Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 28.04.2015, Az.: 2 A 826/13
Balkon; Bruttorauminhalt; geringfügige Beeinträchtigung; Beeinträchtigung; Denkmal; Einvernehmen; wirtschaftliche Unzumutbarkeit; Zustimmung
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 28.04.2015
- Aktenzeichen
- 2 A 826/13
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2015, 45267
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 73 Abs 4 BauO ND
- § 69 Abs 4 BauO ND 2012
- § 6 Abs 2 DSchG ND
- § 9 Abs 2 DSchG ND
- § 69 Anh 1 Nr 1 BauO ND
- § 60 Anh 1 Nr 1 BauO ND 2012
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Der Bruttorauminhalt eines Balkons, der auf einer Stützkonstruktion ruht, bemisst sich einschließlich des überspannten Luftraums.
2. Die Beteiligung des Nds. Landesamtes für Denkmalschutz im Baugenehmigungsverfahren erfolgt nicht nach landesrechtlichen Vorschriften, die dessen Zustimmung oder Einvernehmen verlangen (§ 73 Abs. 4 NBauO 2003, § 69 NBauO 2012).
Tatbestand:
Die Klägerin ist seit 1990 Eigentümerin des Hausgrundstücks G. Landstraße xx in E. (Gemarkung E., H., Flurstücke I. und J.). Auf dem zur Straße gewandten Bereich dieses Grundstücks steht die 1911/12 errichtete sogenannte “ K.“. Wegen der Einzelheiten der architektonischen Bedeutung dieses vom Pädagogen und Architekten L. M. N. O. entworfenen Gebäudes wird auf das Urteil der erkennenden Kammer vom 12. Juni 2002 (2 A 2294/97) verwiesen.
Am 9. Oktober 2002 beantragte die Klägerin eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Balkons samt Photovoltaikanlage an der straßenabgewandten, zum Garten hin gelegenen südlichen Hausseite. Der Balkon soll eine Breite von 7,61 m und eine Tiefe von 2 m haben. Die vorgesehene Brüstung soll eine Höhe von 0,9 m haben; in Fußhöhe ist ein Vorsprung von 0,76 m für die Tragkonstruktion vorgesehen. Die für die Photovoltaikanlage vorgesehene Überdachung soll 3,61 bzw. 4,13 m breit sein. Die ganze Anlage soll auf Ständern errichtet werden, die auf dem Dach der im Erdgeschoss befindlichen Loggia verankert werden sollen. Die Höhe der Gesamtkonstruktion soll 4,17 m betragen.
Unter dem 24. Oktober 2002 gelangte eine ablehnende Stellungnahme des Amtes für Baudenkmalpflege der Beklagten zu den Akten. Am 5. August 2003 holte die Beklagte eine Stellungnahme des Bezirkskonservators bei der Bezirksregierung Braunschweig zu dem Bauantrag ein. Diese Stellungnahme datiert auf den 10. Oktober 2003. Zusammenfassend kam der Bezirkskonservator zu der Ansicht, dass insbesondere in Anbetracht und unter Berücksichtigung des überregionalen künstlerischen und architekturgeschichtlichen Wertes der “ K.“ eine Vereinbarkeit der Planung mit den Maßgaben des § 6 Nds. Denkmalschutzgesetzes bei weitem nicht erkannt werden könne. In der Folgezeit fanden Verhandlungen zwischen der Klägerin und der Beklagten statt; insbesondere war seinerzeit die Frage offen, ob die Photovoltaikanlage genehmigungsfähig wäre. Bereits Mitte 2005 kündigte die Klägerin an, ihren Antrag auf die Genehmigung für den Balkon begrenzen zu wollen. Umgesetzt wurde dieses Vorhaben zunächst nicht. Mit Schreiben vom 22. April 2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass aus ihrer Sicht auch der Balkon allein in der beantragten Form nicht genehmigungsfähig sei. Bezugnehmend auf ein Schreiben vom 24. Juni 2005 gab die Beklagte ihre Rechtsauffassung wieder, der Balkon dürfe nur als auskragendes untergeordnetes Bauteil errichtet werden. Hierfür bedürfe es noch Planänderungen. Die Beklagte fragte nach dem Fortgang des Verfahrens an.
