Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 31.10.1995, Az.: 2 UH 1/95

Bestimmung des Drei-Jahres-Zeitraums für die Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Mieterhöhung ; Bedeutung des "Wirksamwerden" des Erhöhungsverlangens für den Beginn des Drei-Jahres-Zeitraumes

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
31.10.1995
Aktenzeichen
2 UH 1/95
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1995, 16945
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1995:1031.2UH1.95.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Lüneburg - 24.08.1995 - AZ: 6 S 23/95

Fundstellen

  • NJW-RR 1996, 331-332 (Volltext mit amtl. LS)
  • WuM 1996, 86-89 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Mietzinserhöhung

In der Mietrechtssache
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...,
den Richter am Oberlandesgericht ... und
den Richter am Landgericht ...
auf den Vorlagebeschluß der 6. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 24. August 1995
im Wege des Rechtsentscheids
am 31. Oktober 1995
beschlossen:

Tenor:

Für die Feststellung der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MHG ist der Mietzins zugrunde zu legen, der drei Jahre vor dem Wirksamwerden des Erhöhungsverlangens geschuldet wurde; auf den drei Jahre vor Zugang des Erhöhungsverlangens geschuldeten Mietzins kommt es nicht an (Anschluß an den Rechtsentscheid des BayObLG vom 10.03.1988 - RE-Miet 2/88 = WuM 1988, 117 [BayObLG 10.03.1988 - RE Miet 2/88] = ZMR 1988, 228 = DWW 1988, 162).

Gründe

1

I.

Die Beklagten sind seit dem 01.12.1978 Mieter einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus der Klägerin. Der Nettomietzins ausschließlich Nebenkostenvorauszahlung und Garagenmiete betrug ab dem 1. September 1991 aufgrund eines Mieterhöhungsverlangens vom 10. Juni 1.991.510,00 DM. Dies entsprach bei einer Wohnfläche von 80 qm einem Mietzins von 6,38 DM/qm. Mit Schreiben vom 06.06.1994, das den Beklagten am 07.06.1994 zugestellt wurde, verlangte die Klägerin die Zustimmung zu einer Mietzinserhöhung auf einen Betrag von 663,20 DM zum 01.09.1994. Nach diesem Erhöhungsverlangen sollte die Quadratmeter-Miete nunmehr 8,29 DM betragen.

2

Da die Beklagten dem Mieterhöhungsverlangen nicht bis zum 31.08.1994 zugestimmt hatten, erhob die Klägerin am 13.09.1994 beim Amtsgericht Uelzen Klage auf Zustimmung zur Erhöhung des Mietzinses von 510,00 DM auf 663,20 DM seit dem 01.09.1994.

3

Die Beklagten traten dieser Klage mit der Begründung entgegen, daß die von der Klägerin in dem Erhöhungsverlangen angegebenen Vergleichswohnungen mangels näherer Beschreibung der Lage und Ausstattung der Wohnungen nicht vergleichbar seien.

4

Mit Urteil vom 24.11.1994 hat das Amtsgericht der Klage mit der Begründung stattgegeben, daß es ausreiche, wenn der Vermieter die Vergleichswohnungen so beschreibe, daß sie vom Mieter identifiziert werden könnten. Für die Zulässigkeit des Mieterhöhungsverlangens sei nicht erforderlich, daß der Mieter einer Vergleichswohnung deren Besichtigung gestatte oder daß die Vergleichswohnung eine mit der betreffenden Wohnung identische Größe habe. Vielmehr sei es Sache der Beklagten gewesen, vorzutragen, aus welchen Gründen die von der Klägerin angegeben Vergleichswohnungen nicht mit der von ihnen bewohnten Wohnung vergleichbar seien und weshalb der verlangte Mietzins nicht gerechtfertigt sei. Entsprechenden Vortrag seien die Beklagten jedoch schuldig geblieben, so daß sich die Klage als begründet erwiesen habe.

