Resultat planmäßigen Vorgehens der Beklagten gewesen sei. Bei einer zutreffenden Subsumtion wäre das Urteil für ihn günstiger ausgefallen. Die Behauptung der Beklagten, eine Abschalteinrichtung sei ausnahmsweise zulässig, weil sie notwendig sei, um den Motor zu schützen, sei als eine Schutzbehauptung des Herstellers zu qualifizieren. Das Fahrzeug verfüge über ein On-Board-Diagnose-System (=OBD), welches unter anderem das Emissionssystem sowie die dazugehörigen Bauteile im Fahrzeug überwache. Wenn es zu einem erhöhten Verschleiß dieses Systems bzw. dieser Bauteile komme, erfolge durch das OBD eine Fehlermeldung, sodass ein plötzlicher Ausfall ausgeschlossen werden könne. Deshalb sei nicht ersichtlich, dass die Abschalteinrichtung zum Schutz vor plötzlichen Schäden erforderlich sei. Es werde auch nicht verkannt, dass die bloße Existenz des Thermofensters unter Umständen noch nicht haftungsbegründend sei, sondern vielmehr weitere Gründe hinzutreten müssten. Er habe jedoch nicht das bloße Vorhandensein einer temperaturbasierten Abschalteinrichtung vorgetragen, sondern darüber hinaus das Vorhandensein weiterer Abschalteinrichtungen vorgetragen und belegt. Er ist der Ansicht, die Summe der Manipulationen durch die Beklagte begründe die Sittenwidrigkeit. Weiter behauptet er, die Beklagte habe nicht nur die betroffenen Käufer, sondern darüber hinaus auch das KBA getäuscht. Sie habe die Verwendung der illegalen Abschalteinrichtung verschwiegen und dem KBA mitgeteilt, dass "Strategien" verwendet würden, die zulässig seien. Aufgrund mangelnder personeller sowie auch fachlicher Ressourcen sei das KBA offensichtlich nicht in der Lage, die immer komplexer werdenden Abschalteinrichtungen nachzuweisen. Für die Beklagte günstige Auskünfte des KBA im Zusammenhang mit dem Vorliegen unzulässiger Abschalteinrichtung seien nicht maßgeblich, da völlig offen

sei, auf welche genaue Art und Weise das KBA zu diesen Erkenntnissen gelangt sein will.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Oldenburg vom 29.03.2021 - Az.: 12 O 3570/20 zu verurteilen,

1. an ihn Zug um Zug gegen Übereignung des Pkw1 mit der FIN (...) einen Betrag in Höhe von 26.930,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit (dem 21.01.2021) unter Anrechnung einer in das Ermessen des Gerichts zu stellenden Nutzungsentschädigung für die Nutzung des Fahrzeugs zu erstatten, die sich aus folgender Formel ergibt: Kaufpreis x (aktueller Kilometerstand - Kilometerstand bei Erwerb) / (geschätzte Gesamtlaufleistung - Kilometerstand bei Erwerb) zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, die Kosten des außergerichtlichen Vorgehens in Höhe von 2.025,36 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten,

3. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in dem Berufungsantrag zu 1 genannten Zug-um-Zug-Leistung im Annahmeverzug befindet,

4. vorsorglich die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise im Falle des Unterliegens die Revision zuzulassen.

Die Beklagte verteidigt unter Verweis auf ihren erstinstanzlichen Vortrag das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 31.05.2021 (Bd. II Blatt 92 ff GA). Sie vertritt die Auffassung, das angefochtene Urteil enthalte nicht die vom Kläger gerügten Rechtsfehler und auch die zugrunde zu liegenden Tatsachen würden eine abweichende Entscheidung nicht rechtfertigen. Sie verweist auf Entscheidungen der Oberlandesgerichte Stuttgart, Dresden, Köln, Bamberg und Frankfurt (Bd. II Blatt 93 GA). Das Landgericht habe vielmehr die Ansprüche des Klägers zu Recht abgelehnt. Insbesondere habe der Kläger zu den einzelnen Tatbestandsmerkmalen keinen ausreichenden Sachvortrag unterbreitet.

Schließlich ergäben sich aus amtlichen Auskünften des KBA, dass in Bezug auf den Motor EA 288 keine unzulässigen Abschalteinrichtungen verbaut seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die vorgetragenen und gewechselten Schriftsätze - insbesondere im Berufungsrechtszug - verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist sachlich nicht gerechtfertigt und damit zurückzuweisen.

Die Berufungsangriffe des Klägers rechtfertigen nicht die von ihm erstrebte Abänderung des angefochtenen Urteils und eine von ihm begehrte Verurteilung der Beklagten. Dem Kläger steht nämlich der geltend gemachte Anspruch unter keinem erdenklichen rechtlichen Gesichtspunkt zu.

1.) Vertragliche Ansprüche gegen die Beklagte scheiden von vorneherein aus, da der Kläger den PKW1 als Gebrauchtfahrzeug nicht bei der Beklagten, sondern beim BB Zentrum Ort3 GmbH & Co. KG erworben hat.

2.) Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 826, 31 BGB (oder aus einem anderen Rechtsgrund) in der (zuletzt) geltend gemachten Höhe (26.930,- € abzgl. einer Nutzungsentschädigung).

Insbesondere hat das Landgericht richtig ausgeführt, dass der Kläger deshalb keinen Schadensersatzanspruch gemäß § 826 BGB gegen die Beklagte hat, weil eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durch die Beklagte nicht festgestellt werden kann. Es fehlt bereits an der substantiierten Darlegung einer Täuschung des Kraftfahrt-Bundesamts (= KBA) im Hinblick auf eine unzulässige Abschalteinrichtung. Mit Ausnahme des unstreitig vorhandenen "Thermofensters" hat der Kläger hierzu nichts Verwertbares vorgetragen; das Landgericht hat die diesbezüglichen Ausführungen des Klägers zu Recht als Behauptung ins Blaue angesehen.

