Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 11.03.2021, Az.: 8 U 215/20

Widerruf eines Darlehensvertrages; Wirksamkeit einer Widerrufsbelehrung; Fehlen des Musterschutzes; Verfristeter Widerruf

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
11.03.2021
Aktenzeichen
8 U 215/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 49789
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Oldenburg - AZ: 3 O 1179/20

In dem Rechtsstreit
AA, Ort1,
Kläger und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte:
(...),
Geschäftszeichen: (...)
gegen
BB Bank S. A., Niederlassung Deutschland, vertreten durch den Generaldirektor CC, Ort2,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
(...),
Geschäftszeichen: (...)
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht (...), die Richterin am Amtsgericht (...) und den Richter am Oberlandesgericht (...)
am 11. März 2021
beschlossen:

[Gründe]

I.

Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Hinweisbeschluss und Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Berufung unter Kostengesichtspunkten binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses.

II.

Der Senat lässt sich bei seiner Absicht, nach § 522 Abs. 2 ZPO zu verfahren, von folgenden Überlegungen leiten:

Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.

Die Berufung, mit der der Kläger sein Klagebegehren weiterverfolgt, das er auf den Widerruf eines im Juli 2018 beantragten Darlehens zur Finanzierung eines Fahrzeugkaufs stützt, hat auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Die Klage ist unbegründet, weil der Kläger seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärungen nicht wirksam widerrufen hat. Dem Kläger stand zwar bei Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags ein Widerrufsrecht nach § 495 Abs. 1, § 355 Abs. 1 BGB zu. Das Landgericht ist jedoch zutreffend davon ausgegangen, dass die Widerrufsfrist zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung am 8. Februar 2020 bereits verstrichen war. Denn dem Kläger wurde bei Vertragsschluss eine für ihn bestimmte Abschrift des Darlehensantrags (§ 356b Abs. 1 BGB) zur Verfügung gestellt, und die ihm zur Verfügung gestellten Urkunden enthielten alle für die Ingangsetzung der Widerrufsfrist erforderlichen Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB. Damit lief die 14-tägige Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2, § 356b Abs. 1, 2 BGB mit dem Vertragsschluss an. Die dagegen von dem Kläger mit der Berufungsbegründung vorgebrachten Argumente sind nicht stichhaltig.

1. Entgegen der Auffassung des Klägers weist der Vertrag die nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB zu erteilenden Pflichtangaben hinsichtlich der Art des Darlehens auf. Aus den auf der ersten Seite des Darlehensvertrages enthaltenen Angaben ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass es sich um einen befristeten Darlehensvertrag handelt, der durch 48 Monatsraten in gleichbleibender Höhe und eine erhöhte Schlussrate zu tilgen ist. Weitere Angaben - auch die hier vom Kläger geforderte Bezeichnung als Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag - sind nicht erforderlich (vgl. MüKoBGB/Weber, 8. Aufl. 2021, Art. 247 § 3 EGBGB Rn. 4 mwN; BT-Drs. 16/11643, S. 123).

2. Die Beklagte hat auch gemäß § 492 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB hinreichend über den Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner etwaigen Anpassung unterrichtet.

Die Informationen über den Verzugszinssatz werden auf der dritten Seite des Darlehensvertrages in den Darlehensbedingungen unter der Überschrift "II. Rückzahlung, Zahlungsverzug" erteilt. Einer Angabe des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden konkreten Prozentsatzes oder des zu diesem Zeitpunkt geltenden Basiszinssatzes bedarf es wegen der halbjährlichen Veränderbarkeit des Basiszinssatzes und der damit verbundenen Bedeutungslosigkeit des Verzugszinssatzes beziehungsweise Basiszinssatzes bei Vertragsschluss nicht (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2019 - XI ZR 650/18, juris, Rn. 52).

3. Gemäß § 492 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB gehört zu den vorgeschriebenen Pflichtangaben, von deren Erteilung der Beginn der Widerrufsfrist abhängt, auch das "einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags". Dessen bedurfte es hier aber nicht, weil die Laufzeit des hier in Rede stehenden Darlehensvertrags auf 49 Monate befristet war. Die Informationspflicht des Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB hinsichtlich der dem Darlehensnehmer zustehenden Kündigungsrechte ist jedoch, anders als der Kläger meint, nach Systematik, Sinn und Zweck auf das nur bei unbefristeten Darlehensverträgen anwendbare verbraucherdarlehensspezifische Kündigungsrecht aus § 500 Abs. 1 BGB beschränkt (BGH, Urteil vom 5. November 2019 - XI ZR 650/18, Rn. 29 ff.).