Am 27. August 2010 beantragte die Klägerin nunmehr eine Baugenehmigung allein für einen Balkon. Dessen Abmessungen waren dieselben wie bei demjenigen, der dem Antrag vom 9. Oktober 2002 zugrunde gelegen hat. Am 24. November 2010 leitete die Beklagte diesen Antrag weiter an das nunmehr zuständige Nds. Landesamt für Denkmalpflege, die Beigeladene. Unter dem 6. Januar 2011 nahm die Beigeladene, auch zu diesem Vorhaben ablehnend Stellung. Der Gebietsreferent P., der Beigeladenen, der früher Bezirkskonservator bei der Bezirksregierung Braunschweig gewesen war, nahm Bezug auf seine Stellungnahme vom 10. Oktober 2003.
Den Bauantrag vom 27. August 2010 lehnte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 27. August 2013 ab. Diesen Bescheid hob sie mit Bescheid vom 18. September 2013 unter Aufrechterhaltung des Tenors im Übrigen deshalb auf, weil der ursprüngliche Ablehnungsbescheid aus Sicht der Beklagten eine falsche Rechtsbehelfsbelehrung enthalten hatte. Zur Begründung des Bescheides führte die Beklagte an, der geplante Balkon verstoße gegen § 6 Abs. 2 Nds. Denkmalschutzgesetz.
Hiergegen legte die Klägerin am 19. September 2013 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2013 zurückwies.
Bereits am 24. September 2013 hat die Klägerin entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid vom 27. August 2013 Klage erhoben. Den Bescheid vom 18. September 2013 hat sie später in das Verfahren einbezogen.
Zur Begründung ihrer Klage trägt sie im Wesentlichen vor, in Anwendung von § 73 Abs. 3 NBauO a.F. sei von einer Genehmigungsfiktion für ihr Vorhaben auszugehen. Die Beigeladene habe nicht innerhalb von 2 Monaten nach Eingang ihres Bauantrages Stellung genommen. Im Übrigen habe die Mitarbeiterin xx der Beklagten ihrem Prozessbevollmächtigten gegenüber am 30. Mai 2012 mündlich die Genehmigung für die Errichtung des Balkons erteilt. Ferner sei ihr von der Beklagten mitgeteilt worden, dass ein Balkon als auskragendes untergeordnetes Bauteil errichtet werden dürfe. Aus ihrer Sicht bestünden auch Zweifel am Denkmalwert des Gebäudes, denn die Gartenfront sei nicht Teil dieses Kunstwerks. Die entgegenstehende Stellungnahme der Beigeladenen vom 6. Januar 2011 sei pauschal und nicht aktuell. Die Stellungnahme der Bezirksregierung Braunschweig vom 10. Oktober 2003 habe sich auf die „große Variante“ bezogen.
Ferner stellt sie einen Antrag nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 NDSchG. Ohne Balkon, dessen Errichtung ihr mündlich zugesagt worden sei, sei der von ihr vorgenommene Treppenausbau im Inneren des Gebäudes, der Einbau von Zugangstüren und die Erschließung des Dachgeschosses wirtschaftlich sinnlos. Nur mit einem Balkon ließen sich die so erschlossenen Räume wirtschaftlich vermieten. Für den Ausbau habe sie Kosten in Höhe von ca. 130.000 € aufgewendet und die jährlich hieraus folgende Belastung betrage 10.000 €.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 18. September 2013 und ihres Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2013 zu verpflichten, der Klägerin eine Baugenehmigung für die Errichtung einer Balkonanlage an dem Gebäude G. Landstraße xx in E. gemäß ihres Bauantrages vom 27. August 2010 zu erteilen,
hilfsweise,
festzustellen, dass nach Stand 22. April 2010 ein Balkon als auskragendes untergeordnetes Bauteil von der Beklagten als genehmigungsfähig dargestellt worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, eine Genehmigungsfiktion sei nicht eingetreten, da es weder der Zustimmung noch des Einvernehmens der Beigeladenen für die Erteilung der begehrten Baugenehmigung bedurft hätte. Die Beigeladene sei lediglich wegen ihrer fachlichen Kompetenz angehört worden. Auf eine mündliche Genehmigung könne sich die Klägerin nicht berufen, da Baugenehmigungen der Schriftform bedürften.
