Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 28.06.2012, Az.: 5 B 2928/12

Genehmigung; laufendes Ermittlungsverfahren; persönliche Zuverlässigkeit; schwere Verstöße gegen abgabenrechtliche Pflichten; Steuerhinerziehung; Taxenkonzession; Taxiunternehmer; Unzuverlässigkeit

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
28.06.2012
Aktenzeichen
5 B 2928/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2012, 44439
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Eine Unzuverlässigkeit eines Taxiunternehmers nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 PBefG kann bereits während eines laufenden Ermittlungsverfahrens wegen Steuerhinterziehung anzunehmen sein, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit schwere Verstöße gegen abgabenrechtliche Pflichten begangen wurden.

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Erteilung einer Genehmigung für die Durchführung des Gelegenheitsverkehrs mit Taxen.

Der Antragsteller betreibt seit 2005 ein Taxengewerbe in Hannover. Er verfügte ursprünglich über eine Genehmigung zum Verkehr mit Taxen für die Taxe Nr. A. und erwarb in der Folgezeit drei weitere Genehmigungen durch Übertragung von anderen Unternehmern E.. Ab Anfang Juli 2007 war er Mitgesellschafter der F., die ein weiteres Taxenunternehmen betrieb und die Genehmigungen für die Taxen Nr. G. von anderen Unternehmen übernahm. Nach Ausscheiden des Mitgesellschafters H. aus der GbR im Juli 2009 wurden die Genehmigungen auf den Antragsteller übertragen. Dieser verfügte damit zuletzt über insgesamt 10 Genehmigungen zum Verkehr mit Taxen, von denen vier bis zum 29.12.2012 (Taxen Nr. I.) und sechs bis zum 30.04.2012 (Taxen Nr. G.) gültig waren.

Die Antragsgegnerin erhielt mit Schreiben vom 01.12.2011 die Mitteilung der Steuerfahndung des Finanzamts für Fahndung und Strafsachen Hannover (im Folgenden: Finanzamt), dass am 23.09.2011 gegen den Antragsteller und den früheren Mitgesellschafter H. ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung eingeleitet worden sei. Das Verfahren betreffe die Einkommensteuer nebst Solidaritätszuschlag für die Jahre 2005 bis 2009, die Gewerbesteuer für 2005 bis 2009, die Umsatzsteuer für 2005 bis 2009, für das I. - IV. Quartal 2010 und die Monate 01 bis 08/2011 (hier bezüglich der Umsatzsteuervoranmeldungen) und die Lohnsteuer für 2006 bis 2010 sowie die Monate 01 bis 08/2011. Es bestünden erhebliche Zweifel an der steuerlichen Zuverlässigkeit des Antragstellers, die Fahrzeuge würden bezüglich eventueller Tachomanipulationen überprüft.

Das Finanzamt hatte anhand von beschlagnahmten Unterlagen (insbesondere Rechnungen von Kfz-Werkstätten) festgestellt, dass die dort ausgewiesenen Kilometerstände der Fahrzeuge teils erheblich von den Wochen bzw. Monate vorher in anderen Rechnungen angegebenen abwichen, und zwar dergestalt, dass die später angegebenen Kilometerstände geringer waren als die früher angegebenen. Das Finanzamt beauftragte das Kriminaltechnische Institut des Landeskriminalamtes Niedersachsen mit der Überprüfung der beschlagnahmten Fahrzeuge des Antragsgegners. Aus einem der Antragsgegnerin übermittelten Untersuchungskurzbericht des Kriminaltechnischen Instituts vom 02.02.2012 ergeben sich hinsichtlich des Fahrzeugs J., einem Mercedes E 200 CDI, der erstmalig am 30.09.2010 auf den Antragsteller zugelassen wurde, folgende Erkenntnisse: Im Bereich der Armaturentafel wurden Demontagespuren festgestellt, was darauf hindeute, dass u.a. das Kombiinstrument und das elektronische Zündschloss (EZS) aus- und wieder eingebaut worden seien. Das Kombiinstrument zeigte einen Kilometerstand von 92.812 km an. Das EZS, welches mit einem eigenen Kilometerspeicher ausgestattet ist, wies hingegen einen Kilometerstand von 1.609.343 km auf. Die elektronische Steuerung des Dieselpartikelfilters, welche die Gesamtstrecke des Fahrzeugs bei der letzten Regeneration des Filters erfasst, gab die Gesamtwegstrecke mit 192.430 km an. Der Gutachter kam zu der Einschätzung, dass der Kilometerstand an dem Fahrzeug durch Eingriff in die Elektronik des Kombiinstruments geändert worden sei. Dies ergebe sich aus der Anzeige des EZS und der Steuerung des Dieselpartikelfilters. Für eine Manipulation sei es erforderlich, die Kommunikation zwischen dem Kombiinstrument und dem EZS zu unterbrechen. Das EZS setze bei einer solchen Unterbrechung seinen Speicher für die Laufleistung auf den Wert 1.600.000 km. Der Dieselpartikelfilter verfüge hingegen über einen eigenen Speicher. Auf Nachfrage der Antragsgegnerin erläuterte der Gutachter zu der Anzeige des EZS, dass es sich bei dem Wert von 1.609.343 km nicht um einen echten Kilometerstand handele, sondern um eine Art Fehlermeldung bzw. einen Hinweis darauf, dass eine Manipulation stattgefunden habe. Ergebnisse der Begutachtung der übrigen Fahrzeuge liegen noch nicht vor.

