Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 26.08.2020, Az.: L 3 U 83/16
Anerkennung eines Arbeitsunfalls; Posttraumatische Belastungsstörung; Gespräch mit Polizeibeamten nach einem Verkehrsunfall; Zeitliche Begrenzung einer schädigenden Einwirkung
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 26.08.2020
- Aktenzeichen
- L 3 U 83/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2020, 50923
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hildesheim - 30.03.2016 - AZ: S 11 U 60/15
Rechtsgrundlagen
- § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII
- § 2 SGB VII
- § 3 SGB VII
- § 6 SGB VII
Redaktioneller Leitsatz
Eine schädigende Einwirkung ist gem. § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII nur zeitlich begrenzt, wenn sie höchstens auf die Dauer einer Arbeitsschicht beschränkt vorgelegen hat.
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 30. März 2016 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit steht die Anerkennung eines Arbeitsunfalls.
Der 1961 geborene Kläger war als Busfahrer befristet beschäftigt. Am 24. Januar 2012 fuhr er mit einem Linienbus die Haltestelle "G." in H. an, an der eine Schülerin ausstieg. Das zum damaligen Zeitpunkt siebenjährige Mädchen lief anschließend neben dem abfahrenden Bus her, um einer dort sitzenden Freundin zu winken. Dabei rutschte es von der Bordsteinkante ab und stürzte. Aufgrund des Hinweises eines anderen Fahrgastes stoppte der Kläger den Bus und lief zurück zur Haltestelle. Dort sprach er mit der mittlerweile erschienenen Mutter des Mädchens, die davon ausging, dass ihre Tochter sich allenfalls leicht verletzt hatte und erklärte, dass er weiterfahren könne (Protokoll des PK I. vom 28. Februar 2012).
Noch während derselben Arbeitsschicht wurde der Kläger durch seinen Einsatzleiter darüber informiert, dass das Mädchen verletzt und ein Notarzt sowie ein Rettungshubschrauber vor Ort seien. Als er in entgegengesetzter Fahrtrichtung wiederum an der Haltestelle "G." anhielt, sprachen ihn die dort anwesenden Polizeibeamten auf den Vorfall an. Nach dem hierüber gefertigten Unfallbericht bestätigte der Kläger, dass er als Fahrer des Busses in der letzten Stunde in einen Unfall verwickelt gewesen sei. Daraufhin wurde er von einem der Polizeibeamten gebeten, aus dem Bus auszusteigen, sich auszuweisen und seinen Führerschein und den Fahrzeugschein auszuhändigen. Anschließend belehrten ihn die Beamten über seine Rechte als Beschuldigter in einem Strafverfahren wegen Verkehrsunfallflucht (Unfallbericht PKA J. vom 25. Januar 2012).
Tatsächlich hat das Mädchen infolge des Sturzes ein Polytrauma mit Verletzungen vor allem im Bereich des Beckens erlitten. Es wurde mit dem Rettungshubschrauber zur Universitätsmedizin K. transportiert und dort stationär behandelt (Arztbericht Prof. Dr. L. ua vom 12. März 2012).
Das Beschäftigungsverhältnis des Klägers endete aufgrund Ablaufs der Befristung zum Ende des Monats Januar 2012.
Im März 2012 meldete der Kläger den Vorfall vom 24. Januar 2012 der Beklagten. Er befinde sich in (haus-)ärztlicher Behandlung bei Dr. M. und sei derzeit psychisch nicht in der Lage, einen Bus zu fahren, weil ihn die "Sache" verfolge (Schreiben vom 22. März 2012).
Die Beklagte forderte einen Befundbericht des Hausarztes Dr. M. an, der eine (auf den 23. Februar 2012 datierte, am 24. April 2012 eingegangene) ärztliche Unfallmeldung übersandte und angab, beim Kläger habe "keinerlei Verletzung" und "lediglich eine psych. Belastungsreaktion" vorgelegen.
Außerdem zog die Beklagte die polizeilichen Ermittlungsakten bei. Im Juni 2012 stellte die Staatsanwaltschaft (StA) K. das Strafverfahren gegen den Kläger gemäß § 170 Abs 2 Strafprozessordnung (StPO) ein (Schreiben der StA vom 22. Juni 2012).
Aufgrund der ab Oktober 2012 auf Kosten der Beklagten durchgeführten fünf probatorischen Sitzungen diagnostizierte die Psychologische Psychotherapeutin Dipl.-Psych. N. eine mittelgradige depressive Episode - ICD-10: F32.1 (Befundbericht vom 19. November 2012). Im Februar/März 2013 nahm der Kläger eine stationäre Maßnahme zur Rehabilitation in der O. in P. Q. wahr. Dort wurde ua die Diagnose einer "Anpassungsstörung mit depressiven Gefühlen und Stresserleben (ICD-10: F43.2, G)" gestellt (Abschlussbericht Dr. R., Dipl.-Psych. S. und Assistenzärztin T. vom 28. März 2013).
Im Anschluss veranlasste die Beklagte eine Begutachtung des Klägers durch Dres. U. und V., die zur Einschätzung gelangten, dass eine derzeit am ehesten reaktiv bedingte mittelgradige depressive Symptomatik mit Somatisierungstendenz (ICD-10: F 32.1) vorliege, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich auf das Unfallereignis und die sich daraus in der Folge ergebenden Konsequenzen (Auseinandersetzung mit der Polizei, Ermittlungsverfahren, Ausbleiben einer Festanstellung) zurückzuführen sei. Unfallunabhängig liege eine Persönlichkeitsakzentuierung mit zwanghaften, paranoiden und narzisstischen Anteilen vor (Gutachten vom 24. Juni 2014).
