Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 27.06.2012, Az.: 9 A 50/12

amtliche Anerkennung; Ermessen; Mineralwasser; Nutzungsgenehmigung; Rücknahme; Verstoß; Wasservorkommen; Widerruf

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
27.06.2012
Aktenzeichen
9 A 50/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 44444
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Gegen die amtliche Anerkennung als natürliches Mineralwasser spricht bereits ein Verunreinigungsrisiko.
2. Der "Widerruf" einer amtlichen Anerkennung eines natürlichen Mineralwassers setzt den behördlichen Nachweis eines Verunreinigungsrisikos voraus.
3. Die Erteilung der amtlichen Anerkennung eines natütrlichen Mineralwassers setzt ein vom Antragsteller ausgeschlossenes Verunreinigungsrisiko voraus.

Tenor:

Der Bescheid der Bezirksregierung Hannover vom 23.12.2004 und der Widerspruchsbescheid des beklagten Amtes vom 18.04.2011 werden aufgehoben, soweit sie die amtliche Anerkennung und Nutzungsgenehmigung des Brunnens "D. " betreffen. Der Kostenfestsetzungsbescheid des beklagten Amtes vom 20.04.2011 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin ein Viertel, das beklagte Amt drei Viertel.

Das Urteil ist jeweils wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollsteckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen den Widerruf der amtlichen Anerkennung und Nutzungsgenehmigung für den Brunnen "D. " und erstrebt die amtliche Anerkennung und Nutzungsgenehmigung für die Brunnen "E. " und "F. " (früher "G. ").

Die Klägerin betreibt u. a. Quellnutzungen und bringt das Wasser als natürliches Mineralwasser in den Verkehr. Sie fördert Wasser u. a. auf ihrem Betriebsgelände in H. aus ca. 18 m Tiefe. Die (drei) Brunnen liegen links der Weser und haben einen Abstand von ca. 900 m zum Fluss; das Nassabbaugewässer "I. ", das mit der Weser hydraulisch verbunden ist und an dem eine Kieswaschanlage betrieben wird, ist ca. 400 m entfernt. Nördlich des Betriebsgeländes liegt westlich des "J. " in ca. 500 m Entfernung eine ehemalige (zwischen 1951 und 1968 für Bauschutt, Haus- und Gewerbemüll genutzte) Deponie in K. am L. westlich des Weserdeichs (jetzt teilweise unter dem Autobahnzubringer K.).

Nördlich von M. im N. Stadtteil O. liegt ein Wesersperrwerk. Das von 1988 bis 1993 errichtete Sperrwerk, das die Weser auf 4,50 m üNN (über Normalnull) gegenüber dem mittleren Unterwasser (zwischen 1,02 und 2,41 m üNN) aufstaut, trat an die Stelle des 1906 bis 1911 ca. 180 m weiter flussaufwärts errichteten früheren Sperrwerks. Die Staustufe ist der Endpunkt der Unterweserkorrektion. Das alte Wehr besaß die gleiche Stauhöhe, bei Hochwassern lag wegen der geringeren Breite des alten Wehrs (108 m) gegenüber dem breiteren neuen (150 m) der Pegel höher als bei dem neuen Wehr. Die Staustufe bewirkt, dass die Grundwassergleichen mit Höchstständen von 4,50 m bei M. den südwestlich von P. gelegenen Talbereich der Weser strahlenartig umwandern, bis sie sich nördlich der Staustufe wieder annähernd parallel zum Weserlauf verhalten.

1978 beauftragte der Verband Deutscher Mineralbrunnen den Geologieoberrat Dr. Q. mit einem "Gutachterlichen Bericht über die hydrogeologischen und hydrochemischen Gegebenheiten im Raum R. ". Sein Bericht vom 10.08.1978 basiert auf einer 24 m tiefen Aufschlussbohrung und einer Tiefbohrung bis 188 m unter Gelände. Der Gutachter stellte unter 4 m mächtigem Schluff in feinkiesigen Mittel- und Grobsanden des Pleistozän bis rd. 20 m unter Gelände Grundwasser fest, dessen Versalzung der Gutachter damit erklärte, dass tiefer liegende jodhaltige Salze aus einem Salzstock aufsteigen. In Norddeutschland sei es nicht selten, dass in Bereichen großräumiger Druckentlastung versalzene Tiefengrundwässer örtlich bis in erdoberflächennahe Aquifere aufgedrungen seien und im Falle geringer Grundwasserbewegung zu einer teilweisen Verdrängung des Süßwassers geführt hätten. Dies sei vornehmlich in den breiten Niederungen größerer Vorfluter wie Elbe, Weser und Aller anzutreffen. So sei auch im Bereich K. 1935 bei der Erkundung von Trinkwasser versalzenes Grundwasser angetroffen worden.

Für die Brunnen "G. " (Brunnen I) und "E. " (Brunnen III) beantragte die Klägerin am 02.11.1984 die amtliche Anerkennung und Nutzungsgenehmigung. Sie gab dabei an, bei der Bohrung seien bis auf 188 m unter Gelände die Sedimente unter dem Brunnen erkundet worden: bis ca. 20 m bzw. 22 m führten unter dem rund 4 bis 5 m starken Schluff der Wesermarsch (Holozän) feinkiesige Mittel- bis Grobsande des Pleistozän Wasser. Die wasserführenden Sedimente lagerten auf Schluff, der dem Mittel-Miozän zugerechnet werde und bis auf ca. 89 m Tiefe reiche. Darunter lägen im Abschnitt von 89 m bis 158 m Sedimente des Oligozän und dann bis zur Endteufe von 188 m eine Folge des Ober-Eozän. Das zweite Grundwasserstockwerk liege in den Feinsanden 142 m bis 158 m sowie 170 - 185 m. Dort seien jodhaltige Salze anzutreffen. Der Mineralgehalt des Grundwassers des ersten Stocks sei durch Lösungsvorgänge innerhalb der in die Schichtenfolge aufgedrungenen Salzstöcke des Oberrotliegenden und Zechsteins zu erklären. Diese drängen in die salinarfreien Sedimente des Oligozän und des Obereozän vor. Anzutreffen seien deshalb im Brunnenbereich für salinarfaziell entwickelte Gesteine typische Mineralien (Natrium, Calcium, Magnesium, Chlorid, Hydrogenkarbonat und Sulfat). Die Grundwässer stiegen mineralisiert in Bereichen großräumiger Druckentlastung bis in die oberflächennäheren Aquifere (grundwasserführende Erdschichten) auf, was im Bereich geringer Grundwasserbewegung zu einer teilweisen Verdrängung des Süßwassers geführt habe. Entsprechend nähme eine Mineralisierung des Grundwassers mit zunehmender Tiefe deutlich zu. Der oberste Grundwasserstock sei durch den deckenden Schluff mit einem Durchlässigkeitsbeiwert zwischen 10 E-6 und 10 E-9 m/s vor Verunreinigung geschützt. Er decke den Brunnenbereich. Das Grundwasser ströme grundsätzlich von Süden nach Norden zur Weser.

Das Niedersächsische Landesamt für Bodenforschung teilte der Bezirksregierung Hannover unter dem 24.10.1986 mit, dass aus hydrogeologischer Sicht keine Bedenken gegen die Anerkennung beständen. Die geologischen Verhältnisse seien durch den Gutachter zutreffend dargestellt. Einflüsse anthropogener Art seien nicht erkennbar.

Die Anträge bezüglich der Brunnen I und III blieben zunächst unbeschieden. Die Beteiligten gingen davon aus, dass diese Brunnen aufgrund der Übergangsregelung in § 20 Abs. 1 der Mineral- und Tafelwasserverordnung (MTVO) vom 01.08.1984 (BGBl. I S. 1036) vorläufig als natürliches Mineralwasser amtlich anerkannt und die Nutzungsgenehmigungen vorläufig erteilt seien.

Mit Bescheid vom 15.05.1987 erkannte die Bezirksregierung Hannover den 1986 neu errichteten und 18 m tiefen Brunnen "D. " ("Brunnen II") aufgrund derselben hydrogeologischen Erklärung wie für die beiden anderen Brunnen amtlich an und genehmigte nach § 5 Abs. 1 und 2 MTVO dessen Nutzung - jeweils unter dem Vorbehalt des jederzeit möglichen Widerrufs. Die wasserrechtliche Erlaubnis (widerrufliche Befugnis) zur Grundwasserentnahme für den Brunnen II hatte der Landkreis S. unter dem 08.10.1986 erteilt.