Am 09.01.2012 beantragte der Antragsteller die Verlängerung der bis zum 29.02.2012 gültigen Genehmigungen betreffend die Taxen Nr. I. für die Zeit ab dem 01.03.2012. Die bis zum 30.04.2012 gültigen Konzessionen für die Taxen Nr. G. wurden an die K. GbR übertragen.

Unter dem 10.02.2012 hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller zur beabsichtigten Ablehnung seines Antrags an. Sie verwies insbesondere auf die Erkenntnisse aus dem laufenden Steuerstrafermittlungsverfahren. Mit den Manipulationen des Kilometerstands habe der Antragsteller eine geringere Steuerzahlung erreicht und unter Umständen auch bei der Reparatur der Fahrzeuge einen finanziellen Vorteil erzielt. Daraus ergebe sich, dass der Antragsteller im Hinblick auf die Ausübung des Taxengewerbes unzuverlässig sei.

Das Finanzamt erstellte aufgrund von ermittelten Fahrleistungen und unter Annahme eines Anteils von 47% Besetztfahrten für den Betrieb des Antragstellers eine Kalkulation der Einnahmen für die Jahre 2010 und 2011, die sie der Antragstellerin unter dem 24.02.2012 übermittelte. Die in dieser Kalkulation ausgewiesenen Bruttoerlöse des Betriebs liegen erheblich über den bisher angenommenen. Für 2010 geht das Finanzamt von Gesamterlösen in Höhe von 945.707 EUR aus, die die angegebenen Erlöse von 506.024 EUR um 439.683 EUR übersteigen. Für 2011 nimmt das Finanzamt Bruttoerlöse in Höhe von 1.014.095 EUR an, die um 605.847 EUR über den angegebenen Erlösen von 408.248 EUR liegen. Nach der Kalkulation des Finanzamts ergibt sich daraus eine vorläufige Umsatzsteuernachzahlung für 2010 in Höhe von 30.100,00 EUR und in Höhe von 41.833,00 EUR für 2011. Hinsichtlich etwaig nachzuzahlender Lohnsteuer und Sozialabgaben liegt bislang keine Berechnung vor.