Der Beratungsarzt der Beklagten nahm demgegenüber an, dass das Erleben und die Erlebnisverarbeitung des Unfallhergangs vom 24. Januar 2012 keine wesentliche Ursache für die psychischen Störungen des Klägers sei. Die konkreten Belastungen im psychischen Bereich hätten vielmehr die sekundären Folgen des Unfallhergangs (polizeiliche Beschuldigung, sich unerlaubt vom Unfallort entfernt zu haben und Verlust des Arbeitsplatzes) betroffen. Diese Weiterungen im sozialen und psychischen Bereich des Klägers könnten aber nicht als Unfallfolgen qualifiziert werden, sondern seien den seiner Primärpersönlichkeit geschuldeten Verarbeitungsmechanismen zuzurechnen (beratungsärztliche Stellungnahme Dr. Dr. W. vom 5. August 2014).
Hierauf gestützt lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 24. Januar 2012 als Arbeitsunfall ab (Bescheid vom 25. September 2014). Den dagegen vom Kläger erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 23. April 2015 zurück. Es fehle bereits am Nachweis einer (geeigneten) psychischen Einwirkung im Rahmen des Ereignisses vom 24. Januar 2012 bzw dem Nachweis eines unfallbedingten (psychischen) Erstschadensbildes.
Am 21. Mai 2015 hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Hildesheim Klage erhoben und dort zuletzt geltend gemacht, dass er durch die gegen ihn eingeleiteten Ermittlungen, den Verlust des Arbeitsplatzes und die unterstellte Pflichtverletzung erheblich psychisch belastet worden sei. Hierdurch sei eine Minderung seiner Erwerbsfähigkeit eingetreten. Arbeitsunfall sei also nicht der Sturz des Kindes, sondern die Konfrontation mit dem unberechtigt eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs des unerlaubten Entfernens vom Unfallort und einer fahrlässigen Körperverletzung. Aus dieser Diskreditierung seien die dokumentierten psychischen Folgen entstanden.
Das SG hat die Klage nach Einholung eines Befundberichts des behandelnden Psychiaters Dr. X. mit Gerichtsbescheid vom 30. März 2016 abgewiesen. Es fehle an einem im Vollbeweis belegten psychischen Erstschaden. Dabei stütze sich die Kammer auf die überzeugende und schlüssige Stellungnahme von Dr. Dr. W ... Da der Kläger das Unfallereignis nicht bewusst miterlebt habe, könne er keinen Erstschaden erlitten haben. Erst durch den Fortgang der Ereignisse mit dem Ermittlungsverfahren und dem Verlust der Beschäftigung sei er psychisch geschädigt worden und habe dies aufgrund seiner vulnerablen Primärpersönlichkeit nicht kompensieren können. Die Ereignisse nach dem Unfall erfüllten nicht den Rechtsbegriff des Arbeitsunfalls, weil die Einwirkung auf mehrere Arbeitsschichten verteilt sei.
Gegen den seinem vormaligen Prozessbevollmächtigten am 6. April 2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18. April 2016 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt, zu deren Begründung er im Wesentlichen auf sein erstinstanzliches Vorbringen verweist.
Der Kläger beantragt,
- 1.
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 30. März 2016 und den Bescheid der Beklagten vom 25. September 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2015 aufzuheben,
- 2.
festzustellen, dass er am 24. Januar 2012 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Der Verlust des Arbeitsplatzes, die polizeiliche Handlungsweise und die als Diskreditierung empfundene Beschuldigung, sich unerlaubt vom Unfallort entfernt zu haben, seien als Begleitumstände der unversicherten persönlichen Sphäre des Klägers zuzuordnen.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat der Senat einen Befundbericht nebst Abschrift der Patientenkartei von Dr. M. eingeholt und von Amts wegen Dr. Y. und Dr. Z. gutachtlich gehört. Die Sachverständige Dr. Y. ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger vorübergehend an einer reaktiven mittelgradigen depressiven Episode (ICD-10: F32.1) gelitten habe, die durch das Gespräch mit der Polizei am 24. Januar 2012 und die dabei erfolgte Mitteilung der Einleitung eines Strafverfahrens verursacht worden sei. Daneben liege eine Persönlichkeitsakzentuierung mit paranoiden und impulsiven Zügen (ICD-10: Z73) als unfallunabhängige Krankheitsanlage vor (Gutachten vom 16. Juli 2018 mit ergänzender Stellungnahme vom 3. Dezember 2018). Demgegenüber nimmt der Sachverständige Dr. Z. an, dass der Kläger an einer Anpassungsstörung mit Depression gemischt mit Angst (ICD-10: F43.22) gelitten habe, wobei wechselnde Bedingungsfaktoren für die Erkrankung bestanden hätten. Die Gesundheitsstörung sei jedoch durch keines der in Betracht kommenden Ereignisse vom 24. Januar 2012 verursacht worden, denn es sei keine nachhaltige seelische Beeindruckung des Klägers im Erleben dieser Ereignisse erkennbar. Ebenfalls unabhängig von einem Ereignis an jenem Tag bestünden ein impulsiver Persönlichkeitsschwerpunkt (ICD-10: F60.30) und narzisstische Züge (Gutachten vom 16. September 2019 mit ergänzender Stellungnahme vom 30. März 2020).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Prozessakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat seine Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
A. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß §§ 54 Abs 1, 55 Abs 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig.
B. In der Sache hat die Klage jedoch keinen Erfolg. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ein Ereignis vom 24. Januar 2012 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
I. Nach § 8 Abs 1 S 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind gemäß § 8 Abs 1 S 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.