5

Gegen dieses Urteil haben die Beklagten unter Wiederholung ihrer Ansicht, daß die Klägerin die Vergleichsmerkmale nicht substantiiert und nachvollziehbar dargelegt habe, Berufung eingelegt. Eine Verpflichtung ihrerseits, darzulegen, weshalb die angegebenen Wohnungen nicht mit der von ihnen bewohnten Wohnung vergleichbar seien, bestehe nicht. Die Klägerin hat demgegenüber an ihrer Auffassung festgehalten, daß ihre Beschreibung der Wohnungen mit der einschlägigen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte in Mietsachen (OLG Karlsruhe, NJW 1984, 2167 [OLG Karlsruhe 07.05.1984 - 3 Re Miet 1/84]; OLG Schleswig, WuM 1987, 140 [OLG Schleswig 03.10.1986 - 6 RE Miet 1/86]) in Einklang stehe. Es sei Sache des Mieters, eigene Nachforschungen anzustellen, ob der begehrte Mietzins tatsächlich berechtigt sei.

6

Mit Beschluß vom 11.05.1995 hat das Landgericht die Parteien darauf hingewiesen, daß es beabsichtige, einen Vorlagebeschluß gemäß § 541 ZPO zu der Frage zu erlassen, ob für die Berechnung der Kappungsgrenze derjenige Mietzins maßgeblich sei, der drei Jahre vor Zugang des Erhöhungsverlangens geschuldet worden sei, oder ob es auf den drei Jahre vor Wirksamwerden des Erhöhungsverlangens geschuldeten Mietzins ankomme. Insoweit hat es die Parteien zur Darlegung des zu den angegebenen Zeitpunkten geschuldeten Mietzinses aufgefordert.

7

Nach Mitteilung des vor dem 01.09.1991 und ab dem 01.09.1991 geschuldeten Mietzinses hat das Landgericht die Berufung mit Teilurteil vom 24.08.1995 insoweit zurückgewiesen, als der mit dem Erhöhungsverlangen geltend gemachte Mietzins den vor dem 01.09.1991 geschuldeten Mietzins von 465,00 DM nicht um mehr als 30 % überstiegen hat. Es hat die Beklagten zur Zahlung einer auf 604,50 DM erhöhten Miete verurteilt und dabei in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht ausgeführt, daß die Einwendungen der Beklagten gegen die Vergleichbarkeit der von der Klägerin angegebenen Wohnungen unerheblich seien. Da Flächenabweichungen der Vergleichswohnungen die verfahrensrechtliche Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens nicht beeinträchtigten und die formellen Voraussetzungen für ein wirksames Erhöhungsverlangen im übrigen vorlägen, insbesondere die Sperrfrist des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MHG und die Überlegungs- und Klagefrist des § 2 Abs. 3 Satz 1 MHG eingehalten worden seien, bestünden grundsätzlich keine Bedenken gegen eine Mieterhöhung. Der Rechtsstreit sei allerdings nur bis zu einem Betrag von 604,50 DM monatlich entscheidungsreif. Im übrigen sei zweifelhaft sei, ob es für die Frage der Beachtung der Kappungsgrenze auf den drei Jahre vor dem Zugang des Erhöhungsverlangens, oder ob es auf den drei Jahre vor dem Wirksamwerden des Erhöhungsverlangens geschuldeten Mietzins ankomme. Insoweit beabsichtige die Kammer, von der bisherigen Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichtes abzuweichen, wonach der Mietzins drei Jahre vor Wirksamwerden des Erhöhungsverlangens maßgeblich sei (BayObLG WuM 1988, 117, 118).

8

Im Hinblick auf diese Frage hat das Landgericht zeitgleich mit dem Teilurteil vom 24.08.1995 einen Vorlagebeschluß (abgedruckt in WuM 1995, 579 [LG Lüneburg 24.08.1995 - 6 S 23/95]) erlassen, mit dem es dem Senat folgende Frage zum Rechtsentscheid vorgelegt hat:

"Ist bei der für die Feststellung der Einhaltung der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MHG erforderlichen Ermittlung der Ausgangsmiete der Mietzins zugrunde zu legen, der drei Jahre vor Absendung des Mieterhöhungsverlangens vom Mieter geschuldet wird, oder berechnet sich - die Drei-Jahres-Frist nach dem Zeitpunkt, ab dem die erhöhte Miete zu zahlen ist?"

