Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 06.04.2005, Az.: 6 B 113/05
Ausschluss der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen die Änderung oder Aufhebung einer Nebenbestimmung hinsichtlich der Ausübung einer Beschäftigung; Bestehen der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs gegen den Erlass einer Nebenbestimmung; Analoge Anwendung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung auf die Erteilung eines Beschäftigungsverbotes; Qualifizierung einer Nebenbestimmung als Vollstreckungsmaßnahme; Geeignetheit der Nebenbestimmung auf Grund ihres "Lästigkeitswertes"; Gesetzliches Verbot der Beschäftigungsaufnahme durch einen lediglich geduldete Ausländer; Fehlende Erforderlichkeit der Verfügung eines Beschäftigungsverbotes nach Erlass des gesetzlichen Verbotes; Beschäftigung eines Ausländers nur bei Vorliegen eines Aufenthaltstitels; Möglichkeit der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis trotz Versagung der Aufenthaltserlaubnis
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 06.04.2005
- Aktenzeichen
- 6 B 113/05
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 32595
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:2005:0406.6B113.05.0A
Rechtsgrundlagen
- § 4 Abs. 2 AufenthG
- § 4 Abs. 3 AufenthG
- § 25 Abs. 5 AufenthG
- § 61 Abs. 1 S. 2 AufenthG
- § 84 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG
- § 8a Abs. 1 Nds. AG VwGO
- § 64 Abs. 4 Nds. SOG
- § 70 Abs. 1 Nds. VwVG
- § 11 BeschVerfV
Fundstellen
- ANA-ZAR 2005, 16 (Kurzinformation)
- ANA-ZAR 2005, 27 (Kurzinformation)
- AUAS 2005, 158-161
- InfAuslR 2005, 264-268 (Volltext mit amtl. LS)
- ZAR 2005, 375-376 (Volltext mit amtl. LS)
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Die Ausnahmevorschrift des § 84 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG kann in Ermangelung einer planwidrigen Regelungslücke nicht im Wege der analogen Anwendung auf das Beschäftigungsverbot erstreckt werden.
- 2.
Die Duldung bestimmt die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung eines Ausländers. Eine zur Duldung ergangene Nebenbestimmung regelt damit unmittelbar Einzelheiten für den Fall des weiteren Aufenthalts. Die Duldung zielt folglich allenfalls indirekt auch auf eine Beendigung des Aufenthalts.
- 3.
Zu den rechtsstaatlichen Mindestanforderungen an Nebenbestimmungen, die den Rechtskreis des betroffenen Ausländers einschränken, gehört, dass sie zur Erreichung eines vom Ausländerrecht gedeckten Zwecks geeignet, erforderlich und nicht unverhältnismäßig belastend sind.
- 4.
§ 11 BeschVerfV ermächtigt nicht zum Erlass eines Beschäftigungsverbotes als Nebenbestimmung zu einer Duldung.
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Braunschweig - 6. Kammer -
am 6. April 2005
beschlossen:
Tenor:
Es wird festgestellt, dass die Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 18.02.2005 aufschiebende Wirkung hat.
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der im Jahre 1978 geborene Antragsteller ist serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit aus einem Dorf in der Gemarkung von Vucitern im Kosovo. Er reiste im Jahre 1995 mit seinen Eltern und Geschwistern in die Bundesrepublik Deutschland ein. Nach erfolglos durchgeführtem Asylverfahren wurde er seit August 1996 zunächst wegen Passlosigkeit geduldet. In der Zeit vom August 1999 bis Januar 2002 absolvierte er erfolgreich eine Ausbildung zum Kraftfahrzeugmechaniker. Im Anschluss daran war er noch bis Juni 2002 in seinem Ausbildungsbetrieb tätig. Die dem Antragsteller in der Folgezeit erteilten Duldungen schlossen jeweils eine Erwerbstätigkeit aus. Seither gewährt der Antragsgegner dem Antragsteller Sozialleistungen. Im Jahre 2003 legte der Antragsteller seinen im Juni 2003 vom serbischen Generalkonsulat in Hamburg ausgestellten Reisepass beim Antragsgegner vor. Der Antragsgegner duldet den Antragsteller aus nicht aktenkundigen Gründen weiterhin.
