Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 16.12.2009, Az.: 1 A 210/09

Kausalität zwischen Mitwirkungshandlung des Halters und einer Nichtfeststellbarkeit des Fahrzeugführers i.R.e. Fahrtenbuchauflage

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
16.12.2009
Aktenzeichen
1 A 210/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 33164
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGGOETT:2009:1216.1A210.09.0A

Amtlicher Leitsatz

Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage erfordert keine Kausalität zwischen Mitwirkungshandlung des Halters und der Nichtfeststellbarkeit des Fahrzeugführers.

Tatbestand

1

Aus dem Entscheidungstext

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Der Kläger wendet sich gegen eine von dem Beklagten verfügte Fahrtenbuchauflage von 12 Monaten.

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Er ist Halter des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen NOM-.... Mit diesem Fahrzeug wurde am 15.01.2009 um 11:42 Uhr in der Gemarkung Seesen, A 7, km 213,23, Fahrtrichtung Hannover, die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften von 80 km/h um 64 km/h (nach Toleranzabzug) überschritten.

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In dem daraufhin durch den Landkreis Goslar eingeleiteten Ordnungswidrigkeitenverfahren wurde der Kläger mit Schreiben vom 13.02.2009 zu dem begangenen Verkehrsverstoß angehört. In dem betreffenden Anhörungsbogen teilte der Kläger mit, dass der Pkw zurzeit von mehreren Familienangehörigen genutzt werde, da er wegen seiner beruflichen Tätigkeit von seinem Wohnort abwesend sei. Für eine Bestimmung des Fahrers sei es erforderlich, ihm ein Bild mit stärkerer Auflösung zukommen zu lassen. Evtl. komme sein Schwager als Fahrer in Frage. Er nannte weiterhin den Namen und die Adresse seines Schwagers. Daraufhin führte der Landkreis Goslar eine Anhörung des genannten Schwagers durch. Dieser erklärte, dass er in dem in Rede stehenden Zeitraum an einem Tag das Fahrzeug des Klägers gefahren habe. Ob dies der 15.01.2009 gewesen sei, könne er nicht sagen, zumal ihm ein Verkehrsverstoß nicht in Erinnerung sei. Auf dem Foto könne er sich als Fahrzeugführer nicht erkennen. Er bitte deshalb um die Übersendung eines anderen Bildes. Der Landkreis Goslar führte dann einen Bildabgleich mit den bei dem zuständigen Einwohnermeldeamt hinterlegten Ausweisfotos sowohl für den Schwager des Klägers als auch für den Kläger durch. Unter dem 21.04.2009 stellte der Landkreis Goslar das Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen den Kläger ein, weil ein Tatnachweis nicht möglich gewesen sei. Den Beklagten bat er um die Prüfung eine Fahrtenbuchauflage.

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Mit Schreiben vom 04.05.2009 hörte der Beklagte den Kläger zu der Auferlegung eines Fahrtenbuches an. Der Kläger wies nochmals daraufhin, dass aufgrund des schlechten Fotos der verantwortliche Fahrzeugführer nicht festgestellt werden könne.

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Mit Bescheid vom 23.06.2009, zugestellt am 25.06.2009, ordnete der Beklagte gegenüber dem Kläger die Führung eines Fahrtenbuches für die Dauer von 12 Monaten an und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, bei der Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit handele es sich um einen erheblichen Verkehrsverstoß. Außerdem sei eine Mitwirkungsbereitschaft des Klägers bei der Aufklärung des verantwortlichen Fahrzeugführers nicht festzustellen gewesen. Die Geschwindigkeitsüberschreitung könne sich als besonders verkehrsgefährdend und gefährlich auswirken, so dass eine Fahrtenbuchauflage von 12 Monaten gerechtfertigt sei. Darüber hinaus wurde in dem Bescheid gegen den Kläger eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 55,00 Euro festgesetzt.

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Am 27.07.2009 (einem Montag) hat der Kläger fristgerechte Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, seine Anhörung sei erst einen Monat nach dem Verkehrs verstoß erfolgt. Er habe sämtliche ihm mögliche Mitwirkungshandlungen veranlasst, in dem er nämlich seinen Schwager als potentiellen Fahrer samt Adresse benannt habe. Andere Familienmitglieder hätten auf seine Nachfrage das Fahrzeug nicht genutzt. Wenn der Landkreis Goslar nicht in der Lage gewesen sei, ausreichend gegen seinen Schwager zu ermitteln und einen Tatnachweis wegen der schlechten Bildqualität nicht möglich gewesen sei, könne man ihm das nicht anlasten. Aus der Äußerung des Schwagers hätte sich bereits ergeben, dass er der Fahrer gewesen sei. Im Übrigen bestreite er den Geschwindigkeitsverstoß.

