Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 28.08.2020, Az.: L 16 KR 151/20
Kostenerstattung für einen selbstbeschafften E-Scooter; Zumutbarkeit weiteren Zuwartens auf eine Entscheidung der KK; Ursachenzusammenhang zwischen rechtswidriger Ablehnung und Nachteil des Versicherten
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 28.08.2020
- Aktenzeichen
- L 16 KR 151/20
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2020, 38280
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Lüneburg - 27.02.2020 - AZ: S 16 KR 257/19
Rechtsgrundlage
- § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V
Fundstellen
- Breith. 2021, 11-16
- ZfSH/SGB 2020, 613 (Pressemitteilung)
Redaktioneller Leitsatz
Eine Selbstbeschaffung muss für einen entsprechenden Kostenerstattungsanspruch durch eine ablehnende Entscheidung der Krankenkasse herbeigeführt worden sein und ein solcher Anspruch besteht nur, wenn zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein ursächlicher Zusammenhang besteht.
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 27. Februar 2020 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Kostenerstattung für einen selbst beschafften E-Scooter Rolektro eco-Fun 20 V.2 SE.
Bei dem am F. 1940 geborenen Kläger bestehen ausweislich der Verordnung der Fachärzte für Orthopädie Dr G. /Dr H. eine Gangstörung links, Sturzneigung links, neuropathische Schmerzen im Dermatom L5, eine Foramenenge beim Durchtritt der Wurzel L5 rechts und einem Drehgleiten L5 und L4. Im Dezember 2016 musste er sich einer Herzoperation mit vier Bypässen unterziehen. Ihm sind ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 und das Merkzeichen "aG" zuerkannt.
Mit Schreiben vom 11. Juni 2019 (nach dem Eingangsstempel am 17. Juni 2019 bei der Beklagten eingegangen) teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er beabsichtigte, sich einen E-Roller anzuschaffen und bat um eine Beihilfe zur Anschaffung.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 4. Juli 2019 ab und bot dem Kläger an, bei entsprechender ärztlicher Verordnung die Kosten für ein Elektromobil oder einen Elektrorollstuhl zu übernehmen. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und führte aus, dass es für ihn wichtig sei, dass das Gerät transportabel sei. Der E-Roller sei klappbar und könne ohne Schwierigkeiten in seinem Pkw transportiert werden. Er habe auch eine Straßenzulassung. Die Kläger legte die ärztliche Verordnung des Facharztes für Orthopädie Dr G. vom 25. Juli 2019 vor sowie die Rechnung von I. vom 15. Juli 2019 mit dem Auftragsdatum 4. Juli 2019. Der Rechnungsbetrag betrug für den Elektroroller Nizza 750,00 EUR und für den Ersatz-Akku eco-Fun 249,00 EUR (Gesamtbetrag 999,00 EUR).