4. Entgegen der Auffassung des Klägers sind die Pflichtangaben zur Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung (§ 492 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB) unter Punkt III 3 der Darlehensbedingungen nicht fehlerhaft (vgl. dazu BGH, Urteil vom 5. November 2019 -XI ZR 650/18, Rn. 44 ff.).

Abgesehen davon kann sich der Kläger auch deshalb nicht mit Erfolg auf Fehler der Pflichtangaben zur Berechnungsweise der Vorfälligkeitsentschädigung berufen, weil etwaige Fehler das Anlaufen der 14-tägigen Widerrufsfrist nicht berühren würden (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juli 2020 - XI ZR 288/19, Rn. 25 ff.).

5. Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand des Klägers, die Widerrufsfrist würde nicht anlaufen, da die Beklagte ihm keine Vertragsurkunde oder sonstige Urkunde zur Verfügung gestellt habe, die den Anforderungen des § 356b Abs. 1 BGB genügt. Das Anlaufen der Widerrufsfrist setzt lediglich voraus, dass der Verbraucher ein Exemplar des Vertragsformulars erhält, das nach seiner Unterschriftleistung die Vertragserklärung dokumentiert. Dieses Vertragsexemplar ist dem Kläger unstreitig ausgehändigt worden. Es ist gerade nicht erforderlich, dass das dem Verbraucher überlassene Exemplar seine Unterschrift trägt (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 2018 -XI ZR 160/17, Rn. 30; OLG Stuttgart, Urteil vom 28. Mai 2019 - 6 U 78/18, Rn. 43; BeckOK BGB/Müller-Christmann, § 356b Rn. 4).

6. Ebenfalls unbegründet ist der Einwand des Klägers, dass der in der Widerrufsinformation enthaltene Hinweis auf die Pflicht, das Darlehen binnen 30 Tagen nach Widerruf zurückzuzahlen, fehlerhaft sei. Dieser Hinweis ist weder inhaltlich fehlerhaft noch irreführend. Vielmehr entspricht die Widerrufsinformation in diesem Punkt der Muster-Widerrufsinformation gemäß Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB.

a) Der Hinweis auf eine Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehens ist auch nicht unzutreffend (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 28. Mai 2019 - 6 U 78/18, juris, Rn. 50 ff.; Urteil vom 26. November 2019 - 6 U 50/19, juris, Rn. 49 f.; aA LG Ravensburg, Urteil vom 30. Juli 2019 - 2 O 90/19, juris, Rn. 37 ff. mwN). Denn auch im hier vorliegenden Fall verbundener Verträge besteht im Ausgangspunkt eine Verpflichtung des Darlehensnehmers zur Rückzahlung des Darlehens. Dies entspricht dem gesetzlichen Konzept, wonach der Verbund nicht grundsätzlich etwas an der rechtlichen Trennung von Darlehensvertrag und finanziertem Geschäft ändert, sondern gemäß § 358 Abs. 4 Satz 5 BGB lediglich im Rahmen der Rückabwicklung der Darlehensgeber in die Position des Unternehmers des finanzierten Geschäfts eintritt (vgl. MüKoBGB/Habersack, 8. Aufl. 2019, § 358 Rn. 30). Dementsprechend ist nach dem Gestaltungshinweis 5b der Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB der Verbraucher bei einem verbundenen Vertrag nach § 358 BGB auch darüber zu informieren, dass im Hinblick auf das verbundene Geschäft die beiderseitigen Leistungen zurückzugewähren sind. Diese Sichtweise steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Rechtsfolgen des Widerrufs eines zur Finanzierung eines verbundenen Geschäfts im Sinne des § 358 BGB dienenden Darlehensvertrages. Danach werden die Ansprüche des Darlehensnehmers gegen den Unternehmer auf Rückzahlung des aus dem Darlehen finanzierten Entgelts mit den Ansprüchen der darlehensgewährenden Bank verrechnet (vgl. BGH, Urteil vom 3. März 2016 - IX ZR 132/15, BGHZ 209, 179, Rn. 30 mwN). Auch dem liegt die Beurteilung zugrunde, dass die jeweiligen Ansprüche im Ausgangspunkt bestehen; andernfalls könnte keine "Verrechnung" erfolgen (OLG Stuttgart, Urteil vom 28. Mai 2019, aaO, Rn. 52).

