Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 02.12.2009, Az.: 1 B 346/09
Kostentragungspflicht bei missverständlichen Bescheiden; Eilrechtsschutzverfahren; erkennungsdienstliche Behandlung; Kosten; Rücknahme
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 02.12.2009
- Aktenzeichen
- 1 B 346/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 44089
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGGOETT:2009:1202.1B346.09.0A
Rechtsgrundlagen
- 155 Abs. 4 VwGO
- 80 Abs. 5 VwGO
- 81b 2. Alt. StPO
Amtlicher Leitsatz
Die Behörde hat bei einer Rücknahme eines Eilrechtsschutzantrages die Kosten zu tragen, wenn der Antrag durch eine missverständliche Formulierung im Bescheid ausgelöst wurde.
Gründe
Der Antragsteller hat den am 26.11.2009 eingereichten Antrag mit Schriftsatz vom 01.12.2009 zurückgenommen. Das Verfahren ist daher gemäß § 92 Abs. 3 S. 1 VwGO einzustellen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 4 VwGO. Hier hat ausnahmsweise die Antragsgegnerin die Kosten zu tragen, da sie die Kosten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens verschuldet hat. Die Formulierung in dem angefochtenen Bescheid vom 28.10.2009 "Sollte ohne ausreichenden Grund der Vorladung keine Folge geleistet werden, werde ich diese mit unmittelbarem Zwang durchsetzen" erweckt den Eindruck, als ob die Vorladung sofort vollziehbar sei, obwohl dies rechtlich nicht der Fall ist. Es findet sich auch an keiner Stelle in dem Bescheid ein Hinweis darauf, dass im Fall der Klage, die Anordnung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung nicht vollzogen wird.
Die Klage gegen die im Bescheid der Antragsgegnerin vom 28.10.2009 getroffene Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen hat mangels einer Anordnung der sofortigen Vollziehung ( § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO ) bereits gemäß § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO aufschiebende Wirkung, so dass es eines Antrags gemäß § 80 Abs. 5 VwGO insoweit nicht bedurft hätte. Gleiches gilt für die Androhung des unmittelbaren Zwangs. Ein Zwangsmittel, das mit einer behördlichen Verfügung verbunden ist, ist als unselbständige Nebenentscheidung voll akzessorisch zur Hauptentscheidung und teilt ihr rechtliches Schicksal (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.1990 - 3 C 49/87 -, NVwZ 1991, 570). Gemäß § 64 Abs. 1 Nds. SOG setzt die Durchsetzung eines Verwaltungsakts mit Zwangsmitteln voraus, dass der Verwaltungsakt unanfechtbar ist oder ein gegen ihn eingelegter Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat. Sofern der der Zwangsmittelandrohung zugrunde liegende Verwaltungsakt noch nicht vollziehbar ist, bedarf es eines gesonderten Antrags gemäß § 64 Abs. 4 Nds. SOG, § 80 Abs. 2 S. 2, Abs. 5 VwGO im Hinblick auf die Androhung nicht.
Es würde allerdings einen nicht durch Rechtsanwalt vertretenen Beteiligten, wie den Antragsteller, überfordern, von ihm diese rechtliche Beurteilung zu verlangen. Vielmehr wird er durch die eindeutige, noch durch Fettdruck hervorgehobene Formulierung angehalten, mit einem Eilantrag gegen die Anordnung vorzugehen. Die Antragsgegnerin ist für die Gestaltung ihrer Bescheide verantwortlich und kann durch die Wahl einer anderen, eindeutigen Formulierung leicht Abhilfe schaffen. Die Kammer hat die Antragsgegnerin in der Vergangenheit in anderen Verfahren auch bereits auf den missverständlichen Eindruck des Textes hingewiesen.
Die Entscheidung zum Streitwert beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52Abs. 1 GKG; das Gericht halbiert den Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG im Hinblick auf den vorläufigen Charakter des Eilrechtsschutzverfahrens.