Unter dem 28.03.1989 teilte das Wasserwirtschaftsamt T. der Bezirksregierung Hannover mit, dass Verunreinigungen der Brunnen nicht auszuschließen seien. Die Staustufe O. bewirke, dass das Grundwasser von der Weser in Richtung des Flusses Ochtum fließe, ein chemisch-physikalischer Vergleich der Wasserproben aus dem "J. " und einem Feuerlöschbrunnen in der Industriestraße mit dem Analyseergebnis der Antragstellung für den Brunnen I ergäbe jeweils fast dieselben Gehalte an Chloriden und Natrium. Nur bei Kalium seien Unterschiede feststellbar. Das Niedersächsische Landesamt für Wasserwirtschaft teilte der Bezirksregierung unter dem 05.06.1989 mit, zum Nachweis einer weserseitigen Beeinflussung der Brunnen seien hydrogeologische Ermittlungen notwendig. Empfehlenswert seien auch Untersuchungen der mineralischen Inhaltsstoffe auf leicht flüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe, aromatische Kohlenwasserstoffe sowie höher siedende Organohalogenverbindungen. Das Staatliche Chemische Untersuchungsamt Hannover schlug unter dem 05.06.1989 vor, das Wasser auf bestimmte Salze, Stoffe, die auf Verunreinigungen hindeuteten, und Schwermetalle zu untersuchen. Chemische Analysen des Wasserwirtschaftamts T. ergaben (Bericht vom 11.12.1989) keine eindeutig durch Weserzufluss erklärbare Auffälligkeiten des Brunnenwassers hinsichtlich der Kriterien Ammoniumgehalt, Gesamthärte, Kaliumgehalt (deutlich höher als im Weserwasser) und Magnesium. Das Staatliche Chemische Untersuchungsamt Hannover legte unter dem 26.01.1990 eine vergleichende Untersuchung bestimmter Inhaltsstoffe des Wassers aus der Weser, dem "J. " und den drei Brunnen vor. In den Brunnen wurden laut Gutachten des Niedersächsischen Landesamts für Bodenforschung vom 06.02.1990 Spuren von Tritium nachgewiesen. Dies beweise, dass das Grundwasser im Brunnen I und wohl auch Brunnen III in der 80er-Jahren neu gebildet worden sei. Der Brunnen II sei dagegen hoch mineralisiert. Die Weser habe ähnlich hohe Tritium-Werte, so dass isotopisch nicht ausgeschlossen sei, dass sie in den Aquifer einspeise. Das Staatliche Amt für Wasser und Abfall T. legte unter dem 27.02.1991 einen Grundwasserhöhenplan vor, der westlich des "J. " von der Weser her in Richtung Brunnen der Klägerin abnehmende Grundwasserspiegelhöhen ausweist.

Da die Bezirksregierung Hannover die genutzten Quellen der Klägerin aufgrund der Errichtung des Weserwehrs möglicherweise als von Weserwasser infiltriert ansah, wies sie die Klägerin 1991 darauf hin.

Die Klägerin brachte eine hydrogeologische Stellungnahme der Firma U. aus dem Jahr 1992 bei. Danach nimmt die Staustufe O. Einfluss auf die Grundwassergleichen, wobei dessen ungeachtet die Brunnen im Bereich der Ochtum mit deren Vorflutfunktion liegen. Die Vorflut stehe nicht in Beziehung zu dem Grundwasserstock, aus dem die Brunnen förderten. Dies gelte vermutlich auch für die Weser, denn diese habe lediglich eine Flussrinnentiefe von 6 bis 7 m, die in bis 12 m mächtigem Auelehm liege. Selbst im Falle eines hydraulischen Kontaktes würde das Flusswasser das Grundwasserstockwerk, aus dem das Wasser gefördert wird, unbeeinflusst überqueren, da es sich hierbei um ein halbfreies bis gespanntes Vorkommen handele. Das Staatliche Amt für Wasser und Abfall T. beanstandete mit Schreiben vom 09.06.1992 die Schlussfolgerungen des Gutachters und wies darauf hin, dass die Auelehmschicht, in der die Weser fließe, teilweise, z. B. im "J. " und durch die Deponie L., durchbrochen sei und teilweise auch weniger stark sei. Für die Deponie stellte die V. unter dem 01.06.1992 fest, dass die Auffüllung zwischen 1 und 3,5 m mächtig sei. Die den Grundwasserstock deckende Auelehmschicht habe wie die Basis des Grundwasserstocks stark wechselnde Höhen. Auf Höhe der Altablagerung liege die Basis der Wesersande, die den Grundwasserleiter bildeten, bei 9,6 uNN (unter Normalnull), um dann zur Weser hin bis auf 19 m uNN abzufallen. Es seien drei Ausdünnungen der Auelehmschicht durch die Deponie zu vermuten. An einem Rammfilterbrunnen sei zu erkennen, dass wechselnde Weserwasserstände im Brunnen ablesbar seien. Der Oberboden sei inhomogen. Er bestehe aus nicht abgedecktem, unterschiedlich zersetztem Müll. Verlehmte Bereiche gingen latent in blockigen Bauschutt über.

Ein von der Bezirksregierung in Auftrag gegebenes Gutachten des Niedersächsischen Landesamts für Bodenforschung vom 16.06.2004 ergab, dass das Wehr eine Grundwasserströmung in südwestlicher Richtung erzeugt. Danach hätte eigentlich die (nach Westen und damit von der Weser weg fließende) Ochtum für die Brunnen Vorflutfunktion, unterhalb des Wehres komme es aber zu einer Umkehr der Fließrichtung wieder zur Weser hin. Dies führe zu einer Infiltrierung des Grundwasserstocks, aus dem die Brunnen förderten, durch Weserwasser. Hierfür spräche der Chloridgehalt des geförderten Wassers. Denn dieser gehe mit dem abnehmenden Chloridgehalt der Weser aufgrund der weniger werdenden Abwässer aus dem thüringischen Kalibergbau zurück. Isotopenhydrologische Untersuchungen zeigten, dass meteorisches Wasser in den Aquifer eingespeist werde. Auf neu gebildetes Wasser weise auch die Tritium-Analyse des Brunnens I.

Mit Gutachten des Labor W. vom 20.08.2004 zeigte die Klägerin eine Änderung der Mineralisation aller drei Quellnutzungen an und begehrte deren "Nachdeklaration".

Die Bezirksregierung Hannover widerrief mit Bescheid vom 23.12.2004 die amtliche Anerkennung und Nutzungsgenehmigung für die Quelle "D. ". Zugleich lehnte sie die amtliche Anerkennung und Nutzungsgenehmigung für die beiden anderen Brunnen ab und stützte sich darauf, dass Wasseranalysen ergäben, dass das geförderte Wasser eine andere Mineralisation besitze als in den Anträgen angegeben. Charakteristisch für Mineralwasser sei, dass es keine Verunreinigungen aufweisen dürfe, ein Zufluss von Weserwasser könne nicht hingenommen werden.

Gegen den Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie wolle Beweis dafür antreten, dass die Grundwasserströmung nicht umgekehrt sei, und verwies auf das Gutachten des Geologieoberrates Dr. Q..

Im August 2006 errichtete die Klägerin in 8 km Entfernung von ihrem Betriebsgelände eine Ersatzentnahmestelle (VB 3-05) in X., deren Wasser auch nach Auffassung des Beklagten den Anforderungen an natürliches Mineralwasser entspricht.

Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) bekräftigte mit Stellungnahme an das beklagte Amt vom 09.12.2010, dass die Brunnen der Klägerin unter Wesereinfluss ständen. Mit Bescheid vom 18.04.2011 wies das beklagte Amt den Widerspruch mit dem Betreff "Widerruf der amtlichen Anerkennungen und Nutzungsgenehmigungen für die Quellnutzungen 'G. ', 'D. ' und 'E. ' ", zurück. Der Bescheid vom 23.12.2004 sei rechtmäßig. Untersuchungsergebnisse, die die Veränderung der Mineralisation nachvollziehbar begründeten und eine Infiltration der Brunnen mit Weserwasser widerlegten, habe die Klägerin im Widerspruchsverfahren nicht beigebracht. Der Widerspruch sei unbegründet, da die drei Brunnen ihren Ursprung nicht in unterirdischen, vor Verunreinigungen geschützten Wasservorkommen hätten. Der Einfluss von Weserwasser sei 2004 eindeutig festgestellt worden. Außerdem habe die Mineralisation beständig abgenommen. Die Wässer erfüllten die Anforderungen der MTVO nicht. Der Bescheid führt weiter aus:

"Für die drei Quellnutzungen in R. liegt inzwischen eine Ersatzerschließung in X. vor, die Ihre Mandantin ersatzweise nutzen könnte. Ferner wäre es Ihrer Mandantin möglich, die drei streitgegenständlichen Quellnutzungen z. B. als Tafelwasser i.S.d. § 11 MTVO in den Verkehr zu bringen.

