Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 26.09.2012, Az.: 11 A 3562/10

Flächenakzessorietät; Fortzsetzung; Kündigung; Milchbörse; Milcherzeuger; Milcherzeugung; Milchreferenz; Pächter; Stade-Bützflethermmor; Verpächter; Wille

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
26.09.2012
Aktenzeichen
11 A 3562/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 44474
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zur Frage der Übertragung einer Milchreferenzmenge auf den Verpächter als Nichterzeuger bei Beendigung eines Pachtverhältnisses.

Ein Pächter kann begrifflich nur den Willen zur Fortsetzung der Milcherzeugung im Sinne der Pächterschutzregelung des § 7 Abs. 4 Satz 2 MGV haben, wenn er zum Zeitpunkt der Beendigung des Pachtvertrages Milcherzeuger ist. Eine erst nach Beendigung des Pachtvertrages begonnene oder beabsichtigte Milcherzeugung genügt den Anforderungen nicht und ist nicht mit der Systematik und dem Zweck der Pächterschutzregelung vereinbar.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Übertragung einer Milchreferenzmenge auf die Beigeladenen.

Zum 30.09.2001 gab der Kläger eine Fläche zur Größe von 3,5526 ha an die Beigeladenen als Rechtsnachfolger der 1996 verstorbenen Verpächterin F. aus der Pacht zurück. Der Pachtvertrag über eine Fläche von über 10 ha war für die Zeit vom 01.10.1988 bis zum 30.09.2000 mit Verlängerungsmöglichkeit um ein Jahr geschlossenen und unter dem 25.09.2000 von den Erben der F. zum 30.09.2001 einschließlich der Milchquoten gekündigt worden.

Mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 20.11.2001 wurde dem Kläger auf seinen Antrag bescheinigt, dass nach Abgabe des ganzen Betriebes mit einer Fläche von 24,4689 ha an den Kläger eine Milchreferenzmenge von 262.503 kg mit Wirkung zum 01.10.2001 auf ihn übergeht mit der Maßgabe, dass darin 114.600 kg Milchreferenzmenge enthalten sind, die auf Altpachtflächen ruhen und nur bei Fortsetzung der Pachtverträge dem Betrieb erhalten bleiben. Betroffen war u.a. die Pachtfläche der Beigeladenen zur Größe von 3,5526 ha mit einer Milchreferenzmenge von 29.452 kg.

Auf Antrag der Beigeladenen bescheinigte ihnen die seinerzeit zuständige Kreisstelle der Beklagten in Sulingen mit Bescheid vom 10.01.2002, dass sich die Milchreferenzmenge des abgebenden Betriebes des Klägers zum 30.09.2001 um 29.452 kg verringert. Nach Abzug von 9.719 kg zugunsten der Landesreserve gehe eine Referenzmenge von 19.733 kg auf die Beigeladenen über.

Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Bescheid vom 11.08.2003 zurück.

Der Kläger hat am 20.08.2003 Klage erhoben.

Er trägt vor, die Milchquote hätte schon nicht auf die Beigeladenen übertragen werden können, weil diese nicht Milcherzeuger seien.

Unabhängig davon stehe ihm Pächterschutz nach § 7 Abs. 4 der Milchgarantiemengenverordnung zu. Er selbst sei Milcherzeuger und habe die Flächen gegen seinen Willen aufgrund der Kündigung der Pachtverträge zum 30.09.2001 an die Eigentümer zurückgeben müssen.

Er habe die Milcherzeugung nicht eingestellt. Vielmehr habe er von Anfang an vorgehabt, nach Rücknahme des gesamten Betriebes die Milcherzeugung in diesem Betrieb fortzuführen. Aus den vorgelegten Milchgeldabrechnungen der G. Molkerei H. für die Monate Januar bis März 2002 und Januar 2004 ergebe sich, dass er die Milcherzeugung auf Dauer wieder aufgenommen habe.