b) Die Widerrufsinformation wird auch nicht dadurch fehlerhaft, dass im Rahmen der Information zu den Widerrufsfolgen auf eine Verpflichtung des Verbrauchers zur Zahlung von Sollzinsen für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung der Darlehensvaluta hingewiesen wird. Vielmehr gibt dieser Hinweis die bestehende Rechtslage zutreffend wieder: Der Anspruch des Darlehensgebers auf Zahlung des vereinbarten Sollzinses für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens ergibt sich außerhalb des Verbundes ausdrücklich aus § 357a Abs. 3 S. 1 BGB und besteht auch im Verbund, indem § 358 Abs. 4 BGB für die Rechtsfolgen des Widerrufs im Verbund unter anderem auf § 357a BGB und damit auf den Zinsanspruch des § 357a Abs. 3 Satz 1 BGB verweist (OLG Stuttgart, Urteil vom 26. November 2019 - 6 U 50/19, juris, Rn. 51 f.). Soweit § 358 Abs. 4 Satz 4 BGB Ansprüche des Darlehensgebers auf Zinsen und Kosten "im Falle des Absatzes 1" ausschließt, geht es vorliegend gerade nicht um einen Fall des § 358 Abs. 1 BGB, der den Widerruf des verbundenen Geschäfts betrifft, sondern um den Widerruf des Darlehensvertrages und damit um den Fall des § 358 Abs. 2 BGB.

7. Zu den Pflichtangaben gehört nach § 492 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB die Erteilung einer ordnungsgemäßen Widerrufsinformation. Insoweit bleibt der Einwand des Klägers, die Widerrufsinformation enthalte eine unzulässige Kaskadenverweisung ("Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z.B. ...) erhalten hat."), im Ergebnis ohne Erfolg.

a) Allerdings hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass Art. 10 Abs. 2 Buchst. p der Richtlinie 2008/48/EG (Verbraucherkreditrichtlinie) dahin auszulegen ist, dass er dem entgegensteht, dass ein Kreditvertrag hinsichtlich der in Art. 10 der Richtlinie genannten Angaben auf eine nationale Vorschrift verweist, die selbst auf weitere Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats verweist (EuGH, Urteil vom 26. März 2020 - Rs. C-66/19, Rn. 49).

Außerdem hat der Bundesgerichtshof durch Urteile vom 27. Oktober 2020 (XI ZR 498/19 und XI ZR 525/19; jeweils Rn. 16) im Hinblick auf Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge seine Rechtsprechung aufgegeben, nach der der Verweis auf § 492 Abs. 2 BGB mit Gesetzesrang als eine klare und verständliche Gestaltung der Information über die Voraussetzungen für das Anlaufen der Widerrufsfrist vorgegeben ist und eine entgegenstehende richtlinienkonforme Auslegung ausscheidet (so noch BGH, Beschluss vom 19. März 2019 - XI ZR 44/18, Rn. 16 f.).

b) Der Beklagten ist es im Streitfall auch verwehrt, sich auf die Gesetzlichkeitsfiktion gemäß Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB zu berufen, weil in der hier von der Beklagten verwendeten Widerrufsinformation - entgegen dem Gestaltungshinweis 2a zu dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB - tatsächlich vom Kläger nicht abgeschlossene Verträge (Beitritt zum Gruppenversicherungsvertrag der Restkreditversicherung; Beitritt zum Gruppenversicherungsvertrag der Differenzkaskoversicherung; Garantievereinbarung; Vertrag über DD - Serviceleistungen) als verbundene Verträge aufgeführt sind (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 - XI ZR 498/19, Rn. 17 ff.).

c) Der Kläger kann sich aber nicht auf das Fehlen des Musterschutzes berufen. Dem steht der von Amts wegen zu prüfende (vgl. BeckOK BGB/Sutschet, 57. Ed. 1.2.2021, § 242 Rn. 176 mwN) Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) entgegen.

aa) Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung. Eine solche Beschränkung eines Rechts kann sich unter anderem im Falle einer missbräuchlichen Ausnutzung einer formalen Rechtsstellung ergeben. Welche Anforderungen sich daraus im Einzelfall ergeben, ob insbesondere die Berufung auf eine Rechtsposition rechtsmissbräuchlich erscheint, kann regelmäßig nur mit Hilfe einer umfassenden tatrichterlichen Bewertung der gesamten Fallumstände entschieden werden, wobei die Interessen aller an einem bestimmten Rechtsverhältnis Beteiligten zu berücksichtigen sind. Das Gericht kann bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 242 BGB auch solche Umstände berücksichtigen, die erst nach Erklärung des Widerrufs eingetreten sind, da insoweit auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 - XI ZR 498/19, Rn. 27; BGH, Urteil vom 7. November 2017 - XI ZR 369/16, Rn. 17; jeweils mwN).

bb) Gemessen an diesen Grundsätzen ist das Berufen des Klägers auf das Fehlen des Musterschutzes vorliegend als missbräuchliche Ausnutzung einer formalen Rechtsstellung anzusehen.

