Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 22.05.2000, Az.: 4 B 56/00

Verpflichtung des Sozialhilfeträgers zur Übernahme der Kosten für eine Abschlussklassenfahrt im Wege der einstweiligen Anordnung; Angemessenheit der Kosten bei mehrtägiger Klassenfahrt ins Ausland

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
22.05.2000
Aktenzeichen
4 B 56/00
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2000, 11644
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGLUENE:2000:0522.4B56.00.0A

Fundstelle

  • ZfF 2001, 207

Verfahrensgegenstand

Einmalige Beihilfe für eine Klassenfahrt

Prozessführer

das Kind ... gesetzlich vertreten durch den Vater ...

Prozessgegner

der Landkreis Soltau-Fallingbostel, Vogteistraße 19, 29683 Fallingbostel

In dem Rechtsstreit
hat das Verwaltungsgericht Lüneburg
- 4. Kammer -
am 22. Mai 2000
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die nicht bewilligten Kosten der Klassenfahrt des Antragstellers vom 25. bis zum 31. Mai 2000 in Höhe von noch 350,00 DM zu übernehmen.

  2. 2.

    Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens.

  3. 3.

    Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1

Der Antragsteller begehrt im einstweiligen Anordnungsverfahren die Verpflichtung des Antragsgegners, die restlichen Kosten für die Abschlussklassenfahrt vom 25. bis zum 31. Mai 2000 nach Wien in Höhe von 350,00 DM zu übernehmen. Mit Bescheid vom 9. Mai 2000 hat die Stadt Walsrode eine einmalige Beihilfe zu der Klassenfahrt, deren Kosten nach einer Bescheinigung des Klassenlehrers vom 6. Mai 2.000.750,00 DM betragen, in Höhe von 400,00 DM bewilligt.

2

Der Antrag hat Erfolg.

3

Nach § 123 Abs. 2 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies zur Abwendung von wesentlichen Nachteilen notwendig erscheint. Voraussetzung dafür ist neben einer besonderen Eilbedürftigkeit der Regelung (Anordnungsgrund) ein Anspruch des Antragstellers auf die begehrte Regelung (Anordnungsanspruch). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

4

Der Antragsteller hat sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

5

Der Anordnungsanspruch ergibt sich daraus, dass der notwendige Lebensunterhalt für Schüler nach § 12 Abs. 2 BSHG auch Aufwendungen für die Teilnahme an einer mehrtägigen Klassenfahrt umfasst (BVerwG, Urt. v. 09.02.1995 - BVerwG 5 C 2.93 -, FEVS 45, 397; OVG Lüneburg, Urt. v. 06.07.1990 - 4 L 99/89 -, FEVS 42, 79; Hofmann in LPK-BSHG, 5. Aufl., § 21 Rdnr. 42). Der aus Anlass einer Klassenfahrt entstehende Bedarf ist nicht durch Regelsatzleistungen abgegolten.

6

Soweit der Antragsgegner dies grundsätzlich anerkennt, die Kosten der Klassenfahrt in Höhe von insgesamt 750,00 DM aber nicht mehr als angemessen ansieht, kann dem nicht gefolgt werden. Die Höhe der Aufwendungen dürfte wesentlich dadurch begründet sein, dass es sich um eine Abschlussklassenfahrt nach Wien und damit in das Ausland handelt. Nach Ziff. 3.3.1 des Erlasses des Niedersächsischen Kultusministers vom 29. März 1990 (SVBl. S. 96) können allerdings Abschlussklassen des Sekundarbereichs I anstelle einer Klassenfahrt eine Studienfahrt ins Ausland unternehmen, wobei sogar bis zu acht Unterrichtstage in Anspruch genommen werden können (Nr. 3.3.2). Da es sich hier um eine Abschlussklassenfahrt einer Realschulklasse handelt, steht die Studienfahrt ins Ausland mit den schulrechtlichen Bestimmungen im Einklang. Schulfahrten ins Ausland bedürfen außerdem nach Nr. 6.1.2 des Erlasses der Genehmigung der oberen Schulbehörde, der u.a. auch der Finanzierungsplan vorzulegen ist. Da davon auszugehen ist, dass diese Genehmigung erteilt worden ist, hält sich die Abschlussklassenfahrt im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen und damit auch im Rahmen des üblichen. Daher ist es dem Antragsteller mit Mitteln der Sozialhilfe zu ermöglichen, an der Fahrt teilzunehmen. Da der Antragsteller für die Klassenfahrt keine Unterstützung von dritter Seite erhalten hat, ist ihm über die bewilligte Beihilfe in Höhe von 400,00 DM eine weitere Beihilfe in Höhe der restlichen Kosten (350,00 DM) zu bewilligen.

7

Der Anordnungsgrund liegt deshalb vor, weil die Klassenfahrt unmittelbar bevorsteht und es sich damit um einen gegenwärtig zu befriedigenden Bedarf handelt.

8

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.