Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 26.09.2012, Az.: 11 A 3751/10
Agrar-Umweltprogramm; Beweislast; Rundungsregelungen; Wirtschaftsdünger
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 26.09.2012
- Aktenzeichen
- 11 A 3751/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2012, 44472
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- Art 3 GG
- § 44 LHO
- EGV 1698/2005
- EGV 1974/2006
- EGV 1976/2006
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Ausschluss der Förderung bei Überschreiten des in der Richtlinie NAU/BAU festgelegten höchstzulässigen Förderbetrages.
Der errechnete Förderbetrag ist auf den nächstliegenden Cent auf- oder abzurunden.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten, ihr Zuwendungen für die Förderung der umweltfreundlichen Ausbringung von flüssigem Wirtschaftsdünger zu bewilligen.
Die Klägerin ist Inhaberin eines landwirtschaftlichen Öko-Betriebes, der in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführt wird.
Unter dem 12.05.2009 stellte die Klägerin einen Sammelantrag Agrarförderung und Umweltmaßnahmen 2009 mit einer gesamten landwirtschaftlichen Fläche von 85,52 ha sowie einen Antrag zum Niedersächsischen und Bremer Agrar-Umweltprogramm (NAU/BAU) 2009 für die Fördermaßnahme A3 (FM-Nr. 210) zur Förderung extensiver Produktionsverfahren - Ausbringung von flüssigem Wirtschaftsdünger auf Acker- und Grünflächen mit besonders umweltfreundlichen Ausbringungsverfahren. In der Anlage zur Berechnung der Wirtschaftsdüngermenge legte die Klägerin die während des Verpflichtungszeitraumes jährlich umweltfreundlich ausgebrachte Güllemenge mit 1880 m³ fest und errechnete bei einer Güllemenge von 11 m³, die einem Standardwirtschaftsdüngeranfall entspricht, einen Standardwirtschaftsdüngeranfall von 170,95 GVE und bei einem Fördersatz von 15 Euro pro Hektar landwirtschaftlicher Fläche einen jährlichen Förderbetrag von 2.564,30 Euro, der bei der im Gesamtflächen- und Nutzungsnachweis der Anlage 1a zum Sammelantrag 2009 angegebenen Gesamtfläche von 85,52 ha einem Förderbetrag von 29,98 Euro pro Hektar landwirtschaftlicher Fläche entsprach.
Im Rahmen des ZID-Abgleichs 2009 korrigierte die Klägerin unter dem 30.07.2009 die im Gesamtflächen- und Nutzungsnachweis der Anlage 1a zum Sammelantrag 2009 mit einer Größe von 15,46 ha beantragten Schlag 70 im Feldblock DENILI 0837580007 auf 15,37 ha.
Nach Anhörung zur beabsichtigten Ablehnung des Förderantrages teilte die Klägerin mit Schreiben vom 18.05.2010 mit, dass ihre Angabe vom 30.07.2009 fehlerhaft sei und die tatsächlich bewirtschaftete Fläche des Schlages 70 wie angegeben 15,46 ha betrage.
Mit Bescheid vom 30.07.2010 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Zuwendung aus dem Niedersächsischen und Bremer Agrar-Umweltprogramm (NAU/BAU) 2009 für die Fördermaßnahme A3 - umweltfreundlichen Gülleausbringung - nach der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für das Niedersächsische/Bremer Agrar-Umweltprogramm (NAU/BAU) 2009 ab und führte zur Begründung aus, nach der Korrektur der Fläche im Rahmen des ZID-Abgleichs 2009 ergebe sich ein jährlicher Förderbetrag von 2.563,65 Euro, der bei der festgestellten gesamten landwirtschaftlichen Fläche von 85,43 ha einem Förderbetrag von 30,01 Euro entspreche. Da damit aufgrund der Antragsangaben der höchstzulässige Förderbetrag von 30 Euro je ha landwirtschaftlicher Nutzfläche überschritten sei, müsse der Förderantrag nach den Bestimmungen der Förderrichtlinie abgelehnt werden. Die Flächenreduzierung um 0,09 ha wirke sich auch für die Vergangenheit aus. Es könne nicht mehr vor Ort nachgewiesen werden, dass die tatsächlich von der Klägerin im Jahre 2009 bewirtschaftete Ackerfläche 15,46 ha betragen habe.
Die Klägerin hat am 30.08.2010 Klage erhoben.