Die Ihrer Mandantin erteilte amtliche Anerkennung und Nutzungsgenehmigung für die Quellnutzung "D. " ist daher zu widerrufen ..."

Mit Bescheid vom 20.04.2011 setzte das beklagte Amt gegen die Klägerin Kosten nach Nr. 55.4.3 der AllGO (3 x 1.750 € =) 5.250 € und nach Nr. 110.6.1.1 (3 x 875 € =) 2.625 €, insgesamt 7.875 € fest. Der Bescheid weist das Rechenwerk aus.

Am 28.04.2011 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie legt eine hydrogeologische Stellungnahme der U. AG vom 12.09.2011 vor, wonach der Grundwasserstock, aus dem die Brunnen förderten, durch nachfließendes Wasser ergänzt werde. Grundsätzlich sei nicht zu beanstanden, wenn hierzu auch Flusswasserinfiltrat gehöre, solange von der Weser nicht Schadstoffe eingetragen würden. Dies sei nicht der Fall. Auch nach den Angaben der Gutachter des beklagten Amtes sei mit einer Verweildauer des Flusswassers im Infiltrat von mehr als 10 Jahren zu rechnen. Da sich Änderungen in der Mineralstofffracht seit 1986 ergeben hätten, sei eine Nach- bzw. Neudeklarierung der Quellnutzung zu empfehlen. Anthropogene Spuren im Mineralwasser seien in dichtbesiedelten Landstrichen vollkommen üblich. Ihr Auftauchen allein schließe die "Reinheit" des Mineralwassers nicht aus. Deutschlandweit seien 25 % aller Mineralbrunnen mit nicht relevanten Metaboliten und weitere 25 % mit den auch in dem Wasser der Klägerin nachgewiesenen Süßstoffen belastet. Die Unabhängigkeit vom Weserwasser zeige sich daran, dass dort anzutreffende Schwermetalle nicht in dem Grundwasserstock vorhanden seien. Der "Widerruf" sei außerdem ermessensfehlerhaft. Der Kostenfestsetzungsbescheid vom 20.04.2011 sei rechtswidrig, weil das Widerrufsverfahren durch Kostenfestsetzungsbescheid vom 23.12.2004 bereits vollständig abgerechnet worden sei.

Die Klägerin beantragt,

1. den Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 23.12.2004 und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 18.04.2011 aufzuheben,

2. die Beklagte zu verpflichten, die beantragten Anerkennungen und Nutzungsgenehmigungen für die Brunnen Y., früher G., und E. Mineralbrunnen zu erteilen,

3. den Kostenfestsetzungsbescheid vom 20.04.2011 aufzuheben.

Das beklagte Amt beantragt,

die Klage abzuweisen,

und erklärt (zunächst), dass die amtliche Anerkennung und Genehmigung der Quelle "D. " habe zurückgenommen werden müssen und wägt hierzu die Interessen der Klägerin an einer weiteren Nutzung der Quelle ab. Später verweist es darauf, dass die angefochtene Verfügung auf Art. 54 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. 2004 L 191) - EGV 882/2004 - zu stützen sei. Das Amt legt eine Stellungnahme des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie vom 24.10.2011 vor. Dass die Grundwasserverhältnisse im Bereich der Brunnen der Klägerin schon immer durch das Weserwehr beeinflusst worden seien, sei bei der Anerkennung der Quelle D. nicht berücksichtigt worden. Die Brunnen seien Weserwasser ausgesetzt, denn entsprechend der Salzgehalte im Wasser der Weser gingen die Salzgehalte des geförderten Wassers zurück. Außerdem seien die Spuren von Abwässern im geförderten Grundwasser nachzuweisen, die sich nur durch den Einfluss der Weser erklären ließen.

Der Kostenbescheid vom 20.04.2011 erhebe nur die Gebühr für den Widerspruchsbescheid. Nach Nr. 110.6.1.1 der AllGO und § 12 Abs. 1 S. 1 Nds. VwKostG sei bei einem erfolglosen Rechtsbehelf das Eineinhalbfache der Gebühr festzusetzen, die für die angefochtene Entscheidung festzusetzen war. Entscheidend dafür sei nicht das, was die Ausgangsbehörde festgesetzt habe, sondern was (nach Auffassung der Widerspruchsbehörde) "festzusetzen war". Nr. 55.4.3 der AllGO enthalte eine Rahmengebühr zwischen 630 bis 1.830 € je Entziehung der nach § 3 MTVO erteilten oder gleichgestellten Anerkennung. Angesichts des Aufwandes des Verfahrens habe sich das beklagte Amt für eine Ausgangsgebühr von 1.750 €, d. h. insgesamt 5.250 €, entschieden. Der Betrag sei mit 1,5 multipliziert worden.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Gegen den (zunächst im angefochtenen Bescheid vom 23.12.2004 so genannten) "Widerruf" der Anerkennung und Genehmigung für "D. " (I.) und gegen den Kostenbescheid vom 20.04.2011 (III.) ist die Klage als Anfechtungsklage zulässig und begründet. Soweit die Klägerin die (endgültige) amtliche Anerkennung und Nutzungsgenehmigung für die Quellen E. " und "F. " (früher "G. ") gegen den diesbezüglichen (hier so genannten) "Versagungsbescheid" erstrebt (II.), ist die Klage mit der sachdienlichen Umstellung des diesbezüglichen Antrags auf einen Verpflichtungsantrag zulässig. Der zunächst von der Klägerin gegen die Versagung der amtlichen Anerkennung und Nutzungsgenehmigung für die Brunnen I und II formulierte Aufhebungsantrag wird dem Rechtsschutzziel der Klägerin nicht gerecht. Die Beteiligten sehen zutreffend beide Brunnen 1984 bei Inkrafttreten der MTVO aufgrund deren § 20 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 als vorläufig anerkannt an. Entsprechendes gilt nach § 20 Abs. 1 Satz 2 MTVO für die Nutzungsgenehmigung. Diese (Übergangs-) Regelung bestimmt, dass natürliches Mineralwasser, das bei Inkrafttreten dieser Verordnung gewonnen und in den Verkehr gebracht wird, als vorläufig anerkannt und der Brunnen als vorläufig nutzungsgenehmigt gilt. Diese Anerkennung und Nutzungsgenehmigung erlischt nach Halbsatz 2 im Falle rechtzeitiger Antragstellung - wie hier - mit Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung über den Antrag. Zwar ist der Bescheid vom 23.12.2004 noch nicht unanfechtbar, so dass Raum bliebe, durch dessen Aufhebung die Klägerin im Besitz der vorläufigen amtlichen Anerkennung und Nutzungsgenehmigung nach § 20 MTVO zu belassen. Doch entspricht das nicht dem (weiter gehenden) Rechtsschutzziel der Klägerin, die endgültige Anerkennung und Nutzungsgenehmigung zu erhalten, woran sie schon bei Klageerhebung keinen Zweifel gelassen hat.

I. Der "Widerruf" der amtlichen Anerkennung und Nutzungsgenehmigung des Brunnens "D. " durch den Bescheid der Bezirksregierung Hannover vom 23.12.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 18.04.2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Dabei kann es letztlich dahinstehen, ob der "Widerruf", wie der Bescheid vom 23.12.2004 ausführt, sich als Widerruf nach § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwVfG darstellt, oder, was der Widerspruchsbescheid vom 18.04.2011 zwar offen lässt, das beklagte Amt aber im Klageverfahren zunächst aufgegriffen hat, eine Rücknahmeentscheidung nach § 48 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 VwVfG ist, oder schließlich, wie zuletzt im Klageverfahren vorgetragen, als "Entzug der Zulassung" nach Art. 54 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Buchst. f EGV 882/2004 gelten soll.