Der Kläger stützt sich für seinen Anspruch auf zwei illegale Abschalteinrichtungen, nämlich das sog. Thermofenster sowie eine sog. Zykluserkennung in Gestalt einer Fahrkurvenerkennung (wie in dem Urteil des OLG Naumburg vom 09.04.2021 - 8 U 68/20 -, welches zu einer teilweisen Verurteilung der Beklagten gelangte - zugrunde lag der Motor EA 288 2.0 l EU 6 mit NSK-Technologie).

Nach § 826 BGB ist zum Schadensersatz verpflichtet, wer einem anderen in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zufügt. Notwendig ist also eine Schadenszufügung, die auf einer schädigenden Handlung beruht, die aus objektiver Sicht als sittenwidrig einzustufen ist, weil diese nach ihrem Inhalt bzw. Gesamtcharakter im Widerspruch zum Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden steht und daher mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist (BGH NJW 2017, 250 [BGH 28.06.2016 - VI ZR 536/15] [251 f]). Das ist durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde Vertragspflichten oder das Gesetz verletzt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Handelns hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung und den eingetretenen Folgen ergeben kann.

Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen kann auf der Grundlage des Sachvortrags des Klägers nicht ausgegangen werden. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Kläger für den geltend gemachten Anspruch gemäß § 826 BGB die Darlegungs- und Beweislast trägt.

Der Kläger hat bereits nicht schlüssig dargetan, dass die Beklagte vorsätzlich einen mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Motor in Verkehr gebracht hat. Der Kläger unterliegt mehreren grundsätzlichen Missverständnissen: Zum einen ist nicht jede Funktion, die der Erkennung des Prüfstands dient, eine Abschalteinrichtung, zum zweiten ist nicht jede Abschalteinrichtung unzulässig und schließlich wäre der bloße Umstand, dass eine Abschalteinrichtung - hier: das "Thermofenster" - als europarechtlich unzulässig einzustufen sein könnte, keine hinreichende Voraussetzung für die Annahme einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung.

Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat ganz allgemein zu dem sog. Dieselabgasskandal ohne konkreten Bezug zudem vom Kläger konkret erworbenen Fahrzeug - wie noch ausgeführt wird (siehe insbesondere Seite 20, 21) - vorgetragen.

Soweit der Kläger geltend macht, das von ihm erworbene Fahrzeug verfüge ebenfalls über eine Umschaltlogik entsprechend den von der BB AG verbauten Motoren des Typs EA 189, kann der Kläger mit diesem Einwand nicht durchdringen, weil nach diversen Auskünften des KBA eine unzulässige Abschalteinrichtung gerade nicht festgestellt wurde. Danach kann bereits nicht festgestellt werden, dass die von dem Kläger behauptete unzulässige Abschalteinrichtung in Form einer Rollenprüfstanderkennung in Bezug auf das von ihm erworbene Fahrzeug tatsächlich vorhanden ist; unter Beachtung der durch das KBA erteilten Auskünfte (Anlagen B 3, B 6, B 7, B 12 bis B 22) erscheint seine Behauptung "ins Blaue hinein" erfolgt. Der ursprüngliche Vortrag des Klägers mag im Ausgangspunkt noch als schlüssig und hinreichend substantiiert angesehen werden, nach der erheblichen Erwiderung der Beklagten sowie der überreichten amtlichen Auskünfte des KBA wäre weiterer detaillierter Sachvortrag des darlegungs- und beweisbelasteten Klägers notwendig gewesen, woran es fehlt. Das galt auch bereits nach der Vorlage der Mitteilung des BMVI (Anlage B 2), aus dessen Inhalt sich ergibt, dass das KBA bereits im Jahr 2016 nach durchgeführten Untersuchungen, Messungen und Analysen "keine unzulässigen Abschalteinrichtungen" festgestellt hat.

Der Sachvortrag des Klägers weist erkennbar keine ausreichende Substanz auf und ist zumindest teilweise willkürlich "aus der Luft gegriffen". Er rechtfertigt deshalb nicht die Veranlassung einer Beweisaufnahme (Einholung eines Sachverständigengutachtens). Grundsätzlich ist bei der Annahme einer "ins Blaue hinein" aufgestellten Behauptung durchaus Zurückhaltung geboten. Die Annahme eines willkürlichen Sachvortrags kommt nur im Ausnahmefall in Betracht, weil es einer Partei durchaus möglich sein muss, im Zivilprozess Tatsachen zu behaupten, über die sie - insbesondere hinsichtlich technischer Abläufe - keine genauen Kenntnisse haben kann, die sie aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält. Eine zivilprozessual unzulässige Ausforschung ist aber dann festzustellen, wenn eine Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich "aufs Geratewohl" Behauptungen aufstellt.