Dem Willen zur Fortsetzung der Milcherzeugung stehe auch nicht entgegen, dass er nicht bereits zum Zeitpunkt der Rückgabe der Flächen, sondern erst drei Monate später im Januar 2002 damit begonnen habe. Er habe zum Zeitpunkt der Beendigung des Pachtvertrages Vorbereitungen getroffen, um innerhalb kürzester Zeit Milch zu erzeugen. Zum Zeitpunkt der Rückgabe der Pachtflächen sei er aufgrund höherer Gewalt nicht in der Lage gewesen, die Milcherzeugung auf seinem Hof innerhalb kürzester Zeit auf seinem Hof fortzuführen, weil sein Stallgebäude abgebrannt gewesen sei. Deshalb habe er zu I. Kontakt aufgenommen. Im Oktober 2001 habe er sich bereits mit J. auf den Abschluss eines Pachtvertrages über die Produktionsmittel ab dem 01.01.2002 geeinigt und mit der Milchlieferung unter seinem Namen begonnen und diese in den Folgejahren fortgesetzt. Er habe durch objektive Anhaltspunkte seinen Willen zur Fortsetzung der Milcherzeugung manifestiert.

Für die Erzeugereigenschaft sei auch nicht erforderlich, dass er das ganze Jahr über Milch erzeuge und die Kühe in eigener Person melke. Der Verpächter K. sei nur in seinem Auftrag tätig geworden. Das Hauptzollamt Oldenburg habe zu Unrecht seine Milcherzeugereigenschaft in den Milchwirtschaftsjahren 2001/02 und 2002/03 nicht anerkannt und seine gesamte Referenzmenge eingezogen. Darauf komme es aber letztlich nicht an. Durch die Einziehung seiner Milchquote im Vergleichswege in dem gegen den Einziehungsbescheid des Hauptzollamtes Oldenburg vom 21.06.2004 gerichteten Finanzrechtstreit mit Wirkung für das Jahr 2009 stehe nicht fest, dass er zu keinem Zeitpunkt Milcherzeuger gewesen sei. Die Frage sei ausdrücklich offen geblieben, da die Feststellungen aus dem gegen das Hauptzollamt gerichteten Verfahren des Herrn K. nicht im klägerischen Verfahren verwertet werden könnten. Seine Milcherzeugereigenschaft sei im Verfahren K. lediglich deshalb verneint worden, weil nicht nachgewiesen worden sei, dass Herr K. als Hilfsperson auf klägerische Weisung tätig gewesen sei und er - der Kläger - alle wesentlichen Entscheidungen selbst getroffen habe.

Seiner Milcherzeugereigenschaft stehe zudem der Umstand nicht entgegen, dass er in der HIT-Datenbank mit keinem Tier registriert worden sei. Nach Auffassung des zuständigen Veterinäramtes liege bei einer vorübergehenden Verpachtung der Kühe kein Wechsel des Halters im Sinne des Tierseuchenrechts vor, der eine Ummeldung auf ihn als Pächter erforderlich gemacht hätte, obwohl er über jeweils drei Monate die Verfügungsbefugnis über die Kühe gehabt hätte. Dass er im Jahre 2006 seine Eigentumsflächen im Wege der Zwangsversteigerung verloren habe, wirke sich ebenfalls nicht auf die Frage des Pächterschutzes aus.

Dem Kläger beantragt schriftsätzlich,

den Bescheid der Beklagten vom 10.01.2002 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides 11.08.2003 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

und führt ergänzend aus, die Pächterschutzregelung nach § 12 Abs. 2 S. 1 ZAV und § 7 Abs. 4 MGVO könne keine Anwendung auf den Kläger finden, weil der Kläger nicht selbst Milcherzeuger sei und die Milchproduktion nicht auf Dauer fortsetzen wolle.