Sie trägt vor, der Ablehnungsbescheid der Beklagten sei rechtswidrig. Sie erfülle die Fördervoraussetzungen für die Fördermaßnahme A3. Die von ihr tatsächlich bewirtschaftete Fläche des Schlages 70 betrage wie ursprünglich beantragt 15,46 ha und damit 0,09 ha mehr als von der Beklagten bei ihrer Berechnung zugrunde gelegt. Sie habe sich bei der Korrektur auf 15,37 ha versehen. Unabhängig davon ergäbe sich selbst bei Annahme dieser Größe rechnerisch ein Förderbetrag von 30,008 Euro je Hektar landwirtschaftlicher Fläche, der gerundet den Wert von 30,- Euro pro Hektar nicht überschreite.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 30.07.2010 zu verpflichten, ihr - der Klägerin - auf ihren Antrag vom 12.05.2009 Zuwendungen für die Fördermaßnahme A3 - Ausbringung von flüssigem Wirtschaftsdünger auf Acker- und Grünflächen mit besonders umweltfreundlichen Ausbringungsverfahren (FM-Nr. 210) - nach der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für das Niedersächsische/Bremer Agrarumweltprogramm (NAU/BAU) 2009 zu gewähren zuzüglich 0,5 % Zinsen auf 2.564,30 Euro für jeden Monat seit Klageerhebung,
hilfsweise,
sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie führt ergänzend aus, ein Korrekturantrag der Klägerin für die streitgegenständliche Fläche sei seitens der Klägerin in den Jahren 2009 und 2010 nicht erfolgt. Auch eine Zuwendung von 30,008 Euro je Hektar landwirtschaftlicher Fläche überschreite die Zuwendungsgrenze von 30,000 Euro je Hektar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Nach § 6 Abs. 1 VwGO entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter.
Die zulässige Klage ist mit Haupt- und Hilfsantrag unbegründet.
Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Bewilligung der Zuwendungen für die Ausbringung von flüssigem Wirtschaftsdünger auf Acker- und Grünflächen mit besonders umweltfreundlichen Ausbringungsverfahren (FM-Nr. 210) - gemäß dem Niedersächsischen und Bremer Agrarumweltprogramm (NAU/BAU) 2009 in Höhe von jährlich 2.564,30 Euro noch auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 30.07.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).
Die Beihilfen für Agrarumweltmaßnahmen werden auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20.09.2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfond für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) - ABl. EU Nr. L 277 S. 1 -, der Durchführungsverordnungen Nr. 1974/2006 und Nr. 1975/2005 sowie dem hierzu ergangenen Folgerecht der Europäischen Gemeinschaft und der Grundsätze des Bundes über die Förderung einer markt- und standortangepassten Landbewirtschaftung von den Ländern Niedersachsen und Bremen unter finanzieller Beteiligung der EG und des Bundes nach Maßgabe der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für das Niedersächsische und Bremer Agrar-Umweltprogramm (NAU/BAU) 2009 und der VV zu § 44 LHO gewährt.
Ein Anspruch auf Gewährung der Zuwendung besteht nach Ziffer 1.2 der mit Außenrechtswirkung ausgestatteten Richtlinie NAU/BAU 2009 nicht. Zuwendungen in diesem Sinne sind freiwillige staatliche Leistungen, auf die grundsätzlich kein Anspruch besteht. Der Zuwendungsempfänger kann lediglich eine Entscheidung des Zuwendungsgebers nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel verlangen, sofern die an dem Zweck dieser Zuwendungen orientierten Bewilligungsvoraussetzungen bestehen.
Die Klägerin kann damit lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihren Antrag auf Bewilligung von Zuwendungen für die Fördermaßnahme A3 - Förderung der Ausbringung von flüssigem Wirtschaftsdünger auf Acker- und Grünflächen mit besonders umweltfreundlichen Ausbringungsverfahren Förderung der Grundwasser schonenden Bewirtschaftung - geltend machen.
Die Förderungsvoraussetzungen sind in der gemäß Art. 3 GG mit Außenrechtswirkung ausgestatteten Richtlinie der Beklagten über die Gewährung von Zuwendungen für das Niedersächsische/Bremer Agrar-Umweltprogramm (NAU/BAU) 2009 (im Folgenden: Richtlinie NAU/BAU 2009) geregelt.