Gerade davon ist vorliegend auszugehen, da jeglicher tatsächliche Anhaltspunkt für den Einsatz einer Manipulationssoftware entsprechend der bekannten Umschaltlogik des von der BB AG verbauten Motors EA 189 im Fahrzeug des Klägers fehlt (ebenso OLG Koblenz, Urteil - 3 U 416/19 unter Hinweis auf Entscheidungen der OLGe Köln, Oldenburg, München und Celle). Der Kläger beschränkt sich mit Blick auf die Beschaffenheit der behaupteten Steuerungssoftware darauf, zu der aus dem Abgasskandal bekannten Funktionsweise der Manipulationssoftware des Motors EA 189 (sog. Umschaltlogik) vorzutragen. Dazu führt er aus, die Beklagte habe erfindungsreichere Mechanismen eingesetzt, um so die Typgenehmigung zu erlangen. Dies ist indes nicht als hinreichender Sachvortrag zu qualifizieren. Das Vorbringen des Klägers bezieht sich vielmehr auf einen in dem von ihm erworbenen Fahrzeug unstreitig nicht eingesetzten Motortyp. Insofern können die Ausführungen des Klägers nicht als tatsächliche Anhaltspunkte für den Einsatz einer Manipulationssoftware in dem von ihm erworbenen Fahrzeug angesehen werden.

Dem Senat ist aus einer Vielzahl amtlicher (teilweise von der Beklagten vorgelegter) Auskünfte gegenüber Gerichten im ganzen Bundesgebiet bekannt, dass das KBA die Motoren des Typs EA 288 umfangreichen Untersuchungen unterzogen hat. Dabei wurde in keinem Fall eine unzulässige Abschalteinrichtung - insbesondere eine Manipulationssoftware i.F.d. Umschaltlogik - festgestellt. Das KBA hat wiederholt ausgeführt, dass nicht jede Funktion, die der Erkennung des Prüfstands dient, unzulässig ist. Eine unzulässige Abschalteinrichtung liegt vielmehr nur vor, wenn die Erkennung des Prüfstands Auswirkungen auf die Steuerung der Abgasemissionen des Fahrzeugs hat, wenn also - wie bei dem ebenfalls von der Beklagten entwickelten Motor EA189 - auf dem Prüfstand ein anderes (besseres) Emissionsverhalten bewirkt wird als im sonstigen Fahrbetrieb. Das ist bei den Motoren des Typs EA288 nach den Feststellungen des KBA indes nicht der Fall.

So hat das KBA etwa mit Schreiben vom 11.02.2021 (als Anlage dieser Entscheidung beigefügt) gegenüber dem 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg u.a. ausgeführt:

Jedes Fahrzeug mit Dieselmotor und AGR verfügt über eine temperaturgeführte AGR-Regelung (Sog. "Thermofenster"). Diese führt in der Regel zu einer Reduktion der AGR-Raten bei niedrigen Umgebungs-, Ansaugluft- oder Ladelufttemperaturen. Für das betroffene Fahrzeug wurde mit Bezug auf die temperaturgeführte AGR-Regelung keine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt.

In einer anderen amtlichen Auskunft des KBA gegenüber dem Landgericht Berlin vom 01.02.2021 (ebenfalls als Anlage beigefügt - Anlage B 14) hat das KBA u.a. erklärt:

Das KBA führte insgesamt sehr umfassende Untersuchungen an Fahrzeugen mit Motoren der Reihe des Entwicklungsauftrags (EA) 288 durch. Es wurde weder bei dem streitgegenständlichen Fahrzeugtypen VW PKW2 Euro6 noch bei einem anderen Fahrzeug, welches ein Aggregat des EA288 aufweist, eine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt. Es wurden daher weder Nebenbestimmungen angeordnet noch besteht ein behördlich angeordneter Rückruf aufgrund als unzulässig eingestufter Abschalteinrichtungen.

In einer weiteren amtlichen Auskunft gegenüber dem Landgericht Freiburg vom 12.10.2020 betreffend einen PKW3 EU 6 (ebenfalls als Anlage beigefügt - Anlage B 16) hat das KBA u.a. ausgeführt:

"Das streitgegenständige Fahrzeug des Klägers, PKW3I mit der FIN......Motor EA 288 weist nach diesseitigem Kenntnisstand keine unzulässige Abschalteinrichtung oder Konformitätsabweichung hinsichtlich des Emissionsverhaltens auf."

Dem Senat liegen noch zahlreiche weitere amtliche Auskünfte des KBA vor, die alle bestätigen, dass nach umfangreichen Untersuchungen von Fahrzeugen mit Motoren des Typs EA288 keine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt wurde.

Der Kläger stützt seine Behauptung, die Beklagte habe in seinem Fahrzeug unzulässige Abschalteinrichtungen installiert, allein auf die in den senatsbekannten Applikationsrichtlinien genannten Funktionen zur Erkennung des Prüfstands sowie insbesondere auf das sog. Thermofenster und eine Prüfstanderkennung in Gestalt der Fahrkurvenerkennung. Das reicht jedoch im Lichte der vorstehend erwähnten amtlichen Auskünfte des KBA als hinreichend substantiierte Behauptung nicht aus, um eine Beweiserhebung (insbesondere die Einholung eines Sachverständigengutachtens) zu veranlassen. Es handelt sich angesichts des Beklagtenvorbringens sowie der Erklärungen des KBA vielmehr um unbeachtliche Behauptungen ins Blaue. Der Kläger zieht aus dem Vorhandensein der genannten Funktionen den Schluss, diese müssten der Emissionssteuerung gedient haben. Dieser Schluss ist aber nach den Feststellungen des KBA nicht gerechtfertigt, sondern sogar widerlegt.

Vielmehr verdeutlicht der Sachvortrag des Klägers, dass er offenbar davon ausgeht, jedweder in dem BB-Konzern entwickelte Dieselmotor sei mit einer dem Betrieb des Fahrzeugs auf einem Prüfstand erkennenden Manipulationssoftware ausgerüstet. Diese rein spekulative Äußerung eines Generalsverdachts kann nicht als tatsächlicher Anknüpfungspunkt für die vorgetragene Vermutung einer Tatsache - den Einsatz einer Manipulationssoftware in dem von ihm erworbenen Fahrzeug - angesehen werden (so ausdrücklich OLG Koblenz, aaO, dessen Entscheidung der von der DD AG entwickelte Motor EA 896 Gen. 2 EU 5 zugrunde lag, sowie OLG Naumburg Urteil vom 12.06.2019 - 5 U 17/19 - dort Seite 9).