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Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 23.06.2009 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen in dem angegriffenen Bescheid. Ergänzend weist er darauf hin, dass der Kläger offensichtlich nicht Wllens gewesen sei, den verantwortlichen Fahrzeugführer zur Tatzeit zu benennen. Aufgrund der schlechten Qualität des Fotos wäre es den ermittelnden Behörden jedoch ohne konkrete Angaben des Klägers nicht möglich gewesen, weitere Ermittlungen anzustellen, noch den Fahrzeugführer zu ermitteln. Soweit der Schwager darauf hinweise, dass er sich an einen Verkehrsverstoß nicht erinnern könne, sei dies äußerst unwahrscheinlich, weil eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 64 km/h ein besonders schwerwiegender Verstoß gewesen sei. Im Übrigen habe der Kläger den begangenen Geschwindigkeitsverstoß bereits bei der Klageerhebung unstreitig gestellt.

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Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage, über die das Gericht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 101 Abs. 2 VwGO entscheiden kann, hat keinen Erfolg.

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Die streitige Fahrtenbuchauflage ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satzl VwGO).

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Die Rechtmäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage beurteilt sich nach § 31 a StVZO. Nach dieser Vorschrift kann die Verwaltungsbehörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge - auch Ersatzfahrzeuge - die Führung eines Fahrtenbuches anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen eine Verkehrsvorschrift nicht möglich war. Zunächst liegt eine Zuwiderhandlung gegen die Verkehrsvorschriften in dem genannten Sinne darin, dass die das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen NOM-... führende Person einen Geschwindigkeitsverstoß nach § 41 Abs. 2 Nr. 7 StVO begangen hat, in dem sie die durch Verkehrszeichen vorgeschriebene Geschwindigkeit von 80 km/h um 64 km/h überschritt. Anhaltspunkte für die Richtigkeit der "ins Blaue hinein" geäußerten Vermutung des Klägers, der Verstoß sei nicht festgestellt worden, hat das Gericht nicht. Die Geschwindigkeitsmessung wurde ausweislich der vorliegenden Unterlagen in einem standardisierten Verfahren mit dem zugelassenen Gerät "Eso ES 1.0" durchgeführt. Das Gerät war im Zeitpunkt der Messung bis Ende 2009 geeicht und wurde von dem Beamten der Polizeiinspektion Hildesheim nach dem von ihm erstellten und unterzeichneten Messprotokoll entsprechend den Bedienungsvorschriften des Herstellers und den Richtlinien der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt eingesetzt. Insbesondere wurde vor und nach der Messung ein Selbsttest der Anlage durchgeführt. Laut Messprotokoll war das Verkehrszeichen 274 mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit vom 80 km/h in einer Entfernung von ca. 885 m vor der Messstelle aufgestellt. Bei dieser Sachlage sind ohne ein substanziiertes Bestreiten durch den Kläger weitere Ermittlungen nicht erforderlich (vgl. VG Göttingen, Urteil vom 30.03.2009 - 1 A 174/08 -; Nds. OVG, Beschluss vom 11.05.1999 - 12 L 2087/99 -, DAR 1999, 424). Im Übrigen hatte der Kläger den Geschwindigkeitsverstoß in seiner Klageschrift selbst noch eingeräumt, so dass sein späteres Vorbringen wenig glaubhaft erscheint.