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2019 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 7. November 2019 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Lüneburg erhoben. Er hat vorgetragen, dass der behandelnde Orthopäde Dr G. ihm den E-Roller verschrieben habe, der alle Bedingungen für den Unterzeichnenden in Sachen Mobilität erfülle. Damit könne er alle Ziele im kleineren Nahbereich wie Arztpraxen, Lebensmittelgeschäfte und am Urlaubsort erreichen. Das Fahrradfahren sei für ihn nach einer Herzoperation gefährlich. Bei einem Sturz aus relativ großer Höhe eventuell mit dem Lenkrad in der Brust bestehe ein gefährliches Problem. Die mögliche Sturzhöhe bei einem E-Roller sei sehr niedrig. Für einen elektrischen Rollstuhl sei sein Carport nicht geeignet und ein solcher sei wegen der kleinen Räder auch sehr gefährlich. Für ihn sei ein E-Roller mit größerer Flexibilität hervorragend geeignet.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 27. Februar 2020 abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Erstattung eines Betrages in Höhe von 999,- EUR lägen nicht vor. Es habe sich nicht um eine unaufschiebbare Leistung im Sinne des § 13 Abs 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) gehandelt. Auch die Voraussetzungen des § 13 Abs 3 Satz 1 zweite Alternative SGB V seien nicht erfüllt. Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V reiche nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setze voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehöre, die die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hätten. Es sei bereits fraglich, ob der Beschaffungsweg eingehalten worden sei. Ausweislich der vom Kläger vorgelegten Rechnung vom 15. Juli 2019 sei der begehrte E-Roller bereits am 4. Juli 2019 in Auftrag gegeben worden. An diesem Tag sei der ablehnende Bescheid fristgemäß in der gesetzlich vorgeschriebenen Drei-Wochen-Frist erstellt worden. Die Auftragserteilung wäre noch vor Zustellung des ablehnenden Bescheides erfolgt, mit der Folge, dass bereits wegen Nichteinhaltung des Beschaffungsweges ein Anspruch ausgeschlossen wäre. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus § 33 SGB V. Es komme auch nicht darauf an, ob der begehrte E-Roller im Hilfsmittelverzeichnis als ein zugelassenes Hilfsmittel aufgeführt sei. Das Hilfsmittelverzeichnis sei nicht abschließend. Jedoch könnten nicht die Folgen und Auswirkungen der Behinderung ausgeglichen werden, die in über die Grundbedürfnisse hinausgehende berufliche, gesellschaftliche oder private Bereiche hineinwirkten. Unberücksichtigt bleibe auch die Herstellung der Fähigkeit, weitere Wegstrecken, vergleichbar einem Autofahrer, Radfahrer, Jogger oder Wanderer zu bewältigen. Die Kammer sei der Überzeugung, dass es sich bei dem begehrten E-Roller um einen nach § 33 Abs 1 SGB V ausgeschlossenen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handele. Bereits der Name Eco-Fun zeige, dass es sich hierbei um ein Freizeitgerät handele, das möglicherweise im Behindertenbereich auch hinsichtlich der Schnelligkeit von 20 km in der Stunde mit einem Radius von 30 km zu gefährlich sei. Auch sei der E-Roller nicht für die speziellen Bedürfnisse kranker oder behinderter Menschen entwickelt oder hergestellt worden. Die primäre Funktion sei nicht medizinisch geprägt. Mit dem von der Beklagten angebotenen Elektromobil oder Elektrorollstuhl könne der Kläger im Nahbereich die für den Fußgänger üblichen Wege zurücklegen.
Gegen das ihm am 13. März 2020 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17. März 2020 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen erhoben. Das SG habe rechtsfehlerhaft entschieden und nicht berücksichtigt, dass zwischen der Antragstellung und dem ablehnenden Schreiben mehr als drei Wochen vergangen seien. Gemäß § 13 Abs 3a SGB V sei die Beklagte zur Übernahme der Kosten in Höhe von rund 1.000,- EUR verpflichtet. Er habe seinen Antrag am 11. Juni 2019 in den Briefkasten der Beklagten eingeworfen, dieser sei erst am 4. Juli 2019 beantwortet worden. Die Antwort habe ihn am 7. Juli 2019, also erst nach 27 Tagen erreicht. Die medizinische Notwendigkeit sei durch die Verordnung von Dr G. gegeben. Die Beklagte verstoße gegen das Gesetz, dies grenze an unterlassene Hilfsleistung. Es habe sich um eine unaufschiebbare Leistung gehandelt. Die Benutzung eines elektrischen Rollstuhls auf unebener Strecke sei für ihn lebensgefährlich. Ein schweres Gerät könne er nicht selbst in sein Auto hieven. Zudem müsste er für einen Elektrorollstuhl ein neues Fahrzeug anschaffen. Busreisen mit Stadtbesichtigungen fielen damit aus. Auch die Mitnahme in den Urlaub sei unmöglich. Der E-Roller sei wegen der eingeschränkten Mobilität erforderlich.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,
das Urteil des SG Lüneburg vom 27. Februar 2020 und den Bescheid der Beklagten vom 4. Juli 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Kosten für den von ihm selbst beschafften E-Roller zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens unterlägen nicht der Leistungspflicht der Beklagten. Bereits der Beschaffungsweg sei nicht eingehalten. Ein Anspruch aus § 13 Abs 3a SGB V bestehe nicht, da der am 17. Juni 2019 eingegangene Antrag fristgerecht bearbeitet worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese habe vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden.