Mit Bescheid vom 29.02.2012 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Erteilung einer Taxengenehmigung für die Taxen Nr. I. ab. Sie führte zur Begründung insbesondere aus, der Antragsteller erfülle die Genehmigungsvoraussetzungen nach § 13 PBefG nicht. Er sei nicht zuverlässig. Angesichts der Erkenntnisse aus dem Steuerstrafermittlungsverfahren lägen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass bei der Führung des Unternehmens die für den Straßenpersonenverkehr geltenden Vorschriften missachtet werden oder die Allgemeinheit bei dem Betrieb des Unternehmens geschädigt oder gefährdet wird. So sei der Wegstreckenzähler des Fahrzeugs J. manipuliert worden. Da die Fahrleistung die Grundlage für die zu zahlenden Steuern und Sozialabgaben darstelle, seien die Zahlungsverpflichtungen durch die erfolgte Manipulation in betrügerischer Absicht verringert worden, denn die Manipulation habe zur Angabe geringerer Erträge in den Erklärungen und Voranmeldungen geführt. Dadurch seien die unternehmensbezogenen abgabenrechtlichen Pflichten in erheblichem Maße verletzt worden. Anhand der bei dem Antragsteller beschlagnahmten Unterlagen hätten Unregelmäßigkeiten auch bezüglich weiterer Fahrzeuge festgestellt werden können. So erhöhten sich auch die für weitere Fahrzeuge dokumentierten Kilometerstände nicht kontinuierlich, sondern verringerten sich zwischenzeitlich auch.

Der Antragsteller hat am 20.03.2012 Klage erhoben und um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Er trägt zur Begründung im Wesentlichen vor, eine Manipulation der Wegstreckenzähler sei bislang nicht erwiesen. Es seien noch drei von 10 Fahrzeugen sichergestellt. Weitere 6 Fahrzeuge seien ihm zwar bereits wieder ausgehändigt worden, jedoch stehe die diesbezügliche Begutachtung noch aus. Aus den beschlagnahmten Unterlagen könne die Antragsgegnerin bezüglich der noch in der Begutachtung befindlichen Fahrzeuge nicht auf eine Manipulation schließen. Der für das Fahrzeug J. vorliegende Kurzbericht sei nicht nachvollziehbar, weil er einen unrealistisch hohen Kilometerstand von 1,6 Mio. km angebe. Dabei könnte es sich auch um einen technischen Defekt handeln. Da das Strafverfahren noch nicht abgeschlossen sei, gelte zu seinen Gunsten die Unschuldsvermutung. Bei der Kalkulation des Finanzamtes handele es sich auch nur um eine vorläufige Berechnung. § 1 Abs. 2 Nr. 1 der Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr (PBZugV) sehe vor, dass nur rechtskräftige Verurteilungen Anhaltspunkte für die Unzuverlässigkeit des Unternehmers darstellten. Die Zuverlässigkeit müsse immer in Bezug auf die mit der Genehmigung auszuübende Tätigkeit gesehen werden. Das dem Antragsteller vorgehaltene Verhalten beziehe sich nur auf einen Teil des Pflichtenkreises eines Beförderungsunternehmers. Betroffen sei lediglich der interne fiskalische Bereich. Die Versagung der Genehmigung stelle einen erheblichen Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG dar. Dem Antragsteller werde dadurch die wesentliche Grundlage zum Bestreiten seines Lebensunterhalts entzogen. Eine inhaltliche Stellungnahme zu den Vorwürfen sei ihm nicht möglich, weil die Geschäftsunterlagen von der Steuerfahndung beschlagnahmt worden seien. Von einer Veränderung der Wegstreckenzähler habe er keine Kenntnis, insbesondere habe er hierzu keinen Auftrag erteilt.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die Konzessionen B. , A., C. und D. über den 29.02.2012 hinaus bis zur endgültigen Entscheidung in dieser Angelegenheit zu verlängern bzw. bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens eine Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen zu erteilen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie verteidigt ihre Entscheidung und führt insbesondere aus, eine Unzuverlässigkeit setze nicht zwingend eine strafrechtliche Verurteilung voraus. Dies lasse sich auch aus den Regelungen der PBZugV ableiten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 VwGO kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Derjenige, der vorläufigen Rechtsschutz begehrt, muss gemäß § 123 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft machen, dass ihm der geltend gemachte materiell-rechtliche Anspruch zusteht (Anordnungsanspruch) und dass ein Grund für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, insbesondere Eilbedürftigkeit, besteht (Anordnungsgrund). Dies ist dem Antragsteller nicht gelungen.

