Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 16.12.2004, Az.: 13 U 19/04

Auftraggeber; Auftragnehmer; Bauherr; Baumangel; Bauunternehmer; Bauvertrag; Bitumendickbeschichtung; grobe Fehlerhaftigkeit; grobe Mangelhaftigkeit; Kellerabdichtung; neue Nachfristsetzung; neuer Mangelbeseitigungsversuch; neuer Mängelbeseitigungsversuch; neuer Nachbesserungsversuch; Unzumutbarkeit; VOB; VOB-Vertrag; weitere Nachbesserung; weitere Nachfristsetzung; Werkmangel; Werkunternehmer; Werkvertrag; zweite Nachfristsetzung; zweiter Mangelbeseitigungsversuch; zweiter Mängelbeseitigungsversuch; zweiter Nachbesserungsversuch

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
16.12.2004
Aktenzeichen
13 U 19/04
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 51074
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG - 05.12.2003 - AZ: 13 O 5261/99
nachfolgend
BGH - 22.09.2005 - AZ: VII ZR 19/05

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 5. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz und die Beschwer des Beklagten wird auf 25.114,22 € festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schadensersatz mit der Begründung in Anspruch, dass dieser bei dem vom Kläger durchgeführten Hausbau die ihm in Auftrag gegebene Abdichtung gegen drückendes Wasser mangelhaft hergestellt habe, sodass die Abdichtung insgesamt zu entfernen und neu herzustellen gewesen sei. Das Landgericht hat der in Höhe von 52.885,95 DM nebst Zinsen erhobenen Klage in Höhe von 25.114,22 € nebst Zinsen stattgegeben und die weitergehende Klage abgewiesen. Wegen des erstinstanzlichen Parteivortrags und wegen der Entscheidungsgründe des Landgerichts wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

2

Der Beklagte verfolgt mit der Berufung den Klageabweisungsantrag weiter. Er greift in erster Linie die Feststellung des Landgerichts an, dass die von ihm ausgeführten Abdichtungsarbeiten mangelhaft gewesen seien. Ein Beweis dafür sei weder durch das vom Kläger eingeholte Privatgutachten der Sachverständigen U. vom 12. Juli 1999 noch durch das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen J. vom 5. Februar 2001 geführt worden. Soweit das Landgericht annehme, der Beklagte habe gegen das Gutachten der Privatsachverständigen keine substantiierten Einwendungen vorgebracht, treffe dies nicht zu. Die erstinstanzlichen Einwendungen gegen das Gutachten der Sachverständigen U. werden vom Beklagten wiederholt und vertieft. Er macht ferner geltend, dass ein Schadensersatzanspruch nicht in Betracht komme, weil keine Frist zur Nachbesserung gesetzt worden sei. Im Übrigen seien die beanspruchten Mängelbeseitigungskosten der Höhe nach nicht gerechtfertigt.

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Der Kläger beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

5

Der Senat hat Beweis durch Vernehmung der sachverständigen Zeugin U. und durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen G. erhoben.

II.

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Die Berufung ist unbegründet.

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1. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist gemäß § 13 Nr. 7 VOB/B in der vom Landgericht zuerkannten Höhe von 25.114,22 € gerechtfertigt.

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a) Die vom Beklagten hergestellte Abdichtung ist mit wesentlichen Mängel behaftet, die die Gebrauchsfähigkeit erheblich beeinträchtigen.

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Ein Mangel ergibt sich allerdings noch nicht daraus, dass nach dem Vertrag neben der Einhaltung der DIN-Vorschriften eine Ausführung gegen drückendes Wasser geschuldet war, und dass die vom Beklagten ausgeführte kunststoffmodifizierte Bitumen-Dickbeschichtung für drückendes Wasser weder im Jahr 1999 noch heute DIN-gerecht ist (Ausführung des Sachverständigen G., Bl. 523, 524 d. A.). Denn dieser Punkt wird vom Kläger nicht gerügt. Er hat in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt, dass nur die unteren 50 cm der Abdichtung gegen drückendes Wasser ausgeführt werden sollten und dass zwischen den Parteien Einigkeit darüber bestehe, dass die hergestellte Ausführung mit einer kunststoffmodifizierten Bitumen-Dickbeschichtung grundsätzlich auch gegen drückendes Wasser genügt. Der Kläger selbst hat die Schadensbeseitigung mit einer solchen Abdichtung vornehmen lassen.