9

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt: Die zur Entscheidung gestellte Frage sei erheblich, weil der mit der Mieterhöhung begehrte Mietzins von 8,29 DM/qm der ortsüblichen Miete entspreche, was im Berufungsverfahren auch nicht mehr in Zweifel gezogen werde. Zwar sei nach in Rechtsprechung und Literatur bisher überwiegend vertretener Ansicht für die Einhaltung der sogenannten Kappungsgrenze der Zeitpunkt maßgebend, der drei Jahre nach dem Wirksamwerden des letzten Mieterhöhungsverlangens liege, wie auch das Bayerische Oberste Landesgericht in seinem Beschluß vom 10.03.1988 angenommen habe. Nach Auffassung der Kammer sei jedoch als Ausgangsmietzins derjenige Mietzins zugrunde zu legen, der zum Zeitpunkt der Absendung oder des Zugangs - die Frage könne letztlich offen bleiben - des Mieterhöhungsverlangens vereinbart gewesen sei (so auch Sternel, MDR 1983, 356 f.). Stelle man auf diesen Mietzins ab, sei hier nur eine Erhöhung von 465,00 DM um 139,50 DM auf 604,50 DM zulässig gewesen. Anderenfalls könne die Miete von 510,00 DM um 153,00 DM auf 663,00 DM erhöht werden.

10

Für die Auffassung der Kammer, daß es auf den Zeitpunkt der Absendung des Mieterhöhungsverlangens ankomme, spreche, daß die materiellen Voraussetzungen für das Erhöhungsverlangen schon im Zeitpunkt der Abgabe bzw. des Zuganges der Erhöhungserklärung vorliegen müßten, wie der BGH (WuM 1993, 388, 389) [BGH 16.06.1993 - VIII ARZ 2/93] in einem Rechtsentscheid zu § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MHG entschieden habe. Da auch für die Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Mieterhöhung, sondern der Zeitpunkt des Mieterhöhungsverlangens maßgeblich sei (BayObLG, DWW 1993, 17), müsse der Mieter auch schon bei Zugang des Erhöhungsverlangens in der Lage sein, die Einhaltung der Kappungsgrenze zu überprüfen. Es stehe dem Mieter frei, seine Zustimmung schon vom Zugang des Erhöhungsverlangens ab zu erklären. Er müsse deshalb auch schon zu diesem Zeitpunkt die Möglichkeit haben, zu überprüfen, welchen Mietzins er vor drei Jahren gezahlt habe. Sei im Erhöhungsverlangen kein Datum für die Mieterhöhung genannt und komme es auf das Wirksamwerden an, könne er nicht ohne weiteres feststellen, welchen Betrag er drei Jahre vor dem Verlangen gezahlt habe. Außerdem spreche die Fassung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 a MHG für die Maßgeblichkeit des Zugangs des Erhöhungsverlangens, weil dort ausdrücklich auf Erhöhungsverlangen Bezug genommen werde, die dem Mieter vor dem 01.09.1998 zugegangen seien. Auf das Wirksamwerden werde dagegen nicht abgestellt.

11

II.

Die Vorlage ist zulässig.

12

Gegenstand des Verfahrens ist eine Rechtsfrage, die sich aus einem Mietverhältnis über Wohnraum ergibt (§ 541 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Frage ist auch für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, denn wenn sie im Sinne des Landgerichts zu beantworten wäre, müßte - ggf. nach Vorlage der Sache an den BGH - die Klage in dem noch anhängigen Umfang abgewiesen werden, weil das Erhöhungsverlangen insoweit nicht wirksam wäre. Anderenfalls wären die Beklagten zur Zahlung des Erhöhungsbetrags insgesamt verpflichtet, weil die Klägerin nach den Darlegungen des Landgerichts dann den gesamten erhöhten Mietzins verlangen könnte.

13

Anlaß für die Vorlage der Sache war schon deshalb gegeben, weil das Landgericht mit seiner Auffassung von einem Rechtsentscheid des Bayerischen Obersten Landesgerichts abweichen will.

14

III.

Der Senat beantwortet die vorgelegte Rechtsfrage wie aus der Beschlußformel ersichtlich.

