Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 25.11.2016, Az.: 7 A 5498/16

Aktueller Lagebericht des Auswärtigen Amtes; Anforderungen an fachärztliches Attest; Gesundheit; Gesundheitliche Versorgung; Krankheit; Medizinische Behandlung; Psychische Störungen; PTBS; Roma; Schizophrenie; Selbstmordgedanken; Serbien; Sicherer Herkunftsstaat; Suizidalität

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
25.11.2016
Aktenzeichen
7 A 5498/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 43505
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Erkrankungen und Störungen psychischer Art sind in Serbien auch für Roma behandelbar und können das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG nicht begründen, soweit die Würdigung im Einzelfall nichts anderes ergibt (hier verneint).

Bei Bevorstehen einer Abschiebung liegt eine emotionale Ausnahmesituation vor und damit in Zusammenhang stehende Selbstmordgedanken stellen kein zielstaatsbezogenes Abschiebehindernis gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG dar.

Fortführung der ständigen Rechtsprechung in der Kammer, vgl. Beschlüsse vom 9. April 2015 - 7 B 1548/15 -, 27. Januar 2016 - 7 B 283/16 -, Juni 2016 - 7 B 1888/16 -, jeweils juris, und Beschluss vom 11. November 2016 - 7 B 5914/16 -, V.n.b.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die am 17. Juni 1974 geborene Klägerin ist Roma aus Serbien und stellte bereits mehrfach erfolglos Asylantrag.

Nach Aufenthalt in Serbien und erneuter Wiedereinreise stellte sie mit anwaltlichem Schriftsatz vom 23. März 2016, eingegangen bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Oldenburg, am 30. März 2016, Überschrift: „Wiederaufnahmeantrag der Familie S.“, den Antrag, ihr unter Abänderung eines vorausgegangenen Asylbescheides die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise subsidiären Schutz, und hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. Zur Begründung heißt es dort, sie und ihre Familie seien im Jahre 2004 nach Serbien zurückgekehrt in der Hoffnung, dort wirklich unverfolgt leben zu können. Der Ehemann der Klägerin (Herr Fadilj S., Kläger zu 1. im Verfahren 7 A 4542/16) habe den Lebensunterhalt durch Sammeln und Verwerten von Reststoffen erwirtschaftet und so zunächst auch das einfache Leben der Familie finanziert.

Im Jahre 2015 sei es indessen zu verstärkten Übergriffen auf diesen durch insbesondere junge Serben gekommen, die meist in kleinen Gruppen von drei bis fünf Personen angegriffen und ihn als „schmutziger Zigeuner“, „geht in den Kosovo“ und „haut hier ab“ beschimpft hätten. Teilweise sei dieser und ein Sohn geschlagen worden; Anzeigen bei der Polizei seien zwecklos gewesen. Sie hätten sich entschieden, erneut in Deutschland um politisches Asyl nachzusuchen, da sie aufgrund ihrer Roma-Zugehörigkeit in Serbien verfolgt würden.

Sie leide darüber hinaus unter erheblichen psychischen Problemen und habe sich in Deutschland bereits in stationäre Behandlung begeben; insoweit werde auf den beigefügten Entlassungsbericht verwiesen.

Bei Rückkehr nach Serbien sei mit erheblicher, lebensbedrohlicher Verschlimmerung zu rechnen (Suizidgefahr), weil durch äußere Aggression ständig Angst erzeugt werde, die eine Behandlung nicht ermögliche. Weitere ärztliche Stellungnahmen müssten nachgereicht werden.

Diesem Schriftsatz war der „Vorläufige Arztbrief“ der Karl-Jaspers-Klinik, Bad Zwischenahn, vom 21. Januar 2016 beigefügt, wo es zur Diagnose heißt: „V.a Gemischte schizoaffektive Störung F25.2“. Ferner heißt es dort wörtlich:

„Aufnahmeanlass und -modus:

Frau S. kam mit fachärztlicher Einweisung auf freiwilliger Basis zur ersten stationären Aufnahme in die Karl-Jaspers-Klinik. Sie wurde mit der Diagnose Verdacht auf Schizophrenie, DD Depression und Psychose eingewiesen. Die akustischen Halluzinationen bestünden seit drei Jahren, das CCT sei o. B., die Patientin würde zurückgezogen leben.

Aktuelle Anamnese:

Frau S. kam ohne Vorankündigung mit fachärztlicher Einweisung in Begleitung ihres Ehemannes zur ersten stationären Aufnahme auf eine offene Station der Klinik. Zunächst sprach die Patientin nicht, auf genaues Befragen beantwortete sie die gestellten Fragen. Sie spreche kaum (nicke oder schüttelt mit dem Kopf), höre seit drei Jahren Stimmen. …

Auf genaues Befragen bejahte Frau S. Traurigkeit, Freudlosigkeit, Antriebsstörungen, Rückzug und Angstzustände nach Geburt der Tochter vor drei Jahren. …

Psychiatrische Vorgeschichte:

Vor 10 Jahren, als ihr Vater gestorben sei, habe sie sich verändert, hätte sechs Wochen nicht mit ihrem Mann gesprochen, …

Medikation bei Aufnahme:

Mirtazepin 15 mg z.N und Zolpidem 10 mg z.N

Psychischer Befund:

…, die Patientin präsentierte sich absprachefähig und verneinte glaubhaft eine akute Suizidalität, keine Fremdgefährdung …