Der "Widerruf" lässt sich nicht auf Art. 54 Abs. 1 und 2 EGV 882/2004 stützen. Da die Vorschrift unmittelbar im Bundesgebiet gilt (Art. 288 AEUV [ex Art. 249 EUV] und in ihrem Anwendungsbereich das nationale Recht überlagert oder verdrängt (vgl. für § 39 Abs. 2 Satz 3 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch - LFGB: OVG Hamburg, Beschluss vom 05.09.2011 - 5 Bs 139/11 -, NVwZ-RR 2012, 92), liegt diese Ermächtigungsgrundlage für den "Widerruf" der amtlichen Anerkennung und Nutzungsgenehmigung nahe. Die EGV 882/2004 trat am 1.1.2006, also während des Widerspruchsverfahrens, in Kraft (Art. 67). Nach Art. 54 Abs. 1 Satz 1 EGV 882/2004 trifft die zuständige Behörde, falls sie einen Verstoß feststellt, die erforderlichen Maßnahmen um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. Dazu kann nach Art. 54 Abs. 2 Buchst. f EGV 882/2004 der Entzug der Zulassung des Betriebes gehören. Allerdings ist die Reichweite des Vorrangs der Verordnung vor den nationalen Bestimmungen umstritten, je nachdem was als "Verstoß" anzusehen ist. Nach Art. 2 Satz 2 Nr. 10 EGV 882/2004 ist ein "Verstoß" die Nichteinhaltung des Futtermittel- oder Lebensmittelrechts und der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz. Die Kammer unterstellt, dass ein "Verstoß" auch dann vorliegen kann, wenn er nicht im Zusammenhang mit der Lebensmittelsicherheit steht, sondern im Zusammenhang mit der Aufmachung und Kennzeichnung von Lebensmitteln (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 08.08.2008 - 13 B 1022/08 -, DVBl 2008, 1262), so dass auch die fehlerhafte Deklarierung an sich schadstofffreien Wassers als "natürliches Mineralwasser" dafür ausreichen kann. Fraglich ist aber, wann ein "Verstoß" vorliegt. Art. 18 Satz 1 EGV 882/2004 ermächtigt zu Maßnahmen bei dem Verdacht eines "Verstoßes", so dass die Auffassung von Joh/Krämer/Teufer (Vorfahrt für Europa, ZLR 2010, 243, 248), dass unter den Begriff des "Verstoßes" im Sinne von Art. 2 Nr. 10 und Art. 54 Abs. 1 EGV 882/2004 nicht nur der vollendete Verstoß, sondern auch Fälle des Verdachts eines Verstoßes gegen lebens- bzw. futtermittelrechtliche Vorschriften zu subsumieren sind, Bedenken begegnet. So lehnt Preuß (Zum Umgang mit Verstößen gegen das Lebensmittelrecht, ZLR 2011, 47, 51 f.) diese Auffassung wohl zu Recht nach einer Betrachtung der englischen und französischen Sprachfassungen der Verordnung ab, die "Verstöße" i. S. d. Art. 54 ("case of non-compliance" bzw. "cas de manquement") von "Verstößen" i. S. d. Art. 55 ("infringements" bzw. "infractions") nicht unterscheidet (und bejaht in der Konsequenz bei dem bloßen Verdacht eines Verstoßes einen eigenständigen Anwendungsbereich für § 39 Abs. 2 LFGB; ebenso im Ergebnis wohl OVG Hamburg, Beschluss vom 05.09.2011, a. a. O.). Doch selbst wenn im Sinne der weiten Auffassung für Art. 54 Abs. 1 EGV 882/2004 der Verdacht der fehlerhaften Bezeichnung des im Brunnen "D. " geförderten Wassers als "natürliches Mineralwasser" genügt und deshalb die 1987 ausgesprochene amtliche Anerkennung und Nutzungsgenehmigung des Brunnens fehlerhaft sein könnte, kann ein danach ausgesprochener Entzug der Zulassung des Betriebs der Klägerin keinen rechtlichen Bestand haben.

Art. 54 EGV 882/2004 stellt in Abs. 1 Satz 1 bei einem festgestellten Verstoß die Entschließung der Behörde zu handeln nicht in deren Ermessen, steuert die ergriffenen Maßnahmen aber dadurch, dass sie erforderlich sein müssen, und stellt in Abs. 2 zahlreiche mögliche Maßnahmen heraus, deren Eingriffsintensität höchst unterschiedlich ist. Da Art. 54 Abs. 1 EGV 882/2004 nur zu den erforderlichen Maßnahmen ermächtigt, bedarf es jedenfalls dann einer Betätigung des Ermessens der handelnden Behörde, welche der in Art. 54 Abs. 2 EGV 882/2004 genannten Maßnahmemöglichkeiten sie ergreift, wenn mehrere in Betracht kommen (Auswahlermessen). Nach der mündlichen Verhandlung ist die Kammer nicht davon überzeugt, dass nur der in Art. 54 Abs. 2 Buchst. f EGV 882/2004 genannte Entzug der Zulassung des Betriebs für den Brunnen "D. " in Betracht kommt, sondern dass unter den Maßnahmemöglichkeiten des Art. 54 Abs. 2 EGV 882/2004 mildere Eingriffsmöglichkeiten bereit stehen. Das beklagte Amt hält der amtlichen Anerkennung und Nutzungsgenehmigung des Brunnens "D. " entgegen, dass als natürliches Mineralwasser nicht aus dem Weserinfiltrat gefördertes Wasser bezeichnet werden dürfe sowie dass das Wasser in seiner Mineralisation eine zu große Schwankungsbreite aufweise. Hinsichtlich beider (hier unterstellten) "Verstöße" hat das beklagte Amt weniger für die Klägerin einschneidende Maßnahmen außer Betracht gelassen.

Hinsichtlich der Zweifel an dem Ursprung des geförderten Wassers kommen andere Maßnahmen in Betracht, die als notwendig erachtet werden, um die Einhaltung des Lebensmittelrechts zu gewährleisten (Art. 54 Abs. 2 Buchst. a EGV 882/2004) bzw. sonstige Maßnahmen, die von der zuständigen Behörde für angemessen erachtet werden (Art. 54 Abs. 2 Buchst. h EGV 882/2004), nämlich Maßnahmen zur Klärung der Eigenschaften des im Brunnen "D. " geförderten Wasser bzw. Maßnahmen zur Klärung der Frage, inwieweit "Fenster" in der Deckschicht des Grundwasserstocks, aus dem das Brunnenwasser gefördert wird, Regen- oder Weserwasser in einem schädlichen Umfang in den Grundwasserstock einlassen.

Die amtliche Anerkennung und Nutzungsgenehmigung des Brunnens "D. " beruht auf § 1 des Gesetzes über Zulassungsverfahren bei natürlichen Mineralwässern vom 25. Juli 1984 (BGBl. I 1984 S. 1016), das 2005 durch § 14 Abs. 1 Nr. 2 LFGB aufgehoben wurde. Beide Gesetze regel(te)n, dass das Bundesministerium ermächtigt wird, durch Rechtsverordnung das Inverkehrbringen von natürlichen Mineralwässern von einer amtlichen Anerkennung abhängig zu machen sowie Inhalt, Art und Weise und das Verfahren einer solchen Kennzeichnung, amtlichen Kennzeichnung oder amtlichen Anerkennung zu regeln. Die auf dieser Grundlage ergangene MTVO bestimmt in § 3 Abs. 1 die amtliche Anerkennung, die nach § 3 Abs. 1 Satz 3 MTVO voraussetzt, dass die Anforderungen nach § 2 MTVO erfüllt sind und dies unter (1.) geologischen und hydrologischen, (2.) physikalischen, physikalisch-chemischen und chemischen, (3.) mikrobiologischen und hygienischen sowie (4.) bei Wässern mit weniger als 1.000 Milligramm gelöster Mineralstoffe oder weniger als 250 Milligramm freien Kohlendioxids in einem Liter gegebenenfalls zusätzlich unter ernährungsphysiologischen oder sonstigen Gesichtspunkten mit wissenschaftlich anerkannten Verfahren überprüft worden ist. § 5 Abs. 1 MTVO regelt weiter, dass eine Nutzungsgenehmigung nur für ein natürliches Mineralwasser erteilt werden darf. Beiden Begünstigungen ist gemeinsam, dass es sich um natürliches Mineralwasser handelt.