In diesem Zusammenhang kann sich der Kläger auch nicht auf das bekannte obiter dictum des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs in dessen Beschluss vom 28.01.2020 - VIII ZR 57/19 - (juris Rn. 4 ff.) stützen; der Bundesgerichtshof hat dort u.a. festgehalten, greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung seien nicht erst dann gegeben, wenn das KBA auch bezüglich Fahrzeugen der betreffenden Herstellerin oder gar des konkreten Fahrzeugtyps des (dortigen) Klägers eine Rückrufaktion angeordnet habe (BGH, a.a.O., Rn. 13). Hier verhält es sich genau andersherum: Das KBA hat nicht etwa noch nicht eine Rückrufaktion angeordnet, sondern es hat den streitgegenständlichen Motortyp bereits umfassenden Untersuchungen unterzogen, dabei keine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt und deshalb keinen Rückruf angeordnet. Dabei hat es gerade auch die hier vom Kläger inkriminierten Funktionen berücksichtigt; die vorgenommenen Untersuchungen haben nach den amtlichen Auskünften des KBA gezeigt, dass diese Funktionen keinen Einfluss auf die Steuerung der Emissionen haben. Unter diesen Umständen ist die Behauptung des Klägers, es sei gleichwohl das Gegenteil der Fall, eine unbeachtliche Behauptung ins Blaue.

Soweit der Kläger tatsächlich die Auffassung vertreten sollte, die vom KBA vorgenommene Überprüfung des konkreten Fahrzeugs mit dem Motor EA 288 und das vom KBA nach umfassenden Untersuchungen gefundene Ergebnis fehlender illegaler Abschalteinrichtungen sei für die rechtliche Bewertung irrelevant, vermag sich der Senat dieser Auffassung nicht anzuschließen. Das KBA ist die staatliche Stelle, die für die Erteilung der EG-Typengenehmigung zuständig ist und die Gesetzeskonformität eines PKW überwachen muss. Gerade dieser Behörde obliegt es, ggfls. verbindliche Rückrufe auszusprechen und die Hersteller anzuhalten, ggfls. Nachbesserungen vorzunehmen, um eine Gesetzeskonformität zu gewährleisten.

Auch der Vorwurf des Klägers, das von ihm erworbene Fahrzeug sei mit einem als unzulässige Abschalteinrichtung zu bewertenden sog. Thermofenster ausgestattet, erweist sich für einen Anspruch aus § 826 BGB als nicht erfolgversprechend, auch wenn er ausweislich seines Vortrags auf das Thermofenster allerdings nicht (mehr) sein Hauptaugenmerk gelegt hat. Er hat immerhin zugestanden, dass das Vorhandensein eines sog. Thermofenster nicht in jedem Falle haftungsbegründend ist.

Eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung kann nämlich auch nicht wegen eines vorhandenen sog. Thermofensters (bzw. einer anderweitigen Abschalteinrichtung) festgestellt werden.

Die Behauptung des Klägers reicht im Lichte des Vorbringens der Beklagten sowie der bereits zitierten amtlichen Auskunft des KBA als hinreichend substantiierte Behauptung nicht aus, um eine Beweiserhebung (insbesondere die Einholung eines Sachverständigengutachtens) zu veranlassen. In der amtlichen Auskunft vom 11.02.2021, die sich auf einen PKW1 (Diesel) EU 6 - also mit einem identischen, im Fahrzeug des Klägers verbauten Motor- bezog, hat das KBA unter Ziffer 2 c ausgeführt, dass "jedes Dieselfahrzeug mit AGR (=Abgasrückführung) über eine temperaturgeführte AGR-Regelung (sog. Thermofenster) verfüge. Dies führe in der Regel zu einer Reduktion der AGR-Raten bei niedrigen Umgebungs-, Ansaugluft-, oder Ladelufttemperaturen. Für das betroffene Fahrzeug wurde mit Bezug auf die temperaturgeführte AGR-Regelung keine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt".

Bei einer die Abgasreinigung (Abgasrückführung und Abgasnachbehandlung) beeinflussenden Motorsteuerungssoftware (sog. Thermofenster), die vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise wie auf dem Prüfstand arbeitet, und bei der Gesichtspunkte des Motor- bzw. des Bauteilschutzes als Rechtfertigung ernsthaft angeführt werden können, kann bei Fehlen jedweder konkreter Anhaltspunkte nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass die Handelnden bzw. Verantwortlichen der Beklagten in dem Bewusstsein gehandelt haben, möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. Vielmehr muss diesbezüglich, selbst wenn hinsichtlich des Thermofensters von einer objektiv unzulässigen Einflussnahme auf die Abgaswerte auszugehen sein sollte, eine möglicherweise falsche, aber dennoch vertretbare Gesetzesauslegung und -anwendung durch die Organe der Beklagten in Betracht gezogen werden.

Ein vorsätzliches Handeln kommt nur in Betracht, wenn über die bloße Kenntnis von der Verwendung einer Software mit der dargestellten Funktionsweise in dem Motor EA 288 hinaus zugleich Anhaltspunkte dafür erkennbar wären, dass dies seitens der Beklagten in dem Bewusstsein geschah, hiermit möglicherweise gegen die gesetzlichen Vorschriften zu verstoßen und dieser Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen wurde.