Der Antragsteller hat den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Mit der Durchsetzung des Anspruchs auf Erteilung der Taxengenehmigung für die Dauer des Klageverfahrens würde die Hauptsache teilweise vorweggenommen. Eine Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann deshalb nur ergehen, wenn durch ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung für den Antragsteller schwere und unzumutbare Nachteile entstehen würden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht (Kopp/Schenke, 16. Auflage 2009, § 123 Rn. 14). Im Bereich personenbeförderungsrechtlicher Genehmigungen wird unter zusätzlichem Hinweis darauf, dass eine vorläufige Genehmigungserteilung durch § 15 Abs. 4 PBefG ausdrücklich ausgeschlossen wird, verlangt, dass der Antragsteller die Genehmigungsvoraussetzungen mit hoher (Nds. OVG, Beschl. v. 23.03.2012 - 7 ME 16/12, V.n.b.) bzw. sehr hoher Wahrscheinlichkeit (Hamburgisches OVG, Beschl. v. 03.11.2011 - 3 Bs 182/11, juris) erfüllt. Bei der Entscheidung ist der Bedeutung der jeweils betroffenen Grundrechte Rechnung zu tragen (vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 30.04.2008 - 2 BvR 338/08 -, juris), vorliegend also insbesondere dem Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nach Art. 14 GG und der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG.

Ein solch hoher Grad an Wahrscheinlichkeit hinsichtlich der Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen des § 13 PBefG ergibt sich für den Antragsteller nicht. Insbesondere hat er den im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen ihn gewonnenen Erkenntnissen, welche geeignet sind, seine Unzuverlässigkeit darzutun, nichts entgegengehalten.

Der Gelegenheitsverkehr mit Taxen ist nach §§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 PBefG, 46 Abs. 2 Nr. 1, 47 PBefG genehmigungspflichtig. Die Genehmigung darf nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 PBefG unter anderem nur erteilt werden, wenn keine Tatsachen vorliegen, die die Unzuverlässigkeit des Antragstellers als Unternehmer oder der für die Führung der Geschäfte bestellten Person dartun. Die Voraussetzungen, unter denen von einer persönlichen Zuverlässigkeit des Beförderungsunternehmers auszugehen ist, werden in § 1 der auf Grundlage von § 57 Abs. 1 Nr. 4 PBefG erlassenen Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr (PBZugV) vom 15. Juni 2000 (BGBl. S. 581) konkretisiert. Hiernach gelten das Unternehmen und die zur Führung der Geschäfte bestellten Personen als zuverlässig, wenn keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass bei der Führung des Unternehmens die für den Straßenpersonenverkehr geltenden Vorschriften missachtet oder die Allgemeinheit bei dem Betrieb des Unternehmens geschädigt oder gefährdet werden (Abs.1). Anhaltspunkte für die Unzuverlässigkeit sind nach Abs. 2 insbesondere rechtskräftige Verurteilungen wegen schwerer Verstöße gegen strafrechtliche Vorschriften (Nr. 1) und, u.a., schwere Verstöße gegen abgabenrechtliche Pflichten, die sich aus unternehmerischer Tätigkeit ergeben (Nr. 2 d), wobei insoweit keine rechtskräftige Verurteilung vorausgesetzt wird (Umkehrschluss aus § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PBZugV, so auch VG Hamburg, aaO.). Allgemein ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts von der Zuverlässigkeit eines Verkehrsunternehmers auszugehen, wenn er in Ausübung seines Gewerbes die Gewähr dafür bietet, dass die Allgemeinheit vor Schaden und Gefahren bewahrt bleibt (BVerwG, Urt. v. 20.01.1961, DVBl. 1961, 631 [BVerwG 20.01.1961 - BVerwG VII C 48/59]).