15

Der Senat sieht keine Veranlassung, von dem bereits zitierten Rechtsentscheid des Bayerischen Obersten Landesgerichts abzuweichen und die vom Landgericht vorgelegte Frage seinerseits dem BGH zur Entscheidung vorzulegen.

16

Gründe, die es rechtfertigen könnten, den Drei-Jahres-Zeitraum des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MHG auf den Zeitraum zwischen dem Zugang des Erhöhungsverlangens und dem drei Jahre vor dem Tag des Zugangs geschuldeten Mietzins zu beziehen, bestehen nicht. Der Zeitpunkt des Abgangs des Mieterhöhungsverlangens kommt nach Auffassung des Senats ohnehin nicht in Frage. Maßgeblich ist allein der Zeitraum zwischen dem Wirksamwerden des Erhöhungsverlangens und dem drei Jahre vor diesem Termin liegenden Zeitpunkt.

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Zwar ist streitig, welcher Zeitraum für die Bestimmung der sog. "Kappungsgrenze" maßgeblich ist. Jedoch wird überwiegend vertreten, daß es insoweit auf das Wirksamwerden und nicht auf den Zugang des Erhöhungsverlangens ankomme (BayObLG, WuM 1988, 117 = ZMR 1988, 228 = DWW 1988, 162; LG München II, ZMR 1986, 57; LG Hannover, WuM 1990, 517 [LG Hannover 08.12.1989 - 8 S 236/89]; Börstinghaus, WuM 1995, 242, 243 [LG Hamburg 03.02.1995 - 311 S 196/94]; Voelskow in: MünchKomm, 3. Aufl., § 2 MHG Rdn. 30; Barthelmess, Wohnraumkündigungsschutzgesetz/Miethöhegesetz, 5. Aufl., § 2 MHG Rdn. 55; Schultz in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 2. Aufl., Kap. III A Rdn. 345; Emmerich/Sonnenschein, 6. Aufl., § 2 MHG Rdn. 19 c). Begründet wird diese Auffassung damit, daß der Vermieter einen Anspruch auf Mieterhöhung habe, der nicht durch eine restriktive Handhabung der Verfahrensregeln verkürzt werden dürfe (so insbesondere BayObLG, a.a.O.). Die Kappungsgrenze des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MHG bestimme nur den Umfang des Mieterhöhungsrechts. Sie stelle keine Wartefrist dar und unterscheide sich insoweit von der Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MHG. Ihr Zweck sei es nicht, den Mieter vor einem an sich gerechtfertigten Erhöhungsverlangen zu schützen, vielmehr diene sie zur Vermeidung einer unangemessenen Erhöhung der Mieten im Einzelfall (vgl. BayObLG, WuM 1988, 118). Im Hinblick auf diesen Zweck bestehe keine Veranlassung, dem Vermieter die Einleitung eines Mieterhöhungsverfahrehs vor Ablauf des für die Kappungsgrenze maßgeblichen Zeitraums zu versagen. Die Angaben, die der Mieter bezüglich der Einhaltung der Kappungsgrenze benötige, ergäben sich aus seiner eigenen Kenntnis der Vertragsumstände. Weitergehender Angaben des Vermieters bedürfe es nicht, weil der Mieter selbst die Einhaltung der Kappungsgrenze schon vor dem Wirksamwerden der Mieterhöhung überprüfen könne (BayObLG, WuM 1988, 117, 118).

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Die teilweise vertretene Gegenauffassung (Sternel, MDR 1983, 356, 358; ders., Mietrecht, 3. Aufl., Kap. III Rdn. 626; wohl auch Köhler, Das neue Mietrecht 1983, S. 65) macht demgegenüber geltend, das Gesetz stelle auch sonst darauf ab, daß die maßgebenden Anspruchsvoraussetzungen schon zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Erhöhungsverlangens vorliegen müßten. Dies gelte sowohl für die Wartefrist des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MHG als auch für das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete. Es müsse deshalb auch bezüglich der Einhaltung der Kappungsgrenze auf den Zeitpunkt des Zugangs des Erhöhungsverlangens und nicht auf den des Wirksamwerdens abgestellt werden.