Solche Anhaltspunkte sind von dem Kläger weder substantiiert vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Soweit er vorträgt, der Einsatz eines sog. Thermofensters sei zum Motorschutz nicht zwingend notwendig, ist dieser Vortrag nicht von Relevanz. Unabhängig davon, dass Art. 5 Abs. 2 Satz 2 VO (EG) 2007/715 nicht voraussetzt, dass keine andere technische Lösung möglich sein darf, und eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten zweifelhaft sein dürfte, lässt der Vortrag des Klägers keinen Rückschluss auf das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen des § 826 BGB zu.

Die Gesetzeslage ist insoweit nicht eindeutig. Die Diskussion über Inhalt und Reichweite der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 Satz 2a VO (EG) 2007/715 wird kontrovers geführt. Vorliegend aber hat die Beklagte das Erfordernis des Thermofensters zum Zwecke des Motorschutzes etc. dargelegt.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das KBA als staatliche Zulassungsbehörde die Typzulassung bzw. Typgenehmigung erteilt hat. Die Zivilgerichte haben deshalb bis auf weiteres von der Rechtmäßigkeit der Motorkonfiguration auszugehen. Solange ein solcher Verwaltungsakt, der Bindungswirkung entfaltet, nicht durch die zuständige Behörde oder durch ein Verwaltungsgericht aufgehoben worden oder für nichtig erklärt ist, ist die Zulässigkeit der betreffenden Abschalteinrichtung einer Nachprüfung durch die Zivilgerichte entzogen (sog. Tatbestandswirkung). Gründe, warum dies hier nicht gelten sollte, sind nicht ersichtlich.

Der Senat hat im Einklang mit einer neueren Entscheidung des BGH sowie zahlreichen Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte bereits wiederholt in mehreren Entscheidungen ausgeführt, dass das sog. Thermofenster nicht als unzulässige Abschalteinrichtung qualifiziert werden kann (vgl. BGH VI ZR 433/19, Urteil vom 19.01.2021 = MDR 2021, 291 [BGH 19.01.2021 - VI ZR 433/19] in juris in Bezug auf den PKW eines anderen Herstellers). Dazu hat der Senat in diversen Entscheidungen bereits mehrfach ausgesprochen, dass nach der VO 715/2007/EG - auf die der Kläger Bezug nimmt - sog. Thermofenster zwar im Grundsatz unzulässig sind, unter bestimmten Bedingungen aber auch zulässig sein können. Die Problematik, ob ein Thermofenster im Einzelfall als illegal anzusehen ist, hängt von einer komplexen Prüfung des tatsächlichen Sachverhalts und sodann von der Subsumtion unter die EU-Zulassungsverordnung ab. Für diese Prüfung ist das KBA als Fachbehörde im Rahmen der Erteilung der EG Typengenehmigung zuständig. Unstreitig verfügt das Fahrzeug des Klägers über die erforderliche EG-Typengenehmigung, bei dieser handelt es sich um einen Verwaltungsakt, der Tatbestandswirkung für die Zivilgerichte entfaltet. Solange ein solcher Verwaltungsakt nicht durch die zuständige Behörde (= KBA) oder durch ein Verwaltungsgericht aufgehoben wurde oder nichtig ist, ist die Zulässigkeit der betreffenden Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG - wie bereits ausgeführt - einer Nachprüfung durch die Zivilgerichte entzogen (vgl. BGH, Urteil vom 21.09.2006 - IX 89/05 - in juris Rn. 14 m.w.N. aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung).

Zwar kann trotz dieser Tatbestandswirkung des Verwaltungsakts ein Sachmangel vorliegen, wenn feststeht, dass eine objektiv rechtswidrige Genehmigung durch den Fahrzeughersteller aufgrund einer Täuschung erschlichen worden ist, wie dies nach der Rechtsprechung des Senats und des BGH für den Motor EA 189 des BB-Konzerns anzunehmen ist.

Hat der Fahrzeughersteller jedoch die Prüfer weder durch den Einsatz einer Prüfstanderkennungssoftware getäuscht, noch gegenüber der Genehmigungsbehörde eine temperaturabhängige Abschaltungsvorrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG verschwiegen und erteilt das KBA die EG-Typengenehmigung, beinhaltet dies die Billigung der Abschaltvorrichtung. Eine Täuschung des KBA durch die Beklagte ist auch nicht ersichtlich. Das erschließt sich aus der dargestellten, wörtlich zitierten amtlichen Auskunft des KBA vom 11.02.2021, in der das KBA gerade ausführt: "Jedes Fahrzeug mit Dieselmotor und AGR verfügt über eine temperaturgeführte AGR-Regelung (Sog. "Thermofenster"). Diese führt in der Regel zu einer Reduktion der AGR-Raten bei niedrigen Umgebungs-, Ansaugluft- oder Ladelufttemperaturen. Für das betroffene Fahrzeug wurde mit Bezug auf die temperaturgeführte AGR-Regelung keine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt."

Es kann auch dahingestellt bleiben, ob ein Thermofenster eine unzulässige Abschaltvorrichtung darstellt oder nicht. Denn die Sittenwidrigkeit des Verhaltens der Beklagten und der für die Haftung gemäß § 826 BGB ebenfalls erforderliche Schädigungsvorsatz der Beklagten kann nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nicht festgestellt werden. Eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung im Sinne von § 826 BGB oder ein sonstiges deliktisches Verhalten des Herstellers scheidet in der vorliegenden Konstellation von vornherein aus. Diese rechtliche Bewertung entspricht der allgemeinen Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. etwa OLG München NJW-RR 2019, 1497 [OLG München 29.08.2019 - 8 U 1449/19]; OLG Stuttgart NZV 2019, 579 [OLG Stuttgart 30.07.2019 - 10 U 134/19]; OLG Koblenz, Urteil vom 21.10. 2019 - 12 U 246/19; OLG Bamberg, Hinweisbeschluss vom 31.03.2020 - 3 U 57/19; OLG Frankfurt, Hinweisbeschluss vom 23.12. 2019 - 16 U 195/19; OLG Schleswig, Urteil vom 18.09.2019 - 12 U 123/18 -; OLG Oldenburg, Beschluss vom 27.01.2020 - 5 U 395/19), und wurde auch vom Senat mehrfach entschieden.