Hier liegen gewichtige Hinweise dafür vor, dass der Antragsteller seine Einnahmen aus dem Taxibetrieb insbesondere im Rahmen der Umsatzsteuererklärungen für 2010 und 2011 nicht vollständig angegeben hat (eine Jahressteuererklärung liegt noch nicht vor) und dadurch gegen abgabenrechtliche Pflichten verstößt. Zu einer strafrechtlichen Verurteilung ist es bislang noch nicht gekommen, so dass der spezielle Tatbestand des § 1 Abs. 2 Nr. 1 PBZugV nicht einschlägig ist. In Betracht zu ziehen ist das Vorliegen eines Verstoßes gegen abgabenrechtliche Pflichten nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 d PBZugV. Dafür, dass die Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen einen schweren Verstoß im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 d PBZugV darstellen kann, spricht die strafrechtliche Relevanz des Verhaltens (zur Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung bei Angabe falscher Umsatzsteuervoranmeldung vgl. etwa: BGH, Beschl. v. 17. 3. 2005 - 5 StR 328/04 -, NStZ 2005, 517). Vorliegend besteht nach dem derzeitigen Stand des wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung (§ 370 Abgabenordnung - AO-) gegen den Antragsteller eingeleiteten steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens bereits ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür, dass die gegen Antragsteller erhobenen Vorwürfe zutreffen und es mithin zu schweren Verstößen gegen abgabenrechtliche Pflichten gekommen ist. Soweit man diesen hohen Grad an Wahrscheinlichkeit noch nicht ausreichen lässt, um den Tatbestand der schweren abgabenrechtlichen Verstöße in § 1 Abs. 2 Nr. 2 d) PBZugV als erfüllt anzusehen, ist angesichts der vorhandenen Verdachtslage jedenfalls aufgrund der "Generalklausel" des § 1 Abs. 1 PBZugV von der Unzuverlässigkeit des Antragstellers auszugehen (so für einen "noch nicht nachgewiesenen abgabenrechtlichen Verstoß" auch: VG Hamburg, Beschl. v. 07.01.2010 - 5 E 3286/09 -, juris). § 1 Abs. 1 PBZugV setzt für die Annahme der Unzuverlässigkeit voraus, dass hinreichende Anhaltspunkte für eine Schädigung oder Gefährdung der Allgemeinheit vorliegen. Solche Anhaltspunkte bestehen hier aufgrund der Erkenntnisse aus dem Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung. Die festgestellten Unregelmäßigkeiten in den Kilometerangaben der Fahrzeuge in Kombination mit der jedenfalls für ein Fahrzeug nachgewiesenen Manipulation des Wegstreckenzählers legen den Verdacht nahe, dass der Antragsteller gegenüber den Finanzbehörden unzutreffende Angaben zu seinen Einnahmen gemacht hat und die Allgemeinheit durch die Hinterziehung von Umsatzsteuer geschädigt wird. Die im Rahmen des Ermittlungsverfahrens erlangten Hinweise darauf, dass die Fahrzeuge des Antragstellers tatsächlich bereits deutlich höhere Kilometerleistungen erreicht haben und damit in erheblichem Umfang steuerlich nicht berücksichtigte Fahrten durchgeführt wurden, haben sich bereits in einer Weise verdichtet, dass zu ihrer Entkräftung umfangreicher Vortrag notwendig wäre, der vom Antragsteller nicht ansatzweise erbracht worden ist. Die vom Antragsteller angeführte Argumentation, die Einhaltung steuerlicher Pflichten betreffe "lediglich den internen fiskalischen" Bereich und erlaube keine Rückschlüsse auf seine Zuverlässigkeit, liegt angesichts der allgemeinen Bedeutung der Einhaltung steuerlicher Pflichten im Gewerberecht, wie sie speziell auch in § 1 Abs. 2 Nr. 2 d PBZugV zum Ausdruck kommt, neben der Sache.