Die Beigeladene, die keinen Antrag stellt, tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und verweist insbesondere auf ihre im Verwaltungsverfahren abgegebene Stellungnahme vom 10. Oktober 2003.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligen gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 18. September 2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2013 sind rechtmäßig und die Klägerin hat einen Anspruch auf die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Balkons auf der südlichen Seite ihres Hauses, der “ K.“ nicht.
Die Errichtung des streitbefangenen Balkons bedarf als Baumaßnahme gemäß § 68 NBauO vom 10.02.2003 (Nds. GVBl. 2003, 89), zuletzt geändert durch Gesetz vom 03.04.2012 (vgl. § 88 Abs. 2 Satz 2 NBauO i.d.F. v. 3.4.2012, Nds. GVBl. S. 46), die hier anzuwenden ist weil der Bauantrag vom 27. August 2010 stammt (vgl. § 86 Abs. 1 NBauO i.d.F. v. 3.4.2012), baugenehmigungspflichtig.
Die Klägerin kann sich für die Baugenehmigungsfreiheit dieser Maßnahme nicht auf § 69 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Nr. 1.1 des Anhangs zu dieser Vorschrift berufen. Danach bedürfen Gebäude und Vorbauten ohne Aufenthaltsräume Toiletten und Feuerstätten, wenn die Gebäude und Vorbauten nicht mehr als 40 m³ brutto Rauminhalt haben und weder Verkaufs- noch Ausstellungszwecken dienen, einer Baugenehmigung nicht. Hierunter fällt die von der Klägerin zur Genehmigung gestellte Balkonanlage nicht. Ihr Bruttorauminhalt übersteigt das Volumen von 40 m³. Dieses beträgt vielmehr 63,47 m³. Dies ergibt sich daraus, dass der insgesamt von der Tragkonstruktion des Balkons und dem Balkon umfasste Raum Berücksichtigung finden muss. Dieser Raum, einschließlich des Luftraumes, ist derjenige, der von dem Bauwerk umschlossen wird. Insofern ist die Situation bei einem Balkon nicht anders als bei einem Baumhaus oder einem Hochsitz, die Gegenstand des Beschlusses des Nds. OVG vom 09.03.2012 (- 1 LA 140/09 -, zitiert nach juris RN 80) gewesen sind. Auch hierfür hielt das Oberverwaltungsgericht den gesamten von der Tragkonstruktion eingefassten Raum zuzüglich der Kanzel bzw. des Baumhauses selbst für maßgeblich bei der Berechnung des umbauten Raumes (ebenso Grosse-Suchsdorf, NBauO, 9. Auflage, § 60 RN 12 und § 69 RN 12). Es spricht nichts dagegen diese Rechtsprechung auf Balkone zu übertragen, die auf Tragkonstruktionen gestellt werden.
Die erforderliche Baugenehmigung bedarf gemäß § 75 Abs. 3 NBauO a.F. der Schriftform. Es kann daher offen bleiben, ob eine Mitarbeiterin der Beklagten der Klägerin oder ihrem Prozessbevollmächtigten mündlich eine Baugenehmigung erteilt hat. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, was sich aus den Akten nicht ergibt und von der Beklagten bestritten wird, wäre eine solche mündliche Genehmigung wegen des Schriftformerfordernisses unwirksam.