Der Kläger habe die Milcherzeugung in seinem Betrieb 1988 aufgegeben. Er habe die Milcherzeugung auch nicht wieder aufgenommen. Er habe lediglich für drei Monate im Jahr in dem von ihm angepachteten im 135 km entfernten Stade-Bützflethermoor liegenden Stall durch seinen Verpächter melken lassen. Wegen der großen Entfernung und der Vertragsgestaltung habe der Kläger nur eingeschränkte Verfügungsgewalt über die Produktionseinheiten auf dem Pachthof. Das Hauptzollamt Oldenburg habe deshalb die Milcherzeugereigenschaft des Klägers in den Milchwirtschaftsjahren 2001/02 und 2002/03 nicht anerkannt. Das sei indes nicht streitentscheidend.

Ein Pächter könne begrifflich nur den Willen zur Fortsetzung der Milcherzeugung im Sinne der Pächterschutzregelung haben, wenn er zum Zeitpunkt der Beendigung des Pachtvertrages Milcherzeuger sei. Für den Zeitraum von der Aufgabe der Milcherzeugung im Jahre 1988 bis zum Beginn neuer Milchanlieferungen Anfang 2002 seien keine Anhaltspunkte für den Fortsetzungswillen erkennbar. Die Pächterschutzregelung mache nur Sinn, wenn der betreffende Pächter zum Zeitpunkt der Rückgabe der Pachtfläche mit den damit verbundenen Referenzmengen tatsächlich noch Milcherzeugung betreibe und dies nachweise. Eine erst nach dem Pachtende begonnene oder beabsichtigte Milcherzeugung sei nach der Systematik nicht relevant.

Gegen die Eigenschaft des Klägers als Milcherzeuger spreche zudem, dass in der HI-Tierdatenbank unter der Registriernummer des Klägers seit September 1999 keine Rinder für den Kläger registriert seien. Bei der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft und der Niedersächsischen Tierseuchenkasse seien zu keinem Zeitpunkt Rinder gemeldet gewesen. Der Kläger habe erstmals 2003 einen Antrag auf Agrarförderung gestellt, der wegen der nicht nachgewiesenen Erzeugereigenschaft abgelehnt worden sei. Ein Antrag auf Gewährung einer Milchprämie im Jahre sei 2005 wegen Verfristung abgelehnt worden. Darüber hinaus sei für den Kläger laut der HIT-Datenbank für das Jahr 2004 keine Milchliefermenge bei der Molkerei L. verbucht worden. Nach der Zwangsversteigerung im Februar 2006 verfüge der Kläger nicht mehr über Eigentumsflächen. In dem gegen den Einziehungsbescheid des Hauptzollamtes Oldenburg vom 21.06.2004 gerichteten Finanzrechtstreit sei die Wirkung der Einziehung im Vergleichswege auf den 26.08.2009 festgesetzt worden.

Die Übertragung der Referenzmengen auf die Beigeladenen als Nichtmilcherzeuger sei möglich, weil sie erklärt hätten, die übertragene Referenzmenge ohne zeitliche Verzögerung an der Milchbörse zu verkaufen. Anderenfalls würde der Kläger die Milchreferenzmenge aber auch verlieren, weil sie dann zugunsten des Landes eingezogen werde.

Die Beigeladenen haben sich zur Sache nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

Das Verfahren ist durch Beschluss der Einzelrichterin vom 14.02.2006 und vom 12.02.2009 ruhend gestellt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und in den Verfahren 11 A 3563/03 und 11 A 3650/07 sowie die vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Nach § 6 Abs. 1 VwGO entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 10.01.2002 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides 11.08.2003 ist rechtmäßig. Der Kläger wird durch den in den angefochtenen Bescheiden zu seinen Lasten bescheinigten Referenzmengenabgang nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach § 17 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung zur Durchführung der Zusatzabgabenregelung (Zusatzabgabenverordnung) - ZAV - vom 12.01.2000 (BGBl. I S. 260) in der zum maßgeblichen Zeitpunkt der Rückgabe der gepachteten Fläche an die Beigeladene mit Ablauf des 30.09.2001 anzuwendenden Fassung hat der Milcherzeuger in den Fällen des Übergangs von Anlieferungs- Referenzmengen dem Käufer (Molkerei) durch eine von der zuständigen Landesstelle ausgestellte, mit Gründen versehene Bescheinigung nachzuweisen, welche Anlieferungsreferenzmengen zu welchem Zeitpunkt von welchem Milcherzeuger mit welchem Referenzfettgehalt auf ihn übergegangen sind.