Der Kläger ist mit Verfügung vom 14. Juli 2020 zum Erlass eines Beschlusses angehört worden.
Entscheidungsgründe
Gemäß § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) konnte das Gericht die Berufung durch Beschluss zurückweisen, da der Senat sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten müssen für eine Entscheidung durch Beschluss nicht zustimmen, sondern lediglich angehört werden. Das Gericht kann auch dann durch Beschluss entscheiden, wenn die Beteiligten ausdrücklich mündliche Verhandlung verlangen (vgl Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 153 Rdnr 14).
Die Voraussetzungen des § 153 Abs 4 SGG sind erfüllt. Der Kläger ist mit Verfügung vom 14. Juli 2020 gemäß § 153 Abs 4 Satz 2 SGG angehört worden und hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
Die gemäß §§ 143 f SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Lüneburg vom 27. Februar 2020 ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Die Klage auf Erstattung der Kosten für die Anschaffung des E-Scooters ist als Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 1 und 4 SGG zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger kann die Kostenerstattung für den von ihm beschafften E-Scooter nicht verlangen. Das SG hat die richtigen Rechtsgrundlagen herangezogen und den Sachverhalt zutreffend gewürdigt.
1. § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V lautet: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.
Keine dieser Voraussetzungen ist hier erfüllt.
a. Die Voraussetzungen des § 13 Abs 3 Satz 1 1. Alt SGB V liegen nicht vor. Unaufschiebbarkeit iSd § 13 Abs 3 Satz 1 1. Alt. SGB V verlangt, dass die beantragte Leistung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Erbringung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubs mehr besteht, um vor der Beschaffung die Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten. Ein Zuwarten darf dem Versicherten aus medizinischen Gründen nicht mehr zumutbar sein, weil der angestrebte Behandlungserfolg zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr eintreten kann oder wegen der Intensität der Schmerzen ein auch nur vorübergehendes weiteres Zuwarten nicht mehr zumutbar ist (Bundesozialgericht (BSG), Urteil vom 8. September 2015 - B 1 KR 14/14 R; BSG, Urteil vom 24. April 2018 - B 1 KR 29/17 R Rn 22; Schifferdecker, Kasseler Kommentar, Stand: März 2020, § 13 Rn 74).
Es liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass aus medizinischen Gründen keine Möglichkeit bestand, eine Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten.
b. Die Voraussetzungen des § 13 Abs 1 Satz 1 2. Alt. SGB V sind ebenfalls nicht erfüllt.
aa. Der Kläger hat bereits den Beschaffungsweg nicht eingehalten. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG muss die Selbstbeschaffung durch eine ablehnende Entscheidung der Krankenkasse herbeigeführt worden sein. Ein Anspruch auf Kostenerstattung besteht nur, wenn zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein ursächlicher Zusammenhang besteht (ständige Rechtsprechung, vgl BSG, Urteil vom 8. September 2015 - B 1 KR 14/14 R Rn 9; Urteil vom 24. April 2018 - B 1 KR 29/17 R Rn 10 mwN, Urteil vom 30. November 2017- B 3 KR 11/16 R Rn 18; Schifferdecker, aaO, § 13 Rn 85). Aus dem Erfordernis der Kausalität folgt, dass die Leistung zeitlich nach Erteilung des Bescheides erbracht werden muss (Schifferdecker, aaO, Rn 86). Daran fehlt es, wenn der Versicherte sich unabhängig davon, wie die Entscheidung der Krankenkasse ausfällt, von vornherein auf eine bestimmte Krankenbehandlung durch einen bestimmten Leistungserbringer festgelegt hat (vgl BSG, Urteil vom 8. September 2015 - B 1 KR 14/14 R Rn 9 mwN; BSGE 118, 289 =SozR 4-2500 § 27 Nr 23; BSGE 113, 241 = SozR 4-2500 § 13 Nr 29 Rn 30).