19

Der Senat schließt sich der zuletzt wiedergegebenen Auffassung nicht an, sondern tritt der herrschenden Auffassung bei, die für die Einhaltung der Drei-Jahres-Frist ausreichen läßt, daß die Kappungsgrenze zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Mieterhöhungsverlangens eingehalten ist. Hieran ändern auch die Entscheidung des BGH vom 16.06.1993 (WuM 1993, 388 [BGH 16.06.1993 - VIII ARZ 2/93]) und der Rechtsentscheid des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 27.10.1992 (DWW 1993, 17) nichts. Beide Entscheidungen betreffen nicht die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MHG einzuhaltende Kappungsgrenze, sondern die Wartefrist des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MHG bzw. die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MHG. Ein wirksames Mieterhöhungsverlangen ist von Voraussetzungen abhängig, die für die Einhaltung der Kappungsgrenze ohne Bedeutung sind. Insbesondere die Wartefrist des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MHG kann nicht mit der Frist für die Berücksichtigung der Kappungsgrenze nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MHG gleichgesetzt werden (anders insoweit BayObLG, WuM 1988, 117, 118).

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Bei der Einhaltung der Wartefrist der Nr. 1 handelt es sich um eine materielle Voraussetzung des Abänderungsverlangens, deren Einhaltung das Gesetz zwingend vorschreibt. Dies ergibt sich u. a. daraus, daß die Fristen nach § 2 Abs. 3 MHG erst zu laufen beginnen, wenn die Wartefrist verstrichen ist. Das Verlangen einer Mieterhöhung kann also erst gestellt werden, wenn der Mietzins seit einem Jahr unverändert ist. Ein zuvor gestelltes Mieterhöhungsverlangen kann auf gar keinen Fall vor Ablauf der Wartefrist Wirkungen entfalten. Bei der vom BGH (WuM 1993, 388 [BGH 16.06.1993 - VIII ARZ 2/93]) entschiedenen Streitfrage ging es nur darum, ob ein vor Ablauf der Wartefrist gestelltes Erhöhungsverlangen wirksam ist, die Überlegungsfrist aber erst nach Ablauf der Wartefrist in Gang setzt, oder ob ein solches Erhöhungsverlangen unwirksam ist. Die Frage, auf welchen Grundlagen die für die Kappungsgrenze maßgebende Frist beruht, hat hiermit nichts zu tun. Die Anwendung der Kappungsgrenze setzt ein wirksames Mieterhöhungsverlangen voraus. Sie begrenzt lediglich das Ausmaß der Mieterhöhung, indem sie festlegt, daß sich der Mietzins innerhalb von drei Jahren nicht um mehr als 30 % (20 %) erhöhen darf; um eine Wartefrist handelt es sich dabei nicht. Diesem Gesetzeszweck entspricht eine Bestimmung der Drei-Jahres-Frist nach dem Zeitpunkt, an dem die angestrebte Mieterhöhung wirksam werden kann. Der Standpunkt des Landgerichts würde die vom Gesetz nicht, gewollte und den Vermieter unbillig belastende Folge haben, daß der Vermieter durch die Vorverlagerung des für die Kappungsgrenze maßgebenden Zeitraumes eine Mieterhöhung um insgesamt 30 % innerhalb von drei Jahren erst nach Ablauf weiterer drei Monate durchsetzen könnte.

21

Hiermit stimmt überein, daß die Frist des § 2 Abs. 1 Satz 3 MHG allgemein nicht als Ausschlußfrist, sondern als Begründetheitsvoraussetzung für ein Erhöhungsverlangen verstanden wird (vgl. Sternel, MDR 1983, 356, 358). Ein Mieterhöhungsverlangen, welches die Kappungsgrenze nicht beachtet, ist nicht aus diesem Grund unwirksam; es bleibt vielmehr insoweit wirksam, als es mit der Kappungsgrenze vereinbar ist (LG Bonn, WuM 1985, 311 [LG Bonn 20.06.1985 - 6 S 127/85]; Emmerich/Sonnenschein, a.a.O., § 2 MHG Rdn. 19 c; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., Kap. III Rdn. 630). Die Einhaltung der Kappungsgrenze braucht deshalb nach ganz herrschender Meinung in dem Erhöhungsverlangen auch nicht dargelegt zu werden. Vielmehr reicht aus, daß sie im Streitfall im Prozeß nachgewiesen wird (Emmerich/Sonnenschein, a.a.O., Rdn. 19 c; Barthelmess, a.a.O., § 2 MHG Rdn. 56 d; anderer Auffassung nur AG Schöneberg, WuM 1990, 515). Auch dieser Gesichtspunkt unterscheidet die Kappungsgrenze der Nr. 3 deshalb von der Wartepflicht des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MHG, deren Nichtbeachtung zur grundsätzlichen Unwirksamkeit des Verlangens führt.