Therapie und Verlauf:

Zustand deutlich gebessert, psychotische Symptomatik rasch in den Hintergrund getreten, Antrieb und Affektlage innerhalb von paar Tagen deutlich gebessert und Nachtschlaf ungestört, Empfehlung ambulante fachärztliche Mitbehandlung und langsames ambulantes Ausschleichen des Lorazepams. Keine akute Eigen- oder Fremdgefährdung“.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Nürnberg, vom 15. August 2016, Geschäftszeichen 6692705-170, lehnte die Beklagte den Antrag auf Abänderung des Bescheides vom 8. Januar 2014 (Geschäftszeichen: 5075035-138) bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG ab. In den ausführlichen Gründen heißt es unter anderem, dass das gesamte Vorbringen der Familie bereits Gegenstand der früheren Asylverfahren und abschlägigen Bescheide gewesen sei, weshalb insoweit Wiederaufgreifensgründe nicht vorlägen, mit Ausnahme allerdings hinsichtlich der nun erstmals geltend gemachten gesundheitlichen Probleme der Klägerin, die aber auch keinen Wiederaufgreifensgrund darstellten, da aufgrund dieser gesundheitlichen Probleme eine günstigere Entscheidung nicht möglich erscheine.

Die Klägerin hat am 5. September 2016 Klage erhoben, zu deren Begründung sie sich im Wesentlichen auf ihre gesundheitliche Lage stützt. Eine entsprechende Behandlung sei für sie in Serbien nicht zugänglich. Darüber hinaus bestehe latente Suizidgefahr; insoweit habe der behandelnde Arzt sie auch schon erneut in die Psychiatrie einweisen wollen. Ergänzend legt sie dazu das „Fachärztliche Attest“ der Praxis … vom 12. September 2016 vor, in dem es hinsichtlich der Diagnose heißt:

„12.09. 2016 gesichert Schizoaffektive Störung

22.04.2016 DD: Schizophrenie-residual“.

Wörtlich heißt es dort weiter:

„Fr. S. befand sich vom 11.01. bis 21.01.2016 in stationärer Behandlung der Karl-Jaspers-Klinik Bad Zwischenahn. Damals war die Patientin in einem ‚deutlich gebesserten Zustand‘ entlassen worden. In den ambulanten Kontakten sehen wir hier eine signifikante Verschlechterung des Krankheitsbildes mit Verlust des Antriebs, Erschöpfungsgefühlen, akust. Halluzinationen i. S. von imperativen Stimmen sowie suizidale Gedanken. Im Juli hatten wir eine erneute stationäre Behandlung empfohlen, für die sich Fr. S. jedoch nicht entschließen konnte. Die Patientin bedarf einer regelmäßigen psychiatrischen und psychopharmakologischen Behandlung.

Sowohl im Falle einer freiwilligen Ausreise, die bereits frustran erfolgte, als sicherlich bei Abschiebung ist von einer akuten Verschlechterung des psychiatrischen Zustandsbildes auszugehen.“

Sodann legt die Klägerin den „Antrag auf ambulante Psychotherapie“ vom 26. August 2016, erstellt durch die Praxis für Psychotherapie Dipl.-Psychologin, Dipl.-Biologin Traumatherapeutin, Psychotherapeutin ……, …, an das Sozialamt ihrer Wohnsitzgemeinde vor, in welchem es u. a. heißt, dass die Dringlichkeit des Anliegens der Klägerin die vom Facharzt für Neurologie Dr. H.(.. erstellte Verdachtsdiagnose einer residualen Psychose unterstreiche. Nach dem Ergebnis des therapeutischen Erstgespräches lägen Hinweise auf eine posttraumatische Belastungsstörung vor sowie gemischt auf Angst- und depressive Reaktionen.

Dieser Antrag sei abgelehnt worden, dagegen richte sich ein Widerspruch der Klägerin, die zudem am 16. Dezember 2016 zum Gesundheitsamt des Landkreises Oldenburg zwecks Prüfung von „Krankenhilfeaufwendungen für Asylbewerber“ (Ladungsschreiben vom 8. November 2016) kommen solle.

Schließlich beantragt sie, ein fachärztliches Gutachten zu ihrem Gesundheitszustand einzuholen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 15. August 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise subsidiären Schutz zuzuerkennen, hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG vorliegen.

Die Beklagte tritt der Klage bezugnehmend auf die Gründe des angegriffenen Bescheides entgegen und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 20. Oktober 2016 (7 A 4542/16) hat das Gericht das vorliegende Verfahren abgetrennt und mit Gerichtsbescheid vom 21. Oktober 2016 die Klage abgewiesen; dagegen richtet sich der Antrag der Klägerin auf mündliche Verhandlung.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Klägerin nimmt das Gericht Bezug auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

Entscheidungsgründe

Die Klage, über die nach Übertragungsbeschluss der Kammer vom 15. September 2016 (7 A 4542/16) der Berichterstatter als Einzelrichter entscheidet, bleibt ohne Erfolg, denn sie ist unbegründet, § 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO.