Der Kläger hat den Beschaffungsweg nicht eingehalten, eine Entscheidung der Beklagten nicht abgewartet und sich vor der Entscheidung der Beklagten bereits auf die Anschaffung des E-Scooters Rolektro eco-Fun festgelegt. Der Kläger hat den Elektroroller nebst Ersatzakkus bereits am 4. Juli 2019 in Auftrag gegeben, wie sich aus der Rechnung der Firma I. GmbH ergibt, und sich damit noch vor Zugang des Bescheides der Beklagten vom 4. Juli 2019 festgelegt. Der Kläger hat mit Schreiben vom 17. August 2020 selbst darauf hingewiesen, dass er den Bescheid erst am 7. Juli 2019 erhalten hat.
bb. Darüber hinaus handelt es sich bei dem Scooters Rolektro eco-Fun nicht um eine Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung. Der Kostenerstattungsanspruch reicht nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung jedoch nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch, er setzt voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, die die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl. BSGE 97, 190 [BSG 07.11.2006 - B 1 KR 24/06 R] = SozR4- 2500 § 27 Nr 12 Rn 11; BSGE 100, 103 [BSG 28.02.2008 - B 1 KR 16/07 R] = SozR4-2500 § 31 Nr 9 Rn 13 mwN BSGE, 111, 137 = SozR4-2500 § 13 Nr 25 Rn 15 mwN). Anders als in der Privaten Krankenversicherung ist in der Gesetzlichen Krankenversicherung das Sachleistungsprinzip als Leistungsmaxime festgelegt (Peters, Kasseler Kommentar, aaO, § 2 Rn 11), nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB V erhalten die Versicherten die Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung als Sach- oder Dienstleistungen, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist.
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V auch die Versorgung mit Hilfsmitteln. Nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 ausgeschlossen sind.
Darüber hinaus ist auch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V zu beachten. Danach müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten; Leistungen die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Leistungen zum Zweck des Behinderungsausgleichs sind nicht unbegrenzt von der GKV zu erbringen. Auch unter Berücksichtigung der Neufassung des Behindertenbegriffs in § 2 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) durch das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen -Bundesteilhabegesetz - BTHG- vom 23. Dezember 2016 besteht ein Anspruch auf eine Optimalversorgung nicht (vgl. BSG, Urteil vom 15. März 2018 - B 3 KR 18/17 R Rn 41, B 3 KR 12/17 R).
Einem Sachleistungsanspruch des Klägers steht hier bereits entgegen, dass es sich bei dem E-Scooter Elektro eco-Fun 20 V. 2 SE um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handelt, der nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V nicht von der GKV beansprucht werden kann. Für die Auslegung ist auf Zweck und Funktion des Gegenstandes abzustellen. Sie hängt davon ab, ob ein Gegenstand bereits nach seiner Konzeption dem Zweck des § 33 SGB V dienen soll oder den Bedürfnissen erkrankter oder behinderter Menschen jedenfalls besonders entgegenkommt und von körperlich nicht beeinträchtigten Menschen praktisch nicht genutzt wird (BSG, Urteil vom 7. Oktober 2010 - B 3 KR 5/10 R Rn 25). Keine allgemeinen Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens sind Gebrauchsgegenstände, die für die speziellen Bedürfnisse von Kranken und Behinderten konzipiert und hergestellt werden. Umgekehrt ist ein Gegenstand trotz hohen Verkaufspreises als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens einzustufen, wenn er schon von der Konzeption nicht vorwiegend für Kranke oder Behinderte gedacht ist (BSG SozR 3- 2500 § 33 Nr 33 S 197).