Den Erkenntnissen des Finanzamts zufolge hat der Antragsteller insbesondere im Rahmen der nach § 18 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) abzugebenden Umsatzsteuervoranmeldungen für 2010 und 2011, bei denen Angaben nach § 150 Abs. 2 AO wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu machen sind, erzielte Einnahmen in erheblichem Umfang nicht angegeben. Der diesbezüglich vom Finanzamt angenommene Sachverhalt ist aus mehreren Gründen plausibel: Zunächst befinden sich in den Unterlagen des Antragstellers Rechnungen, aus denen sich im Hinblick auf die Widersprüchlichkeit der Kilometerangaben Hinweise auf Manipulationen der Wegstreckenzähler ergeben. Für das Fahrzeug J. ist eine solche Manipulation durch ein Gutachten in Form eines Untersuchungskurzberichts des Landeskriminalamtes hinreichend belegt. Anzeichen für eine Manipulation sind zum einen die Demontagespuren im Bereich der Armaturentafel, weiter die Speicherung eines Kilometerstandes von 1.609.343 km im elektronischen Zündschloss (EZS) sowie die Erfassung einer Gesamtwegstrecke von 192.430 km durch die elektronische Steuerung des Dieselpartikelfilters. Dabei erklärt sich der Stand des EZS, wie dem Verwaltungsvorgang zu entnehmen ist, dadurch, dass sich der Speicher des EZS bei einer Unterbrechung der Kommunikation zwischen dem Kombiinstrument und dem EZS auf den Stand 1.600.000 km setzt. Nach diesem Eingriff sind dann vermutlich weitere 9.343 km gefahren worden. Bestätigt wird die Annahme einer Manipulation auch durch die in der Steuerung des Dieselpartikelfilters gespeicherten Daten. Hiernach ist für das Fahrzeug von einem Kilometerstand von mindestens 192.430 km auszugehen. Da die Speicherung im Zeitpunkt der letzten Regeneration des Filters erfolgt, mag der tatsächliche Kilometerstand noch etwas darüber gelegen haben. Dieser Kilometerstand liegt 99.618 km über dem auf dem Kombiinstrument angegebenen. Zwar liegt in der Manipulation des Wegstreckenzählers unmittelbar noch kein Verstoß gegen abgabenrechtliche Pflichten. Für ein solches Verhalten gibt es aus Sicht der Kammer jedoch nur zwei mögliche Erklärungen: entweder erfolgt die Manipulation, um bei einem etwaigen Verkauf des Fahrzeugs wegen der angeblich geringeren Laufleistung einen höheren Preis erzielen zu können oder es soll gegenüber den Steuerbehörden die Durchführung von steuerlich nicht berücksichtigten Fahrten vertuscht werden. Da die Manipulation vorliegend offenbar nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit einem Verkauf durchgeführt wurde, liegt hier die zweite Möglichkeit, nämlich die Vertuschung unzutreffender bzw. unvollständiger Angaben gegenüber den Finanzbehörden nahe.

Geht man davon aus, dass eine Manipulation des Wegstreckenzählers das Ziel hat, die Angabe geringerer Einnahmen gegenüber dem Finanzamt plausibel zu machen, also "Schwarzfahrten" zu vertuschen, so ist auch der Ansatz des Finanzamtes folgerichtig, die Angaben mit einer Kalkulation zu überprüfen, die von den tatsächlichen Kilometerleistungen ausgeht, davon einen (geschätzten) Anteil an Besetztfahrten zu berücksichtigt und mithilfe der geltenden Taxentarife Einnahmen pro Fahrt für einen durchschnittliche Tourlänge zu ermittelt. Dieser Kalkulation zufolge lagen die Gesamterlöse für die Jahre 2010 und 2011 bei Berücksichtigung der für die Fahrzeuge seitens des Finanzamtes ermittelten Kilometerstände etwa doppelt so hoch wie von dem Antragsteller im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldungen angegeben. Diese Kalkulation stellt einen gewichtigen Anhaltspunkt dafür dar, dass der Antragsteller seine Umsätze unter Verstoß gegen abgabenrechtliche Pflichten unzutreffend angegeben hat. Zwar wird die Aussagekraft der Kalkulation dadurch abgeschwächt, was auch der Antragsteller beanstandet, dass für den Großteil der Fahrzeuge technische Gutachten, aus denen sich der tatsächliche Kilometerstand mit Sicherheit entnehmen lässt, noch nicht vorliegen und die Kalkulation lediglich eine vorläufige Kalkulation darstellt. Jedoch sind die zugrunde gelegten Werte den Geschäftsunterlagen des Antragstellers entnommen worden und beruhen daher auf einer zureichenden Tatsachengrundlage. Zudem bewegen sich die vom Finanzamt errechneten Einnahmen, die etwa doppelt so hoch liegen wie die im Rahmen der Voranmeldung angegebenen, in einer Größenordnung, angesichts derer davon auszugehen ist, dass selbst im Fall einer Neuberechnung nach Abschluss der Begutachtung erhebliche Mehreinnahmen verbleiben werden.