Aus den oben dargestellten und zitierten Auskünften des KBA ergibt sich deutlich, dass das KBA die Installation eines "Thermofensters" bei Dieselmotoren als üblich und grundsätzlich unbedenklich ansieht. Entsprechendes folgt insbesondere aus der ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19.01.2021 (VI ZR 433/19). Danach ist das Verhalten der für einen Kraftfahrzeughersteller handelnden Personen nicht bereits deshalb als sittenwidrig zu qualifizieren, weil sie einen Fahrzeugtyp aufgrund einer grundlegenden unternehmerischen Entscheidung mit einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems (Thermofenster) ausgestattet und in den Verkehr gebracht haben. Dies gilt auch dann, wenn mit der Entwicklung und dem Einsatz dieser Steuerung eine Kostensenkung und die Erzielung von Gewinn erstrebt wird. Der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit ist vielmehr nur gegeben, wenn weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen (BGH, Urteil vom 19.01.2021 - VI ZR 433/19 -, juris Rn. 13). Das kann z.B. der Umstand sein, dass der Hersteller gegenüber der Zulassungsbehörde im Typzulassungsverfahren unzutreffende An -gaben gemacht hat (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 22 ff.).

Derartige Umstände hat der Kläger hier jedoch nicht konkret vorgetragen. Da das KBA, dem die Verwendung eines sog. Thermofensters in Dieselfahrzeugen bekannt ist, die Gestaltung des Thermofensters geprüft und als unbedenklich angesehen hat, hätte (falls sie nicht ohnehin erfolgt ist) eine ausdrückliche Mitteilung hierüber im Typgenehmigungsverfahren nicht zu einem anderen Ergebnis geführt. Das gilt auch für die anderen vermeintlich unzulässigen Abschalteinrichtungen, die das KBA eben gerade nicht als solche qualifiziert hat.

Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte angenommen haben könnte, das KBA könne das Thermofenster als unzulässige Abschalteinrichtung ansehen, und deshalb dem KBA die Ausgestaltung desselben verschwiegen haben könnte.

Der Auffassung des Klägers, die Feststellung des Bundesgerichtshofs, mit der Verwendung eines Thermofensters sei für sich nicht der Tatbestand der Sittenwidrigkeit erfüllt, werde tatsächlich nicht haltbar sein, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Diese höchstrichterliche Rechtsprechung entspricht derjenigen des Senats sowie aller anderen Oberlandesgerichte.

Die von dem Kläger monierte Fahrkurvenerkennung (= Teststand- bzw. Prüfstanderkennung) ist ebenfalls nicht als unzulässige Abschalteinrichtung zu qualifizieren. Das KBA hat in der bereits erwähnten amtlichen Auskunft vom 11.02.2021 gegenüber dem 14. Zivilsenats des OLG Oldenburg unter Ziffer 2 a ausgeführt, "eine sog. Fahrkurvenerkennung ist in ursprünglich ausgelieferten Datenbeständen der Motorsteuerung an den betroffenen Fahrzeugen enthalten, diese wurden jedoch nicht als unzulässige Abschalteinrichtung bewertet. Die ursprüngliche Fahrkurvenerkennung dient bei diesen Fahrzeugen mit als ein zusätzliches Kriterium zur Umschaltung von Emissionsminderungsstrategien, funktioniert auf dem Prüfstand und im Straßenbetrieb gleichermaßen und hat keinen wesentlichen Einfluss auf die Schadstoffemissionen. Die betroffenen Fahrzeuge verwenden einen SCR-Katalysator, der systembedingt mit Reagens betrieben werden muss. Eine Umschaltung der Emissionsminderungsstrategien erfolgt in Abhängigkeit von der technisch möglichen Wirksamkeit des SCR-Katalysators, welche im Wesentlichen von der Temperatur des Katalysators sowie von der Dosierung des Reagens abhängt. Nach dem Motorstart ist der SCR-Katalysator in der Regel bis zum Erreichen seiner notwendigen Betriebstemperatur unwirksam und das Emissionsminderungskonzept nutzt im Wesentlichen die Abgasrückführung (AGR)".

Darüber hinaus hat die Beklagte - soweit ersichtlich unwidersprochen - behauptet, die Fahrkurvenerkennung sei nach einem Modellwechsel nicht mehr verwendet worden. Sie hat dazu konkret ausgeführt, ab dem Modellwechsel (Kalenderwoche 22 des Jahres 2016) habe sie entschieden, bei allen EA 288 Motoren (mit SCR- sowie NSK-Technologie) die Fahrkurvenerkennung nicht mehr zu verwenden. Dem ist der Kläger jedenfalls nicht konkret entgegengetreten. Das vom Kläger erworbene Fahrzeug (Erstzulassung am 29.08.2016) gehört damit zu denjenigen, die nach dem Modellwechsel nach der unternehmerischen Entscheidung der Beklagten abweichend von dem früheren Modell abweichend ausgestattet wurden.

In diesem Zusammenhang ist weiter auszuführen, dass der Kläger in Bezug auf das von ihm erworbene Fahrzeug nicht konkret dargelegt hat, welches Abgasrückführungssystem in seinem Fahrzeug verbaut wurde. In der Klage werden verschiedene Formen der Abgasrückführung behandelt, ohne dass der Kläger konkret vorgetragen hätte, welches System in seinem Fahrzeug zum Einsatz gekommen ist, also etwa der NOx-Speicherkatalysator (NSK) oder der SCR-Katalysator. Nach dem Inhalt der Berufungsbegründung scheint der Kläger von dem Vorhandensein eines NOx-Speicherkatalysators auszugehen, andererseits moniert er einen zu kleinen AdBlue-Tank, was auf die Installation eines SCR-Katalysators schließen lässt; konkret vorgetragen hat der Kläger das aber nicht.

Unter Beachtung des eigenen Sachvortrags des Klägers, wonach in seinem Fahrzeug ein AdBue-Tank verbaut ist, sowie des Vortrags der Beklagten zur technischen Ausstattung nach einem Modellwechsel, ist zwingend davon ausgehen, dass der vom Kläger erworbene PKW über einen SCR-Katalysator verfügt; denn AdBlue kommt nur bei Diesel-Fahrzeugen zum Einsatz, die mit einem SCR-Katalysator ausgestattet sind und über die AdBlue-Technologie verfügen. Sie ermöglicht eine Reduktion ausgestoßener Stickoxide mittels selektiver katalytischer Reduktion um bis zu 90 %.

In Bezug auf die vom Kläger als unzulässige Abschalteinrichtung beanstandete AdBlue-Minderdosierung ist nach der amtlichen Auskunft des KBA vom 11.02.2021 festzustellen, dass von einer unzulässigen Abschalteinrichtung nicht ausgegangen werden kann. Das KBA hat in der zitierten Auskunft unter Ziffer 2 b ausgeführt, "eine unzulässige Abschalteinrichtung hinsichtlich der Abgasnachbehandlung mit SCR-Katalysator (Dosiermengen Reagens) wurde nicht festgestellt". Das Landgericht hat nach Bewertung des Senats zu Recht darauf abgestellt, dass der Sachvortrag des Klägers nicht ausreichend spezifiziert ist. Aus welchem Grund im Realbetrieb nicht ausreichend Harnstoff zugeführt werden soll und auf welcher Ursache das beruht, beschreibt der Kläger nicht. Die Beklagte hat insoweit auf den Bericht der Untersuchungskommission "Volkswagen" (Anlage B 1) verwiesen, wonach die mit dem Motor EA 288 ausgestatteten Fahrzeuge die EURO 6-Anforderungen erfüllen. Die Beklagte hat ferner darauf hingewiesen, dass sich der SCR-Katalysator mit aktueller Motorsteuerungssoftware sowohl auf dem Prüfstand als auch im realen Fahrbetrieb hinsichtlich seines Wirkungsgrades sowie der AdBlue - Dosierung identisch verhält.

Das sog. OBD-System hat der Kläger - anders als in anderen vom Senat bearbeiteten Rechtsfällen - nicht als unzulässige Abschalteinrichtung qualifiziert und darauf einen Anspruch auf Rückabwicklung nicht gestützt. Eine Haftung gemäß § 826 BGB würde sich daraus auch nicht ergeben; denn bei dem OBD-System handelt es sich um ein Fahrzeugdiagnosesystem, welches während des Fahrbetriebs bestimmte (gesetzlich festgelegte) abgasrelevante Bauteile auf ihre grundsätzliche Funktionsfähigkeit überwacht. Das System dient der Überprüfung der Fahrtüchtigkeit des Fahrzeugs sowie der Erkennung eventuell auftretender Fehler im System. Auch unter Beachtung des Sachvortrags des Klägers, der ebenfalls von einem puren Kontrollsystem ausgeht, ist nicht ersichtlich, inwieweit durch eine Manipulation des OBD-Systems tatsächlich auf das Abgasverhalten sowie auf die Höhe der im Fahrbetrieb verursachten Emissionen in Bezug auf das vom Kläger erworbene Fahrzeug konkret eingewirkt worden sein soll. Vielmehr bewegt sich der Kläger auch insoweit im spekulativen Bereich und zieht aus der nicht funktionierenden Kontrollleuchte nicht gerechtfertigte Schlussfolgerungen. Die nicht funktionierende Kontrollleuchte lässt keinen Rückschluss darauf zu, dass die Beklagte eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet hat. Das OBD-System regelt nämlich nicht etwa das Abgassystem und die Abgaswerte, sondern zeigt lediglich den nicht ordnungsgemäßen Betrieb der Abgassysteme im Normalbetrieb an. Der Sachvortrag des Klägers, die Beklagte habe das OBD so programmiert, dass bei einer Inspektion fehlerhaft das ordnungsgemäße Funktionieren der Abgassysteme gemeldet wird, ist nicht stichhaltig und im Hinblick auf das Emissionsverhalten des Fahrzeugs nicht nachvollziehbar. Ein Zusammenhang zwischen einer unzulässigen, das Emissionsverhalten des Fahrzeugs beeinflussende Abschalteinrichtung und dem OBD kann nicht festgestellt werden.

Insgesamt steht dem Kläger deshalb ein Anspruch gemäß § 826 BGB nicht zu. Aus den erfolgten Darlegungen ergibt sich, dass eine Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens - anders als der Kläger meint - nicht notwendig war, so das auch der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht verletzt ist.

Als Fazit ist festzustellen, dass der konkret vom Kläger erworbene PKW keinem verpflichtenden Rückruf unterliegt, das Kraftfahrzeug verfügt weiterhin über eine gültige EG-Typgenehmigung und es ist schließlich nichts dafür ersichtlich, dass die Typgenehmigung durch das KBA nach zahlreichen Untersuchungen des Motors EA 288 widerrufen oder der Betrieb des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen beschränkt oder untersagt wird. (vgl. auch Anlage B 5 - Urteil des OLG Frankfurt vom 07.10.2020, 4 U 171/18, zu einem vergleichbaren Sachverhalt, insbesondere auch zum OBD auf Seite 23 f).