Die Kammer teilt zwar die Auffassung des beklagten Amtes, dass das Wasservorkommen, aus dem der Brunnen "D. " fördert, nicht den Vorgaben der MTVO entsprechen könnte, hält dies aber nicht für erwiesen und deshalb den Widerruf von amtlicher Anerkennung und Nutzungsgenehmigung für ermessensfehlerhaft. Nach § 2 der MTVO ist natürliches Mineralwasser Wasser, das folgende besondere Anforderungen erfüllt:

1. Es hat seinen Ursprung in unterirdischen, vor Verunreinigungen geschützten Wasservorkommen und wird aus einer oder mehreren natürlichen oder künstlich erschlossenen Quellen gewonnen;

2. es ist von ursprünglicher Reinheit und gekennzeichnet durch seinen Gehalt an Mineralien, Spurenelementen oder sonstigen Bestandteilen und gegebenenfalls durch bestimmte, insbesondere ernährungsphysiologische Wirkungen;

3. seine Zusammensetzung, seine Temperatur und seine übrigen wesentlichen Merkmale bleiben im Rahmen natürlicher Schwankungen konstant; durch Schwankungen in der Schüttung werden sie nicht verändert.

Entscheidend dafür, was die MTVO als natürliches Mineralwasser betrachtet, sind die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts. Die MTVO setzte zunächst die Richtlinie 80/777/EWG um, die mittlerweile durch die Richtlinie 2009/54/EG (EU-MineralwasserRL 2009; ABl. L 164 vom 26.06.2009, S. 45 ff.) abgelöst worden ist. Beide Richtlinien bestimm(t)en insoweit übereinstimmend in Anhang I Abschnitt I Abs. 1 Unterabs. 1, dass „natürliches Mineralwasser“ ein bakteriologisch (Richtlinie 80/777/EWG) bzw. mikrobiologisch (EU-MineralwasserRL 2009) einwandfreies Wasser ist, das seinen Ursprung in einem unterirdischen Quellvorkommen hat und aus einer oder mehreren natürlichen oder künstlich erschlossenen Quellen gewonnen wird. Nach dem Unterabs. 2 unterscheidet sich natürliches Mineralwasser von gewöhnlichem Trinkwasser deutlich durch (a) seine Eigenart, die durch seinen Gehalt an Mineralien, Spurenelementen oder sonstigen Bestandteilen und gegebenenfalls durch bestimmte Wirkungen gekennzeichnet ist, und (b) seine ursprüngliche Reinheit, wobei beide Merkmale aufgrund der unterirdischen Herkunft des Wassers, das vor jedem Verunreinigungsrisiko geschützt ist, unverändert erhalten sind. Auch vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte der Richtlinie (vgl. Evers, Wasser und Lebensmittel, Hamburg 2009, S. 243 ff.) ist nicht zu beanstanden, wenn das unterirdische Wasservorkommen aus Grundwasser gebildet wird. Der Schutz vor Verunreinigungen nach § 2 Nr. 1 MTVO ist allerdings so zu verstehen, dass das Wasservorkommen "vor jedem Verunreinigungsrisiko geschützt" sein muss. Wenn sich dies aus dem Wortlaut des § 2 MTVO auch nicht unmittelbar ergibt, ist dies doch der Richtlinie 80/777/EWG bzw. der EU-MineralwasserRL 2009 zu entnehmen, deren Umsetzung die MTVO dient.

Das Wasservorkommen ist vor dem Risiko von Verunreinigungen nur dann geschützt, wenn es durch Erdschichten jedenfalls vor dem Risiko mikrobiologischer bzw. chemischer Verunreinigungen (vgl. zu dieser Art von Verunreinigungen: § 5 Abs. 3 MTVO) geschützt ist. Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob Anhang I Abschnitt I Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 80/777/EWG bzw. der EU-MineralwasserRL 2009, da er auch die "ursprüngliche Reinheit" des natürlichen Mineralwassers vor einem Verunreinigungsrisiko schützt, als "Verunreinigung" auch jeden (selbst "sauberen") Wasserzufluss, der nicht aus natürlichem Mineralwasser besteht, zu dem Wasservorkommen ansieht (a. A. wohl VG Stuttgart, Urteil vom 08.09.2011 - 4 K 87/11 -, BeckRS 2011, 54456). Denn das beklagte Amt sieht ein Verunreinigungsrisiko im Wesentlichen darin, dass Schadstoffe aus dem Flusswasser der Weser (und vielleicht auch durch die Deponie L.) in das Wasservorkommen eingetragen werden könnten. Dieses Verunreinigungsrisiko hat das beklagte Amt nicht so durch Fakten erhärtet, dass eine Gewissheit besteht, die den Entzug der Zulassung rechtfertigt.

Im Laufe des Verfahrens sind die Beteiligten sich darüber einig geworden, dass allein die Tatsache, dass Oberflächen- und auch Flusswasser durch das Wasservorkommen des Brunnens "D. " schützende Erdschichten in das Wasservorkommen eindringt, allein noch nicht gegen den Schutz des Wasservorkommens vor einem Verunreinigungsrisiko spricht. Jedenfalls im nördlichen Europa gibt es ein abgrenzbares unterirdisches Wasservorkommen praktisch nicht (Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, C 435, § 2 MTVO, Rn. 6). Auch aus der Definition der Richtlinie 80/777/EWG bzw. der EU-MineralwasserRL 2009 lässt sich nicht ableiten, dass das Wasservorkommen, aus dem natürliches Mineralwasser gewonnen werden kann, vollkommen von fremden Wasserzuflüssen abgeschnitten sein muss. So fordert Anhang I Abschnitt I Nr. 1 Unterabschnitt 1 nur, dass das Mineralwasser seinen "Ursprung" in einem "unterirdischen Quellvorkommen" hat, nicht aber dass das Quellvorkommen in sich abgeschlossen sein muss (ebenso für die Förderung aus mehreren Mineralwasserleitern: VG Potsdam, Urteil vom 17.05.2005 - 3 K 3041/99 -, BeckRS 2005, 27683; auch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift über die Anerkennung und Nutzungsgenehmigung von natürlichem Mineralwasser vom 09.03.2001, BAnz. 2001, S. 4605 - MTVO-VV - geht in Nr. 3.3 davon aus, dass die Wasservorkommen des Mineralwassers in Fließsysteme eingebunden sind). Ein Verunreinigungsrisiko besteht aber jedenfalls dann, wenn zufließendes Wasser Verunreinigungen in das Wasservorkommen eintragen könnte. Der Verunreinigungsschutz muss zwar nach dem Vortrag des beklagten Amtes anthropogene Einflüsse auf das Wasservorkommen nicht vollkommen ausschließen, fordert aber eine natürliche Schutzschicht für das Wasservorkommen, wie sie hier die Auelehmschicht mit einer geringen Wasserdurchlässigkeit über dem Wasservorkommen des Brunnens in Horizontalrichtung darstellt. Ihr Schutz könnte nach dem Vorbringen des beklagten Amtes geschwächt sein. Zum einen ist die Auelehmschicht im Bereich der ca. 500 m entfernten ehemaligen Deponie L. an mehreren Stellen ausgedünnt, zum anderen ist die Auelehmschicht im Bereich des 400 m entfernten "J. s" durchbrochen, so dass es denkbar ist, dass aus dem Bett der Weser (in 900 m Entfernung) über den in Verbindung stehenden bis 20 m tiefen und damit bis auf den Grundwasserstock, in dem das Wasservorkommen liegt, reichenden "J. " Fluss- und anderes Oberflächenwasser in die Nähe des Wasservorkommens gebracht wird und bei ungünstigen Grundwasserströmungen eine Vermischung mit dem Wasservorkommen nicht ausgeschlossen ist. Indizien für diese Annahme sind nach dem Vortrag des beklagten Amtes und den Angaben des Geologen Dr. Z. vom Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie in der mündlichen Verhandlung, dass

·durch den Stau der Weser am Weserwehr in O. im Bereich M. die Grundwasserspiegelhöhen von der Weser in Richtung Umland fallen. Dies weisen die Grundwassergleichenpläne von 1976 und aus den 1990er-Jahren aus. Deshalb ist es möglich, dass Grundwasser von der Weser her in Richtung des Brunnens "D. " zu der Ochtum als Vorfluter strömt, wobei die Fließrichtung des Grundwassers noch durch die Nutzung von Brunnen im Bereich zwischen "AA. " und Brunnen "D. " beeinflusst werden kann,
·die Abnahme der Salzfracht der Weser dem Sinken des Chlorid-Gehalts in dem im Brunnen "D. " geförderten Wasser entspricht und sich aus Unterlagen des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie ergibt, dass in einem Bereich von ca. 5 km beidseits der Weser die Böden durch die Salzfracht des Flusses versalzen sind, was für eine direkte Beeinflussung des Wasservorkommen sprechen könnte,
·die Mineralisierung des in dem Brunnen "D. " geförderten Wassers abnimmt und dies durch eine "Verdünnung" des Wasservorkommens durch "junges" Wasser anderen Ursprungs erklärt werden könnte,
·Süßstoffe (Cyclamat und Acesulfam) in dem aus dem Brunnen "D. " geförderten Wasser enthalten sind, die aus der Weser herrühren könnten,
·der Nachweis von Tritium in dem Wasservorkommen im Jahr 1990 auf einen beträchtlichen Zufluss "jungen" Wassers deuten könnte.