Im gemäß § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts liegen die Voraussetzungen der Ansprüche und insbesondere des geltend gemachten Anspruchs auf Abschiebungshindernisse nicht vor. Insoweit wird auf die zutreffenden Begründungen des angegriffenen Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 15. August 2016 Bezug genommen, denen das Gericht folgt (Feststellung gem. § 77 Abs. 2 AsylG). Da sich dieser Bescheid insgesamt zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 AsylG), mithin auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin insbesondere auch aus den Schriftsätzen vom 22. September 2016 und 18. November 2016 (nebst Anlagen), und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung als (weiterhin) rechtmäßig erweist und zudem sehr ausführlich und zutreffend - dabei neben den allgemeinen Verhältnissen in Serbien und von Roma insbesondere das individuelle Vorbringen der Klägerin aufgreifend und umfassend würdigend - begründet ist, bezieht sich das Gericht zur Begründung vorliegenden Urteils auf die Gründe dieses angegriffenen Bescheides und macht sich diese hierfür zu Eigen, § 77 Abs. 2 AsylG. Er verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO.

Demgegenüber kann die Klägerin mit ihrem Vorbringen bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und im gerichtlichen Verfahren nicht durchdringen.

Dies gilt erst Recht, weil Serbien sicherer Herkunftsstaat ist und das Gericht ergänzend und weiterführend zur Begründung noch entsprechend § 77 Abs. 2 AsylG auf die Rechtsprechung in der Kammer verweist, wie sie sich insbesondere aus folgenden Entscheidungen des Gerichts ergibt:

Beschluss vom 9. April 2015 - 7 B 1548/15 -, juris,

Beschluss vom 27. Januar 2016  - 7 B 283/16 -, juris, und

Beschluss vom 1. Juni 2016 - 7 B 1888/16 -, juris,

Beschluss vom 11. November 2016 - 7 B 5914/16 -, V.n.b.,

weshalb die bei der Beklagten geltend gemachten und bei Gericht weiterverfolgten Ansprüche hinsichtlich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, der Gewährung subsidiären Schutzes und der Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG unbegründet sind.

Aus dem individuellen Vorbringen ergibt sich, dass die Klägerin aus zwar womöglich nachvollziehbaren, doch im asyl- und flüchtlingsrechtlichen Verfahren nach dem AsylG und auch insbesondere nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG rechtlich unbeachtlichen Gründen heraus Serbien verlassen hat und nach Deutschland gekommen ist, die insbesondere nicht die gesetzliche Vermutung aus § 29a AsylG iVm. Anlage II AsylG (Serbien) berühren; die bekundeten allgemeinen Lebensschwierigkeiten und privaten Auseinandersetzungen erfüllen auch gerade eben nicht etwa die Voraussetzungen eines Abschiebungshindernisses.

Das Gericht hält in Ansehung und Würdigung der einzelnen geltend gemachten Gründe der Klägerin Folgendes fest:

Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG liegen nicht vor. Das Gericht vermag keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit (§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) der Klägerin bei gedachter Rückkehr nach Serbien zu erkennen. Die allgemein schwierigen Lebensbedingungen der Roma in Serbien begründen kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG ist dies bei allgemeinen Gefahren grundsätzlich ausgeschlossen. Etwas anderes gilt bei diesen allgemeinen Gefahren im Hinblick auf die wegen Art. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gebotene verfassungskonforme Anwendung der Vorschrift nur bei Vorliegen einer extremen Gefahrenlage, d. h. der Ausländer müsste im Falle der Aufenthaltsbeendigung gleichsam sehenden Auges den sicheren Tod oder schwerste Verletzungen gewärtigen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2001 - 1 C 5.01 - BVerwGE 115, 1 ff., juris). Einer Gefährdung in diesem Sinne wäre die Klägerin in Serbien nicht wegen der allgemeinen Gefahren ausgesetzt. Das Gericht verkennt dabei nicht die noch immer prekäre wirtschaftliche Situation und die schwierigen sozialen Verhältnisse in Serbien. Die Bevölkerungsgruppe der Roma ist in Serbien von einem höheren Armuts- und Arbeitslosigkeitsrisiko betroffen als der übrige Teil der serbischen Bevölkerung. Der Zugang zum regulären Arbeitsmarkt ist oft aufgrund von sozialen Vorurteilen versperrt, so dass sich viele in der Schwarzarbeit oder aufgrund mangelnder Qualifikation als ungelernte Arbeitskräfte in Fabriken oder als Wertstoffsammler verdingen (vgl. Lagebericht, Seite 13 f.). Auch wenn dies vielfach ein Leben unter schwierigsten Umständen bedeutet, so lässt sich hieraus noch keine extreme Gefahrenlage ableiten. Außerdem hat der Ehemann der Klägerin ausdrücklich bekundet, in Serbien erwerbstätig gewesen zu sein.

Ferner muss der Eintritt der Gefahr mit überwiegender Wahrscheinlichkeit alsbald nach der Rückkehr ins Heimatland zu erwarten sein und zudem nicht nur am/im Heimatort des Betroffenen, sondern landesweit (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. April 1997 - 9 C 38.96 - BVerwGE 104, 265 <267>), wovon aber hier angesichts der Schutzfähigkeit und -willigkeit des serbischen Staates gerade eben nicht auszugehen ist.

Auch ansonsten liegen die maßgeblichen Ansprüche der Klägerin nicht vor.