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Die Feststellung derjenigen Person, die das Fahrzeug des Klägers bei dem Verkehrsverstoß geführt hat, war auch i.S.d.§ 31 a Abs. 1 Satz 1 StVZO unmöglich. Eine Unmöglichkeit i. S. dieser Vorschrift liegt vor, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage war, den Täter zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen hierfür getroffen hat. Die in diesem Rahmen gebotene Anhörung begründet für den Halter die Obliegenheit, zur Aufklärung eines mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoßes so weit mitzuwirken, wie es ihm möglich und zumutbar ist. Dazu gehört es insbesondere, dass er den bekannten und zumindest den möglichen Täterkreis eingrenzt und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten fördert. Art und Umfang der Ermittlungstätigkeit der Behörde können sich an dem Verhalten und der Erklärung des Fahrzeughalters ausrichten. Lehnt dieser erkennbar die Mitwirkung an der Aufklärung des Verstoßes ab, so ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende und kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben. An der zu fordernden Mitwirkung des Halters fehlt es bereits dann, wenn er den Anhörungs- oder Zeugenfragebogen nicht zurücksendet bzw. weitere Angaben zum Personenkreis der Fahrzeugbenutzer nicht macht. Damit hat es regelmäßig sein Bewenden. Weitere Bemühungen der Bußgeldstelle zur Feststellung des Fahrzeugführers ändern an dieser Rechtslage nichts (ständige Rechtsprechung, z.B. Nds. OVG Lüneburg, Beschluss vom 07.08.2009 - 12 LA 126/08 -).

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Der Kläger hat bei seiner Anhörung im Ordnungswidrigkeitenverfahren darauf hingewiesen, dass sein Fahrzeug von anderen Familienangehörigen genutzt werde und der Fahrer eventuell sein Schwager gewesen sei. Der Schwager räumte ein, in dem genannten Zeitraum den Wagen des Klägers genutzt zu haben, sich aber nicht mehr an den genauen Tag erinnern zu können. Aufgrund der schlechten Bildqualität führte ein Abgleich der beim zuständigen Einwohnermeldeamt vorhandenen Ausweisfotos des Klägers und seines Schwagers nicht zur eindeutigen Feststellung des Fahrzeugführers. Aufgrund der wagen Aussage des Schwagers des Klägers und der schlechten Bildqualität war der Landkreis Goslar entgegen der Auffassung des Klägers nicht gehalten, gegen den Schwager einen Bußgeldbescheid zu erlassen. Denn die Tat war ihm nicht eindeutig nachzuweisen und in einem eventuellen Einspruchsverfahren wäre der Bescheid mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aufgehoben worden. Weitere Ermittlungen musste die Ordnungswidrigkeitenbehörde nicht anstellen. Denn die weiteren Angaben des Klägers zum Nutzerkreis des Fahrzeugs "mehrere Familienangehörigen" sind dazu zu unbestimmt gewesen. Die Feststellung des Fahrzeugführers war damit objektiv unmöglich und die Tatbestandsvoraussetzungen des § 31a StVZO liegen vor.

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Soweit der Kläger darauf hinweist, dass die Unmöglichkeit der Feststellung nicht von ihm verursacht wurde, führt dies nicht dazu, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 a StVZO zu verneinen wären. Der Umstand ist - wenn überhaupt - im Rahmen der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen (vgl. VG Augsburg, Urteil vom 10.02.2009 - Au 3 K 08.437 -, [...] Rn. 20; OVG Münster, Beschluss vom 10.11.2007 - 8 B 1042/07 -, [...] Rn. 6; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juli 1990 - 10 S 962/90 -, NZV 1992, 46 (47) [BVerwG 29.01.1991 - BVerwG 4 C 51.89]; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Auflage, 2009, § 31 a StVZO Rn. 4).

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Der Kläger kann gegen die ihm auferlegte Verpflichtung zur Führung eines Fahrtenbuchs auch nicht mit Erfolg einwenden, er sei nicht innerhalb von 14 Tagen seit dem Verkehrsverstoß angehört worden.