22

Der Auffassung des Landgerichts, daß der Mieter bei Zugang des Erhöhungsverlangens wissen müsse, ob die Kappungsgrenze eingehalten sei und deshalb notwendig auf einen Zeitpunkt drei Jahre vor Zugang des Erhöhungsverlangens zurückrechne, nicht jedoch auf einen Zeitpunkt drei Jahre vor dem erst in der Zukunft liegenden Wirksamwerden des Erhöhungsverlangens, der in dem Schreiben nicht einmal angegeben sein müsse, abstelle, kann sich der Senat nicht anschließen. Da nach ganz überwiegend vertretener und auch vom Senat für zutreffend gehaltener Auffassung die Einhaltung der Kappungsgrenze in dem Schreiben nicht einmal dargelegt werden muß, ist dieser formale Aspekt kein Grund, den Vermieter durch Verlängerung der Drei-Jahres-Frist zu benachteiligen. Hiergegen wird in dem Rechtsentscheid des Bayerischen Obersten Landesgerichts, von dem das Landgericht abweichen will, zu Recht ausgeführt, daß sämtliche Daten für die Berechnung der Einhaltung der Kappungsgrenze dem Mieter bekannt sind. Den Zeitpunkt des Wirksamwerdens kann der Mieter aus dem Gesetz entnehmen. Den drei Jahre vor dem Wirksamwerden geschuldeten Mietzins kennt der Mieter ebenso wie den neuen geforderten Mietzins. Schwierigkeiten, die Einhaltung der Kappungsgrenze zu überprüfen, bestehen deshalb auch bei Zugang des Erhöhungsverlangens vor Ablauf der Drei-Jahres-Frist nicht. Es handelt sich vielmehr um einen ebenso einfachen Rechenvorgang, wie bei der Rückrechnung vom Zeitpunkt des Zugangs des Erhöhungsverlangens, die das Landgericht für maßgeblich halten will.

23

Entgegen der Auffassung des Landgerichts spricht auch die Tatsache, daß für die Berechnung des ortsüblichen Vergleichszinses die Vergleichsmiete zum Zeitpunkt des Zugangs des Mieterhöhungsverlangens und nicht zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens maßgeblich ist (BayObLG DWW 1993, 17), nicht dafür, daß es auch hinsichtlich der Einhaltung der Kappungsgrenze auf den Zeitpunkt des Zugangs des Erhöhungsverlangens ankommen muß. Anders als bei der Kappungsgrenze, deren Einhaltung durch eine Berechnung anhand dem Mieter bekannter Daten überprüft werden kann, ist eine Überprüfung der ortsüblichen Vergleichsmiete zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Erhöhungsverlangens nicht möglich, weil diese Vergleichsmiete noch gar nicht festgestellt werden kann, sondern nur fiktiv zu ermitteln sein könnte. Während der Mieter nämlich nicht gehindert ist, bei seinen Überlegungen hinsichtlich der Frage einer Zustimmung zu dem Erhöhungsverlangen die Einhaltung der Kappungsgrenze, die sich rein rechnerisch aus dem Vergleich der für die Zukunft verlangten Miete mit der drei Jahre vor Wirksamwerden des Verlangens geschuldeten Miete ergibt, zu berechnen, kann er hinsichtlich der ortsüblichen Miete zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Verlangens mit einem zumutbaren Aufwand keine eigenen Feststellungen treffen. Derartige Schwierigkeiten ergeben sich bei der Frage, ob die Kappungsgrenze eingehalten ist, jedoch nicht. Diese Frage kann der Mieter unabhängig davon, ob er dem Mieterhöhungsverlangen sofort zustimmt oder ob er seine Zustimmung versagt oder erst später erteilt, in jedem Fall ohne weiteres überprüfen. Da die Kappungsgrenze nicht den Zweck hat, den Mieter generell vor einer Mieterhöhung zu schützen, sondern vielmehr nur eine "dämpfende" Funktion hinsichtlich des Umfangs der Mietzinserhöhung hat, ergeben sich auch aus diesem Gesichtspunkt keine zwingenden Gründe für die Rückrechnung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Erhöhungsverlangens.