Ein Arbeitsunfall setzt danach im Regelfall voraus, dass die Verrichtung des Versicherten zum Zeitpunkt des Unfalls einer versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat (vgl Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 20. Dezember 2016 - B 2 U 16/15 R, SozR 4-2700 § 8 Nr 60 mwN). Dabei müssen die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitsschaden" erfüllen sollen, im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen; nur für den Nachweis der Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen ist der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit ausreichend (vgl hierzu BSG, Urteil vom 31. Januar 2012 - B 2 U 2/11 R, SozR 4-2700 § 8 Nr 43 mwN).
II. Unter Zugrundelegung dieser Vorgaben lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger am 24. Januar 2012 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
1. Mögliches Unfallereignis kann dabei nur das Gespräch mit den Polizeibeamten nach dem erneuten Halt des Busses an der Haltestelle "G." sein, in dessen Verlauf der Kläger auf die Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen wegen Verkehrsunfallflucht hingewiesen wurde.
a) Als Unfallereignis kommen nur solche Vorgänge in Betracht, die höchstens auf die Dauer der Arbeitsschicht am 24. Januar 2012 zeitlich begrenzt gewesen sind.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des BSG und einhelliger Auffassung im unfallversicherungsrechtlichen Schrifttum erfüllt eine schädigende Einwirkung das Merkmal "zeitlich begrenzt" in § 8 Abs 1 S 2 SGB VII nur, wenn sie höchstens auf die Dauer einer Arbeitsschicht beschränkt vorgelegen hat (vgl BSG, Urteil vom 31. Januar 2012 - B 2 U 2/11 R, SozR 4-2700 § 8 Nr 43; G. Wagner in: jurisPK-SGB VII, 2. Aufl 2014 - Stand: 26. Mai 2020, § 8 Rn 119 ff; Ricke in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Werkstand: 108. EL März 2020, § 8 SGB VII Rn 23 jeweils mwN). Dabei muss das Ereignis an einem bestimmten, wenn auch nicht kalendermäßig genau bestimmbaren Tag eingetreten sein (BSG, Urteil vom 30. April 1985 - 2 RU 7/84, SozR 2200 § 548 Nr 71).
Insoweit kommt hier nur die Arbeitsschicht am 24. Januar 2012 in Frage. Die Beklagte hat im angefochtenen Bescheid ausschließlich eine auf diesen Tag bezogene ablehnende Entscheidung getroffen, auf die sich die gerichtliche Überprüfung beschränkt. Dem trägt auch der Feststellungsantrag des Klägers Rechnung.
bb) Da der Kläger am 24. Januar 2012 selbst keinen körperlichen Gesundheitsschaden erlitten hat, muss es sich außerdem um ein Ereignis handeln, das der Kläger wahrgenommen hat.
Nach der Rechtsprechung des BSG können bereits bloße Wahrnehmungen (Sehen, Hören, Schmecken, Ertasten, Riechen), durch die sich der physiologische Körperzustand des Versicherten ändert, äußere Ereignisse darstellen (vgl BSG, Urteil vom 26. November 2019 - B 2 U 8/18 R, juris). Nur wenn jeder äußere Anknüpfungspunkt für einen Sinneseindruck fehlte - sich ein Geschehen also allein in der subjektiven Vorstellung des Verunfallten abgespielt hat - oder sich nicht mehr feststellen ließe, ist ein äußeres Ereignis zu verneinen (BSG aaO).
b) Hiernach ist der Sturz des Mädchens, der sich nach dessen Ausstieg aus dem Linienbus an der Haltestelle "G." und dem erneuten Anfahren des vom Kläger gelenkten Busses ereignete, schon deshalb kein denkbares Unfallereignis eines möglichen Arbeitsunfalls, weil der Kläger dieses Ereignis überhaupt nicht selbst wahrgenommen hat und es daher auch nicht zu einer Änderung seines physiologischen Körperzustandes geführt haben kann. Mögliche Unfallereignisse sind auch weder sein späteres Telefongespräch mit dem Einsatzleiter noch die Kenntniserlangung von der schweren Verletzung des Mädchens, denn diese Vorgänge haben ihn schon nach seinem eigenen Vorbringen und seinen Angaben gegenüber den Sachverständigen Dres. Y. und Z. nicht weiter beeindruckt.
Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren und die "Konfrontation" hiermit - die der Kläger zur Begründung seiner Klage als "Arbeitsunfall" angeführt hat - scheidet ebenfalls als Unfallereignis aus, weil es über mehrere Monate angedauert hat und damit nicht iSv § 8 Abs 1 S 2 SGB VII zeitlich begrenzt gewesen ist.
Da sonstige als Unfallereignis in Betracht kommende konkrete Vorgänge weder vom Kläger dargelegt worden noch von Amts wegen ersichtlich sind, bleibt als mögliches Unfallereignis nur das Gespräch mit den Polizeibeamten nach Rückkehr des Klägers an die Haltestelle "G.", bei dem ihm von einem der Polizeibeamten mitgeteilt worden ist, dass gegen ihn ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet werde. Soweit im Folgenden "das Ereignis vom 24. Januar 2012" ohne nähere Angaben angeführt wird, ist damit dieses Ereignis gemeint.
2. Bei diesem Gespräch mit den Polizeibeamten hat der Kläger auch eine versicherte Tätigkeit ausgeübt.
Der Kläger gehörte als angestellter Busfahrer zum Kreis der Beschäftigten und war deshalb gemäß § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII dem Grunde nach kraft Gesetzes unfallversichert. Eine nach dieser Vorschrift versicherte Tätigkeit erfordert das Vorliegen einer Verrichtung, deren Ergebnis nicht dem Beschäftigten selbst, sondern dem Unternehmer unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht (vgl BSG, Urteil vom 26. November 2019 aaO). Eine Verrichtung ist jedes konkrete, also auch räumlich und zeitlich bestimmte Verhalten eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar und subjektiv - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist. Eine Beschäftigung iSd § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder der Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern er nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht, oder er unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt (vgl BSG aaO mwN).