Mit Bescheid vom 18.02.2005 erteilte der Antragsgegner dem Antragsteller die "aufenthaltsrechtliche Auflage: Erwerbstätigkeit jeder Art nicht gestattet", die er im Wesentlichen damit begründete, dass der Antragsteller die Gründe für seine Nichtausreise zu vertreten habe. Deshalb setze er, der Antragsgegner, das Arbeitsverbot ein, um den Antragsteller zu bewegen, freiwillig in sein Heimatland zurückzukehren bzw. um seiner Verpflichtung zur Klärung seiner Identität bzw. der Passbeschaffung Nachdruck zu verleihen. Weiterhin solle vermieden werden, dass während der Duldungszeit eine Aufenthaltsverfestigung durch eine Erwerbstätigkeit eintrete. Schließlich führte der Antragsgegner unmittelbar vor der förmlichen Rechtsbehelfsbelehrung aus, gemäß § 84 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG habe die Klage gegen die Änderung oder Aufhebung einer Nebenbestimmung keine aufschiebende Wirkung.
Dagegen hat der Antragsteller am 28.02.2005 Klage erhoben (6 A 112/05) und zugleich vorläufigen Rechtschutz gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 18.02.2005 beantragt. Er macht im Wesentlichen geltend:
Er, sein Bruder sowie seine Schwester, die sich noch in der Ausbildung befinde, wollten bis auf weiteres nicht in das Kosovo zurückkehren, weil beide Elternteile sowie eine behinderte Schwester auf ihre Unterstützung und Pflege angewiesen seien, bei der sie sich abwechselten. Der Vater leide an einer schweren Erkrankung , insbesondere des Herzens, derentwegen ihm Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG a.F. gewährt worden sei. Die Mutter sei ebenfalls erkrankt. Er habe die Möglichkeit, bei seinem ehemaligen Arbeitgeber als Kraftfahrzeugmechaniker zu arbeiten.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er macht im Wesentlichen ergänzend geltend:
Anders als nach der früheren Rechtslage habe es keines Verbots der Erwerbstätigkeit bedurft. Wenn eine Ausländerbehörde "aus welchen Gründen auch immer" der Duldung eines Ausländers ein Beschäftigungsverbot beifüge, sei damit lediglich der Hinweis auf die schon bestehende Rechtslage, nicht aber eine Regelung im Sinne eines Verwaltungsaktes verbunden.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des Verwaltungsvorgangs des Antragsgegners verwiesen, den dieser nach mehrmaliger Aufforderung am 23.03.2005 vorgelegt hat.
II.
Der zulässige Antrag hat Erfolg. Die Klage des Antragstellers gegen den angegriffenen Bescheid des Antragsgegners entfaltet aufschiebende Wirkung und wird voraussichtlich auch zur Aufhebung des Bescheides führen.
1.
Der Antrag ist nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft. Entgegen der im gerichtlichen Verfahren geäußerten Auffassung des Antragsgegners kann der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene und fraglos auf den Erlass eines Verwaltungsaktes gerichtete Bescheid vom 18.02.2005 nicht im Nachhinein in einen bloßen Hinweis auf die bestehende Rechtslage umgedeutet werden. Der Antragsgegner hat einen Verwaltungsakt mit einer konkreten Regelung erlassen wollen und dies auch in einer Weise zum Ausdruck gebracht, dass der Antragsteller als Erklärungsadressat den Bescheid nicht lediglich als unverbindlichen Hinweis auf die bestehende Rechtslage verstehen konnte. Wäre der Antragsgegner tatsächlich an einer "Herabstufung" oder Umdeutung seines Bescheides interessiert, hätte er die ihm durch das Gericht eingeräumte Möglichkeit nutzen können, den Bescheid ausdrücklich aufzuheben; indem er dies unter (telefonischem) Hinweis auf den Beschluss der 1. Kammer des VG Braunschweig vom 10.03.2005 (1 B 25/05) nicht getan hat, hat er im Übrigen zu erkennen gegeben, dass er an dem Bescheid festhält, zumal er viele weitere Bescheide in zumindest ähnlicher Form und mit ähnlichem Inhalt erlassen hat.