Für das Vorhaben der Klägerin ist entgegen deren Rechtauffassung eine Genehmigungsfiktion nach § 73 Abs. 4 NBauO nicht eingetreten. Nach dieser Vorschrift gilt die Baugenehmigung als erteilt, wenn eine nach landesrechtlichen Vorschriften für die Baugenehmigung erforderliche Zustimmung oder ein Einvernehmen einer anderen Behörde nicht innerhalb eines Monats nach Eingang des Ersuchens unter Angabe der Gründe verweigert wird. Eine derartige Zustimmung oder das Einvernehmen der Beigeladenen in Verfahren, in denen Denkmale betroffen sind, ist gesetzlich nicht vorgesehen. Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 NDschG nehmen vielmehr die Gemeinden, denen wie der Beklagten die Aufgaben der unteren Bauaufsichtsbehörde obliegen, im Übrigen die Landkreise, die Aufgaben der unteren Denkmalschutzbehörde war. Die Stellung der Beigeladenen im Verfahren ergibt sich aus § 26 NDSchG. Danach wird sie lediglich unterstützend und beratend tätig. Auch bei Genehmigungsanträgen für Maßnahmen von besonderer Bedeutung besteht gemäß § 26 Satz 2 NDSchG für die Denkmalschutzbehörden lediglich eine Anzeigepflicht. Ferner gibt es die Benehmenspflicht bei Bodendenkmalen nach § 20 Abs. 2 NDSchG und die Benehmenspflicht bei Maßnahmen, die ein Weltkulturerbe betreffen nach § 21 Abs. 2 NDSchG. Derartige weitergehende Beteiligungsrechte werden bei der hier betroffenen Maßnahme nicht begründet. Folglich fehlt es an einem gesetzlichen Zustimmungs- oder Einvernehmenserfordernis durch die Beigeladene. Diese gesetzliche Regelung ist für die Anwendung des § 73 Abs. 4 NBauO allein von Bedeutung, da diese Vorschrift auf das nach landesrechtlichen Vorschriften bestehende Zustimmungs- bzw. Einvernehmenserfordernis abstellt. Dass die Beklagte tatsächlich bei allen die “ K.“ betreffenden Maßnahmen die Beigeladene vor einer Entscheidung hinzuzieht, mag zwar den Eindruck einer Einvernehmensherstellung hervorrufen, ist aber nicht landesrechtlich sondern infolge des bei der Beigeladenen versammelten Denkmalsachverstandes begründet.
Zu Recht hat die Beklagte die begehrte Baugenehmigung versagt, weil die Errichtung des Balkons nicht dem öffentlichen Baurecht entspricht (§ 75 Abs. 1 Satz 1 NBauO). Zum öffentlichen Baurecht gehören auch die Vorschriften des Nds. Denkmalschutzgesetzes. Gemäß § 6 Abs. 2 NDSchG dürfen Kulturdenkmale nicht so verändert werden, dass ihr Denkmalwert beeinträchtigt wird. Ein Kulturdenkmal ist gemäß § 3 Abs. 1 NDSchG unter anderem auch ein Baudenkmal. Bei der “ K.“ handelt es sich um ein Baudenkmal. Zur Begründung nimmt das Gericht einerseits Bezug auf die fachlich fundierte Stellungnahme des Bezirkskonservators bei der Bezirksregierung Braunschweig vom 10. Oktober 2003, bestätigt durch die Beigeladene mit Schreiben vom 6. Januar 2011 andererseits auf die Ausführungen der erkennenden Kammer in dem bereits zitierten Urteil vom 12.06.2002 (2 A 2294/97).
Die Anbringung des geplanten Balkons an die Südseite der Villa verändert dieses Baudenkmal so, dass sein Denkmalwert beeinträchtigt wird. Eine Beeinträchtigung liegt vor, wenn die geschichtliche, künstlerische, wissenschaftliche oder städtebauliche Bedeutung, auf die sich jeweils ihre Denkmaleigenschaft gründet, geschmälert wird und deshalb das öffentliche Interesse an ihrer Erhaltung dem Eingriff entgegensteht. Verändert werden Denkmale insbesondere auch durch An- oder Aufbauten, die zwar die Substanz des Denkmals unberührt lassen, sich aber auf das Erscheinungsbild des Denkmals auswirken (Wiechert in: Schmaltz/Wiechert, Nds. Denkmalschutzgesetz, 2. Aufl. § 6 Rn. 12). Dies ist bei der hier von der Klägerin geplanten Balkonkonstruktion eindeutig zu bejahen. Dies liegt nicht nur an der Größe des Balkons und seiner Tragkonstruktion, die etwa die Hälfte der rückwärtigen Gebäudefassade einnimmt, sondern auch an den verwendeten Materialien, insbesondere an der vorgesehenen Stahlkonstruktion der Aufständerung. Dieses Bauvorhaben verändert das Erscheinungsbild des Gebäudes massiv und lässt sich mit der ursprünglichen Idee des Architekten O. nicht in Einklang bringen. Es spielt dabei keine Rolle, dass es sich um den straßenabgewandten Bereich des Gebäudes handelt. Dies führt nicht auf die - im Übrigen dort zu Lasten der Klägerin entschiedene - im Urteil vom 12. Juni 2002 -2 A 2294/97- angesprochene Problematik, ob auch die rückwärtige Gartenanlage Teil des Denkmals ist. Denn verändern will die Klägerin nicht diese Gartenanlage, sondern das Gebäude selbst.