Vorliegend war das Gespräch des Klägers mit der Polizei nach dem (erneuten) Halt an der Haltestelle "G." zumindest auch darauf gerichtet, eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis zu erfüllen. Das von Seiten der Polizei initiierte Gespräch diente der Aufklärung der Beteiligung des Klägers an dem Unfall des Mädchens, das nach dem Aussteigen aus dem Bus gestürzt war und ein Polytrauma mit Beckenfrakturen erlitten hatte. Dabei haben die Polizeibeamten zunächst eine mögliche Strafbarkeit des Klägers wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gemäß § 142 Strafgesetzbuch (StGB) in Betracht gezogen. Nach Abs 1 der Vorschrift wird bestraft, wer sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er 1. zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder 2. eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne dass jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen. Entsprechende Verhaltenspflichten eines Unfallbeteiligten sind in § 34 Straßenverkehrsordnung (StVO) normiert; dabei ist Unfallbeteiligter jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann (§ 142 Abs 5 StGB bzw § 34 Abs 2 StVO). Diese Tatbestände zielen darauf ab, die Aufklärung von Verkehrsunfällen zu erleichtern und der Gefahr eines drohenden Beweisverlustes entgegenzuwirken; sie dienen allein der Sicherung begründeter und der Abwehr unberechtigter zivilrechtlicher Ansprüche (vgl BSG, Urteil vom 17. Februar 2009 - B 2 U 26/07 R, SozR 4-2700 § 8 Nr 32 mwN).
Hiernach lag zwar das Gespräch mit den Polizeibeamten auch wesentlich im privaten Interesse des Klägers, weil gegen ihn persönlich strafrechtliche Ermittlungen in Betracht kamen. Im Hinblick auf die genannten Zwecke der in § 34 StVO und 142 StGB geregelten Pflichten lag die Klärung der Einhaltung straßenverkehrsrechtlicher sowie strafrechtlicher Vorschriften während der Erfüllung der Hauptpflichten des Klägers aus dem Beschäftigungsverhältnis als Berufskraftfahrer jedoch erkennbar auch im Interesse seines Arbeitgebers. Denn zum einen konnte ein mögliches Straßenverkehrsdelikt des Klägers - unter Einbeziehung einer möglichen fahrlässigen Körperverletzung, auf die sich das Ermittlungsverfahren der StA zumindest auch bezog - Auswirkungen auf den Bestand seiner Fahrerlaubnis und damit die Möglichkeit der Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Hauptpflicht haben. Zum anderen kam auch ein (verschuldensunabhängiger) Schadensersatzanspruch des verunfallten Mädchens gegen den Arbeitgeber des Klägers als Halter des Busses gemäß § 7 Straßenverkehrsgesetz (StVG) in Betracht. Aus diesen Gründen gehörte es zu den Nebenpflichten des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis, die Aufklärung seiner Unfallbeteiligung zu fördern und seine Identitätsfeststellung durch die Polizei zu ermöglichen (vgl hierzu auch Landesarbeitsgericht (LAG) Köln, Urteil vom 17. August 2017 - 7 Sa 176/17, juris).
Eine solche arbeitsrechtliche Verpflichtung ergab sich zudem aus einer ihm erteilten Einzelweisung. In diesem Zusammenhang hat der Kläger in dem vom Senat durchgeführten Erörterungstermin nachvollziehbar dargelegt, dass er nach dem Unfall des Mädchens telefonisch durch seinen Einsatzleiter über die Situation an der Haltestelle "G." - mit mittlerweile erschienener Polizei und Krankenwagen - informiert und gebeten worden sei, sich darum zu kümmern und dort noch einmal vorbeizufahren. Wenn er anschließend zur Klärung des Unfallhergangs und seiner möglichen Beteiligung daran das Gespräch mit der Polizei geführt hat, entspricht das der ihm erteilten Weisung.
3. Der Kläger hat vorübergehend an einer Anpassungsstörung mit Depression gemischt mit Angst (ICD-10: F43.22) gelitten. Damit lag auch ein (psychischer) Gesundheitsschaden vor.
Der Senat stützt sich bei dieser Beurteilung auf das überzeugende Gutachten von Dr. Z., das unter dem 30. März 2020 ergänzt worden ist. Darin ist der Sachverständige mit nachvollziehbarer Argumentation zunächst zu dem Ergebnis gelangt, dass beim Kläger zum Zeitpunkt der nervenärztlichen Untersuchung im August 2019 kein psychiatrisches Störungsbild mehr bestanden hat. Das steht im Einklang mit den schlüssigen Ausführungen der Sachverständigen Dr. Y., die ihrerseits im Rahmen der persönlichen Untersuchung des Klägers keine depressive Symptomatik mehr feststellen konnte und von einem Abklingen der psychischen Gesundheitsstörung zwischen Juli 2017 und März 2018 ausgeht; hiergegen hat der Kläger auch keine Einwendungen erhoben.
Hiervon ausgehend war von Seiten der gerichtlichen Sachverständigen zu beurteilen, ob der Kläger in zeitlicher Folge nach dem 24. Januar 2012 vorübergehend an einer psychischen Gesundheitsstörung gelitten hat; dies haben beide Sachverständigen unter Auswertung der aktenkundigen Befunde und anamnestischen Angaben des Klägers bejaht. Im Hinblick auf die diagnostische Einordnung des Störungsbildes überzeugend ist jedoch nur die Einschätzung von Dr. Z., der das Störungsbild - im Gegensatz zu Dr. Y. - nachvollziehbar differenzialdiagnostisch abgeklärt hat (zur Notwendigkeit der Differenzialdiagnose vgl die Leitlinie zur Begutachtung psychischer und psychosomatischer Störungen - Teil III, Begutachtung bei Kausalitätsfragen im Sozial-, Zivil- und Verwaltungsrecht, 2. Neubearbeitung 2019, AWMF-Registernummer: 051-029 (im Folgenden: Leitlinie), im Internet abrufbar unter https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/051-029.html, S 30 Abschnitt 4.4.2; ferner Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl 2017, S 153).