Diese Indizien belegen ein Verunreinigungsrisiko jedoch noch nicht, zumal der Anerkennung als natürliches Mineralwasser abträgliche Schadstoffe im Brunnen "D. " bislang nicht nachgewiesen worden sind. Das aus der Quelle geförderte Wasservorkommen kann ganz überwiegend dadurch entstehen, dass Tiefenwasser aufsteigt, das Vorkommen durch die (auch teilweise ausgedünnte) Auelehmschicht im Bereich der Deponie und das Weserinfiltrat hinreichend geschützt ist und die in dem Wasser nachgewiesenen Stoffe nicht durch den Zufluss von Oberflächenwasser in das Wasservorkommen eingetragen werden. Hierfür spricht, dass Schadstoffe der Weser nicht in dem Wasservorkommen nachzuweisen sind. Angesichts dieser Ungewissheiten ist der Entzug der Zulassung des Betriebes des Brunnens "D. " weder verhältnismäßig, noch hat das beklagte Amt sein Ermessen bei der Auswahl einer der in Art. 54 EGV 882/2004 genannten Maßnahmen fehlerfrei betätigt. Auf diese Eingriffsgrundlage bezogene Erwägungen fehlen sowohl in den angefochtenen Bescheiden als auch im "ergänzenden" Vortrag im Klageverfahren.

Soweit das beklagte Amt die gegenüber der amtlichen Anerkennung und Nutzungsgenehmigung geänderte heutige Mineralisierung des Brunnens "D. " rügt, beanstandet es, dass entgegen § 2 Nr. 3 MTVO die Zusammensetzung des Mineralwassers im Rahmen natürlicher Schwankungen nicht konstant bleibt. Das beklagte Amt akzeptiert Schwankungen der Mineralisierung (nur) im Bereich von +/- 20 % und stützt sich dabei auf Nr. 3.5 der MTVO-VV. Die Klägerin stellt die von dem beklagten Amt festgestellten Abweichungen von mehr als 20 % gegenüber der amtlichen Anerkennung nicht in Frage. Liegt damit ein Verstoß i. S. von Art. 54 EGV 882/2004 vor, kommt statt des Entzugs der Zulassung des Brunnens eine andere (mildere) Maßnahme in Betracht, die als notwendig erachtet wird, um die Einhaltung des Lebensmittelrechts zu gewährleisten (Art. 54 Abs. 2 Buchst. a EGV 882/2004). Denkbar ist nämlich die Einleitung eines neuen Verfahrens auf amtliche Anerkennung und Nutzungsgenehmigung auf der Grundlage einer "Nachdeklaration", wobei es der Klägerin obliegt, die entsprechenden Angaben zu machen und Untersuchungsergebnisse mitzuteilen. Auch insoweit ist der Entzug der Zulassung des Betriebes des Brunnens "D. " weder verhältnismäßig noch auswahlermessensfehlerfrei. Soweit das beklagte Amt im Hinblick auf die von der Klägerin im Jahr 2006 erschlossene Ersatzentnahmestelle (VB 3-05) weitere Maßnahmen zu den hier betroffenen Brunnen nicht ins Auge gefasst, sondern sich darauf verlassen hat, dass nur noch der Ersatzbrunnen benutzt werde, wenn die wasserrechtliche Erlaubnis dafür vorliegt, führt dies zu keinem anderen Ergebnis.

Ungeachtet der Zweifel, ob dem beklagten Amt angesichts der Regelung des Art. 54 EGV 882/2004 überhaupt Raum für den Widerruf bzw. die Rücknahme der amtlichen Anerkennung und Nutzungsgenehmigung verblieb, kann das beklagte Amt den "Widerruf" der amtlichen Anerkennung und Nutzungsgenehmigung des Brunnens "D. " auch nicht auf eine der Widerrufsbestimmungen in § 49 Abs. 2 Satz 1 (z. B. Nr. 1) VwVfG stützen; er kann auch keine Rücknahme nach § 48 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 VwVfG sein (beides wird als zulässig angesehen: Trogemann, Sicherstellung der Trink- und Mineralwasserqualität, Diss. 2000, S. 188; für die amtliche Anerkennung: Zipfel, Lebensmittelrecht, Bd. 5, C 435, § 3 MTVO, Rn. 10). Dabei kommt angesichts der Beeinflussung der Grundwasserverhältnisse durch das Wesersperrwerk bereits bei der amtlichen Anerkennung und Nutzungsgenehmigung im Jahr 1987 nicht ein Widerruf, sondern allenfalls eine Rücknahme der amtlichen Anerkennung und Nutzungsgenehmigung in Betracht. In jedem Fall stände die Entscheidung im Ermessen des beklagten Amtes. Dieses hat das beklagte Amt nicht fehlerfrei ausgeübt.

Ob eine Behörde ihr Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt hat, ist anhand der Auslegung der maßgebenden Bescheide zu ermitteln; daneben sind bei der Beantwortung der Frage, ob die Behörde einen bestehenden Ermessensspielraum verkannt hat, auch die sich aus dem gesamten Zusammenhang ergebenden Umstände zu berücksichtigen. Ermessensfehlerhaft handelt die Behörde dann, wenn sie - wie hier - verkennt, dass sie Ermessen hat, und deshalb ihr Ermessen nicht gebraucht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.01.1988 - 7 B 182/87 -, NVwZ 1988, 525). Der Ausgangsbescheid der Bezirksregierung Hannover vom 23.12.2004 enthält lediglich Ausführungen zur Rechtswidrigkeit der amtlichen Anerkennung und Nutzungsgenehmigung. Abgesehen von der Bezeichnung als "Widerruf" benennt er weder eine, ein Ermessen eröffnende Rechtsnorm, noch enthält er Erwägungen zu den der Entscheidung zuwider laufenden Interessen der Klägerin. Nur das hätte gegebenenfalls bei wohlwollender Auslegung als Indiz dafür gewertet werden können, dass die Bezirksregierung Hannover das ihr zustehende Ermessen erkannt hat. Im Gegenteil dazu führt der Bescheid aus, dass die amtliche Anerkennung und Nutzungsgenehmigung zu widerrufen ist. Damit bringt die Bezirksregierung Hannover zum Ausdruck, dass sie sich gebunden gesehen hat. Der Widerspruchsbescheid des beklagten Amtes vom 18.04.2011 nennt die Rechtsgrundlage für den nur im Betreff des Bescheides angesprochenen "Widerruf" der amtlichen Anerkennung und Nutzungsgenehmigung nicht. Der Bescheid erwähnt zwar (auf Seite 5), dass für die Quellnutzungen der Klägerin eine Ersatzerschließung in X. vorliege und dass es der Klägerin möglich sei, die streitgegenständliche Quellennutzung als Tafelwasser in den Verkehr zu bringen. Hierin bei wohlwollender Auslegung ein Indiz dafür zu sehen, dass das beklagte Amt das ihm zustehende Ermessen erkannt und nicht lediglich Zweckmäßigkeitserwägungen nach § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO angestellt hat, verbietet sich jedoch. Denn im folgenden Satz führt der Bescheid aus: Die amtliche Anerkennung und Nutzungsgenehmigung "ist daher zu widerrufen". Das Vorliegen einer Ermessensentscheidung ergibt sich auch nicht aus dem bloßen Wiederholen des Wortlauts von § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO, der Bescheid sei rechtmäßig und zweckmäßig, ohne dass insoweit Ermessensdarlegungen ersichtlich werden. Damit sah sich das beklagte Amt gebunden.

Fehlende Ermessenserwägungen konnten auch nicht durch die Ausführungen in der Stellungnahme des beklagten Amtes vom 02.05.2012 im gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden. § 114 VwGO lässt nur das Ergänzen von Ermessenserwägungen zu, dies ist nur möglich, wenn - anders als hier - Ermessen bereits in den angefochtenen Bescheiden ausgeübt wurde.