Dies gilt zudem, soweit es ihre geltend gemachten Erkrankungen (psychische Störungen) anbelangt, welche insbesondere das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses hier nicht begründen können (vgl. Gerichtsbescheid vom 13. Februar 2015 - 7 A 2814/14 - Vnb., bezugnehmend insb. auf VG Augsburg, Urteil vom 5. November 2013 - Au 6 K 13.30331 -, juris, und Beschluss vom 9. April 2015, a.a.O. sowie Beschluss vom 1. Juni 2016 - 7 B 1888/16 -, juris), § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (neue Fassung).

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese ist u.a. dann gegeben, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit alsbald nach der Rückkehr ins Heimatland die wesentliche oder gar lebensbedrohliche Verschlimmerung einer Krankheit zu erwarten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 - 9 C 58.97 - BVerwGE 105, 383 <387>), wobei in zeitlicher Hinsicht ein Prognosezeitraum von etwa einem Jahr angemessen ist (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 22. März 2006 - 10 LA 287/05 - <Seite 6>). Zu berücksichtigen ist dabei, ob dem Ausländer die erforderlichen therapeutischen Maßnahmen individuell zugänglich sind, insbesondere finanziert werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2002 - 1 C 1.02 - NVwZ-Beilage 2003, 53). Die Gefahr muss zudem nicht nur im Heimatort des Betroffenen, sondern landesweit bestehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. April 1997 - 9 C 38.96 - BVerwGE 104, 265 <267>).

Diese Voraussetzungen sind gesetzlich nunmehr in § 60 Abs. 7 AufenthG (n. F.) ausdrücklich niedergelegt, decken sich insoweit mit der bisherigen ständigen Rechtsprechung in der Kammer (vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. August 2016 - 8 ME 87/16 - juris) und sind hier nicht zu Gunsten der Klägerin erfüllt.

Personen, die erkrankt sind, werden im serbischen Gesundheitssystem auch kostenfrei behandelt (Lagebericht vom 23. November 2015, Seite 17). Der Klägerin ist die erforderliche medizinische Behandlung auch nicht deswegen verwehrt, weil sie Roma (oder Ashkali) ist. Diese haben in Serbien grundsätzlich Zugang zu allen staatlichen Einrichtungen und Dienstleistungen einschließlich der Sozialhilfe und der medizinischen Grundversorgung. Ärztliche Notfallversorgung ist grundsätzlich auch für nicht registrierte Personen gewährleistet. Kinder unter 18 Jahren werden grundsätzlich kostenfrei behandelt, wenn sie registriert sind (Lagebericht, S. 12). Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln ist für bisher nicht registrierte Personen mit Gesetz vom 31. August 2012 die Grundlage für eine nachträgliche Eintragung ins Personenstandsregister unter vereinfachten Bedingungen geschaffen worden. Damit soll ihr rechtlicher Status verbessert werden. In dem Ende 2011 in Kraft getretenen neuen Meldegesetz ist darüber hinaus eine Regelung aufgenommen worden, um Personen, die nicht über einen Personalausweis verfügen, die Anmeldung zu erleichtern. Auch diese Regelung zielt darauf, bisher nicht Registrierten die Anmeldung zu ermöglichen. Sie werden auch dann grundsätzlich kostenfrei und ohne finanzielle Eigenbeteiligung in Serbien behandelt, wenn sie dort wegen ihrer traditionellen Lebensweise keinen festen Wohnsitz oder Aufenthalt haben. Mit der "Richtlinie über das Verfahren der Verwirklichung der Rechte aus der Sozialversicherung" ist geregelt, dass sie im System der Sozialversicherung angemeldet sein können, wenn sie eine persönliche Erklärung abgeben, dass sie Roma (bzw. Ashkali) sind, und wenn sie eine persönliche Erklärung über den Ort ihres vorläufigen Aufenthalts abgeben (Auswärtiges Amt vom 1. Juli 2014 - 508-516.80/48127). Zwar ist dem Gericht bekannt, dass sie in staatlichen Einrichtungen u.U. im Einzelfall Opfer von diskriminierender Behandlung werden könnten. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die auch für sie eröffneten Rechtsschutzmöglichkeiten in Serbien keinen ausreichenden Schutz gegen die willkürliche Versagung des Zugangs zu Sozial- und Gesundheitsleistungen bieten (vgl. VG Münster, Urteil vom 11. Mai 2015, juris). Auch der Umstand, dass in Serbien für neun Monate im Jahr Sozialhilfe bewilligt wird, ändert an der rechtlichen Beurteilung nichts, da in der übrigen Zeit zumindest ein Anspruch auf Nothilfe der Gemeinde besteht (SFH, Serbien: Zugang zu Sozialleistungen für Roma und Ashkali, 15. März 2015, S. 6).