2.
Der Antrag kann nicht zur Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der nach der Abschaffung des Widerspruchsverfahrens aufgrund des § 8a Abs. 1 Nds. AG VwGO statthaften Klage, sondern muss zur Feststellung ihrer aufschiebenden Wirkung führen.
a.
Der Antragsgegner hat (anders als in dem Verfahren, das der Entscheidung des VG Braunschweig vom 10.03.2005 - 1 B 25/05 - zu Grunde lag) die sofortige Vollziehung seines Bescheides bewusst (und im Ergebnis zu Recht) nicht nach § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO angeordnet, sondern angenommen, dass die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 84 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG bereits von Gesetzes wegen ausgeschlossen sei. Dies trifft indessen nicht zu.
Die Vorschrift des § 84 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG, auf die der Antragsgegner im angegriffenen Bescheid ausdrücklich abstellt, schließt die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs aus, der sich richtet gegen "die Änderung oder Aufhebung einer Nebenbestimmung, die die Ausübung einer Beschäftigung betrifft". Hier geht es jedoch nicht um die Änderung oder Aufhebung einer den Ausländer begünstigenden Nebenbestimmung, die die Ausübung einer Beschäftigung betrifft (vgl. dazu auch Funke-Kaiser, Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, § 84 Rn. 19), sondern um den von § 84 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG nicht erfassten (Neu-)Erlass einer Nebenbestimmung, die (zudem) auf eine Nicht-Beschäftigung zielt.
Die nach der Gesetzessystematik als Ausnahmevorschrift konzipierte Bestimmung des § 84 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG kann nicht im Wege analoger Anwendung auf das Beschäftigungsverbot erstreckt werden, da die dafür vorausgesetzte planwidrige Lücke des Gesetzes offensichtlich nicht besteht (dazu nachfolgend zu 3.).
b.
Es liegt auch kein sonstiger Fall des gesetzlichen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung vor. Insbesondere ist die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs nicht auf Grund einer landesrechtlichen Regelung im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift sind die Länder ermächtigt zu bestimmen, dass "Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden".
Die im vorliegenden Zusammenhang allein in Betracht zu ziehenden Bestimmungen des § 70 Abs. 1 Nds. VwVG i.V.m. § 64 Abs. 4 Nds. SOG erfassen nach der Auffassung der Kammer das als Nebenbestimmung zur Duldung erlassene Beschäftigungsverbot nicht. Es lässt sich weder als Androhung noch als Festsetzung eines Zwangsmittels im Sinne von § 70 Abs. 1 Nds. VwVG i.V.m. § 64 Abs. 4 Nds. SOG begreifen.
Nach § 70 Abs. 1 Nds. VwVG werden u.a. Verwaltungsakte, die nicht auf eine Geldleistung nach § 1 dieses Gesetzes, sondern auf die Herausgabe einer Sache oder auf eine sonstige Handlung oder eine Duldung oder Unterlassung gerichtet sind, selbst wenn sie nicht der Gefahrenabwehr dienen, nach dem Sechsten Teil des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung, mithin nach den §§ 64 ff Nds. SOG durchgesetzt. § 64 Abs. 4 Nds. SOG bestimmt insoweit ausdrücklich, dass Rechtsbehelfe gegen die Androhung oder Festsetzung von Zwangsmitteln aufschiebende Wirkung nicht haben und § 80 Abs. 4 bis 8 VwGO entsprechend anzuwenden ist.
Von Teilen der Literatur wird bereits der Anwendungsbereich des § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO und auch der Wortlaut der vorgenannten Landesrechtsnormen auf die Durchsetzung von Verwaltungsakten beschränkt (Verwaltungsaktsvollstreckung) und ausdrücklich ausgeführt, dass Maßnahmen zur Durchsetzung einer nicht durch einen Verwaltungsakt begründeten, unmittelbar auf dem Gesetz beruhenden ausländerrechtlichen Ausreisepflicht dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nicht unterfielen (in diesem Sinne etwa Schoch, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 80 Rn. 136h, 136u m. w. Nw. auch zur gegenteiligen Auffassung).