Ob und in welcher Höhe Anlieferungs-Referenzmengen nach Beendigung eines Pachtverhältnisses übergegangen sind, richtet sich nach § 12 Abs. 1 und Abs. 2 ZAV in Verbindung mit den in § 12 Abs. 2 Satz 1 ZAV genannten Vorschriften des § 7 der Milch-Garantiemengenverordnung - MGV - in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. März 1994 (BGBl. I S. 586), zuletzt geändert durch Verordnung vom 25. März 1996 (BGBl. I S. 535).

Nach § 12 Abs. 2 ZAV gehen bei Pachtverträgen, die Anlieferungs-Referenzmengen nach § 7 MGV betreffen und vor dem 01.04.2000 geschlossen worden sind und soweit sie mit Ablauf des 31.03.2000 oder später beendet werden, die entsprechenden Anlieferungs-Referenzmengen nach § 7 Abs. 1 bis 2a, Abs. 4 Satz 1 bis 3, Abs. 5 und 6 MGV in der vorgenannten Fassung auf den Verpächter mit der Maßgabe über, dass 33 v. H. der zurückgewährten Anlieferungs-Referenzmenge zugunsten der Reserve des Landes, in dem der Betriebssitz des Pächters liegt, eingezogen werden.

§ 7 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 MGV der nach Maßgabe des § 12 Abs. 2 Satz 1 ZAV anzuwendenden Fassung bestimmt, inwieweit die zurück zugewährende Referenzmenge bei Beendigung eines - wie hier - vor dem 02.04.1984 geschlossenen Pachtvertrages und Rückgabe der (Alt-) Pachtflächen nach dem 30.09.1984 auf den Verpächter übergeht.

Voraussetzung für den Übergang einer Referenzmenge auf die Beigeladenen als Rechtsnachfolger der 1996 verstorbenen Verpächterin F. im Falle der Rückgewähr einer zur Milcherzeugung verwendeten Pachtfläche nach Beendigung eines Pachtverhältnisses ist allerdings, dass die Pachtfläche der Milcherzeugung diente - was hier unstreitig ist - und dass der Verpächter zum Zeitpunkt der Beendigung des Pachtverhältnisses entweder selbst Milcherzeuger ist oder die Aufnahme der Milcherzeugung beabsichtigt oder zumindest die Anlieferungs-Referenzmenge kurzfristig auf einen Milcherzeuger überträgt.

Nach Art. 7 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3950/92 i.d.F. der VO (EG) Nr. 1256/99 werden, soweit bei Beendigung landwirtschaftlicher Pachtverträge eine Verlängerung zu gleichartigen Bedingungen nicht möglich ist oder ein rechtlich gleichgelagerter Fall vorliegt und zwischen den Beteiligten keine Vereinbarung getroffen wird, die verfügbaren Referenzmengen ganz oder teilweise auf die Erzeuger übertragen, die sie übernehmen. Art. 9 Buchstabe c) der VO bestimmt, dass „Erzeuger" der Betriebsinhaber ist, der einen Betrieb im geografischen Gebiet der Gemeinschaft bewirtschaftet und der Milch oder Milcherzeugnisse direkt an den Verbraucher verkauft bzw. an den Abnehmer liefert.