Im Übrigen ließe sich die Annahme einer Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten auch auf eine isolierte Betrachtung des Fahrzeugs J. stützen, für das aufgrund des Untersuchungskurzberichts mit hinreichender Sicherheit von einer Manipulation des Wegstreckenzählers ausgegangen werden kann. Denn für dieses Fahrzeug, das im Jahr 2010 von dem Antragsteller erworben wurde, ist aufgrund des Gutachtens davon auszugehen, dass es bis Ende 2011 einen Kilometerstand von mindestens 192.430 km anstelle der angegebenen 92.812 km erreicht hatte. Fügt man den Differenzbetrag in das Kalkulationsmodell des Finanzamtes ein, ergibt sich allein für das Fahrzeug J. für die Jahre 2010 und 2011 ein insgesamt um ca. 39.000 EUR höherer Erlös als bei Zugrundelegung des bei der Untersuchung des Fahrzeugs angezeigten Kilometerstandes.

Der Antragsteller ist in den hier interessierenden Jahren 2010 und 2011 Alleininhaber des Betriebs gewesen und damit in wirtschaftlicher und steuerlicher Hinsicht für die Vorfälle verantwortlich. Sein Vortrag, von den Manipulationen der Wegstreckenzähler nichts gewusst und diese insbesondere nicht beauftragt zu haben, ist nicht glaubhaft. Insbesondere kann ihm die aus den Geschäftsunterlagen hervorgehende Schwankung der Kilometerstände nicht entgangen sein. Der Antragsteller schweigt sich im Übrigen auch zu der Frage aus, wer die Manipulationen ansonsten zu verantworten haben könnte.

Der Antragsteller, dessen Sache es ist, einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen, hat den Erkenntnissen des Finanzamts insgesamt nichts entgegengehalten, was für seine Zuverlässigkeit sprechen könnte. Er hat - von einem bloßen Bestreiten abgesehen - zu den Erkenntnissen und Berechnungen des Finanzamts in keiner Weise inhaltlich Stellung genommen und damit die vorhandenen Hinweise auf eine Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten nicht einmal im Ansatz zu entkräften versucht. Die Berufung auf verfahrensrechtliche Garantien wie die strafrechtliche Unschuldsvermutung ersetzt solchen Vortrag, der sich mit den gegen ihn erhobenen Vorwürfen inhaltlich auseinandersetzt, nicht. Der Antragsteller hätte, wenn er das Vorliegen eines Genehmigungsanspruchs hätte glaubhaft machen wollen, konkret vortragen müssen, aus welchen Gründen die Annahmen der Steuerbehörden unzutreffend sind, und insbesondere Erklärungen für die an dem Fahrzeug J. festgestellte Manipulation des Wegstreckenzählers und die widersprüchlichen Angaben zu den Kilometerständen in den bei ihn beschlagnahmten Unterlagen liefern. Soweit er sich darauf beruft, ihm stünden wegen der Beschlagnahme durch das Finanzamt keine Unterlagen zur Verfügung, ist dieser Umstand nicht geeignet, die an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs zu stellenden Anforderungen herabzusenken. Der Antragsteller hatte insoweit ausreichend Zeit, sich die zur näheren Substantiierung seines Vortrags benötigten Unterlagen im Rahmen der Akteneinsicht nach § 147 Strafprozessordnung (StPO) zu beschaffen und im Übrigen Einsicht in die beigezogene Verwaltungsakte zu nehmen. In Ermangelung substantiierten Vortrags kann ihm auch unter Berücksichtigung des besonderen grundrechtlichen Schutzes des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nach Art. 14 GG und der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG kein Anordnungsanspruch zuerkannt werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG und entspricht der Empfehlung in Ziffer 47.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. 7. 2004 (abgedruckt in: NVwZ 2004, 1327). Dabei schließt sich die Kammer der Streitwertpraxis des Nds. OVG an (vgl. Beschl. v. 17.09.2007, 7 OA 186/07, abrufbar unter: http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de) und halbiert den Streitwert für das einstweilige Rechtsschutzverfahren nicht, wofür hier zusätzlich spricht, dass der Antragsteller eine Entscheidung unter Vorwegnahme der Hauptsache begehrt.