Aber auch dann, wenn mit Blick auf die Formulierung des § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO ("Maßnahmen, die in der Verwaltungsvollstreckung ... getroffen werden") und bei einem entsprechend weiten, durch die bundesrechtlichen Regelungsinhalte überlagerten Verständnis (hier) des Wortlauts des § 70 Abs. 1 Nds. VwVG angenommen wird, dass dadurch (erst recht) auch die Durchsetzung der unmittelbar bereits durch das Gesetz begründeten Ausreisepflicht erfasst werden soll, ergibt sich daraus nichts, was für die durch gesetzliche Vorschriften nicht explizit vorgegebene Qualifizierung einer Nebenbestimmung als Vollstreckungsmaßnahme spräche.
Die als Realakt zu begreifende Abschiebung sowie die Androhung der Abschiebung können noch als Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung im vorgenannten Sinne verstanden werden, weil sie auf die Durchsetzung der bereits gesetzlich begründeten Ausreisepflicht abzielen, selbst wenn ein durchzusetzender Verwaltungsakt nicht ergangen ist. Der dieser Überlegung zu Grunde liegende Erst-Recht-Schluss rechtfertigt es indessen nicht, den "Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung" auch die Rechtsakte zuzuordnen, die zumindest nicht unmittelbar auf die Durchsetzung der Ausreisepflicht, sondern eher im Gegenteil auf eine Regelung des weiteren Aufenthalts abzielen.
Nach früherem Recht war das als Nebenbestimmung zur Duldung eingesetzte Beschäftigungsverbot selbst als ein der Vollstreckung fähiger bundesrechtlicher Grundverwaltungsakt konzipiert, der unstreitig als selbstständig anfechtbarer Verwaltungsakt begriffen worden war (vgl. dazu etwa Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 23.03.2000 - 10 M 4629/99 - m. w. Nw.) und der ebenso unstreitig zumindest in den Fällen unmittelbar gesetzlich begründeter Ausreiseverpflichtung auch nicht der Durchsetzung eines anderen Verwaltungsaktes diente. Soweit das Beschäftigungsverbot von Teilen der Rechtsprechung gleichwohl als eine Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung qualifiziert worden ist, findet dies seine Erklärung in einem speziell für die Zwecke des Ausländerrechts weiter gefassten Begriff der Vollstreckungsmaßnahme, der seinerseits auf dem Gedanken beruht, dass alle Rechtsakte gegenüber einem ausreispflichtigen Ausländer nur dem gesetzlichen Ziel der Ausreise dienen könnten (in diesem Sinne etwa Hessischer VGH, Beschl. vom 06.04.2001 - 12 TG 368/01 - InfAuslR 2001, 378 f; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. vom 08.08.2003 - 18 B 2511/02 - AuAS 2003, 272 ff). Das überzeugt indessen schon deshalb nicht, weil nichts dazu nötigt, die Duldung als eine besondere Vollstreckungsmaßnahme zu begreifen.
Die Duldung berührt zwar nicht die Ausreisepflicht des Ausländers, sie dient aber - anders als beispielsweise die Abschiebungsandrohung - auch nicht deren Durchsetzung. Sie bestimmt im Gegenteil gerade die "vorübergehende Aussetzung der Abschiebung" (§ 60a AufenthG). Demgemäß regelt eine zur Duldung ergangene Nebenbestimmung unmittelbar Einzelheiten für den Fall des weiteren Aufenthalts des Ausländers. Sie zielt allenfalls indirekt - über eine vielleicht intendierte "Lästigkeitswirkung" für den betroffenen Ausländer - auch auf eine Beendigung des Aufenthalts. Solche (ohnehin regelmäßig auch fraglichen) mittelbaren Wirkungen können die Qualifizierung als Vollstreckungsmaßnahme im vorgenannten Sinne indessen zumindest mit Blick auf die genannten landesrechtlichen Vorschriften nicht rechtfertigen, da mit ihnen eine Aufenthaltsbeendigung weder direkt vorbereitet noch durchgesetzt werden soll (im Ergebnis wie hier zur früheren Rechtslage bereits: OVG Berlin, Beschl. vom 04.06.1998 - 8 SN 66/98 - NVwZ-Beilage 8/1998, 82; Bayerischer VGH, Beschl. vom 09.09.1999 - 10 ZE 99.2606 - BayVBl. 2000, 154 f; VGH Baden-Württemberg, Beschl. vom 06.04. 2000 - 10 S 2593/99 - AuAS 2000, 184; Hamburgisches OVG, Beschl. vom 25.05.2004 - 2 Bs 145/04 - InfAuslR 2004, 302; BSG, Urt. vom 02.09.2004 - B 7 AL 12/04 R - zitiert nach Juris; VG Hannover, Beschluss vom 22.07.2003, 6 B 2854/03).