Danach scheidet zunächst die Annahme einer Posttraumatischen Belastungsstörung schon aus dem Grunde aus, dass das in Rede stehende Ereignis nicht mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß verbunden gewesen ist bzw der Kläger nicht mit tatsächlichem oder drohendem Tod, ernsthafter Verletzung oder sexueller Gewalt konfrontiert gewesen ist, wie es Voraussetzung für die Erfüllung des A- bzw Traumakriteriums nach ICD-10 bzw DSM-5 wäre (vgl dazu näher Leitlinie aaO, S 19 Abschnitt 4.2.2). Gleichermaßen überzeugt die Annahme des Sachverständigen, dass nicht von einer mittelgradigen oder auch nur leichten depressiven Episode ausgegangen werden kann, weil sich eine Störung von solcher Schwere und Herabsenkung des psychosozialen Funktionsniveaus, wie sie diese Diagnose rechtfertigen würde, schon auf der Beschwerdeebene, insbesondere aber auf der Befundebene nicht belegen lässt. Dazu führt Dr. Z. beispielhaft den Bericht von Dipl.-Psych. AA. an, der zu den probatorischen Sitzungen im Oktober und November 2012 (und damit zur ersten fachspezifischen Behandlung des Klägers nach dem in Rede stehenden Ereignis) erstellt worden ist und auch nach Auffassung von Dr. Y. nur einen relativ knapp abgefassten psychischen Befund enthält. Soweit die Sachverständige Dr. Y. zur Begründung der von ihr bestätigten Diagnose einer mittelgradigen depressiven Episode maßgeblich auf die anamnestischen Angaben des Klägers abstellt, sind diese für sich genommen keine tragfähige Grundlage für die Feststellung einer psychischen Störung (vgl dazu auch Schönberger/Mehrtens/Valentin aaO, S 160 f). Vielmehr muss eine psychische Störung (ebenso wie körperliche Gesundheitsstörungen) objektiviert werden, was im Wesentlichen eine umfassende und nachvollziehbare Befunderhebung erfordert. Dass der Sachverständige Dr. Z. eine in diesem Sinne ausreichende Befunderhebung in dem insoweit auf vier Sätze beschränkten Bericht von Dipl.-Psych. AA. vom 19. Oktober 2012 nicht erkennen kann, leuchtet ohne weiteres ein.
Gestützt wird diese Auffassung des Sachverständigen zudem durch den Umstand, dass in der anschließenden stationären Rehabilitation in der AB. vom 13. Februar bis 20. März 2013 gerade keine depressive Episode nach dem Abschnitt F32- des ICD-10 festgestellt werden konnte, sondern "nur" eine Anpassungsstörung nach F43.2, deren Schweregrad nach den zutreffenden Ausführungen des Sachverständigen nicht denjenigen einer depressiven Episode erreicht (vgl dazu auch Leitlinien aaO, S 30 f). Dabei war der Eindruck, den die behandelnden Ärzte und Therapeuten in AC. aufgrund der fünfwöchigen stationären Behandlung des Klägers gewinnen konnten, ersichtlich umfassender als er im Rahmen der fünf probatorischen Sitzungen bei Dipl.-Psych. N. sein konnte. Damit ist gleichzeitig das diagnostische Ergebnis des Gutachtens von Dres. U. und V. nicht nachvollziehbar, die sich mit den Vorbefunden überhaupt nicht näher auseinandergesetzt und die von ihnen angenommene "am ehesten reaktiv bedingte mittelgradige depressive Symptomatik mit Somatisierungstendenz (ICD-10: F32.1) auf dem Boden einer kombinierten Persönlichkeitsakzentuierung mit zwanghaften, paranoiden und narzisstischen Anteilen" auch im Übrigen nicht nachvollziehbar begründet haben. Insbesondere fehlt es insoweit an jeglicher differenzialdiagnostischen Abgrenzung zur Anpassungsstörung. Wenn Dr. Z. im Ergebnis auch in diesem Gutachten keine ausreichende Objektivierung einer depressiven Episode zu erblicken vermag, ist das angesichts des im Gutachten vom 24. Juni 2014 dargelegten psychischen Befundes ebenfalls nachvollziehbar; eine besonders schwerwiegende psychische Störung wird darin nicht erkennbar.
Soweit (auch) die Sachverständige Dr. Y. von einer (mittlerweile abgeklungenen) mittelgradigen depressiven Episode ausgeht, kann das nach alledem nicht nachvollzogen werden. Nach ihrer ergänzenden Stellungnahme hat sie zum Zeitpunkt der eigenen Untersuchung des Klägers im März 2018 selbst keine depressive Symptomatik mehr feststellen können. Sie stützt ihre Diagnose damit in wesentlicher Hinsicht auf die Ausführungen in den Berichten von Dipl.-Psych. N. und der AB. sowie in dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten, die jedoch wie vorstehend ausgeführt keine ausreichenden Befunde zur Objektivierung einer depressiven Episode nach F32.- des ICD-10 enthalten. Wenn die Sachverständige die Begründung der Diagnose zudem maßgebend darauf stützt, dass eine Anpassungsstörung üblicherweise längstens innerhalb von sechs Monaten, spätestens aber nach zwei Jahren abklingt, steht das für sich genommen zwar im Einklang mit der wissenschaftlich gesicherten Erkenntnis, dass die Symptome des Erkrankungsbildes selten länger als sechs Monate anhalten und die Anpassungsstörung in der Regel lediglich bis zu einer Zeitdauer von maximal zwei Jahren diagnostiziert werden kann (vgl Schönberger/Mehrtens/Valentin aaO, S 152 mwN). Mit der von ihr geäußerten Auffassung, dass aufgrund der Überschreitung dieser Zeitdauer nicht mehr die Diagnose einer Anpassungsstörung, sondern die einer mittelgradigen depressiven Episode korrekt sei, verkennt die Sachverständige aber die unterschiedliche Schwere beider Diagnosen. Aufgrund dieses Unterschieds kann die Diagnose einer Anpassungsstörung nicht allein aus dem Grunde in die Diagnose einer leichten oder mittelgradigen depressiven Episode geändert werden, dass die depressive Reaktion auf ein belastendes Ereignis länger als zwei Jahre andauert. Dass sich im zeitlichen Verlauf der Schweregrad der Störung wesentlich verändert (und zwar erhöht) hätte, nimmt aber auch Dr. Y. nicht an. Es trifft im Übrigen auch gar nicht zu, dass eine Anpassungsstörung in keinem Fall für mehr als zwei Jahre diagnostiziert werden kann; vielmehr können bei anhaltenden Stressoren auch länger anhaltende Anpassungsstörungen als solche diagnostiziert werden (Schönberger/Mehrtens/Valentin aaO, S 152 f; Leitlinie aaO, S 30). Davon abgesehen weist Dr. Z. nachvollziehbar darauf hin, dass beim Kläger wechselnde Belastungsfaktoren für die Aufrechterhaltung des Krankheitsbildes maßgebend waren.
4. Die Anpassungsstörung ist jedoch nicht durch das Ereignis vom 24. Januar 2012 verursacht worden.
a) Die Prüfung der haftungsbegründenden Kausalität erfolgt - ebenso wie die Prüfung der Unfallkausalität - grundsätzlich zweistufig. Danach muss das Unfallereignis den Gesundheitsschaden sowohl objektiv (erste Stufe) als auch rechtlich wesentlich (zweite Stufe) verursacht haben (vgl BSG, Urteil vom 7. Mai 2019 - B 2 U 34/17 R, SozR 4-2700 § 2 Nr 50). Dabei kommt es für die erste Stufe rein tatsächlich darauf an, ob die Erkrankung im naturwissenschaftlichen Sinn durch das Ereignis (mit-)verursacht worden ist. Das beurteilt sich nach der Bedingungstheorie, nach der jedes Ereignis (jede Bedingung) Ursache eines Erfolges (hier: einer Gesundheitsstörung) ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Erst wenn auf dieser Stufe feststeht, dass ein bestimmtes Ereignis - hier: die mit der Mitteilung über die Einleitung eines Strafverfahrens verbundene Einwirkung auf den Kläger - eine objektive Ursache der Erkrankung ist, stellt sich auf der zweiten Stufe die Frage, ob die Einwirkung auch rechtlich wesentliche Ursache ist. Das ist zu bejahen, wenn sie rechtlich die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr ist (vgl BSG aaO; ferner BSG, Urteil vom 30. März 2017 - B 2 U 6/15 R, SozR 4-5671 Anl 1 Nr 1103 Nr 1 zum Versicherungsfall einer Berufskrankheit).
b) Bei Zugrundelegung dieser Grundsätze war das Gespräch mit den Polizeibeamten jedoch schon im naturwissenschaftlichen Sinn nicht für die Entstehung der Anpassungsstörung ursächlich. Auch insoweit folgt der Senat der Einschätzung des Sachverständigen Dr. Z., nach dessen Ausführungen keinerlei Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass infolge dieses Ereignisses ein Gesundheitsschaden beim Kläger entstanden ist.
Nach den plausiblen und überzeugenden Ausführungen von Dr. Z. ist dafür maßgebend, dass sich beim Kläger keine nachhaltige seelische Beeindruckung durch das Erleben dieses Ereignisses erkennen lässt. Eine solche Beeindruckung durch das Ereigniserleben ist aber medizinische Voraussetzung für die Diagnose einer Anpassungsstörung, weil eine solche Störung stets auf ein äußeres Ereignis zurückgeht. Liegt - wie es beim Kläger vorübergehend der Fall war - eine Anpassungsstörung tatsächlich vor, bedarf es mithin auch einer seelischen Veränderung des betroffenen Menschen im Erleben des konkreten Unfallereignisses, um den Ursachenzusammenhang zwischen diesem Ereignis und der Gesundheitsstörung annehmen zu können. Die Auffassung des Sachverständigen steht insoweit im Einklang mit dem in der Leitlinie dargelegten wissenschaftlichen Erkenntnisstand; danach muss bei Anpassungsstörungen eine geeignete Erstsymptomatik in Form einer zeitnahen pathologischen psychischen Reaktion auf das konkrete Ereignis als Anknüpfungstatsache für den Nachweis einer auf dieses Ereignis zurückzuführenden psychischen Störung feststellbar sein (Leitlinie aaO, S 28 ff, 33 (Tab 5.1), 42). Dieses Erfordernis einer zeitnahen Erstsymptomatik entspricht auch dem Umstand, dass der Nachweis eines Ursachenzusammenhangs zwischen einer Gesundheitsstörung und einem zum Zeitpunkt der Feststellung dieser Gesundheitsstörung bereits länger zurückliegenden Ereignis im Allgemeinen kaum ohne den Nachweis sogenannter Brückensymptome möglich ist.