Neben den allgemeinen unter Ziffern I.1.A. bis I.6.1. der Richtlinie NAU/BAU 2009 geregelten Voraussetzungen müssen auch die besonderen Bestimmungen der Förderung des Ausbringens von flüssigem Wirtschaftsdünger auf Acker- und Grünflächen mit besonders umweltfreundlichen Ausbringungsverfahren nach Ziffern II.A.15. bis 18 und Anlagen 1 und 6 erfüllt sein.
Nach Ziffer II.A.16.1 der Richtlinie NAU/BAU 2009 beträgt die Höhe der Zuwendung für die Maßnahme A3 15 Euro je nachweislich umweltfreundlich ausgebrachter Wirtschaftsdüngermenge, die dem Standard-Wirtschaftsdüngeranfall einer Großvieheinheit (im Folgenden: GVE) nach Anlage 1 der Richtlinie entspricht, nach Ziffer II.A.16.2 der Richtlinie NAU/BAU 2009 jedoch nicht mehr als 30 Euro je ha landwirtschaftliche Gesamtfläche nach dem Antrag auf Direktzahlungen des Antragstellers. Wird aufgrund der Antragsangaben eine Zuwendung von mehr als 30 Euro je ha landwirtschaftliche Fläche überschritten, führt dies zur Ablehnung des Antrags.
Die Beklagte ist in ihrem ablehnenden Bescheid vom 30.07.2010 - auf den wegen der Berechnung im Einzelnen verwiesen wird - zutreffend davon ausgegangen, dass sich nach der Korrektur der Fläche im Rahmen des ZID-Abgleichs 2009 ein jährlicher Förderbetrag von 2.563,65 Euro ergibt, der bei der festgestellten gesamten landwirtschaftlichen Fläche von 85,43 ha einem Förderbetrag von 30,01 Euro entspricht und dass damit der höchstzulässige Förderbetrag von 30 Euro je ha landwirtschaftlicher Nutzfläche überschritten ist.
Die Klägerin kann sich demgegenüber auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die von ihr unter dem 30.07.2009 erklärte Korrektur des im Gesamtflächen- und Nutzungsnachweis der Anlage 1a zum Sammelantrag 2009 mit einer Größe von 15,46 ha beantragten Schlages 70 im Feldblock DENILI 0837580007 auf 15,37 ha fehlerhaft sei und die tatsächlich bewirtschaftete Fläche des Schlages 70 wie angegeben 15,46 ha betrage. Diese von der Beklagten bestrittene Tatsache, für die die Klägerin die Beweislast trägt, hat sie bislang nicht hinreichend nachgewiesen. Die Beklagte konnte mithin bei der Bewilligung des Antrages davon ausgehen, dass die Klägerin lediglich die nach eigenen Angaben um 0,09 ha auf 15,37 ha verringerte Fläche im Jahre 2009 tatsächlich bearbeitet hat.
Dem Ausschluss der Förderung nach Ziffer II.A.16.2 der Richtlinie NAU/BAU 2009 steht auch nicht entgegen, dass der Förderbetrag rechnerisch lediglich 30,008 Euro je Hektar landwirtschaftlicher Fläche beträgt. Auch ein solcher Betrag liegt oberhalb der Ausschlussgrenze von 30 Euro. Der Betrag von 30,008 Euro ist auf 30,01 Euro aufzurunden und überschreitet damit die nach Ziffer II.A.16.2 der Richtlinie NAU/BAU 2009 festgelegte Ausschlussgrenze.
Das entspricht den Marktkonventionen und nationalen Gepflogenheiten sowie den in den Rechtsvorschriften über den Euro festgelegten Rundungsregeln. Seit dem 01.01.1999 ist die Währung der teilnehmenden Mitgliedstaaten der Euro (Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 974/98 über die Einführung des Euro). An diesem Tag hat der Euro die nationalen Währungen der Mitgliedstaaten gemäß der Verordnung des Rates vom 31.12.1998 über Umrechnungskurse abgelöst. Die Währungseinheit ist seitdem ein Euro. Ein Euro wird in 100 Cent unterteilt. Ein Cent ist die Münze mit dem niedrigsten Wert und die niedrigste Untereinheit, in der Geldverbindlichkeiten in gesetzlichen Zahlungsmitteln beglichen werden können. Deshalb hat der Gesetzgeber seinerzeit bestimmt, dass zu zahlende oder zu verbuchende Geldbeträge auf den nächstliegenden Cent auf- oder abzurunden sind (Art. 5 der Verordnung des Rates (EG) Nr. 1103/97).
Damit entfällt auch der geltend gemachte Zinsanspruch.
Die Klage war mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.