Dieser Eingriff ist nicht gemäß § 9 Abs. 2 NDSchG gestattet. Danach kann ein Eingriff in ein Baudenkmal, der dessen Nutzbarkeit nachhaltig verbessert, auch dann genehmigt werden, wenn er den Denkmalwert wegen des Einsatzes zeitgemäßer Materialien oder neuer Modernisierungstechniken nur geringfügig beeinträchtigt.
Das Gericht kann offen lassen, ob, wie die Klägerin meint, eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der im Dachgeschoss gelegenen Räume nachhaltig nur mit einem Balkon möglich ist. Denn selbst wenn dies so wäre, ist der Eingriff in das Denkmal nicht geringfügig im Sinne der Vorschrift. Geringfügig sind nur solche Eingriffe, die das Erscheinungsbild eines Denkmals nur unerheblich verschlechtern (Wiechert, a.a.O. § 10 Rn. 10). Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn die zeitgemäßen Materialien die hinter der Denkmaleigenschaft steckende Idee nicht durch ihre Größe oder Exponiertheit in den Hintergrund drängen. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Zwar soll die Balkonanlage am straßenabgewandten Gebäudeteil angebracht werden; indes ist das Ausmaß des Balkons, wie dargelegt, so groß, dass von der architektonischen Idee, die maßgeblich die Denkmaleigenschaft der “ K.“ bestimmt, in diesem Bereich nichts mehr übrig lässt.
Der fehlenden Genehmigungsfähigkeit wegen Verstoßes gegen § 6 Abs. 3 NDSchG vermag die Klägerin schließlich auch nicht mit Erfolg § 7 Abs. 2 Nr. 3 NDSchG entgegenzuhalten. Danach ist ein Eingriff in ein Kulturdenkmal zu genehmigen, soweit die unveränderte Erhaltung den Verpflichteten wirtschaftlich unzumutbar belastet. Gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 NDSchG ist eine wirtschaftliche Belastung insbesondere unzumutbar, soweit die Kosten der Erhaltung und Bewirtschaftung nicht durch Erträge oder den Gebrauchswert des Kulturdenkmals aufgewogen werden können.
Bei der Beurteilung, wann die infolge der Beibehaltung des denkmalgeschützten Bestandes geminderten Gewinnerwartungen die Schwelle zur Unzumutbarkeit im Sinne des § 7 Abs. 3 NDSchG überschreiten, ist vor allem Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. vor allem Beschluss vom 02.03.1999 – 1 BvL 7/91 –, BVerfGE 100, 226) muss es der Eigentümer eines denkmalgeschützten Gebäudes angesichts des hohen Ranges des Denkmalschutzes und mit Blick auf die in Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG geregelte Sozialbindung des Eigentums grundsätzlich hinnehmen, dass ihm möglicherweise eine rentablere Nutzung des Grundstücks verwehrt wird. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums. Eine Verletzung des Eigentumsgrundrechts liegt erst dann vor, wenn für ein geschütztes Baudenkmal keinerlei sinnvolle Nutzungsmöglichkeit mehr besteht. Dazu kann es kommen, wenn die ursprüngliche Nutzung infolge geänderter Verhältnisse hinfällig wird und eine andere Verwendung, auf die der Eigentümer in zumutbarer Weise verwiesen werden könnte, sich nicht verwirklichen lässt. Kann der Eigentümer von einem Baudenkmal keinen vernünftigen Gebrauch machen und es auch nicht veräußern, dann wird dessen Privatnützigkeit nahezu vollständig beseitigt. Dafür, dass er von einem denkmalgeschützten Gebäude keinen vernünftigen Gebrauch mehr machen kann, ist der Eigentümer darlegungs- und beweisverpflichtet (BVerwG, Beschluss vom 17.11.2009 – 7 B 25/09 -; Beschluss vom 20.12.2010 – 7 B 67/10 u.a. -; Beschluss vom 22.12.2010 – 7 PKH 11/10 u.a. -, zitiert nach juris). Der Eigentümer muss darlegen und nachweisen, dass die