Eine nachhaltige seelische Beeindruckung des Klägers durch das Erleben des Gesprächs mit der Polizei und die dabei erfolgte Mitteilung über die Einleitung eines Strafverfahrens lässt sich nach der überzeugenden Auffassung des Sachverständigen Dr. Z. jedoch nicht feststellen. Dagegen spricht zunächst der Umstand, dass sich dem ausführlichen, sachlich abgefassten Unfallbericht des PKA J. keinerlei Anknüpfungspunkte dafür entnehmen lassen, dass das Gespräch mit dem Hinweis auf das einzuleitende Strafverfahren eine besondere Reaktion des Klägers hervorgerufen oder einen ungewöhnlichen Verlauf genommen haben könnte. Vielmehr ist dort vermerkt worden, dass der Kläger die Frage, ob er als Fahrer des Busses in der letzten Stunde in einen Unfall verwickelt gewesen sei, bejaht habe und sodann gebeten worden sei, aus dem Bus auszusteigen und den Personalausweis, seinen Führerschein und den Fahrzeugschein auszuhändigen. Es ist ferner notiert worden, dass der Kläger die Belehrung über seine Rechte als Beschuldigter in einem Strafverfahren aufgrund von Verkehrsunfallflucht verstanden und einem freiwilligen Atemalkoholtest zugestimmt habe. Anhaltspunkte für ein Streitgespräch, ein Unverständnis, eine ablehnende Haltung oder eine sonstwie geartete außergewöhnliche Reaktion des Klägers finden sich aber nicht.
Allerdings weist die Sachverständige Dr. Y. nachvollziehbar darauf hin, dass sich reaktive psychische Gesundheitsstörungen nach einem belastenden Erlebnis mit einer gewissen zeitlichen Latenz entwickeln können und verzögerte Reaktionen sogar häufig seien. Wenn sie in diesem Zusammenhang darauf abstellt, dass die Dokumentation des Hausarztes eine "psychische Belastungsreaktion" am 17. Februar 2012 ausweise, ist diese Feststellung allerdings ungenau und in Bezug auf das hier in Rede stehende Ereignis (Gespräch mit der Polizei und Information über die Einleitung eines Strafverfahrens) für sich genommen irrelevant. Die Sachverständige übersieht dabei, dass zeitnah zum Unfall - und zwar weder innerhalb des von ihr zugrunde gelegten (und nach ICD-10 maßgebenden) Zeitfensters von einem Monat nach dem Ereignis noch innerhalb des im DSM-5 genannten Zeitraums von längstens drei Monaten nach dem belastenden Ereignis (vgl dazu Leitlinie aaO, S 29; Schönberger/Mehrtens/Valentin aaO, S 152) - tatsächlich überhaupt keine psychische Reaktion hierauf festgestellt werden kann.
Die eigene Unfallmeldung des Klägers vom 22. März 2012 ist in dieser Hinsicht unergiebig, weil der Kläger darin nicht dargelegt hat, welche konkreten Umstände ihn psychisch belasteten. Ein Bezug zu dem Gespräch mit der Polizei hat der Kläger darin selbst nicht hergestellt.
Nichts anderes gilt, soweit der Hausarzt des Klägers im vom Senat eingeholten Befundbericht (vom 7. Juli 2017) angegeben hat, am 25. Januar 2012 habe die erste Behandlung wegen eines Unfalls stattgefunden, in den der Kläger als Busfahrer verwickelt gewesen sei. Diese nicht weiter konkretisierte Angabe von Dr. M. ist aber auch nicht mit dem Inhalt seiner Patientenkartei vereinbar, die er zunächst unvollständig und erst auf weitere Nachfrage des Senats auch zu den ersten Arzt-Patienten-Kontakten nach dem 24. Januar 2012 vorgelegt hat. Danach hat sich der Kläger am 25. Januar 2012 wegen Schmerzen bei seinem Hausarzt vorgestellt, nachdem derselbe Arzt etwa eine Woche zuvor (am 17. Januar 2012) den Verdacht auf Rippenfrakturen notiert hatte; auf diesen Umstand weist auch Dr. Y. zutreffend hin. Angaben zu einem Unfallgeschehen (bzw einem Gespräch mit der Polizei) am Vortag enthalten die Eintragungen vom 25. Januar 2012 demgegenüber ebenso wenig wie die Einträge über weitere Arztbesuche am 30. Januar 2012 und 5. Februar 2012. Unter dem letztgenannten Datum sind "weiterhin Beschwerden Ü &61664; Chirurgie" dokumentiert. Da der Kläger am 24. Januar 2012 keinen physischen Gesundheitsschaden erlitten hat, stehen die dokumentierten Schmerzen und die Beschwerden mit der vom Hausarzt gesehenen Notwendigkeit einer Überweisung an einen Chirurgen ersichtlich in keinem Zusammenhang mit dem Ereignis vom 24. Januar 2012.
Auch der weitere Inhalt der Patientenkartei für den Behandlungszeitraum bis Juni 2015 enthält keine Hinweise darauf, dass der Kläger zu irgendeiner Zeit über psychische Beschwerden im Zusammenhang mit dem Gespräch mit der Polizei am 24. Januar 2012 geklagt hätte. Zwar hat Dr. M. unter dem 17. Februar 2012 (erstmals) psychische Beschwerden festgehalten. Dabei ist jedoch wiederum kein Zusammenhang dieser Beschwerden mit dem Gespräch mit der Polizei am 24. Januar 2012 und der dabei erfolgten Mitteilung über die Einleitung eines Strafverfahrens erkennbar. Der Eintrag in der Patientenkartei ("psych Br: psycholog Stelle bei Busgesellschaft/AD., Rp ") deutet vielmehr auf einen Zusammenhang mit dem Ausbleiben der Festanstellung hin. Auch der weitere Eintrag vom 28. Februar 2012 ("psycholog. Beratung durch AA, dort ein Termin am 13. März, möchte Ø Busfahrer, weiteres Procedere: berufliche Neuorientierung (Z. B. Elektriker, Sicherheitsdienst), Ausz.schein bis 13.3.") enthält keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger im Zusammenhang mit dem maßgebenden Ereignis psychische Beschwerden gegenüber seinem Hausarzt angegeben hat.