Für die medizinische Versorgung gibt es in Serbien unter der Voraussetzung der Registrierung eine gesetzliche Pflichtversicherung. Diese gilt für alle Arbeitnehmer, einschließlich ihrer Familienangehörigen. Gemeldete anerkannte Arbeitslose und anerkannte Sozialhilfeempfänger sowie deren Familienangehörige sind versichert, ohne Versicherungsbeiträge zahlen zu müssen. Gleiches gilt für Angehörige der Volksgruppe der Roma, sofern sie wegen ihrer traditionellen Lebensweise keinen festen Wohnsitz bzw. keinen Aufenthalt in Serbien haben (vgl. Lagebericht, S. 15 f.). Nach den Feststellungen des Lageberichts sind keine nachgewiesen Fälle von Behandlungsverweigerung in öffentlichen Einrichtungen bekannt (vgl. Lagebericht, S. 15 f.). Sollte den Klägern dessen ungeachtet nach der Rückkehr eine Behandlung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung verweigert werden, ist es ihnen jedenfalls zuzumuten, unter Zuhilfenahme der dafür zuständigen Stellen, beispielsweise der Roma-Gesundheitsmediatoren, des Republikanischen Krankenversicherungsfonds, oder erforderlichenfalls durch Inanspruchnahme gerichtlichen (Eil-) Rechtsschutzes ihren Anspruch auf Behandlung gegenüber einem diese rechtswidrig verweigernden Arzt durchzusetzen (vgl. VG Berlin, Urteil vom 29. Januar 2015 - 7 K 476.14 A -, juris).

Außerdem muss hier der Ehemann der Klägerin zumutbar durch eigene Arbeit die erforderlichen Mittel für den Lebensunterhalt und die gesundheitliche Versorgung der Klägerin aufbringen.

Selbst für den Fall, dass man auf eine Behandlung in Serbien länger warten müsste als in Deutschland und deren Standard hinter dem hiesigen zurückbleibt, genügt dies nicht, um von einer konkreten, d.h. alsbald eintretenden und erheblichen Verschlechterung der gesundheitlichen Situation auszugehen, vgl. § 60 Abs. 7 AufenthG (n. F.). Zur Überbrückung der Zeit bis zum Beginn der Behandlung in Serbien ist es zudem möglich, die ggf. in Deutschland erhaltenen Medikamente zu gebrauchen. Denn die Gewährung von Abschiebungsschutz gem. § 60 Abs. 7 AufenthG dient nicht dazu, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln oder ihre Heilungschancen zu verbessern. Schließlich könnte man eventuell benötigte Medikamente auch in Serbien erhalten. Die gesetzliche Pflichtversicherung umfasst auch die Versorgung mit den notwendigen Medikamenten. Zwar mag für die Klägerin eine medizinische Behandlung ihrer Beschwerden, insbesondere der psychischen Störungen, in Deutschland vorteilhaft sein; dies muss rechtlich aber hier dahinstehen.

Das Voranstehende gilt insgesamt erst Recht, weil Serbien sicherer Herkunftsstaat ist, Anl. II AsylG (zu § 29a -Serbien-), siehe oben.

Die tatsächlichen Erkenntnisse, auf die das Gericht seine Überzeugungsbildung stützt, werden insgesamt bestätigt durch den „Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG (Stand: November 2015)“ des Auswärtigen Amtes vom 23. November 2015, vgl. ausführlich Beschluss vom 1. Juni 2016 (7 B 1888/16, juris), und insbesondere den aktuellen

Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG (Stand: September 2016)“

des Auswärtigen Amtes vom 1. November 2016, in dem es hinsichtlich der medizinischen Versorgung im Wortlaut heißt:

1.6. Medizinische Versorgung

In Serbien gibt es eine gesetzliche Pflicht-Krankenversicherung. Grundsätzlich ist eine Registrierung für die Inanspruchnahme der gesetzlichen Versicherung notwendig (s. Ziff. IV.1.3.). Ärztliche Notfallversorgung ist jedoch grundsätzlich auch für nicht registrierte Personen gewährleistet. Angehörige der Volksgruppe der Roma und anderer Minderheiten genießen im Rahmen des staatlichen Gesundheitssystems die gleichen Rechte wie die serbische Mehrheitsbevölkerung. Nachgewiesene Fälle der Behandlungsverweigerung in öffentlichen Einrichtungen sind dem Auswärtigen Amt nicht bekannt.

Kostenfrei werden folgende Personengruppen – sofern sie registriert sind (s. Ziff. IV.1.3.) - behandelt (Serbische Verfügung über die Beteiligung von Versicherten an den Kosten des Krankenschutzes, Amtsblatt der Republik Serbien Nr. 31. vom 31.05.2001, geändert am 17.12.2012, Amtsblatt Nr.119/12):

-Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, bzw. bis zur Vollendung des 26. Lebensjahres (bei Schülern und Studenten),
-Frauen im Falle der Schwangerschaft, Entbindung, Mutterschaft (bis 12 Monate nach der Entbindung),
-Personen über 65 Jahre,
-gemeldete Arbeitslose, die Arbeitslosenhilfe beziehen, Sozialhilfeempfänger
-Invalide
-freiwillige Organ- und Gewebespender,
-Blinde und andere Behinderte,
-Angehörige der Volksgruppe Roma, sofern sie wegen ihrer traditionellen Lebensweise keinen festen Wohnsitz bzw. Aufenthalt in Serbien haben
-Opfer von familiärer Gewalt oder Menschenhandel
-Angehörige eines kirchlichen Ordens
-Flüchtlinge und vertriebene Personen,

Für alle Patienten kostenfrei sind die Behandlung im Notfall sowie staatlich vorgeschriebene Impfungen. Kostenfrei behandelt werden, unabhängig vom Status des Patienten (d.h. nicht nur bei vorstehend beschriebenen Personengruppen), grundsätzlich folgende Krankheitsbilder:

Infektionskrankheiten (u.a. Aids), Psychosen, rheumatisches Fieber und dessen Auswirkungen, maligne Erkrankungen, Diabetes, Epilepsie, endemische Nephropathie, progressive Nerven- und Muskelerkrankungen, zerebrale Paralyse, multiple Sklerose, zystische Fibrose und Hämophilie, außerdem anerkannte Berufskrankheiten und Verletzungen am Arbeitsplatz.

Darüber hinaus sind lebensrettende und -erhaltende Maßnahmen für alle Patienten kostenlos.

„Obligatorische“ Impfungen sowie gezielte präventive Untersuchungen (staatliches „Screening“) sind ebenfalls kostenlos.

Der gesetzliche Krankenversicherungsschutz umfasst nach Art. 18 des serbischen Krankenversicherungsgesetzes:

-medizinische Maßnahmen und Verfahren zur Gesundheitsförderung bzw. zur Vorbeugung, Bekämpfung und frühzeitigen Feststellung von Erkrankungen und sonstigen Störungen der Gesundheit;
-ärztliche Untersuchungen und sonstige medizinische Hilfe zur Feststellung, Erhaltung und Prüfung des gesundheitlichen Zustandes (Prävention);
-Behandlung von Erkrankten und Verletzten und sonstige medizinische Hilfe;
-Vorbeugung und Heilung von Zahn- und Munderkrankungen;
-medizinische Rehabilitation unter poliklinischen und stationären Bedingungen;
-Medikamente, Hilfs- und Sanitätsmaterial;
-Prothesen, orthopädische und sonstige Hilfsmittel, Zahnprothesen und zahnärztliches Material.

Für einige Behandlungen (z.B. Einsatz künstlicher Gelenke, Zahnersatz, Brillen und Hörgeräte) ist eine Eigenbeteiligung von bis zu 50 % vorgeschrieben.

In Belgrad und allen größeren Städten gibt es staatliche Krankenhäuser. Privatkrankenhäuser existieren nur in Belgrad. In staatlichen Krankenhäusern entsprechen hygienische Standards und Verpflegung nicht immer westlichen Vorstellungen. Für Operationen gibt es oft Wartelisten, lebensbedrohliche Erkrankungen werden im Regelfall sofort behandelt. Es gibt nur sehr wenige Erkrankungen, die in Serbien nicht oder nur schlecht behandelt werden können. Ausgebildetes medizinisches Personal ist vorhanden.

Überlebensnotwendige Operationen

sind in der Regel durchführbar, auch können z.B. in Belgrad Bypassoperationen vorgenommen werden. Einsatz, Kontrolle und Wartung von Herzschrittmachern ist in Belgrad grundsätzlich möglich (nicht jedes Modell). Herz- und sonstige Organtransplantationen (mit Ausnahme der relativ häufigen Nierentransplantationen) werden gelegentlich durchgeführt, sind aber noch keine Routineoperationen. Insbesondere fehlt eine nationale Organspenderdatenbank.

Behandelbar sind in Serbien (keine abschließende Aufzählung):

-Diabetes mellitus (die Versorgung mit allen Arten von gängigen Insulinpräparaten ist regelmäßig und sicher),
-orthopädische Erkrankungen (auch krankengymnastische u.ä. Therapien),
-psychische Erkrankungen, u.a. Depressionen, Traumata, Schizophrenie, posttraumatische Belastungsstörungen (medikamentöse und psychologische Behandlung),
-Atemwegserkrankungen (u.a. Asthma bronchiale),
-Hepatitis B und C (abhängig von der Verfügbarkeit antiviraler Medikamente, die teilweise selbst gekauft werden müssen),
-Epilepsie,
-ein Großteil der Krebsformen,
-Nachsorge für Herzoperationen, Krebsoperationen, orthopädische Operationen etc.
-Dialyse (bei Verfügbarkeit eines Platzes).

Psychische Krankheiten werden in Serbien vorwiegend medikamentös behandelt. Es besteht jedoch (wenn auch in begrenztem Umfang) auch die Möglichkeit anderer Therapieformen, so gibt es z.B. für die Teilnahme an Gruppenpsychotherapie Wartelisten. Neben dem Therapiezentrum in der Wojwodina existieren mittlerweile weitere Therapiezentren in Vranje, Leskovac und Bujanovac (Südserbien). Es gibt Kliniken für die Behandlung von Suchtkrankheiten. Schulen für Schüler mit Gehör- und Sprachschädigung sind in Serbien vorhanden. Die Grundversorgung mit häufig verwendeten, zunehmend auch mit selteneren Medikamenten, ist gewährleistet. Spezielle (insbesondere ausländische, in Einzelfällen auch in Serbien hergestellte) Präparate sind jedoch in staatlichen Apotheken nicht immer verfügbar, können aber innerhalb weniger Tage auch aus dem Ausland bestellt werden, wenn sie für Serbien zugelassen sind.“

Danach sind generell und bei grundsätzlicher Betrachtung die hier angegebenen Krankheiten und Beschwerden, insbesondere psychischen Störungen der Klägerin bei gedachter Rückkehr nach Serbien dort behandelbar und erfüllen nicht die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Aufenthaltsgesetz. Daran hält das Gericht im und als Grundsatz fest.

Allerdings muss insoweit berücksichtigt werden, dass die Frage, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz angesichts einer Erkrankung bei dem jeweiligen Ausländer vorliegen, nur einer Beurteilung anhand der jeweiligen Fallumstände, insbesondere des konkreten Krankheitsbildes, der konkreten notwendigen medizinischen Behandlungen und deren individueller Verfügbarkeit im Herkunftsstaat zugänglich ist, die grundsätzlich nicht „abstrakt“ für eine Vielzahl von Fällen gleichsam vorab vorgenommen werden kann (Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes vom 11. August 2015 - 8 LA 145/15 -, V.n.b., m.w.N.).

Die insoweit gebotene Einzelfallbetrachtung führt hier aber zu keinem anderen Ergebnis, zumal die psychische Störung der Klägerin schon in Serbien bestand und behandelt wurde. Zwar mag sich der Gesundheitszustand der Klägerin - wie in dem Attest vom 12. September 2016 beschrieben - verschlechtert haben. Dies verhilft der Klage indes nicht zum Erfolg.

Das Gericht macht sich hierfür zu Eigen, was schon das VG München in seinem Urteil vom 14. Juli 2011 - M 17 K 11.30185 -, juris, ausdrücklich wie folgt im Verfahren einer Roma mit paranoider Schizophrenie festgehalten hat:

„Das erkennende Gericht konnte sich aufgrund der vorliegenden ärztlichen Schreiben nicht davon überzeugen, dass die überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin alsbald nach ihrer Rückkehr in ihre Heimat wesentlich verschlechtern würde. Es ist davon auszugehen, dass die Möglichkeit zu kontinuierlicher Überwachung und Behandlung auch in Serbien besteht und das aktuelle Krankheitsbild der Antragstellerin dort - wenn auch nicht mit den in der Bundesrepublik Deutschland üblichen Standard - hinreichend behandelbar ist. So ergibt sich aus dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Serbien vom 4. Juni 2010 (Stand: Mai 2010 S. 22 ff.), dass Belgrad und alle größeren Städte Serbiens mit allgemeinen Krankenhäusern ausgestattet sind, teilweise auch mit Spezialkliniken. Demzufolge gibt es nur sehr wenige Erkrankungen, die in Serbien aufgrund der fehlenden Ausrüstung grundsätzlich nicht oder nur sehr schlecht behandelt werden können. Ausgebildetes medizinisches Personal ist vorhanden. Psychische Krankheiten werden in Serbien aufgrund des dort vorherrschenden medizinischen Ansatzes vorwiegend medikamentös behandelt. Es bestehe jedoch auch die Möglichkeit anderer Therapieformen. Es gebe Kliniken für die Behandlung von Suchtkrankheiten (vgl. a.a.O. S. 23).

Für die medizinische Versorgung gibt es in Serbien im Bereich der Krankenversicherung die gesetzliche Pflichtversicherung. Die Pflichtversicherung gilt für alle Arbeitnehmer, einschließlich ihrer Familienangehörigen. Gemeldete anerkannte Arbeitslose und anerkannte Sozialhilfeempfänger sowie deren Familienangehörige sind ebenfalls versichert, zahlen jedoch keine Versicherungsbeiträge. Angehörige der Volksgruppe der Roma genießen im Rahmen des staatlichen Gesundheitssystems die gleichen Rechte, wie die serbische Mehrheitsbevölkerung (vgl. a.a.O. S. 22).

Im Falle der Klägerin ist auch nicht ersichtlich, dass sie tatsächlich nicht in der Lage wäre, die bestehenden Behandlungsmöglichkeiten in Serbien in Anspruch zu nehmen. Ist die Verschlimmerung der Krankheit eine Folge der Abschiebung, weil eine im Bundesgebiet gebotene Behandlung abgebrochen oder eine bestehende persönliche Betreuung beendet werden muss, kann ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis vorliegen, das von der Ausländerbehörde zu prüfen und festzustellen ist, nicht jedoch ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot (BVerwG v. 29.10.2001, DVBl 2003,463). Vorliegend ist nicht dargetan, dass die Klägerin wegen fehlender Einsichtsfähigkeit in ihre Erkrankung eine Betreuungsperson benötigt, die die medikamentöse und ärztliche Behandlung der Klägerin in Serbien überwacht. Vielmehr wird in dem Arztbericht vom … Januar 2011 abschließend festgestellt, die Klägerin sei zum Entlassungszeitpunkt formal geordnet, affektiv stabilisiert, nicht psychotisch und glaubhaft von Suizidalität distanziert gewesen. Dass ihr die Einsichtsfähigkeit in ihre Erkrankung fehlt, und sie alsbald nach ihrer Rückkehr nach Serbien wegen fehlender Betreuung die Behandlungsmöglichkeiten nicht wahrnimmt, ist nicht dargetan und durch ärztliche Atteste belegt. Ob der Abbruch der derzeitigen ambulanten Behandlung zu einer Verschlimmerung ihrer Erkrankung führt, ist nicht im Asylverfahren und dem darauf bezogenen Gerichtsverfahren zu klären.“

So liegt der Fall hier.

Hinsichtlich einer etwaigen Verschlimmerung des Krankheitsbildes gegenüber dem grundsätzlich eine deutliche Verbesserung belegenden vorläufigen Entlassungsbericht der Karl-Jaspers-Klinik, der für sich genommen geradezu das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG nachweist, ist das ärztliche Attest vom 12. September 2016 insoweit, d.h. insbesondere zur Begründung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG, außerdem nicht hinreichend aussagekräftig.

Dies gilt erst Recht hinsichtlich des Antrages auf Kostenübernahme für eine ambulante Psychotherapie vom 26. August 2016. Hierzu ist insbesondere festzuhalten, dass die dortige Verdachtsdiagnose (posttraumatische Belastungsstörung) insoweit neu ist und in das Verfahren eingeführt wird, aber nur auf einem ersten therapeutischen Gespräch beruht, wie sich dies ausdrücklich in Wortlaut des Antrages wiederfindet (therapeutisches Erstgespräch), mithin auch keine hinreichende Aussagekraft besitzt.

Wird eine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung geltend gemacht, ist angesichts der Unschärfe des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptome regelmäßig die Vorlage eines fachärztlichen Attestes notwendig, das gewissen Mindestanforderungen genügt. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa zumindest Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren soll das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen (s. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 -, juris).

Gemessen daran genügen die Angaben aus dem ärztlichen Attest vom 12. September 2016 und dem Antrag vom 26. August 2016 insgesamt nicht, um dem maßgeblichen Begehren zum Erfolg zu verhelfen. Entsprechend gilt dies für die Bescheinigung von IBIS e. V. vom 16. November 2016 (vorgelegt in der mündlichen Verhandlung).

Auch besteht unter Berücksichtigung der fachärztlichen Stellungnahme vom 12. September 2016 keine beachtliche Wahrscheinlichkeit eines Suizids nach einer Rückkehr nach Serbien. Allein aus dem Umstand, dass die Klägerin nach ärztlicher Einschätzung im Falle einer Abschiebung Selbstmordgedanken entwickeln würde, ergibt sich dies nicht. Es handelt sich bei der zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung um eine emotionale Ausnahmesituation. Entsprechend gilt dies für den Antrag vom 26. August 2016 und die Bescheinigung vom 16. November 2016 (IBIS e. V.).

Die Klägerin begründet hier die Gefährdung für ihr Leben mit einer im Fall der Abschiebung drohenden Suizidgefahr. Sie macht damit keine Gefahren geltend, die ihr gerade im Zielstaat Serbien drohen, sondern die in der Abschiebung an sich begründet sind. Solche inlandsbezogenen Hindernisse könnten allenfalls beachtlich sein bei der gemäß § 60a Abs. 2 S. 3 AufenthG von der Ausländerbehörde im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens ggfl. zu prüfenden Frage, ob dem Ausländer eine Duldung erteilt werden kann, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Klägerin diese (etwaige) Suizidgefahr vorträgt, begründen die geltend gemachten Umstände aber jedenfalls kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis, sondern - wie angeführt - allenfalls ein u.U. von der Ausländerbehörde im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens in eigener Verantwortung zu prüfendes inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, was sich wie folgt aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt (Auszug aus dem Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 10 B 39/12 -, juris, Rn. 4):

„In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist nämlich geklärt, dass bei der Beendigung des Aufenthalts erfolgloser Asylbewerber das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - auf die Prüfung und Feststellung von sog. zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG beschränkt ist, die sich der Sache nach aus der Unzumutbarkeit des Aufenthalts im Zielland für diesen Ausländer herleiten und damit in Gefahren begründet sind, die im Zielstaat der Abschiebung drohen (vgl. Urteil vom 21. September 1999 - BVerwG 9 C 12.99 - BVerwGE 109, 305 <309 f.> m.w.N.). Nur insoweit kann das Bundesamt im verwaltungsgerichtlichen Asylrechtsstreit zur Feststellung von Abschiebungsverboten verpflichtet werden sowie zur Ausnahme einer Bezeichnung der betroffenen Staaten in der Abschiebungsandrohung als Zielstaaten der Abschiebung. Die Ausländerbehörde bleibt demgegenüber für die Durchführung der Abschiebung und dabei auch für die Entscheidung über alle inlandsbezogenen und sonstigen tatsächlichen Vollstreckungshindernisse zuständig. Zu den ausschließlich von der Ausländerbehörde zu prüfenden Vollstreckungshindernissen zählen beispielsweise fehlende Ausweise oder Ersatzpapiere, krankheitsbedingte Reiseunfähigkeit, aber auch ein etwaiges Verbot, durch die Abschiebung eine mit Art. 6 GG nicht vereinbare Trennung von Familienmitgliedern zu bewirken (Urteil vom 21. September 1999 a.a.O. S. 310 f.).“

Dies gilt auch hier.

Der in der mündlichen Verhandlung gestellte Beweisantrag,

„ein fachärztliches Gutachten zu der Fragestellung einzuholen (vgl. Schriftsatz vom 18. November 2016), ob der Gesundheitszustand bei einer Rückkehr nach Serbien alsbald erheblich gefährdet wird oder/und sie vom Tode bedroht ist. Die Wahrscheinlichkeit hierzu ergibt sich aus den eingereichten Attesten.“

war abzulehnen, weil damit ein unzulässiger Ausforschungsantrag gestellt war.

Die daneben noch weiter nach §§ 3 ff. AsylG geltend gemachten Ansprüche sind (sogar) offensichtlich unbegründet, vgl. § 29a AsylG.

Schließlich nimmt das Gericht zur Begründung noch auf das Urteil im Verfahren des Ehemannes (7 A 4542/16) vom selben Tage Bezug, § 77 Abs. 2 AsylG, § 117 Abs. 5 VwGO entsprechend.