c.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners begründet bereits der Umstand, dass der Antragsgegner seinem Bescheid den (unzutreffenden) Hinweis auf einen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 84 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG beigefügt hat, ein rechtlich geschütztes (Klarstellungs-) Interesse des Antragstellers an der Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage.
3.
Selbst wenn der mit der Klage angegriffene Bescheid dem Bereich der Verwaltungsvollstreckung (auch) im Sinne des § 70 Abs. 1 Nds. VwVG i.V.m. § 64 Abs. 4 Nds. SOG zugeordnet werden könnte, müsste der Antrag des Antragstellers erfolgreich sein; die aufschiebende Wirkung müsste dann nicht festgestellt, sondern angeordnet werden.
Der angegriffene Bescheid ist objektiv rechtswidrig und verletzt den Antragsteller zumindest in seinem Recht aus Art. 2 Abs. 1 Satz 1 GG. Selbst wenn dem nicht so wäre, überwöge im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO das private Interesse des Antragstellers das öffentliche Interesse, das nach der Auffassung der Kammer zumindest im vorliegenden Fall nicht besteht.
Die Ermächtigung des § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG, wonach einem vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer neben der bereits durch das Gesetz verfügten räumlichen Beschränkung auf das Gebiet des (Bundes-) Landes weitere Bedingungen und Auflagen auferlegt werden können, rechtfertigt den Erlass des angegriffenen Verwaltungsaktes nicht. Zu den rechtsstaatlichen Mindestanforderungen an Nebenbestimmungen, die den Rechtskreis des betroffenen Ausländers einschränken, gehört, dass sie zur Erreichung eines vom Ausländerrecht gedeckten Zwecks geeignet, erforderlich und nicht unverhältnismäßig belastend sind (vgl. BVerwG, Urt. vom 25.09.1997 - 1 C 3/97 -, BVerwGE 105, 232 zur Duldung). Diesen Mindestanforderungen genügt der angegriffene Bescheid des Antragsgegners schon deshalb nicht, weil er weder geeignet (a.) noch erforderlich ist (b.) und selbst mit seinen Überlegungen zur Aufenthaltserlaubnis nicht den zutreffenden Ansatzpunkt findet (c.).
a.
Soweit der Antragsgegner ausdrücklich darauf abstellt, er wolle den Antragsteller durch die Nebenbestimmung anhalten, freiwillig in sein Heimatland zurückzukehren bzw. bei der Beschaffung eines Reisepasses mitzuwirken, ist bereits die Geeignetheit der Maßnahme nicht ersichtlich. Allein der "Lästigkeitswert" einer solchen Nebenbestimmung begründet in aller Regel einen nennenswerten Anreiz weder für eine beschleunigte Ausreise noch dazu, bei der Beschaffung von Ausweis- oder Ausreiseunterlagen mitzuwirken. Ein Ausländer, der in seiner Heimat kein besseres Leben und nicht einmal einen Arbeitsplatz erwartet, lässt sich durch eine solche Nebenbestimmung nicht beeindrucken. Die seit Jahren insoweit erfolglose (und integrationspolitisch womöglich auch kontraproduktive) Anordnung solcher Nebenbestimmungen belegt dies auch im Falle des Antragstellers einmal mehr.