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 20.06.2002 (Rechtssache C-401/99 "Thomsen", AgarR 2002, 283 f.) entschieden, dass Art. 7 Abs. 2 der VO (EWG) Nr. 3950/92 so auszulegen ist, dass bei Beendigung eines landwirtschaftlichen Pachtvertrages über einen Milchwirtschaftsbetrieb die vollständige oder teilweise Übertragung der daran gebundenen Referenzmenge auf den Verpächter nur dann möglich ist, wenn dieser die Eigenschaft eines Erzeugers im Sinne von Art. 9 Buchstabe c) der Verordnung hat oder im Zeitpunkt der Beendigung des Pachtvertrages die verfügbare Referenzmenge auf einen Dritten überträgt, der diese Eigenschaft besitzt. Für die Zuteilung der relevanten Referenzmenge an den Verpächter gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung reicht es nach dem Urteil des EuGH aus, dass dieser im Zeitpunkt der Beendigung des alten Pachtverhältnisses konkrete Vorbereitungen dafür trifft, in kürzester Zeit die Tätigkeit eines Erzeugers im Sinne von Art. 9 Buchstabe c) der Verordnung auszuüben. Der EuGH geht dabei davon aus, dass der Grundsatz der Flächenakzessorietät die notwendige logische Folge des sich aus dem allgemeinen Sinn und Zweck der Regelung über die Zusatzabgabe für Milch ergebenden grundlegenden Prinzips darstellt, dass einem Landwirt eine Referenzmenge nur eingeräumt werden kann, wenn er die Eigenschaft eines Milcherzeugers hat, was verhindern soll, dass Referenzmengen nicht zur Erzeugung und Vermarktung von Milch, sondern dazu verwendet werden, unter Ausnutzung ihres Marktwertes rein finanzielle Vorteile aus ihnen zu ziehen.

Die Frage, ob diese Rechtsprechung auch nach Aufhebung der Flächenbindung durch die nunmehr anzuwendende Zusatzabgabenverordnung gilt, hat der EuGH in seinem Urteil vom 07.07.2007 - C 278/06 - entschieden.

Weil eine flächenakzessorische Übertragung der Anlieferungs-Referenzmenge nach § 7 Abs. 1 ZAV nämlich grundsätzlich ausgeschlossen ist, besteht nach Inkrafttreten der Zusatzabgabenverordnung für die Beigeladenen als nicht aktive Milcherzeuger die einzige Möglichkeit zur Verwertung der Referenzmenge durch eine Veräußerung über die Verkaufsstelle. Eine solche Veräußerung streben die Beigeladenen nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Beklagten auch an.

Hiernach konnte den Beigeladenen die erstrebte Bescheinigung erteilt werden.

Der Kläger kann sich demgegenüber auch nicht auf den sogenannten "Pächterschutz" nach § 7 Abs. 4 Satz 2 der Milchgarantiemengenverordnung (MGV) berufen.

Hatte der Pächter bei einem auslaufenden Pachtvertrag keinen Anspruch auf Vertragsverlängerung unter entsprechenden Bedingungen und wollte er die Milcherzeugung fortsetzen, ging, sofern nicht beide Vertragsteile hinsichtlich der übergehenden Referenzmenge eine abweichende Vereinbarung getroffen haben, ab einer Mindestfläche von einem Hektar die Hälfe der entsprechenden Referenzmenge, höchstens jedoch 2.500 kg je ha, auf den Verpächter über.

Der Kläger hat schon nicht zur Überzeugung des Gerichts dargetan, dass er "die Milcherzeugung fortsetzen wollte".

Ein Pächter kann begrifflich nur den Willen zur Fortsetzung der Milcherzeugung im Sinne der Pächterschutzregelung des § 7 Abs. 4 Satz 2 MGV haben, wenn er zum Zeitpunkt der Beendigung des Pachtvertrages Milcherzeuger ist. Der Begriff "fortsetzen" bedeutet "weitermachen", "weiterführen nach Unterbrechung" (Wahrig, Deutsches Wörterbuch) und impliziert damit, dass der Pächter zum Zeitpunkt des auslaufenden Pachtvertrages oder zumindest in zeitlichem Zusammenhang vor diesem Ereignis bereits Milcherzeugung betreiben muss. Eine erst nach Beendigung des Pachtvertrages begonnene oder beabsichtigte Milcherzeugung genügt den Anforderungen nicht und ist nicht mit der Systematik und dem Zweck der Pächterschutzregelung vereinbar. Bei dieser Betrachtungsweise würde die Aufnahme der Milcherzeugung durch den Pächter gefördert und der Pächterschutz damit auf eine reine wirtschaftliche Betrachtungsweise reduziert. Das ist indes nicht Aufgabe der Pächterschutzregelung. Sie dient vielmehr dem Schutz derjenigen Pächter, die durch die Rückhabe von Flächen bzw. von mit der Fläche verbundenen Referenzmengen gegen ihren Willen an den Verpächter so hart getroffen würden, dass ihnen die Weiterbewirtschaftung ihres Betriebes unmöglich oder zumindest erheblich erschwert würde.

Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich und vorgetragen, dass der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beendigung des Pachtverhältnisses zum 30.09.2001 Milcherzeuger war. Die Beklagte hatte keine Anhaltspunkte, dass der Kläger jedenfalls in der Zeit zwischen September 1999 und Januar 2002 Milcherzeugung betrieben hat. Für diesen Zeitraum waren nach dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten in der HI-Tierdatenbank, der Niedersächsischen Tierseuchenkasse und bei der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft keine Rinder für den Kläger registriert und bei der Beklagten kein Antrag auf Agrarförderung gestellt worden.

Der Kläger kann demgegenüber nicht einwenden, nach Auffassung des zuständigen Veterinäramtes liege bei einer vorübergehenden Verpachtung der Kühe kein Wechsel des Halters im Sinne des Tierseuchenrechts vor, der eine Ummeldung auf ihn als Pächter erforderlich gemacht hätte. Dieses Vorbringen bezieht sich ausschließlich auf die Milcherzeugung mittels der von M. ab dem 01.01.2002 gepachteten Produktionsmittel und lässt keine Rückschlüsse auf eine mögliche Milcherzeugung des Klägers vor diesem Zeitpunkt zu. Der Kläger trägt selbst vor, dass er zum Zeitpunkt der Rückgabe der gepachteten Flächen zum 30.09.2001 aufgrund höherer Gewalt nicht in der Lage gewesen sei, die Milcherzeugung auf seinem Hof zu betreiben, weil sein Stallgebäude abgebrannt gewesen sei. Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht auf höhere Gewalt berufen. Einmal davon abgesehen, dass er nicht dargetan hat, wann dieses Ereignis eingetreten ist, erfordert die Berufung auf höhere Gewalt nach den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften zur Agrarförderung stets eine unverzügliche Anzeige (innerhalb von 10 Tagen) bei der zuständigen Behörde. Eine solche ist erkennbar nicht erfolgt.

Mithin konnte der Kläger den Pächterschutz nach des § 7 Abs. 4 Satz 2 MGV nicht mehr für sich in Anspruch nehmen, da er nachweislich spätestens ab September 1999 keine Milch mehr erzeugte.

Die Fragen, ob der Kläger den Willen zur "Fortsetzung" der Milcherzeugung auf Dauer ab Januar 2002 hatte und ob das Hauptzollamt Oldenburg zu Unrecht die Milcherzeugereigenschaft des Klägers in den Milchwirtschaftsjahren 2001/02 und 2002/03 nicht anerkannt und seine gesamte Referenzmenge eingezogen hat, kann hier dahinstehen. Rechtlich irrelevant bleibt zudem, dass die Wirkung der Einziehung der verbliebenen Referenzmenge im Vergleichswege in dem gegen den Einziehungsbescheid des Hauptzollamtes Oldenburg vom 21.06.2004 gerichteten Finanzrechtstreit auf den 26.08.2009 festgesetzt und dass für den Kläger laut der HIT-Datenbank für das Jahr 2004 keine Milchliefermenge bei der Molkerei L. verbucht worden war und dass der Kläger im Jahre 2006 seine Eigentumsflächen im Wege der Zwangsversteigerung verloren hat.

Der Klage ist mit der Kostenfolge aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.