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Zwar gehört nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu dem als Voraussetzung für die Verhängung einer Fahrtenbuchauflage zu fordernden angemessenen Ermittlungsaufwand grundsätzlich die unverzügliche, d.h. regelmäßig innerhalb von zwei Wochen erfolgende Benachrichtigung des Fahrzeughalters von der mit seinem Kraftfahrzeug begangenen Zuwiderhandlung. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass ein konkreter Anstoß innerhalb dieser Frist ausreicht, um zu verhindern, dass etwa die Erinnerung entscheidend verblasst, so dass es dem Fahrzeughalter in den sich an den Verkehrsverstoß anschließenden Verfahren möglich bleibt, seine Verteidigung auf dieser Grundlage einzurichten. Die Zweiwochenfrist gilt aber für jene vom Regelfall abweichenden Gestaltungen nicht, in denen - bei typisierender Betrachtung - auch eine spätere Anhörung zur effektiven Rechtsverteidigung genügt oder erkennbar ist, dass die Rechtsverteidigung des Fahrzeughalters durch dessen spätere Anhörung nicht beeinträchtigt worden ist. Verzögerte Ermittlungshandlungen der Behörde schließen deshalb die Fahrtenbuchanordnung nicht aus, wenn feststeht, dass die Verzögerung für die unterbliebene Ermittlung des Täters nicht ursächlich gewesen ist (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 1987 - 7 B 139.87 -, Buchholz 442.16, Nr. 17 zu § 31 a StVZO; Nds. OVG Lüneburg, Beschluss vom 31.10.2006 -12 LA 463/05 -). Die Kausalität zwischen der verzögerten Anhörung und der Nichtfeststellung des Kraftfahrzeugführers ist insbesondere dann zu verneinen, wenn sich der Fahrzeughalter nicht bereits im Ordnungswidrigkeitenverfahren, sondern erst in dem sich daran anschließenden Verwaltungsverfahren betreffend die Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuches auf eine fehlende Erinnerung an den Fahrzeugführer beruft oder wenn dem Halter ein zur Identifizierung des Fahrers ausreichendes Foto vorgelegt worden ist, weil es in einem solchen Fall in erster Linie nicht auf das Erinnerungsvermögen, sondern auf das Erkenntnisvermögen ankommt (vgl. Nds. OVG Lüneburg, Beschluss vom 8.11.2004 - 12 LA 72/04-, [...]). So verhält es sich hier.

21

Der Kläger hat sich erst in dem Gerichtsverfahren zur Fahrtenbuchauflage auf die verzögerte Anhörung berufen.

22

Der Beklagte hat bei Erlass der Fahrtenbuchauflage auch das ihm durch § 31 a Abs. 1 Satz 1 StVZO eingeräumte Ermessen (§ 114 VwGO) in nicht zu beanstandender Art und Weise ausgeübt. Selbst wenn man der Auffassung folgen würde, dass das Ermessen in den Fällen eingeschränkt und die Auferlegung eines Fahrtenbuches nicht gerechtfertigt sei, in denen das Verhalten des Fahrzeughalters für den Misserfolg der Ermittlungen nicht ursächlich gewesen ist, weil er das ihm Zumutbare und Mögliche zur Aufklärung beigetragen hat (vgl. VG Augsburg, Urteil vom 10.02.2009 - Au 3 K 08.437 -, [...] Rn. 20; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juli 1990 - 10 S 962/90 -, NZV 1992, 46 (47) [BVerwG 29.01.1991 - BVerwG 4 C 51.89], führt dies hier zu keinem anderen Ergebnis. Der Kläger hätte nämlich diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Zu den Pflichten des Fahrzeughalters hat das Bundesverwaltungsgericht ausführt: "Gefährdet er (der Fahrzeughalter) die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs dadurch, dass er unter Vernachlässigung seiner Aufsichtsmöglichkeiten nicht dartun kann oder will, wer im Zusammenhang mit einer Verkehrszuwiderhandlung zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Fahrzeug gefahren hat, darf er durch das Führen eines Fahrtenbuchs zu einer nachprüfbaren Überwachung der Fahrzeugbenutzung angehalten werden." (Beschluss vom 23.06.1989, Buchholz 442.16 § 31 a Nr. 20). Der Kläger hat zwar angegeben, dass mehrere Familienangehörige sein Fahrzeug nutzen und eventuell sein Schwager der Fahrer gewesen sein könnte. Damit bleibt er aber - wie er selbst einräumt - vage und legt sich nicht fest. Ihm war es allerdings zumutbar und möglich, seine Familienangehörigen zu befragen, wer an dem fraglichen Tag seinen Wagen benutzt hat und dies dann mitzuteilen.