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Ein Mangel liegt jedoch insoweit vor, als sich bei der vom Beklagten zuerst hergestellten Abdichtung die Polystyrolkugeln der Drainplatten in die noch frische Bitumenbeschichtung eingedrückt hatten, und der Beklagte bei der Nachbesserung vor dem Aufbringen der neuen Bitumenschicht die Polystyrolkugeln nicht ordnungsgemäß beseitigte (abflammte), sondern die neue Beschichtung über die anhaftenden Reste der Drainplatten sowie über Sandverunreinigungen auftragen ließ. Diesen Sachverhalt hat die sachverständige Zeugin U. glaubhaft bekundet. Sie hat ausgesagt, dass die Drainplatten der ersten Beschichtung vollflächig in diese Beschichtung hineingedrückt und die neue Beschichtung auf den Resten der Drainplatten angebracht worden sei. Ferner hat die Zeugin auf ihr Gutachten Bezug genommen, indem sie beschrieben hat, dass unter der neuen Abdichtung auch schmutzige Bereiche vorhanden waren. Dass diese Angaben den Tatsachen entsprechen, ergibt sich aus den Fotos zum Gutachten vom 12. Juli 1999. Insbesondere die Fotos 1, 3, 4 und 13 sprechen dafür, dass der Beklagte bei der Nachbesserung die neue Bitumendickbeschichtung einfach auf die Drainplatten- und Schmutzreste streichen ließ. Wie die Zeugin weiter ausgeführt hat und die Fotos 2, 6, 9 und 10 des Gutachtens vom 12. Juli 1999 zeigen, befanden sich die Drainplattenreste nicht nur in den bei der Nachbesserung noch nicht überstrichenen Bereichen, sondern auch dort, wo die Sachverständige die neue Beschichtung zur Überprüfung entfernt hatte.

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Hinzu kommt, dass die sachverständige Zeugin bei der Überprüfung der Abdichtungsarbeiten im noch nicht nachgebesserten Bereich zwei Stellen fand, in denen vom Beklagten in an Vorsatz grenzender Weise mangelhaft gearbeitet wurde. Es handelt sich hierbei um Öffnungen im Kalksandstein-Mauerwerk (Griffloch bzw. Verzahnung des Kalksandsteins), die nicht mit Mörtel verschlossen, sondern wie die Sachverständige in der mündlichen Verhandlung beschrieben hat, nur mit einer Bitumenschicht überzogen waren. Darüber hinaus steht aufgrund der Aussage der Zeugin U. und aufgrund der Fotos 23 und 24 fest, dass in den Bereichen, in denen die Starkstromleitung und das Frischwasserrohr in das Haus eingeführt werden, eine ordnungsgemäße Anarbeitung der Abdichtung fehlt. Nach dem Gutachten des Sachverständigen G. wäre hier ein Los-/Festflansch erforderlich gewesen, um eine fachgerechte Andichtung der Leitungseinführungen herzustellen. Die Abdichtung der Rohrdurchführungen ist, wie die Erörterung in der mündlichen Verhandlung ergeben hat, durch den Beklagten, nicht durch einen Dritten, erfolgt. Der Beklagte hat die Abdichtung der Rohrdurchführungen unter dem 8. Januar 1999 abgerechnet (Bl. 16 d. A.). Ein Mangel der Abdichtungen lag auch im Hinblick auf die Schichtdicke vor. Nach den Ausführungen der sachverständigen Zeugin U. in ihrem Gutachten vom 12. Juli 1999 war die Schichtdicke in Teilbereichen unter 1 mm bzw. praktisch nicht vorhanden. In anderen Bereichen war sie unzulässig dick, nämlich über 1 cm stark aufgetragen. An der Richtigkeit dieser Angabe bestehen nach der Vernehmung der Zeugin U. keine Zweifel.