Eine Rücknahme der amtlichen Anerkennung und Nutzungsgenehmigung ließe sich auch nicht durch den Grundsatz des sog. intendierten Ermessens rechtfertigen. Zunächst bestehen Zweifel daran, ob dieser Grundsatz im Hinblick auf eine nach § 48 Abs. 1 und 3 VwVfG zu treffende Rücknahmeentscheidung überhaupt anwendbar ist. Er vermag zudem den Fehler eines nicht erkannten und deshalb nicht ausgeübten Ermessens nicht zu beheben (zu beidem OVG Münster, Beschluss vom 07.09.2005  - 13 A 1181/02 -, juris), wenn die getroffene Entscheidung nicht die einzig sachgerechte und gebotene Maßnahme gewesen ist.

II. Soweit die Klägerin die Erteilung einer amtlichen Anerkennung und Nutzungsgenehmigung für die Brunnen "E. " und "F. " (früher "G. ") erstrebt, ist die Klage nicht begründet. Denn deren Versagung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO.

Die amtliche Anerkennung natürlichen Mineralwassers wird nach § 3 Abs. 1 Satz 2 MTVO genauso auf Antrag erteilt wie die Nutzungsgenehmigung nach § 5 Abs. 2 Satz 1 MTVO. Eine Nutzungsgenehmigung kann nach § 5 Abs. 1 MTVO nur für Quellen erteilt werden, aus denen natürliches Mineralwasser gewonnen wird. Weil die Klägerin natürliches Mineralwasser in den Verkehr bringen will, muss sie nach § 3 Abs. 1 Satz 1 MTVO zunächst eine amtliche Anerkennung des Mineralwassers erreichen. Ohne diese wäre eine Nutzungsgenehmigung sinnlos. Allerdings hat die Klägerin keinen zu ihren Gunsten bescheidungsfähigen Antrag bei dem beklagten Amt gestellt.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 3 MTVO setzt die Anerkennung der Brunnen "E. " und "F. e" voraus, dass das dort geförderte Wasser die Anforderungen an natürliches Mineralwasser nach § 2 MTVO erfüllt.

Eine Anerkennung beider Brunnen aufgrund der Angaben in dem Antrag vom 02.11.1984 kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die derzeitige Mineralisierung des Wasser gravierend von den Verhältnissen von 1984 abweicht, so dass dem beklagten Amt eine aktuelle Entscheidungsgrundlage fehlt. Aus den Antragsunterlagen muss nach Nr. 3.3 Satz 3 MTVO-VV erkennbar sein, dass das natürliche Mineralwasser der Begriffsbestimmung in § 2 MTVO entspricht. Hierzu gehören nach Nr. 3 der Anlage 1 zur MTVO-VV Angaben zur physikalischen, physikalisch-chemischen, chemischen, mikrobiologischen und hygienischen Beschaffenheit der Quellnutzung und Begutachtung der Analysendaten. Ohne diese Daten ist eine Prüfung der Vorgaben der EU-MineralwasserRL 2009 an natürliches Mineralwasser nicht möglich. Wenn das Gericht zugunsten der Klägerin davon ausgeht, dass die Klägerin, indem sie 2004 Wasseranalysen zum Anlass des Antrags auf eine "Nachdeklaration" nahm, den Antrag vom 02.11.1984 aktualisierte, bilden auch diese Angaben nicht die für den heutigen Entscheidungszeitpunkt aktuelle Mineralisierung des Wassers ab.

Das Gericht hat davon abgesehen, nach § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO die Entscheidung über den Antrag der Klägerin durch die Anfertigung einer aktuellen Analyse spruchreif zu machen. Die Verpflichtung des Gerichts, die Spruchreife herzustellen, entfällt in Fällen eines sogenannten "steckengebliebenen" Genehmigungsverfahrens, wenn ansonsten im Verwaltungsverfahren noch nicht behandelte komplexe Fragen erstmals im gerichtlichen Verfahren geprüft werden müssten (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.1989 - 4 C 52.87 -, NVwZ 1990, 257). So liegt es hier, denn Gegenstand eines bescheidungsfähigen Antrages ist nicht lediglich die Beibringung aktueller Wasseranalysendaten, sondern auch die Darlegung geologischer und hydrologischer Gegebenheiten.

Nach Nr. 3.3 Satz 1 MTVO-VV kann die amtliche Anerkennung nur erteilt werden, wenn bei Antragstellung oder in angemessener Frist nach Antragstellung die in Anlage 1 der MTVO-VV ("Angaben, die zur amtlichen Anerkennung natürlicher Mineralwässer zu begutachten sind") aufgeführten Angaben gemacht und fachgutachtlich beurteilt sind. Zu diesen Angaben gehören nach Nr. 1 zur Anlage 1 der MTVO-VV die Darstellung u. a. der geologischen, hydrogeologischen und hydrochemischen Überprüfung des unterirdischen Wasservorkommens (Quellvorkommens) wie

·die geologische Situation des Wasservorkommens (Nr. 1.1.1 der Anlage),
·die hydrogeologische und hydrochemische Situation des Wasservorkommens (Nr. 1.1.2 der Anlage),
·die Beschaffenheit der überdeckenden Schichten und deren Schutzfunktion gegen Oberflächeneinflüsse (Nr. 1.1.3 der Anlage),
·der Nachweis der Beständigkeit der charakteristischen Merkmale des Mineralstoffgehalts (Nr. 1.2.2.3 der Anlage)
·der regionale und lokale Schutz des Wasservorkommens und der Entnahmestelle gegen Verunreinigungen (Nr. 1.3 der Anlage).

Diese Angaben sind nach Nr. 3.3 Satz 3 MTVO-VV erforderlich, damit erkennbar ist, dass das natürliche Mineralwasser der Begriffsbestimmung in § 2 MTVO entspricht. Aus den Unterlagen muss sich nach Nr. 3.3 Satz 4 MTVO-VV insbesondere ergeben, dass das natürliche Mineralwasser aus unterirdischen Wasservorkommen stammt. Sowohl die geologischen, hydrogeologischen, hydrologischen sowie fassungs- und fördertechnischen Angaben zum Quellvorkommen als auch die physikalischen, physikalisch-chemischen, chemischen und mikrobiologischen Angaben zur Beschaffenheit des natürlichen Mineralwassers dürfen nicht erkennen lassen, dass mit anthropogenen Verunreinigungen (z.B. durch Mülldepots, Bergbau, Landwirtschaft) gerechnet werden muss (Nr. 3.3 Satz 9 MTVO-VV). Die Entnahme von natürlichem Mineralwasser aus künstlich erschlossenen Brunnen muss mit den hydrogeologischen Gegebenheiten im Einklang stehen, d.h. ein Zufluss von anderem als natürlichem Mineralwasser darf nicht erfolgen (Nr. 3.3. Satz 11 MTVO-VV). Außerdem muss nach Nr. 3.5 MTVO-VV die Beschaffenheit des natürlichen Mineralwassers am Brunnenkopf im Rahmen natürlicher Schwankungen so konstant bleiben, dass die Eigenart sowie ursprüngliche Reinheit des natürlichen Mineralwassers erhalten bleiben. Alle Anforderungen stehen im Einklang mit den Vorgaben der EU-MineralwasserRL 2009.