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Aber auch im Fall einer anderen Bewertung, liegt ein Ermessensfehler nicht vor. Das Gericht teilt nämlich nicht die Auffassung einer einschränkenden Auslegung bei fehlender Kausalität zwischen dem Verhalten des Fahrzeughalters und dem Misserfolg der Feststellung des Fahrzeugführers. Weder der Wortlaut noch der Zweck der Vorschrift gebieten diese Einschränkung. Der Wortlaut des § 31 a Abs. 1 Satz 1 StVZO enthält gerade nicht das Erfordernis, dass die Nichtfeststellbarkeit des Fahrzeugführers auf der mangelnden Mitwirkungsbereitschaft des Halters beruht. Die Anordnung der Fahrtenbuchauflage hat den Zweck, künftig sicher zu stellen, dass bei einer weiteren Verkehrszuwiderhandlung der verantwortliche Fahrzeugführer im Hinblick auf die kurze Verjährung rechtzeitig ermittelt werden kann. Die Fahrtenbuchauflage stellt somit eine Maßnahme der Gefahrenabwehr dar und hat keinen Strafcharakter. Der Kläger hat selbst vorgetragen, dass sein Fahrzeug nicht nur von ihm allein genutzt werde und er deshalb den Fahrer nicht benennen könne. Damit hat er genau den Umstand beschrieben, der durch ein Fahrtenbuch verhindert werden soll. Die Führung eines Fahrtenbuchs ist deshalb nicht allein deswegen ausgeschlossen, dass die gebotenen Ermittlungsbemühungen der Behörde trotz Mitwirkung des Fahrzeughalters gleichwohl erfolglos geblieben sind (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 10.11.2007 - 8 B 1042/07 -, [...] Rn. 6; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Auflage, 2009, § 31 a StVZO Rn. 4). Die Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs ist aber nur dann gerechtfertigt, wenn sie geeignet ist, der abstrakten, in der Risikosphäre des Fahrzeughalters liegenden Gefahr zu begegnen, dass künftig mit einem auf ihn zugelassenen Kraftfahrzeug unaufklärbar bleibende Verkehrsverstöße begangen werden (vgl. OVG Münster, a.a.O.). Daran bestehen hier allerdings keine ernsthaften Zweifel.

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Weiteren vermag das Gericht im Hinblick auf die Dauer der Fahrtenbuchauflage einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht zu erkennen. Durch die Fahrtenbuchauflage soll der Fahrzeughalter zu einer nachprüfbaren Überwachung der Fahrzeugbenutzung und zur Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers im Fall eines erneuten Verkehrsverstoßes angehalten werden. Dazu ist bereits eine gewisse Dauer der Fahrtenbuchauflage erforderlich. Schon ein Geschwindigkeitsverstoß, der zu einer Eintragung eines Punkts in das Verkehrszentralregister (vgl. § 4 StVG) führen würde, rechtfertigt eine Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuchs von sechs Monaten (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.05.1995 - 11 C 12.94 -, BVerwGE 98, 227; Nds. Oberverwaltungsgericht, Beschlüsse vom 17.09.2007 - 12 ME 225/07 -, NJW 2008, 167 und vom 08.07.2005 - 12 ME 185/05 -; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl. 2009, § 31a StVZO Rn. 8 m.w.N.). Handelt es sich um einen gravierenden Verkehrsverstoß, der nach dem Punktesystem (wie hier, vgl. § 40 FeV i.V.m. Nr. 4.3 der Anlage 13 zu dieser Vorschrift) mit vier Punkten und einem Fahrverbot von 2 Monaten (11.3.9 BKat) zu ahnden ist, ist es regelmäßig gerechtfertigt, die Fahrtenbuchauflage für die Dauer von zwölf Monaten anzuordnen (vgl. VG Göttingen, Beschluss vom 18.06.2009 - 1 B 134/09-; Urteil vom 30.03.2009 - 1 A 174/09 -; Hentschel/König/Dauer, a.a.O.).

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Die im Bescheid des Beklagten vom 04.05.2009 enthaltene Kostenfestsetzung, die ihre Grundlage in den §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) i.V.m. Gebührennummer 252 des Gebührentarifs (Anlage zu § 1 GebOSt; Rahmengebühr zwischen 21,50 und 93,10 Euro) i.V.m. § 6a Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 a StVG hat, ist angesichts der Rechtmäßigkeit der Verhängung der Fahrtenbuchauflage ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Festsetzung einer im mittleren Bereich des Gebührenrahmens liegenden Gebühr von 55,00 Euro lässt erkennen, dass die Antragsgegnerin den vorliegenden Fall als einen Normalfall bewertet hat (vgl. OVG Berlin, Urteil vom 25.08.1992 - 8 B 59/91 -, [...]).