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b) Aufgrund des Umfangs der Mängel war der Kläger berechtigt, die vom Beklagten hergestellte Abdichtung entsprechend der Empfehlung der eingeschalteten Sachverständigen insgesamt entfernen und neu herstellen zu lassen. Eine Fristsetzung zur Nachbesserung war dazu nicht erforderlich. Es ist anerkannt, dass es einer Nachfristsetzung nicht bedarf, wenn sich der Auftragnehmer derart unzuverlässig und nachlässig verhalten hat, dass dem Auftraggeber die Vornahme der Mängelbeseitigung durch diesen Auftragnehmer nicht mehr zuzumuten ist. Voraussetzung ist, dass der Auftragnehmer schwerwiegend und schuldhaft gegen seine vertragliche Verpflichtung verstoßen hat, wie etwa bei mehreren vergeblichen Nachbesserungsversuchen. So ist es hier:

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Die Ausführung der Arbeiten durch den Beklagten erfolgte Anfang Januar 1999. Entgegen der vertraglichen Verpflichtung stellte er die Abdichtung nicht gegen drückendes Wasser her. Nach Rüge des Klägers nahm er wegen dieses Mangels in der Zeit bis zum 20. Januar 1999 eine Nachbesserung vor. Nachdem in der Folgezeit mehrfach Wasser in den Keller eingedrungen war und der Kläger ihn mit Schreiben vom 23. März und 11. Mai 1999 unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung aufforderte, ließ der Beklagte Ende Mai 1999 zwei Seiten des Hauses freischachten. Mit Schreiben vom 27. Mai 1999 bestritt er, mangelhaft gearbeitet zu haben (Bl. 28, 29 d. A.) und verlangte vom Kläger eine Zusage der Kostenübernahme. Im Juni 1999 begann der Beklagte - offenbar nach mündlicher Zusage des Klägers über eine Beteiligung an den Sanierungskosten (Schreiben des Beklagten vom 29. Juni 1999, Bl. 94 d. A.) - mit den Sanierungsarbeiten. Diese führte er, wie die Beweisaufnahme ergeben hat, erneut mit gravierenden Mängeln aus. Unter diesen Umständen war dem Kläger eine Fortsetzung der Nachbesserung durch den Beklagten nicht zuzumuten.

14

c) Das Landgericht ist auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen J. zutreffend von Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 43.533,55 DM ausgegangen. Der Beklagte hat in erster Instanz keine Einwendungen gegen das Gutachten erhoben. Soweit er geltend macht, dass er selbst für die von ihm vorgenommenen Sanierungsarbeiten lediglich 16.710,90 DM abgerechnet habe, kann dies schon deshalb nicht ausschlaggebend sein, weil die Nachbesserung des Beklagten unzureichend war und nach teilweiser Fertigstellung abgebrochen wurde. Mit den weiteren Einwänden zur Höhe wiederholt der Beklagte nur seinen Vortrag, dass die von ihm hergestellte Abdichtung ordnungsgemäß gewesen und eine vollständige Erneuerung nicht erforderlich gewesen sei. Dies trifft, wie ausgeführt, nicht zu. Darüber hinaus hat das Landgericht rechtsfehlerfrei weitere 928 DM für einen zweiten An- und Abtransport des Baggers in Ansatz gebracht.

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Das vom Kläger eingeholte Gutachten des Bausachverständigen-Büros U./S. war erforderlich, um dem Kläger ein zuverlässiges Bild von Ursache und Ausmaß der Mängel sowie der erforderlichen Nachbesserungsmaßnahmen zu verschaffen. Die insoweit entstandenen Kosten von 1.577,60 DM sind Folge der Mängel.

16

Die Annahme des Landgerichts, dass wegen der Abdichtungsmängel und der erforderlichen Nachbesserungsarbeiten ein Mietausfallschaden in Höhe von 1.700 DM (eine Monatsmiete) und im Hinblick auf die spätere Nutzungsmöglichkeit der vom Kläger selbst bewohnten Doppelhaushälfte ein Schaden von 1.380 DM (Mietkosten für zwei Monate) entstanden sei, ist im Rahmen einer zulässigen Schadensermittlung gemäß § 287 Abs. 1 ZPO nicht zu beanstanden. Dass das Gebäude wegen der Mängel und der notwendigen Nachbesserungsarbeiten nicht rechtzeitig bezugsfertig war, liegt nahe, wenn berücksichtigt wird, dass der erste Wassereinbruch im Januar 1999 auftrat, dass die Mängelbeseitigungsversuche des Beklagten bis zum 1. Juli 1999 andauerten und anschließend auch die bereits geschlossenen Seiten des Kellergeschosses wieder aufgegraben, die Abdichtung entfernt und vollständig erneuert werden musste.

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Somit ist dem Kläger ein Gesamtschaden von 49.119,15 DM (25.114,22 €) entstanden. Die geltend gemachte Hauptforderung ist wie vom Landgericht zuerkannt zu verzinsen.

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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

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Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO liegen nicht vor.