3.) Ein Schadensersatzanspruch des Käufers eines manipulierten Pkw (hier des Klägers) gegen den Hersteller ergibt sich ferner auch nicht aus § 823 BGB i.V.m. § 263 StGB oder §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV. In seiner Grundsatzentscheidung vom 30.07.2020 - VI ZR 5/20 - hat der Bundesgerichtshof dies im Einzelnen ausgeführt (vgl. BGH, a.a.O., juris Rn. 11 ff.); hierauf wird Bezug genommen. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers - wie der übrigen Käufer solcher Fahrzeuge - wird darauf gestützt, dass er von der Beklagten zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst worden sei. Das Interesse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, liegt jedoch nicht im Aufgaben- und Schutzbereich der §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 11; Urteil vom 25.05.2020 - VI ZR 252/19 -, juris Rn. 76; vgl. auch OLG München, Urteil - 21 U 5072/19 dort Seite 8; OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.01.2021 - 19 U 186/20, Seite 10; OLG Stuttgart,16 U 1305/20, Seite 21 unter lit. C).

Ein Schadensersatzanspruch des Klägers als Käufers eines manipulierten Fahrzeugs gegen den Hersteller ergibt sich ferner auch nicht aus § 823 BGB i.V.m. § 263 StGB oder §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV. In seiner Grundsatzentscheidung vom 30.07.2020 - VI ZR 5/20 - hat der Bundesgerichtshof dies im Einzelnen ausgeführt (vgl. BGH, a.a.O., juris Rn. 11 ff.); hierauf wird Bezug genommen. Das Interesse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, liegt nicht im Aufgaben- und Schutzbereich der §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 11; Urteil vom 25.05.2020 - VI ZR 252/19 -, juris Rn. 76; vgl. auch OLG München, Urteil - 21 U 5072/19 dort Seite 8; OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.01.2021 - 19 U 186/20, Seite 10; OLG Stuttgart, Urteil - 16 U 1305/20, Seite 21 unter lit. C; OLG Naumburg, Urteil vom 12.06.2019 - 5 U 17/19 - Seite 9). Zudem fehlt es an der Bereicherungsabsicht und der in diesem Zusammenhang erforderlichen Stoffgleichheit des erstrebten rechtswidrigen Vermögensvorteils mit einem etwaigen Vermögensschaden (BGH, Urteil vom 30.7.2020, VI ZR 5/20, beck-online Rn.18).

4.) Ein Schadensersatzanspruch gemäß § 823 BGB i.V.m. § 263 StGB scheitert jedenfalls an der fehlenden Stoffgleichheit zwischen dem in der Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Wert des Fahrzeugs liegenden Vermögensschaden des Käufers eines Gebrauchtfahrzeugs mit den denkbaren Vermögensvorteilen, die ein verfassungsmäßiger Vertreter der Beklagten für sich, die Beklagte oder auch den Kraftfahrzeughändler erstrebt haben könnte (vgl. BGH, Urteil vom 30.07.2020 - VI ZR 5/20 -, juris Rn. 17-26 m.w.N.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.01.2021 - 19 U 186/20, Seite 10 f - Anlage BE 17).

5.) Auch ein Ersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 16 UWG besteht nicht. Nach § 16 UWG macht sich strafbar, wer in der Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, in öffentlichen Bekanntmachungen oder Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, durch unwahre Angaben irreführend wirbt. Das diesbezügliche Vorbringen des Klägers ist ohne jede Substanz. Der Kläger trägt lediglich in allgemeiner Form vor, die Beklagte habe den Anschein eines besonders günstigen Angebots dadurch hervorgerufen, dass sie wahrheitswidrig den Eindruck erweckt habe, das Fahrzeug halte die vorgeschriebenen Abgaswerte ein. Wann und wie dies geschehen sein soll, wird nicht vorgetragen. Dass die Beklagte nach Bekanntwerden des Dieselskandals für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp durch Bekanntmachung besonders günstiger Angebote geworben habe, trägt der Kläger nicht vor (vgl. dazu OLG Celle, Urteil vom 29.01.2020 - 7 U 575/18 -, juris Rn. 72). Zudem fehlte der Beklagten die von § 16 UWG vorausgesetzte Absicht, "den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen", im Kaufzeitpunkt aus denselben Erwägungen wie der Täuschungsvorsatz im Sinne des § 263 StGB und der Schädigungsvorsatz im Sinne von § 826 BGB. Zwischen einer etwa früher vorhandenen Absicht i.S.d. § 16 UWG (die möglicherweise zu einer Strafbarkeit verantwortlich tätiger Vorstandsmitglieder der Beklagten geführt haben mag) und dem Kaufentschluss des Klägers besteht überdies nicht der auch hier notwendige Zurechnungszusammenhang (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 10.6.2020 - 4 U 581/19 -, BeckRS 2020, 26018, Rn.57).

6.) Aus den erfolgten Darlegungen erschließt sich zwanglos, dass auch der vom Kläger geltend gemachte Feststellungsantrag (Annahmeverzug) sowie der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten (eine 2,0 Gebühr wäre ohnehin als übersetzt zu bewerten) unbegründet ist.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, während sich die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 i.V.m. § 709 ZPO herleitet.

Die Revision wird im Hinblick auf die (abweichende) Entscheidung des OLG Naumburg vom 09.04.2021 (8 U 68/20) zugelassen.