Eine amtliche Anerkennung der beiden Brunnen setzt so zunächst voraus, dass die Klägerin die Beschaffenheit der das Wasservorkommen überdeckenden Schichten und deren Schutzfunktion gegen Oberflächeneinflüsse (Nr. 1.1.3 der Anlage 1 zur MTVO-VV) und den regionalen und lokalen Schutz des Wasservorkommens gegen Verunreinigungen (Nr. 1.3 der Anlage 1 zur MTVO-VV) darlegt. Die beiden Brunnen stehen in enger räumlicher Beziehung zum Brunnen "D. ". Für sie könnten dieselben geologischen und hydrologischen Bedingungen gelten. Zwar bietet die das Wasservorkommen abdeckende Auelehmschicht in intaktem Zustand einen ausreichenden (horizontalen) Schutz vor Verunreinigungsrisiken, doch kann dieser dadurch entfallen, dass im Bereich der Deponie L. die Bodenschicht verdünnt und im Bereich des "J. " durchbrochen ist, so dass durch die "Schwachstellen" Oberflächenwasser einsickern und so (vertikal) das Wasservorkommen, aus dem die beiden Brunnen fördern, durch die Auelehmschicht nicht ausreichend vor einem Verunreinigungsrisiko nach § 2 MTVO geschützt ist. So kann dafür ein Bedarf nach weiteren das Wasservorkommen abdeckenden Schichten bestehen, weil seit 1989 der auch der Klägerin bekannte Verdacht der Behörden besteht, dass das Wasservorkommen der beiden Brunnen mit Weserwasser in Kontakt tritt (Chloridgehalt, Abnahme der Mineralisierung, Nachweis von Süßstoffen und Tritium). Die Klägerin hat geologisch und hydrologisch den (unter I. dargelegten) Verdacht der Behörden nicht entkräftet, wenn auch ihre Annahme, dass das Wasservorkommen im obersten Grundwasserstock durch Wässer aus dem darunter liegenden Grundwasserstock gespeist wird, geologisch und hydrologisch denkbar ist. Denn in ca. 1 km Entfernung von den beiden Brunnen ("Profil AB. ") in südöstlicher Richtung entfernt quert in einer Tiefe von ca. 200 m uNN (Tiefenlinienplan des Quartärs, Quartärbasiskarte) eine Rinne die Weser, an deren steil abfallenden Wangen Wässer aus tieferen Schichten aufsteigen könnten, wie es die Klägerin vertritt. Näheres ist ungeklärt. Aus den Angaben der Klägerin ergibt sich deshalb nicht zweifelsfrei, dass bei dem Wasser der beiden Brunnen nicht mit anthropogenen Verunreinigungen gerechnet werden muss (Nr. 3.3 Satz 9 MTVO-VV) und dass ein Zufluss von anderem als natürlichem Mineralwasser nicht erfolgt (Nr. 3.3. Satz 11 MTVO-VV). Unter den Antragsunterlagen fehlen überdies aktuelle Analysedaten, so dass die Klägerin nicht nach Nr. 3.5 MTVO-VV nachgewiesen hat, dass die Beschaffenheit des natürlichen Mineralwassers am Brunnenkopf im Rahmen natürlicher Schwankungen konstant bleibt.

Der Hinweis der Klägerin, sie betreibe die Nutzung der beiden Brunnen seit 1984 und habe deshalb ein Vertrauen in den Fortbestand der Nutzung gesetzt, kann nicht Anlass sein, von den Vorgaben zu dem Inhalt des Antrages auf amtliche Anerkennung und Nutzungsgenehmigung abzurücken. Das beklagte Amt verweist zu Recht darauf, dass bereits im Jahr 1989 seitens der Behörden Zweifel daran geäußert wurden, ob das Wasservorkommen der beiden Brunnen vor dem Zufluss von Oberflächenwasser der Weser und (seit 1992) vom Deponiegelände her geschützt wird. Die Klägerin ist bereits sehr früh in den Stand gesetzt worden, durch geeignete geologische und hydrologische Darlegungen den Ausschluss von Verunreinigungsrisiken zu belegen. Insofern konnte sie seit 1989 kein Vertrauen darin entwickeln, die amtliche Anerkennung und Nutzungsgenehmigung für die beiden Brunnen zu erhalten. Daran ändert auch nichts, dass zwischen 1992 und 2004 die zuständige Behörde wenig Initiative entwickelte, das Anerkennungs- und Genehmigungsverfahren voranzutreiben, und auch während des Widerspruchsverfahrens über etliche Jahre abgewartet hat, dass bzw. ob die Klägerin den Ersatzbrunnen zur alleinigen Nutzung heranzieht, sobald dessen wasserrechtliche Erlaubnis erteilt worden war.

III. Der Kostenfestsetzungsbescheid vom 20.04.2011 ist mangels Emessenserwägungen zur festgesetzten Gebührenhöhe rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

Mit dem Bescheid setzt das beklagte Amt gegen die Klägerin Gebühren fest, deren Höhe nur durch die Zitate der Kostentarife 55.4.3 und 110.6.1.1 aus der Verordnung über die Gebühren und Auslagen für Amtshandlungen und Leistungen (Allgemeine Gebührenordnung - AllGO -) und einer dem zugeordneten Geldsumme begründet werden. Im Klageverfahren begründet das beklagte Amt, es habe nur die Kosten des Widerspruchsverfahrens festgesetzt. Diese betragen nach Nr. 110.6.1.1 der Anlage zur AllGO bei Widersprüchen in einer gebührenpflichtigen Angelegenheit das Eineinhalbfache der Gebühr, die für die angefochtene Entscheidung anzusetzen war, mindestens 50 €. Offenkundig bestimmt der Bescheid die Gebühr, die für die angefochtene Entscheidung anzusetzen war, mit einem Betrag von 1.750 € pro Brunnen und zieht dazu Nr. 55.4.3 AllGO heran. Die Bestimmung sieht für eine amtliche Anerkennung nach § 3 Abs. 1 oder 3 MTVO als Höhe der Gebühr den Zeitaufwand, jedoch mindestens 630 und höchstens 1.830 € vor. In dem Sinne bestimmt das beklagte Amt aus dem Gebührenrahmen der Nr. 55.4.3 AllGO die einfache Gebühr pro Brunnen mit einem Betrag am obersten Rand des Gebührenrahmens - 1.750 € - und multipliziert diesen nach Nr. 110.6.1.1 AllGO mit 0,5, also ins gesamt (3 x 1.750 € sowie 3 x 875 €) 7.875 €.

Innerhalb des Rahmens der Nr. 110 AllGO ist die im Einzelfall angemessene Gebühr nach dem in § 9 VwKG aufgestellten Kriterium des Verwaltungsaufwands für die einzelne Amtshandlung zu bestimmen. Insoweit bedarf es nicht einer bis ins Einzelne gehenden Kostenberechnung (vgl. VG Braunschweig, Urteil vom 16.08.2004 - 6 A 477/03 -, juris; VG Braunschweig, Urteile vom 02.04.2003 - 6 A 83/02 und 6 A 602/02 -, juris; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 01.04.1993 - 11 B 79/92 -, Buchholz 442.10 § 6 a StVG Nr. 6). Bei Bescheiden, die Rahmengebühren zum Gegenstand haben, mag es ausreichen, wenn die Verwaltungsbehörde in ihrer Gebührenentscheidung die Rechtsgrundlage zitiert, also auf den Gebührenrahmen und die zu berücksichtigenden Bemessungsgesichtspunkte verweist, denn eine strengere Beurteilung würde zu einer letztlich nicht zu rechtfertigenden (Arbeits-) Belastung der Behörden führen. Diese Aussage gilt jedenfalls, wenn sich die Gebühr im unteren Bereich des Gebührenrahmens bewegt. Bei einem durchschnittlichen Verwaltungsaufwand und durchschnittlichem Wert des Gegenstandes der Amtshandlung dürfte dasselbe gelten, wenn nicht aus Sicht der Behörde weitere Gesichtspunkte vorliegen, die eine Abweichung nach unten oder oben gebieten und eine Gebühr noch unterhalb des Mittelwertes festgesetzt wird. Eine Ausschöpfung des Gebührenrahmens nach oben erfordert demgegenüber grundsätzlich eine besondere Begründung des betätigten Ermessens (vgl. VG Cottbus, Urteil vom 11.09.2007 - 2 K 1526/04 -, juris). Diese besondere Begründung für die Bestimmung des Betrages von 1.750 € gibt das beklagte Amt mit seinem Bescheid nicht. Fehlende Ermessenserwägungen können nicht nach § 114 VwGO im Klageverfahren ergänzt werden.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin ein Viertel und das beklagte Amt drei Viertel. Die Quotelung entspricht dem jeweiligen Obsiegen. Danach beträgt der Klageerfolg bemessen nach dem wirtschaftlichen Wert für die Klägerin drei Viertel. Die Nutzung des Brunnens "D. " macht 75 % des Aufkommens aus den drei streitbefangenen Brunnen aus, während hinsichtlich des übrigen Aufkommens von 25 % das beklagte Amt obsiegt. Der Erfolg der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbescheid wirkt sich demgegenüber nur geringfügig aus. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 ZPO.

V. Die Berufung ist nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. In der (ober-)gerichtlichen Rechtsprechung ist einerseits noch nicht geklärt, ob bei der Anwendung des Art. 54 Abs. 1 EGV 882/2004, falls nach Art. 2 Satz 2 Nr. 10 EGV 882/2004 ein "Verstoß" bereits bei einem Verdacht fehlerhaften Bezeichnung des Lebensmittels besteht, der Entzug der Zulassung eines Betriebs nach Art. 54 Abs. 2 EGV 992/2004 die verhältnismäßige und ermessensfehlerfrei zu treffende Maßnahme ist. Andererseits ist bei der Anwendung des § 2 MTVO noch nicht geklärt, inwieweit der Zufluss "jungen" Wassers der Qualifizierung als natürliches Mineralwasser abträglich ist.