24

Die Rechtsprechung zur Einhaltung der Wartefrist des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MHG bei ehemals preisgebundenen Wohnungen, bei denen nach Wegfall der Preisbindung ein Mieterhöhungsverfahren durchgeführt wird - nach einem neuen Rechtsentscheid des OLG Hamm vom 15.03.1995 (DWW 1995, 256) ist für die Einhaltung der Wartefrist der Zeitpunkt des Zugangs des Erhöhungsverlangens ebenfalls Wirksamkeitsvoraussetzung für das Erhöhungsverlangen - rechtfertigt eine andere Sicht ebenfalls nicht. Auch hier gilt, daß die Wartefrist nicht mit der Drei-Jahres-Frist des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MHG gleichzusetzen ist.

25

Der Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichts, der sich der Senat anschließt, steht auch nicht entgegen, daß nach einem Rechtsentscheid des OLG Hamm (WuM 1981, 35) für die Frist des § 564 Abs. 2 Nr. 2 BGB gilt, daß eine Kündigung erst nach Ablauf der dreijährigen Wartefrist zulässig und die zuvor erfolgte Kündigung unwirksam ist. Auch diese Frist unterscheidet sich von der Frist des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MHG dadurch, daß es sich um eine Sperrfrist handelt, deren Ablauf schon nach dem Gesetz Voraussetzung dafür ist, daß sich der Vermieter auf seine berechtigten Interessen überhaupt berufen kann.

26

Schließlich stellt auch § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 a MHG keinen hinreichenden Grund für die Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts dar. Daß der Gesetzgeber mit der Begrenzung der Regelung auf Erhöhungverlangen, die vor dem 01.09.1998 zugehen, zum Ausdruck bringen wollte, daß es für die Berechnung der Kappungsgrenze generell auf eine vom Zeitpunkt des Zugangs des Erhöhungsverlangens ausgehende Rückrechnung ankomme, ist nicht ersichtlich. Dann müßte der Gesetzgeber hingenommen haben, daß er letztlich den für die Kappungsgrenze maßgebenden Zeitraum um drei Monate verlängert. Dafür gibt es jedoch keine Anhaltspunkte.

27

Im übrigen spielen die Voraussetzungen der zeitlich befristeten Sonderregelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 a und b MHG für die Entscheidung der Sache keine Rolle, weil es nicht um einen Mietzins geht, der der Sonderregelung unterfällt. Der Mietzins, dessen Erhöhung verlangt wird, liegt unter 8,00 DM/qm.

28

Für die Entscheidung des vorliegenden Sachverhalts kommt es im Hinblick auf die Anwendung der 20 %-Grenze nicht auf die streitig gewordene Frage an, ob es sich bei dem "Mietzins, dessen Erhöhung verlangt wird" (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b MHG), um die drei Jahre vor dem Wirksamwerden des Erhöhungsverlangens geschuldete Miete (so LG Hamburg WuM 1995, 271 [LG Hamburg 03.02.1995 - 311 S 196/94] = NJW 1995, 1295; dagegen mit überzeugender Begründung Börstinghaus WuM 1995, 242 ff.; zur Vereinbarkeit mit dem Verfassungsrecht BVerfG WuM 1995, 576 [BVerfG 11.07.1995 - 1 BvR 1279/95]) oder um die zur Zeit des Zugangs des Erhöhungsverlangens geltende Miete handelt; sie betrug bei der Zugrundelegung beider Betrachtungsweisen weniger als 8,00 DM/qm.