Danach lässt sich eine Angabe des Klägers, wonach er sich negativ von der Polizei behandelt gefühlt hat und er aus seiner Sicht unschuldig in das "zur Anzeige gebrachte Verfahren hineingezogen worden sei", erstmals gegenüber Dipl.-Psych. N. im Rahmen der probatorischen Sitzungen im Oktober und November 2012 - und damit deutlich mehr als drei Monate nach dem Ereignis vom 24. Januar 2012 - vollbeweislich sichern. Demgegenüber ist mangels entsprechender Dokumentation nicht feststellbar, dass der Kläger eine solche oder inhaltlich ähnliche, auf das Gespräch mit den Polizeibeamten bezogene Angabe bereits zu einem früheren Zeitpunkt gemacht hätte. Dabei können selbst die von der Psychotherapeutin im Bericht vom 19. November 2012 wiedergegebenen Angaben des Klägers nicht einmal zweifelsfrei auf das als Unfallereignis in Betracht kommende konkrete Gespräch mit den Polizeibeamten an der Haltestelle G. am 24. Januar 2012 bezogen werden; sie sind aber jedenfalls eindeutig nicht auf dieses Gespräch beschränkt. Denn die Psychotherapeutin berichtet vielmehr allgemein von der vom Kläger empfundenen negativen Behandlung durch die Polizei und das Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft. Dabei hatte der Kläger ihr gegenüber auch Angaben zur Dauer des Verfahrens gemacht und sich gerade darüber beklagt, dass er lange Zeit im Unklaren gelassen worden sei, was man ihm vorwerfe. Er sei seitdem arbeitsunfähig, habe die Aussicht auf einen Festvertrag verloren und sehe sich nicht mehr in der Lage, wieder einen Bus zu lenken; er sei auch darüber verbittert, dass niemand aus der Busfirma ihn angerufen und sich nach seinem Befinden erkundigt habe und erlebe eine nicht nachvollziehbare Ignoranz seiner Person.
Nach alledem ist es zwar möglich, aber nicht zur vollen Überzeugung des Senats feststellbar, dass der Kläger durch das Gespräch mit der Polizei am 24. Januar 2012 nachhaltig seelisch beeindruckt worden ist. Damit kann auch nicht angenommen werden, dass die Anpassungsstörung ohne dieses Ereignis entfallen wäre. Dagegen spricht im Übrigen die Dokumentation des Hausarztes, in der bereits im April 2012 vermerkt worden ist, es bestünden keine psychischen Beschwerden mehr. Aus denselben Gründen ist auch der von Dr. Y. angenommene Beginn der Erkrankung nicht nachvollziehbar.
Darauf, welche anderen (nicht versicherten) Ursachen zur Entstehung der Gesundheitsstörung geführt haben, kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits im Ergebnis nicht an. Jedoch leuchtet es ein, dass der Sachverständige Dr. Z. dafür die Tatsache des Strafverfahrens (und nicht die Mitteilung, dass ein solches eingeleitet würde) und das Nichterhalten der bereits zugesagten unbefristeten Stellung als Busfahrer als maßgebend ansieht. Denn der Kläger macht selbst geltend, dass die Konfrontation mit dem Strafverfahren zu seiner psychischen Erkrankung geführt habe; das Verfahren als solches stellt aber wie ausgeführt kein Unfallereignis dar. Wenn demgegenüber Dr. Y. annimmt, die weiteren staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen seien bloß eine logische Konsequenz aus der Androhung des Strafverfahrens und damit keine Ursache der psychischen Gesundheitsstörung, stellt sie eine logische Verknüpfung her, die mit den rechtlichen Voraussetzungen des Unfallbegriffs nicht übereinstimmt. Von der hier nicht betroffenen Problematik mittelbarer Unfallfolgen (§ 11 SGB VII) einmal abgesehen sind weitere "logische" Folgen eines Ereignisses im zeitlichen Verlauf per se nicht in die Definition des Unfalls einzubeziehen. Auf die vom Senat aufgeworfene Frage, welche Bedeutung das Ausbleiben der Festanstellung, die fehlende Unterstützung seitens des Arbeitgebers, die Probleme im Zusammenhang mit dem Bezug von Entgeltersatzleistungen (Krankengeld, Arbeitslosengeld, verzögerter Bezug von Arbeitslosengeld II), die Auseinandersetzung mit der Beklagten einschließlich des laufenden Gerichtsverfahrens und die gesundheitlichen Probleme in den Bereichen Magen-Darm und Knie auf die Entstehung und die Fortdauer der psychischen Gesundheitsstörung hatte, ist die Sachverständige nicht näher eingegangen, obwohl sie in ihrem Gutachten selbst auf all diese Belastungsfaktoren hingewiesen hat. Da diese teilweise von anhaltender Dauer waren (das gilt zumindest für die Auseinandersetzung mit der Beklagten und die gesundheitlichen Probleme des Klägers), wird auch verständlich, dass die Anpassungsstörung über einen längeren als den üblicherweise anzunehmenden Höchstzeitraum fortbestanden hat. Nachvollziehbar ist danach zudem auch die Auffassung von Dr. Z., der wechselnde Bedingungsfaktoren als für die Anpassungsstörung ursächlich ansieht. Das Ereignis vom 24. Januar 2012 war jedoch keine dieser Bedingungsfaktoren.
C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG), liegen nicht vor.