wirtschaftliche Belastung durch Erhaltungskosten unzumutbar ist und das Denkmal zu einem angemessenen Preis unverkäuflich ist. Dabei ist die wirtschaftliche Unverkäuflichkeit, die sich maßgeblich nach der Möglichkeit des Verkaufs zu einem angemessenen Preis bemisst, in erster Linie durch eine an Fakten orientierte fachliche Stellungnahme zu belegen (BVerwG, Beschluss vom 20.12.2010, a.a.O.). Dies kann etwa durch Vorlage eines Wertgutachtens bezüglich des gesamten Anwesens unter getrennter Bewertung des Bodenwertes und des Wertes der Bausubstanz geschehen, um abschätzen zu können, welcher Preis für den Verkauf des Denkmalgrundstücks angemessen ist (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 02.12.2009 -1 A 10547/09-, zitiert nach juris). Schließlich hat der Eigentümer als Darlegungs- und Beweispflichtiger all die Anstrengungen nachzuweisen, die er unternommen hat, um das Baudenkmal einer sich „rechnenden“ Nutzung zuzuführen. Dabei gehört zu diesen Anstrengungen u.a. die Einschaltung eines Maklers oder die Schaltung von Zeitungsannoncen (Nds. OVG, Urteil vom 13.03.2002 – 1 L 4339/00 -, zitiert nach juris). Zum Nachweis der Unwirtschaftlichkeit ist es in der Regel erforderlich, dass der Eigentümer die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Erhaltung oder Nutzung des Denkmals in einer alle relevanten Faktoren in nachvollziehbarer Weise ermittelnden und bewertenden Wirtschaftlichkeitsrechnung darlegt. Sämtliche Lasten und Erträge sind gegenüber zu stellen (vgl. Nds. OVG, a.a.O.; OVG Münster, Beschluss vom 15.05.2013 – 10 A 255/12 -, jeweils zitiert nach juris). Diesen Nachweis hat die Klägerin nicht erbracht.
Sie hat in keiner Weise nachvollziehbar dargelegt, dass eine sinnvolle Nutzungsmöglichkeit für ihr Grundstück nicht mehr besteht. Dafür spricht in Anbetracht der tatsächlichen Nutzung des Gebäudes auch nichts. Verkaufsbemühungen sind schon gar nicht zu erkennen. Die Klägerin hat lediglich nicht belegte Gesamtkosten für Innenausbaumaßnahmen und daraus folgende jährliche Belastungen vorgetragen. Welche Rendite das Gebäude im Übrigen abwirft ist weder dargelegt noch ersichtlich. Dies genügt in keiner Weise den Darlegungs- und Belegerfordernissen, deren Erfüllung der Klägerin obliegen.
Im Übrigen ist von Bedeutung, das die Klägerin die Innenausbauarbeiten durchgeführt hat, ohne über eine Genehmigung für ihren Balkon zu verfügen. Sie ist damit auf eigenes wirtschaftliches Risiko hin tätig geworden. Dass sie sich auf eine etwa mündlich erteilte Baugenehmigung nicht berufen kann, hat die Kammer oben ausgeführt. Ein wirtschaftliches Risiko, in das sich der Eigentümer eines denkmalgeschützten Gebäudes sehenden Auges begibt, hat er selbst zu tragen und kann es nicht zu Lasten des Denkmalschutzes abwälzen.
Mit dem Hilfsantrag, festzustellen, dass nach Stand 22. April 2010 ein Balkon als auskragendes untergeordnetes Bauteil von der Beklagten als genehmigungsfähig dargestellt worden ist, ist die Klage unzulässig.
Die Zulässigkeit scheitert an der durch § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO normierten Subsidiarität der Feststellungsklage. Denn die Klägerin hätte ihre Rechte durch eine Verpflichtungsklage verfolgen können. Dies hätte lediglich vorausgesetzt, dass sie seinerzeit einen auf einen auskragenden Balkon geringen Ausmaßes beschränkten Bauantrag gestellt hätte, gegen dessen Ablehnung sie die Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO hätte erheben können.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.