Die (offenbar für den vielfältigen Einsatz abgefassten) Erwägungen des Antragsgegners sind im Übrigen falsch, soweit sie darauf abstellen, es ginge beim Antragsteller darum, seine Identität zu klären oder ihn zur Mitwirkung bei der Beschaffung eines gültigen Nationalpasses anzuhalten. Der Antragsgegner hat übersehen, dass der Antragsteller bereits im Jahre 2003 einen im Juni 2003 vom Generalkonsulat in Hamburg ausgestellten und weiterhin gültigen Reispass vorgelegt hat.
b.
Entscheidend gegen die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides spricht vor allem, dass das vom Antragsgegner verfügte Beschäftigungsverbot seit dem In-Kraft-Treten des Aufenthaltsgesetzes nicht mehr erforderlich ist.
Einem Ausländer, der - wie der Antragsteller - nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels ist, mit dem das Gesetz eine Arbeitserlaubnis verbunden hat, sondern dessen Aufenthalt lediglich geduldet wird, ist es im Grundsatz unmittelbar durch das Gesetz verboten, einer Beschäftigung nachzugehen (§ 4 Abs. 2 und 3 AufenthG). § 4 Abs. 3 AufenthG bestimmt ausdrücklich, dass Ausländer eine Beschäftigung nur ausüben dürfen, wenn der Aufenthaltstitel es erlaubt; sie dürfen von Arbeitgebern nur beschäftigt werden, wenn sie über einen solchen Aufenthaltstitel verfügen. Dies gilt nicht, wenn dem Ausländer auf Grund einer zwischenstaatlichen Vereinbarung, eines Gesetzes oder einer Rechtsverordnung die Erwerbstätigkeit ohne den Besitz eines Aufenthaltstitels gestattet ist. Dieser gesetzliche Grundsatz des Beschäftigungsverbots für Ausländer, eine beachtliche gesetzgeberische Klarstellung, bedarf keiner Konkretisierung für den Einzelfall. Einen Hinweis auf die neue Rechtslage hätte der Antragsgegner auch durch geeignetere Maßnahmen ohne belastenden Regelungsgehalt geben können.
Individuell regelungsbedürftig ist allein die nicht bereits von Gesetzes wegen bestimmte Beschäftigungserlaubnis. In diesem Sinne ermächtigt § 10 der vom Antragsteller angeführten Verordnung über das Verfahren und die Zulassung von im Inland lebenden Ausländern zur Ausübung einer Beschäftigung (Beschäftigungsverfahrensverordnung - BeschVerfV) vom 22.11.2004 (BGBl. S. 2934) unter dort näher geregelten Umständen, auch einem "geduldeten Ausländer" mit Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit die Ausübung einer Beschäftigung zu erlauben. § 11 Satz 1 BeschVerfV begrenzt diese Regelungsbefugnis und verpflichtet zur Ablehnung eines Antrags auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis, wenn bestimmte Umstände vorliegen (Einreise zum Zweck der Erlangung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder vom Ausländer zu vertretende Gründe, die dem Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen entgegenstehen). § 11 BeschVerfV ermächtigt jedoch nicht zum Erlass eines Beschäftigungsverbotes als Nebenbestimmung zur Duldung.
Auch in Verbindung mit § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG gestattet es § 11 BeschVerfV zumindest im Regelfall nicht, eine Beschäftigungserlaubnis gewissermaßen vorbeugend abschreckend, auch ohne entsprechenden Antrag des Ausländers, zu versagen. Immerhin könnte ein konkret verfügtes Beschäftigungsverbot darauf abzielen, dass ein Antrag auf Beschäftigungserlaubnis von vornherein unterbleibt, weil ihm während der Geltung des individuellen Beschäftigungsverbots dieses bereits formal entgegengehalten und eine Prüfung des Antrages anhand der materiellen Kriterien des Gesetzes und der aktuellen Umstände versagt werden könnte. Solche Überlegungen wären nach der Auffassung der Kammer durch § 11 BeschVerfV nicht gerechtfertigt und würden kaum mehr bewirken als vermeidbare rechtliche Auseinandersetzungen. Das braucht hier indessen nicht vertieft zu werden, weil der Antragsgegner solche Überlegungen nicht ausdrücklich angeführt und mit seinen jüngsten Äußerungen klargestellt hat, dass er einen so weit gehenden Regelungsgehalt nicht intendiert hat.