So liegt es hier. Der Elektroroller mit einer Geschwindigkeit von ca 20 km/h und einer Reichweite von ca 25 km soll nach seiner Konzeption ersichtlich nicht nur den Bedürfnissen von Kranken und Behinderten dienen, sondern ist ein Gegenstand des täglichen Lebens bzw Freizeitgerät, das auch von Nichtbehinderten regelmäßig genutzt wird. Er ist in seiner Funktion nicht medizinisch geprägt. Insoweit hat das SG hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass bereits der Name "eco-Fun" zeigt, dass es sich bei dem E-Roller um einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handelt, für den eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht besteht. Im Übrigen wird auf die Ausführungen im Urteil des SG Bezug genommen (§ 153 Abs 2 SGG).
2. Die Voraussetzungen des § 13 Abs 3a SGB V liegen ebenfalls nicht vor. Danach gilt eine Leistung als genehmigt, wenn die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen ohne Mitteilung eines hinreichenden Grundes nicht innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme des MDK eingeholt wird, nicht innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang entscheidet. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet.
a. Ausweislich des Eingangsstempels der Beklagten ist der Antrag vom 11. Juni 2019 am 17. Juni 2019 bei der Beklagten eingegangen und sie hat am 4. Juli 2019, also innerhalb der Drei-Wochen-Frist entschieden. Dass der Antrag bereits am 11. Juni 2019 in den Briefkasten der Beklagten eingeworfen wurde, hat der Kläger nicht belegt.
b. Es kann letztlich aber dahinstehen, ob die Drei-Wochen-Frist hier eingehalten wurde, denn § 13 Abs 3 a SGB V ist nach der Rechtsprechung des BSG für Hilfsmittel, die -wie im vorliegenden Fall- dem Ausgleich der Behinderung dienen sollen, bereits von vornherein nicht anwendbar (BSG, Urteil vom 15. März 2018 - B 3 KR 4/16 R Rn 22 ff). Allerdings hat das BSG in seinem Urteil vom 7. Oktober 2010 - B 3 KR 5/10 R - ausnahmsweise bewegliche sächliche Mittel zur Förderung oder Ermöglichung der Mobilisation in besonders gelagerten Fällen als Hilfsmittel "zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung" im Sinne von § 33 Abs 1 Satz 1 Variante 1 SGB V angesehen. Hilfsmittel dienen dann "der Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung", wenn sie im Rahmen einer Krankenbehandlung, dh zu einer medizinisch-therapeutischen Behandlung einer Erkrankung als der Kernaufgabe der GKV nach dem SGB V eingesetzt werden. Ein weitergehender spezieller Bezug zur ärztlich verordneten Krankenbehandlung im Sinne von § 27 Abs 1 SGB V kommt daher nur solchen Maßnahmen zur körperlichen Mobilisation zu, die in einem engen Zusammenhang zu einer andauernden, auf einem ärztlichen Therapieplan beruhenden Behandlung durch ärztliche und ärztlich angeleitete Leistungserbringer stehen und für die gezielte Versorgung im Sinne der Behandlungsziele des § 27 Abs 1 S 1 SGB V als erforderlich anzusehen sind (BSG, Urteil vom 8. Juli 2015 - B 3 KR 5/14 R = SozR 4-2500 § 33 Nr 47 Rdnr 20; BSG, Urteil vom 7. Oktober 2010 - B 3 KR 5/10 R = SozR 4-2500 § 33 Nr 32 Rdnr 21). Nach dem Vorbringen des Klägers soll der E-Scooter seiner Mobilität und damit dem Behinderungsausgleich dienen. Anhaltspunkte dafür, dass der E-Scooter zur körperlichen Mobilisation in einem engen Zusammenhang mit einer auf einem ärztlichen Therapieplan beruhenden Behandlung durch ärztliche und ärztlich angeleitete Leistungserbringer steht und deshalb verordnet worden ist, ergeben sich vorliegend nicht ansatzweise. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Es hat kein gesetzlicher Grund vorgelegen, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG).