Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 27.06.2007, Az.: 3 B 84/07
Abfallgebühr; Abwassergebühr; Benutzungsgebühr; Gemeinschaft; Gesamtschuld; Gesamtschuldner; grundstücksbezogene Benutzungsgebühr; Leistungsbescheid; Satzung; Straßenreinigungsgebühr; Teileigentum; Teileigentümer; Teilrechtsfähigkeit; Wohnungseigentum; Wohnungseigentümer; Wohnungseigentümergemeinschaft
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 27.06.2007
- Aktenzeichen
- 3 B 84/07
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2007, 71915
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 44 AO
- § 11 Abs 1 Nr 2b KAG ND
- § 5 KAG ND
- § 5 Abs 6 S 2 KAG ND
- WoEigG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Für grundstücksbezogene Benutzungsgebühren können bei entsprechender satzungsrechtlicher Grundlage weiterhin (ungeachtet der vom BGH angenommenen Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft; Beschl. v. 02.06.2005 - V ZB 32/05 , BGHZ 163, 154 ff.) die einzelnen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft als Gesamtschuldner herangezogen werden.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist Eigentümer von 23 Eigentumswohnungen der Wohnungseigentumsanlage H. weg 20/20a in E.. Diese Anlage wird verwaltet von der Hausverwaltung I. B. aus K., deren Geschäftsführer der Antragsteller ist.
Nachdem die Antragsgegnerin bis Anfang 2006 vergeblich versucht hatte, die 5-stelligen Rückstände aufgelaufener Grundbesitzabgaben von der Firma J. aus K., der vormaligen Verwalterin der Anlage und Eigentümerin von 39 Wohnungen zu erlangen, hörte sie mit Schreiben vom 27. Juni 2006 den Antragsteller dazu an, dass beabsichtigt sei, ihn gesamtschuldnerisch zur Zahlung der Grundbesitzabgaben heranzuziehen. Nachdem Besprechungen und Schriftwechsel zwischen den Beteiligten stattgefunden hatten und die Eigentümerversammlung am 15. Juni 2006 erfolgt war, ging bis zum 2. Oktober 2006 ein Betrag von 10.000,00 Euro auf die Forderungen ein.
Mit Bescheid vom 2. Oktober 2006 listete die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller für die Eigentumswohnanlage H. weg 20/20a im Einzelnen Grundbesitzabgaben der Jahre 2004 und 2005 zzgl. Säumniszuschlägen und Mahngebühren i. H. v. insgesamt noch 57.492,38 Euro auf. Dazu führte sie aus, zwar seien 10.000,00 Euro inzwischen eingegangen, jedoch sei ein zeitnaher Ausgleich der verbleibenden Rückstände laut der Aussage des Antragstellers als Geschäftsführer der Firma Hausverwaltung I. B. nicht möglich, da das Verwalterkonto nicht über die erforderlichen Mittel zum Ausgleich der rückständigen Forderungen verfüge. Das werde damit begründet, dass Mitglieder der Eigentümergemeinschaft in erheblichem Maße mit der Bezahlung ihrer Umlagen gegenüber der Hausverwaltung in Verzug seien. Allerdings seien die einzelnen Eigentümer der Eigentümergemeinschaft gesamtschuldnerisch zur Zahlung der Grundbesitzabgaben verpflichtet. Diese Verpflichtung ergebe sich im Einzelnen aus § 6 Abs. 1 Straßenreinigungssatzung (StrRS), aus § 7 Abs. 3 Abfallgebührensatzung (AbfGebS) und aus § 4 Abs. 1 Kanalbenutzungsgebührensatzung (KanalGebS). Als Eigentümer von 23 der insgesamt 165 Wohnungen sowie zweier Stellplätze in dem Objekt und damit als eines der vermeintlich wirtschaftlich leistungsfähigen Mitglieder der Eigentümergemeinschaft ziehe sie den Antragsteller auf der Grundlage der genannten Satzungsbestimmungen zur Zahlung der rückständigen Grundbesitzabgaben heran und fordere ihn gleichzeitig auf, die rückständige Gesamtforderung in genannter Höhe bis spätestens zum 31. Oktober 2006 zum Ausgleich zu bringen. Sollte er nicht in der Lage sein, die Gesamtforderung in einer Summe zu tilgen, bestehe für ihn die Möglichkeit, im Rahmen eines Stundungs- und Ratenzahlungsantrages einen Tilgungsvorschlag zu unterbreiten. Die erforderlichen Unterlagen und Angaben müsse er dazu einreichen. Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 5. Oktober 2006 zugestellt.
Der Antragsteller erhob dagegen am 3. November 2006 Klage (3 A 393/06).
Nachdem weitere Gespräche zwischen den Beteiligten keine Einigung ergaben, beantragte der Antragsteller am 19. Januar 2007 die Aussetzung der Vollziehung des Leistungsbescheides vom 2. Oktober 2006 bis zum rechtskräftigen Abschluss des eingeleiteten Klageverfahrens. Mit Bescheid vom 5. Februar 2007 lehnte die Antragsgegnerin unter Hinweis auf ihre Satzungsbestimmungen diesen Antrag ab. Gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 AbfGebS, § 6 Abs. 1 StrRS und § 4 Abs. 1 S. 1 KanalGebS sei die Eigentümergemeinschaft H. weg 20/20a als Eigentümerin des Grundstücks als Gebührenpflichtige zur Zahlung der Grundbesitzabgaben herangezogen. Nachdem diese ihre Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllt habe und daher erhebliche Rückstände aufgelaufen seien, seien Maßnahmen zur Realisierung der rückständigen Forderungen geboten. Er sei als gesamtschuldnerisch Haftender zur Zahlung in Anspruch genommen worden.
Der Antragsteller hat am 8. Februar 2007 um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, spätestens seit dem Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 02.06.2005 (- V ZB 32/05 -, BGHZ 163, 154-180) stehe fest, dass die mit dieser Entscheidung konstituierte Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft Konsequenzen für das Haftungssystem habe. Vertragspartner und damit allein Haftender sei nach dieser Rechtsprechung das teilrechtsfähige Subjekt, also die Wohnungseigentümergemeinschaft, die nur mit dem Verwaltungsvermögen hafte. Es komme eine akzessorische, gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer nur noch dann in Betracht, wenn eine persönliche Schuld freiwillig übernommen worden sei oder auf einer ausdrücklichen Anordnung des Gesetzgebers beruhe. Das sei vorliegend nicht gegeben. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin hafte die Wohnungseigentümergemeinschaft grundsätzlich für Grundbesitzabgaben nicht mehr gesamtschuldnerisch. Auch das Bundesverwaltungsgericht verlange eine ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers i. S. d. Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Es sei eine Frage des Einzelfalls, ob sich tatsächlich aus einer bestimmten kommunalen Gebührensatzung eine gesamtschuldnerische Haftung von Wohnungseigentümern ergebe. Vorliegend sei das bzgl. der drei Gebührensatzungen der Antragsgegnerin nicht der Fall. § 7 Abs. 1 und 3 AbfGebS konstituiere gerade nicht die persönliche Haftung des einzelnen Wohnungseigentümers, sondern setze sie bereits voraus. Die Frage, ob der einzelne Wohnungseigentümer im Lichte der Rechtsprechung des BGH überhaupt persönlich gebührenpflichtig sei, werde damit nicht geklärt. In Anspruch genommen werde die gebührenpflichtige Leistung der Antragsgegnerin gerade nicht von jedem einzelnen Wohnungseigentümer, sondern von der Wohnungseigentümergemeinschaft im Ganzen. Entsprechendes gelte für § 4 Abs. 1 KanalGebS, denn in dieser Bestimmung würden Wohnungseigentümer gar nicht ausdrücklich genannt. Sie seien deshalb keine Eigentümer i. S. dieser Norm. Sie seien auch keine Nießbraucher oder wirtschaftlichen Eigentümer i. S. v. § 39 Abgabenordnung (AO). Wohnungseigentümer würden von dieser Bestimmung also nur erfasst, wenn sie als zur Nutzung des Grundstücks dinglich Berechtigte anzusehen wären. Wohnungseigentümer i. S. d. Wohnungseigentumsgesetzes seien jedoch allenfalls als partiell zur Nutzung des Grundstücks dinglich Berechtigte anzusehen. Die sich aus der Wohnungseigentümerstellung ergebenden Rechte räumten den einzelnen Wohnungseigentümern kein uneingeschränktes Nutzungsrecht an dem betreffenden Grundstück ein. Die Rechte eines jeden einzelnen Wohnungseigentümers beschränkten sich vielmehr auf das ihm zugewiesene Wohnungseigentum einschließlich evtl. Sondernutzungsrechte. Bzgl. sämtlicher übrigen Wohnungseigentums- oder Teileigentumseinheiten sei ihm gerade kein Nutzungsrecht zugewiesen. Entsprechendes gelte erst recht bzgl. § 6 Abs. 1 StrRS. Das Fehlen der konstitutiven Regelungen in den Satzungen der Antragsgegnerin verwundere auch nicht, denn sie stammten sämtlich aus der Zeit vor der Rechtsprechung des BGH. Die Antragsgegnerin habe es versäumt, diese Satzungen entsprechend anzupassen.
Die Antragsgegnerin könne sich auch nicht auf § 44 Abs. 1 AO i. V. m. § 11 Abs. 1 Nr 2 b Nds. Kommunalabgabengesetz (NKAG) berufen. Diese Regelung stelle keinesfalls konstitutiv eine gesamtschuldnerische Haftung (sei es von Wohnungseigentümern oder anderen Personen) fest, sondern regele einzig und allein, wie zu verfahren sei, wenn mehrere Personen nebeneinander hafteten. Die Frage, ob überhaupt mehrere Personen nebeneinander hafteten, werde von dieser Vorschrift nicht berührt.
Seine Inanspruchnahme widerspreche im Übrigen dem Gleichheitsgrundsatz und dem Äquivalenzprinzip. Auch liege eine Unbilligkeit nach § 227 AO vor.
Schließlich habe die Vollziehung des Bescheides für ihn eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge. Eine freiwillige oder erzwungene Zahlung i. H. v. von inzwischen etwa 60.000,00 Euro für ein Objekt, mit dem keine Einkünfte zu erzielen seien, würde zur Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz führen und ihm damit einen Schaden zufügen, der über die mit der Zahlung verbundenen Nachteile weit hinaus gehe und deshalb auch durch eine künftige Rückerstattung nicht wieder gut zu machen sei. Er sei nicht in der Lage, diesen Betrag aus liquiden Mitteln zu bezahlen. Vertretbare Bedingungen für einen entsprechenden Bankkredit erhalte er auch nicht. Seine Kreditlinien seien bereits ausgeschöpft. Eine Zwangsvollstreckung würde dazu führen, dass er gezwungen wäre, eine eidesstattliche Versicherung abzugeben. Außerdem würden die finanzierenden Banken bestehende Darlehensverträge kündigen und Darlehensverbindlichkeiten sofort fällig stellen. Nach der Insolvenz wäre dann seine wirtschaftliche Existenz restlos vernichtet.
Er sei zur Abwendung schlimmerer Nachteile geradezu gezwungen, weitere Wohnungen in dem Objekt von der Firma J. zu erwerben. Diese schulde der Wohnungseigentümergemeinschaft rund 78.000,00 Euro aus titulierten und noch einmal einen gleich hohen Betrag aus nicht titulierten Forderungen zzgl. Zinsen. Es sei nicht zu erwarten, dass von dort Geld gezahlt werde. Er stehe in Verhandlungen mit der Bank, um den Übergang von 42 Wohnungen von der J. GmbH auf ihn zu erlangen. Diese könne er dann vermieten, Einnahmen erzielen und Rückstände abtragen. Wenn er bisher Teilzahlungen angeboten habe, so sei dies Gegenstand der außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen gewesen und habe dazu dienen sollen, ihm den Kauf der Wohnungen zu ersparen. Die Antragsgegnerin habe jedoch kein Entgegenkommen gezeigt.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 2. Oktober 2006 (3 A 393/06) anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf den angefochtenen Bescheid und führt ergänzend aus, der Antragsteller wolle von dem Objekt H. weg 20/20a weitere 42 Wohnungen erwerben. Nach eigenem Bekunden wäre er auch finanziell zur Leistung monatlicher Teilzahlungen wirtschaftlich im Stande. Sein Vortrag zur wirtschaftlichen Härte bzw. Existenzvernichtung entbehre damit der Grundlage. Im Übrigen entsprächen die Formulierungen in den Satzungen dem Üblichen und gäben die bis in die Gegenwart geltende Rechtslage wieder. Satzungsänderungen seien nicht veranlasst gewesen. Auch Wohnungseigentümer seien Eigentümer bzw. Grundstückseigentümer i. S. d. kommunalen Normen zur Schuldnerschaft. Die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft i. S. d. BGH-Rechtsprechung mindere nicht die Eigentümereigenschaft im Rechtssinne.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte im Übrigen Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
II.
Der gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 6 VwGO zulässige Antrag auf Aussetzung der Vollziehung setzt gemäß § 80 Abs. 5 i. V. m. Abs. 4 S. 3 VwGO voraus, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder dass die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Dabei rechtfertigen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur dann, wenn aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsmittelführers im Hauptverfahren wahrscheinlicher als sein Unterliegen ist (vgl. OVG Münster, Beschlüsse vom 17.03.1994 - 15 B 3022/93 -, in NWVBl. 1994, 337, und vom 12.10.2001 - 15 B 1318/01 -; VG Göttingen, Beschluss vom 14.03.2005 - 3 B 27/05 -). Bei der auf dieser Grundlage durchzuführenden gerichtlichen Prüfung des Streitstoffes sind vornehmlich solche Einwände zu berücksichtigen, die der Rechtsschutzsuchende selbst gegen die Rechtmäßigkeit der Heranziehungsbescheide geltend macht, es sei denn, dass sich sonstige Mängel bei summarischer Prüfung als offensichtlich darstellen. Ferner können weder aufwändige Tatsachenfeststellungen getroffen werden noch sind schwierige Rechtsfragen abschließend zu klären. Soweit es dabei um die Anwendbarkeit der den angefochtenen Bescheiden zugrunde liegenden Abgabensatzung geht, ist in aller Regel von ihrer Wirksamkeit als Rechtsnorm auszugehen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich die Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit der Satzung bei summarischer Prüfung geradezu aufdrängen (VG Göttingen, Beschluss vom 04.02.2005 - 3 B 354/04 -). Dieselben Grundsätze gelten für die Prüfung der kalkulatorischen Grundlagen von satzungsrechtlich festgelegten Abgabensätzen.
Die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (3 A 393/06) sind vorliegend nicht erfüllt.
Anhaltspunkte, aus denen sich eine unbillige Härte für den Antragsteller ergeben könnte, hat dieser weder substantiiert vorgetragen noch gar glaubhaft gemacht. Mögliche Schwierigkeiten des Antragstellers, im Innenverhältnis der Miteigentümer einen Ausgleich zu erhalten sind in diesem Zusammenhang unerheblich (OVG Münster, Beschluss vom 09.06.2005 - 9 A 1150/03 -, S. 16 UA).
Entgegen der Auffassung des Antragstellers erscheint nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand bei summarischer Prüfung in diesem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes seine Heranziehung als Gesamtschuldner im angefochtenen Bescheid durch die Antragsgegnerin offensichtlich rechtmäßig.
Nach dem Beschluss des Bundesgerichtshofs (vom 02.06.2005 - V ZB 32/05 -, BGHZ 163, 157 - 180: die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist rechtsfähig, soweit sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt; neben der Haftung der teilrechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft kommt eine akzessorische gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer nur in Betracht, wenn sich diese neben dem Verband klar und eindeutig auch persönlich verpflichtet haben) hat das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 11.11.2005 - 10 B 65.05 -, NJW 2006, 791) für das öffentliche Gebührenrecht klargestellt, dass bei Grundbesitzabgaben, die als Forderungen gegen die einzelnen Wohnungseigentümer gerichtet sind, aber gesamtschuldnerisch anfallen, die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft die Geltung einer im kommunalen Abgabenrecht statuierten gesamtschuldnerischen Haftung der Wohnungseigentümer für Grundbesitzabgaben nicht hindert. Sofern der BGH für die Begründung einer Haftung neben dem Verband entweder die Übernahme einer persönlichen Schuld oder „eine ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers“ verlangt, steht gerade dies einer Veranlagung der einzelnen Wohnungseigentümer, die im kommunalen Abgabenrecht verankert ist, nicht entgegen (vgl. BVerwG, aaO.). So hat bereits mit Urteil vom 4. Oktober 2005 der VGH Mannheim (- 2 S 995/05 -, ZMR 2006, 818) zutreffend entschieden, dass Teileigentümer Miteigentümer des Grundstücks sind und dies auch die grundstücksbezogene Anknüpfung bzgl. ihrer Gebührenschuld rechtfertigt. Abzuweichen wäre davon dann, wenn dem Kommunalabgabenrecht eine Sonderbestimmung für Wohneigentum oder Teileigentum zu entnehmen wäre. Dies ist (auch für Niedersachsen) ersichtlich für das Gebühren recht nicht der Fall.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist nach sämtlichen hier betroffenen Satzungen die dort jeweils gefundene Regelung über die gesamtschuldnerische Haftung der jeweiligen (Grundstücks-)Eigentümer i. S. d. vorgenannten Erfordernisse ausreichend (§ 7 Abs. 1 und 3 AbfGebS, §§ 6 Abs. 1, 1 Abs. 2 und 3 StrRS, § 4 Abs. 1 KanalGebS). Gebührenschuldner ist damit der in diesen Bestimmungen genannte Personenkreis. Das ist der Grundstückseigentümer, dem der Miteigentümer, Wohnungseigentümer und derjenige gleichsteht, der sonst an dem Grundstück dinglich zur Nutzung berechtigt ist, insbesondere der Erbbauberechtigte oder Nießbraucher.
Nach § 5 Abs. 1 Nds. Kommunalabgabengesetz (NKAG) können die Gemeinden und Landkreise für die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen Benutzungsgebühren erheben. Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 NKAG werden kommunale Abgaben aufgrund einer Satzung erhoben, die nach Satz 2 dieser Vorschrift u. a. den Kreis der Abgabenschuldner bestimmen soll. § 5 Abs. 6 S. 2 NKAG erlaubt ausdrücklich, dass die Satzungen bei Gebühren für grundstücksbezogene Leistungen auch die Eigentümer von Grundstücken zu Gebührenpflichtigen bestimmen. Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 b NKAG sind u. a. die Bestimmungen der §§ 37 bis 50 Abgabenordnung (AO) über das Abgabenschuldverhältnis sinngemäß anzuwenden, mithin auch die des § 44 AO. Nach § 44 Abs. 1 S. 1 AO sind Personen Gesamtschuldner, die nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Abgabenschuldverhältnis schulden. Dies ist bei dem Antragsteller als Teileigentümer eines Grundstücks (vgl. § 1 Wohnungseigentumsgesetz - WEG -) der Fall.
In diesem Zusammenhang hat der VGH Mannheim (Urteil vom 04.10.2005, aaO., und Juris, Rn. 23 - 25) zutreffend ausgeführt:
„Wohnungseigentum ist das Sondereigentum an einer Wohnung, Teileigentum das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen und zwar jeweils in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört (§ 1 Abs. 2 und 3 WEG). Zu dem gemeinschaftlichen Eigentum gehört namentlich das Grundstück, auf dem die Räume errichtet sind (§ 1 Abs. 5 WEG). Mehrere Wohnungs- bzw. Teileigentümer sind dementsprechend Miteigentümer an diesem Grundstück. In dieser Eigenschaft sind daher Teileigentümer auch nach den o.a. satzungsrechtlichen Vorgaben Gebührenschuldner.
Vom Verwaltungsgericht wird nicht in Frage gestellt, dass die Abwasserentsorgung eine grundstücksbezogene Leistung der Entsorgungseinrichtung der Beklagten ist (dazu auch Seeger/Gössl, Kommunalabgabengesetz Bad.-Württ., Mai 2005, § 9 Erl. 9). Ist der Grundstückseigentümer deshalb (unmittelbar oder mittelbar) Benutzer der öffentlichen Einrichtung, darf er auch als Gebührenschuldner bestimmt werden (allg. Ansicht, vgl. nur Senat, Urteil vom 20.9.1982 - 2 S 1926/81 -, KStZ 1983, 36; NK-Beschl. vom 8.6.1983 - 2 S 2117/82 -, BWGZ 1983, 644; Scholz in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Sept. 2002, § 6 RdNr. 615). Dies gilt selbst dann, wenn er das angeschlossene Grundstück nicht selbst nutzt, denn auch dann lässt er sich jedenfalls durch die öffentliche Einrichtung von der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Ver- und Entsorgung seines Grundstücks freistellen (so Scholz, a.a.O.).
Miteigentümer schulden die Gebühr dann gesamtschuldnerisch, wenn sie - wie § 44 Abs. 1 Satz 1 AO verdeutlicht - "nebeneinander" dieselbe Leistung schulden. Dies ist dann der Fall, wenn die Grundstückseigentümer mit Blick auf die Gebührenschuld eine rechtliche Zweckgemeinschaft bilden, wie sie vor allem durch die willentlich gemeinsame Nutzung der öffentlichen Einrichtung zum Ausdruck kommt (dazu VGH Bad.-Württ., NK-Urt. vom 7.2.1994, VBlBW 1995, 15). Mehrere Miteigentümer eines Grundstücks nehmen die gebotene grundstückbezogene Leistung einer öffentlichen Einrichtung regelmäßig willentlich gemeinsam in Anspruch und sie sind daher in diesem Fall auch regelmäßig Gesamtschuldner. Diese willentlich gemeinsame Nutzung ist insbesondere dann gegeben, wenn - wie hier beim Grundstück des Klägers - lediglich ein einziger Anschluss an die öffentliche Einrichtung für das im gemeinsamen Eigentum stehende Grundstück vorhanden ist (vgl. auch BayVGH, Urt. vom 28.10.1996, 23 B 93.00006 <juris>, NVwZ 1997, 820 (nur LS); OVG Saarland, Beschl. vom 20.3.1992, KStZ 1992, 234). Wohnungs- und Teileigentum mögen in ihrer Ausformung als Sondereigentum (§ 1 Abs. 2 und 3 WEG) ohne ausdrückliche besondere Regelung (vgl. etwa § 2 Nr. 2 GrStG; ferner VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.1.1991 - 14 S 2345/89 -) keinen unmittelbaren Bezug zum Grundstück haben, jedenfalls weisen sie diesen aber durch den mit dem Sondereigentum zwingend verbundenen Miteigentumsanteil an dem gemeinsamen Grundstück auf. Mit Blick darauf sind Teileigentümer deshalb Miteigentümer des Grundstücks, und dies rechtfertigt auch die grundstücksbezogene Anknüpfung bezüglich ihrer Gebührenschuld. Abzuweichen wäre davon dann, wenn dem Kommunalabgabenrecht eine Sonderbestimmung für Wohn- oder Teileigentum zu entnehmen wäre. Dies ist ersichtlich für das Gebührenrecht aber nicht der Fall (anders etwa die Bestimmung in § 10 Abs. 5 KAG a.F. bzw. § 21 Abs. 2 Satz 2 KAG n.F. und auch in § 134 BauGB).“
In Niedersachsen bestimmt etwa § 6 Abs. 8 S. 3 NKAG a. F. für die Beitragserhebung der Gemeinden, dass mehrere Beitragspflichtige als Gesamtschuldner haften; bei Wohnungs- und Teileigentum sind nach dieser Bestimmung jedoch die einzelnen Wohnungs- und Teileigentümer nur entsprechend ihrem Miteigentumsanteil beitragspflichtig. An einer solchen Regelung fehlt es vorliegend für die streitbefangenen grundstücksbezogenen Benutzungsgebühren.
In diesem Zusammenhang muss der für die Gesamtschuld maßgebliche Anknüpfungspunkt - die (willentlich) gemeinsame Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung durch alle Miteigentümer des Grundstücks - beachtet werden. Sie richtet sich - soweit wie hier das maßgebliche Abgabenrecht eine Aussage hierzu nicht trifft - nach dem Recht der Einrichtung, um die es geht. Ist nach ihm die gemeinsame Inanspruchnahme festzustellen, verbietet sich dann auch, den Unterschieden im Umfang der jeweiligen Miteigentums- und/oder Sondereigentumsanteilen Rechnung zu tragen. Denn dem Wesen der Gesamtschuld entsprechend (§ 44 AO übernimmt den Rechtsgedanken des § 421 BGB) steht es dem Gläubiger frei, die Leistung ganz oder auch nur zu einem Teil von dem einen oder dem anderen oder von allen Schuldnern zu fordern (vgl. dazu und zum Folgenden: VGH Mannheim, Urteil vom 04.10.2005, aaO., Rn. 28-30 m.w.N.).
Die gemeinsame Inanspruchnahme z. B. der Abwasserentsorgungseinrichtung wird weder durch getrennte Frischwasserzähler noch durch das Teileigentum jedenfalls dann in Abrede zu stellen sein, wenn lediglich eine Entsorgungsleitung für das Gesamtgrundstück vorhanden ist (OVG Saarland, Beschl. vom 20.3.1992, aaO., m.w.N.). Diese Abwasserleitung steht im Miteigentum aller Teileigentümer und sie dient ihnen auch gemeinsam, was die Annahme der gemeinsamen Inanspruchnahme der Entsorgungseinrichtung der Antragsgegnerin trägt. Ist damit auch ein Teileigentümer Gesamtschuldner, so widerspricht es auch nicht dem Wesen der Gebühren, ihn für die im Zusammenhang mit dem Grundstück erbrachte Leistung insgesamt in Anspruch zu nehmen. Dies entspricht im Übrigen auch der Verwaltungspraktikabilität. Entsprechendes gilt für die Straßenreinigung und Abfallsammelcontainer. Der Antragsteller wird demnach zu Recht als Gesamtschuldner für die durch den angefochtenen Bescheid erhobenen Grundbesitzabgaben in Anspruch genommen.
Aus dem Umstand, dass der Wohnungseigentümergemeinschaft (und damit auch der Teileigentümergemeinschaft) eine eigene (Teil-)Rechtsfähigkeit zukommen kann (dazu BGH, Beschl. vom 02.06.2005, aaO.), folgt hier nichts Abweichendes. Denn die Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft ist beschränkt auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und schließt eine akzessorische gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer nicht aus, wenn diese sich auch persönlich verpflichtet haben (so BGH, Beschluss vom 2.6.2005, aaO.). Ob dies hier der Fall ist, kann offen bleiben. Anders als bei der BGB-Gesellschaft, die - da rechtsfähig - (Allein-)Eigentümerin eines Grundstücks ist, während ihre Gesellschafter weder Allein- noch Miteigentümer sind, ist durch die (Teil-)Rechtsfähigkeit der Wohnungs- bzw. Teileigentümergemeinschaft die Eigentümerstellung der Wohnungs- bzw. Teileigentümer nicht berührt, sie darf daher weiter Anknüpfung der gesamt-schuldnerischen Haftung sein, wie sie durch die Abgabenordnung gesetzlich vorgegeben ist. § 16 Abs. 2 WEG regelt seinem Wortlaut nach bereits nicht den Fall der öffentlich-rechtlichen Gebührenschuldnerschaft, wenn dort die Verpflichtung jeden Wohnungseigentümers gegenüber dem anderen Wohnungseigentümer, mithin also lediglich deren Innenverhältnis angesprochen wird (so VGH Mannheim, Urteil vom 05.10.2005, aaO., Rn. 30, mit Hinweis auf Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 16 Rn. 1 ff. und 39). Im vorliegenden Fall geht es demgegenüber um Außenrechtsbeziehungen zwischen Grundstücks(mit)eigentümern und der Antragsgegnerin als Trägerin der öffentlichen Einrichtungen „Abwasserentsorgung“, „Straßenreinigung“ und Abfallentsorgung“.
Soweit in der seit dem 1. Juli 2007 geltenden Neufassung des Wohnungseigentumsgesetzes (Gesetz vom 26.03.2007. BGBl. I S. 370) in § 10 Abs. 6 WEG n. F. die Teilrechtsfähigkeit gesetzlich normiert und in § 10 Abs. 8 WEG n. F. bestimmt wird, dass jeder Wohnungseigentümer einem Gläubiger nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer haftet, die während seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft entstanden oder während dieses Zeitraums fällig geworden sind, ändert dies an der vorherigen rechtlichen Beurteilung nichts. Das Wohnungseigentumsgesetz, das in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fällt, regelt allein die zivilrechtlichen Verhältnisse der Wohnungseigentümer bzw. ihrer Wohnungseigentumsgemeinschaft. Soweit kommunale Benutzungsgebühren betroffen sind, steht die Gesetzgebungskompetenz allein den Ländern zu, so dass allein deshalb bereits ohne ausdrückliche gesetzliche Verweisung im Landesrecht eine entsprechende Anwendung dieser Bestimmungen für öffentliche kommunale Abgaben ausscheidet. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass dies vor In-Kraft-Treten der Neufassung des WEG infolge der zivilrechtlichen Entscheidung des Bundesgerichtshof über die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft anders gewesen sein sollte, sind nicht ersichtlich. Genauso wenig bestand oder besteht für die Antragsgegnerin aufgrund der geänderten Rechtsprechung des BGH die Verpflichtung, ihre Satzungen neu zu beschließen oder gar zu ändern, denn - wie gezeigt - diese geänderte Rechtslage betrifft die hier streitbefangenen öffentlichen Abgaben gerade nicht.
Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass - wie vom Antragsteller ohne Substantiierung behauptet - Gleichheitsgrundsatz oder Äquivalenzprinzip verletzt seien, hat die Kammer nicht.
Abgesehen davon, dass das Erlassverfahren gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 5 a NKAG i. V. m. § 227 AO einen gesonderten Antrag bei der Antragsgegnerin erfordert, sind nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand keine Anhaltspunkte für das Vorliegen der Voraussetzungen ersichtlich. An einer entsprechenden Glaubhaftmachung fehlt es vollständig.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 3 GKG, wobei die Kammer in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes regelmäßig von einem Wert i. H. v. ¼ des angeforderten Betrages (hier: 57.492,38 Euro) ausgeht.