Insbesondere der nach § 56 Abs. 3 Satz 2 AuslG a.F. mit einem Beschäftigungsverbot verbundene (Haupt-) Zweck der "Erleichterung der Zusammenarbeit zwischen Arbeitsamt und Ausländerbehörde" (vgl. dazu Hessischen VGH, a.a.O.) ist in dieser Form entbehrlich geworden. Diesen entscheidenden Unterschied des geltenden zum früheren Recht hat der Antragsgegner bei Erlass des Bescheides übersehen (so auch VG Braunschweig, Beschluss vom 10.03.2005 - 1 B 25/05 - den Beteiligten bekannt).
Nach dem früheren Recht konnte die Bundesagentur für Arbeit entscheiden, ob dem Ausländer eine Erwerbstätigkeit gestattet wurde; sie musste dabei nicht selten auch schwierige ausländerrechtliche Fragen behandeln. Insoweit bestand ein Bedürfnis für eine koordinierende und die ausländerrechtlichen Fragen abschichtende Tätigkeit der Ausländerbehörden, denen es nicht selten auch darum gegangen ist, eine aus ihrer Sicht unerwünschte positive Entscheidung der Arbeitsverwaltung verhindern zu können. Dies konnte mit einer Nebenbestimmung der hier in Rede stehenden Art geschehen, die für die Arbeitsverwaltung verbindlich war (vgl. dazu etwa Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschl. vom 04.08.2003 - L 13 AL 2554/03 - zitiert nach Juris).
Keiner dieser Gründe spielt nach dem geltenden Recht noch eine Rolle. Mit dem In-Kraft-Treten des Aufenthaltsgesetzes ist im Verhältnis zum betroffenen Ausländer allein die Ausländerbehörde befugt zu entscheiden, ob er arbeiten darf oder nicht. Sie hat es damit im Rahmen der einschlägigen Vorschriften auch in der Hand, das grundsätzliche Beschäftigungsverbot weiter fortbestehen zu lassen. Auf diese Weise wird unmittelbar durch das Gesetz einer Verfestigung des Aufenthalts, die mit einer Erwerbstätigkeit verbunden sein kann (wenn sie nicht dazu dient, das Startkapital für die Heimreise zu bilden), entgegengewirkt, sodass ein zusätzlich individuell verfügtes (weiteres) Beschäftigungsverbot funktionslos ist.
c.
Abschließend weist die Kammer auf Folgendes hin:
Soweit der Antragsgegner mit seiner Maßnahme zum Ausdruck bringen möchte, dass dem Antragsteller eine Beschäftigungserlaubnis nach § 11 BeschVerfV verweigert werden müsste, weil dem Antragsteller eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht zustehe, übersieht er schließlich auch den Unterschied der hier in Rede stehenden Normen. Während § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG darauf abstellt, dass dem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann, dessen Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist, geht § 11 BeschVerfV davon aus, dass eine Beschäftigungserlaubnis bei einem nicht zur Erlangung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz eingereisten Ausländer (nur dann) versagt werden muss, wenn bei diesem Ausländer aus von ihm zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können. Dieser Unterschied im Wortlaut lässt Raum für die Überlegung, dass einem Ausländer zwar die Aufenthaltserlaubnis versagt, ihm aber gleichwohl eine Beschäftigungserlaubnis erteilt werden kann, wenn er nicht abgeschoben werden soll.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2500,00 Euro festgesetzt.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG. Die Kammer hat den im Klageverfahren anzunehmenden gesetzlichen Auffangwert (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Beschl. vom 30.10.2001 - 11 S 1120/01 - AuAS 2002, 7) wegen der Vorläufigkeit der Entscheidung in diesem Verfahren auf die Hälfte reduziert (vgl. Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327 ff., Nr. I 1.5).
Wagner
Dr. Baumgarten