Denn dem Kläger wurde mit dem Darlehensantragsformular und dem Beratungsprotokoll vom 3. Juli 2018 (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 13. Juli 2020, Anlagenband Beklagte) auch der Beitritt zur Restkreditversicherung (RKV) und zur Differenzkaskoversicherung (GAP) angetragen. Dass entsprechende Beitritte nicht erfolgt sind, war für den Kläger durch das auf der ersten Seite des Darlehensvertrags unter Punkt VI zu den jeweiligen Produkten abgedruckte "NEIN" klar erkennbar. Auch im Hinblick auf die Garantievereinbarung und den Vertrag über DD-Serviceleistungen ergab sich aus dem Darlehensvertrag eindeutig, dass diese Verträge nicht abgeschlossen waren, weil auf der ersten Seite des Darlehensvertrages unter Punkt IV ("Angaben zum Verbraucherdarlehen") eventuelle Finanzierungsbeträge für die genannten Produkte - ebenso wie für die Restkreditversicherung (RKV) und die Differenzkaskoversicherung (GAP) - aufgeführt wurden und in den entsprechenden Zeilen jeweils ein Betrag von 0,00 € eingetragen war. Dem Kläger war auch bekannt, dass er die entsprechenden Verträge nicht abgeschlossen hat. Bei dieser Sachlage war es für ihn klar erkennbar, dass die Erstreckung der Gestaltungshinweise für verbundene Verträge gemäß Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB auf den Beitritt zum Gruppenversicherungsvertrag der Restkreditversicherung, den Beitritt zum Gruppenversicherungsvertrag der Differenzkaskoversicherung, die Garantievereinbarung und den Vertrag über DD-Serviceleistungen in seinem Fall überflüssig ist.

Trotz Kenntnis des Inhalts der von ihm nun gerügten Widerrufsinformation hatte der Kläger das Fahrzeug rund eineinhalb Jahre lang in Gebrauch, bevor er den Widerruf erklärte.

Den hier maßgeblichen, dem Kläger von Anfang an bekannten Umstand, dass in der verwendeten Widerrufsinformation tatsächlich nicht abgeschlossene Verträge als verbundene Verträge aufgeführt sind, hat der Kläger auch zunächst nicht ausdrücklich beanstandet, sondern erstmals mit der Replik vom 26. August 2020 (S. 29 = GA I 77) gerügt. In der Klageschrift (S. 17 ff. = GA I 10 ff.) hat der Kläger - konkret bezogen auf den Wortlaut der hier verwendeten Widerrufsinformation - lediglich geltend gemacht, dass es sich bei den ihm angebotenen Versicherungsverträgen um zusammenhängende Verträge nach § 360 BGB, nicht aber um verbundene Verträge (wie den Fahrzeug-Kaufvertrag) handele, auf den sich die Gestaltungshinweise 2a und 6a der Muster-Widerrufsinformation allein bezögen. Diese Rüge ist indessen unbegründet, denn der Beitritt zu den angebotenen Gruppenversicherungsverträgen wäre durch das Darlehen mitfinanziert worden, sodass es sich um verbundene Verträge gehandelt hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 31. März 2020 - XI ZR 198/19, juris, Rn. 8).

Außerdem hat der Kläger das Widerrufsrecht ausgeübt, um das Fahrzeug nach längerer bestimmungsgemäßer Nutzung zurückgeben zu können, ohne auch - was er zu Unrecht meint (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 - XI ZR 498/19, Rn. 30 ff.) - zum Wertersatz verpflichtet zu sein.

Ein konkretes schützenswertes Interesse des Klägers an der Rechtsausübung, das die aufgeführten, zur Annahme des Rechtsmissbrauchs führenden Aspekte (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 - XI ZR 498/19, Rn. 28) kompensieren könnte, ist nicht erkennbar. Aufgrund dessen stellt sich das Vorgehen des Klägers unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände als missbräuchliche Ausnutzung einer formalen Rechtsposition dar.

8. Entgegen der Auffassung des Klägers besteht kein Anlass zur Aussetzung des Verfahrens oder zur Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV. Der Rechtsstreit wirft keine Fragen auf, bei denen vernünftige Zweifel an der richtigen Anwendung von Unionsrecht bestünden (vgl. allgemein EuGH, Urteil vom 15. September 2005 - Rs. C-495/03, Rn. 33). Auch der Bundesgerichtshof hält, soweit er über die angesprochenen Fragen bereits entschieden hat, eine Vorlage nicht für geboten (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Februar 2020 - XI ZR 648/18, Rn. 12 ff.; Beschluss vom 26. Mai 2020 - XI ZR 372/19). Davon abgesehen ist der Senat auch deshalb nicht zur Vorlage verpflichtet, weil nur die letztinstanzlichen Gerichte unter den Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV von Amts wegen gehalten sind, den Gerichtshof der Europäischen Union anzurufen.