Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.01.2011, Az.: 4 K 268/09

Anerkennung von Verlusten aus einem im Aufbau befindlichen Reitschulbetrieb, Pferdepensionsbetrieb, Pferdezuchtbetrieb und Reittherapiebetrieb; Persönliche Beweggründe des Steuerpflichtigen für die Fortführung des verlustbringenden Unternehmens als Beweis gegen das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht; Dauernde Verluste als Indiz gegen eine Einkunftserzielungsabsicht

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
19.01.2011
Aktenzeichen
4 K 268/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2011, 32771
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2011:0119.4K268.09.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - 28.09.2011 - AZ: X B 35/11

Fundstelle

  • StBW 2012, 198-199

Einkommensteuer 2004 - 2006
Gewinnerzielungsabsicht bei einem im Aufbau befindlichen Reitbetrieb
Nichtzulassungsbeschwerde - BFH-Az.: X B 35/11BFH-Entscheidung vom 28.09.2011: Zurückverweisung
2. Rechtsgang - FG-Az.: 4 K 322/11 (noch offen)

Tatbestand

1

Streitig ist die Anerkennung von Verlusten aus einem im Aufbau befindlichen Reitschul-, Pferdepensions-, Pferdezucht- und Reittherapiebetrieb.

2

Die Kläger sind verheiratet. Sie haben zwei Töchter und wurden für die Streitjahre zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt als Allgemeinarzt Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Seit dem 1. April 2002 bezieht er eine Altersrente. Die Klägerin ist ausgebildete Pferdewirtin, Landwirtin und Krankengymnastin. Seit 1992 verfügt sie über eine Zusatzqualifikation für Hippotherapie (therapeutisches Reiten). Als freiberuflich tätige Krankengymnastin erzielt sie Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Sie betrieb ihre Praxis zunächst in X-Stadt. Sie hielt in dieser Zeit drei Pferde, die in angemieteten Ställen untergebracht waren.

3

Die Klägerin hatte in ihren Einkommensteuererklärungen ab 1999 vorweggenommene Betriebsausgaben als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft geltend gemacht. Die Kosten setzten sich aus den Aufwendungen für Pferdebedarf (z.B. Futtertrog, Abschreibungen für einen 1999 erworbenen Pferdeanhänger, Rücklagen für drei Weidehütten, Stallplatten und Fachbücher) sowie aus Rechtsanwalts- und Gerichtskosten zusammen.

4

Daneben erklärte sie seit dem Jahre 1999 auch vorweggenommene Betriebsausgaben für einen Gewerbebetrieb "Pferdepension". In diesen Betriebsausgaben waren u.a. die Kosten für die Stallunterbringung der drei Pferde, für den Tierarzt, den Schmied und für Pferdesportartikel enthalten. In der Gewinnermittlung 2002 wurden Rücklagen für Sättel und Zaumzeug, Therapiegurt, sechs Pferde und Reithallenausstattungen gewinnmindernd geltend gemacht.

5

Am 1. April 2003 erwarben die Kläger das Objekt Y. Auf diesem Grundstück befinden sich mehrere Wohngebäude, eine Reithalle, ein Stallgebäude, ein Reitplatz, eine Weidefläche sowie eine zusätzliche Weide. Die Kläger teilten das Grundstück in elf Einheiten, und zwar in drei Teileigentumsanteile (Arzt/Krankengymnastikpraxis und Reithalle) sowie acht Wohnungseigentumsanteile, auf. Der Kläger wurde Eigentümer der Wohnungen 1, 3, 5 und 6 sowie des Teileigentums Krankengymnastikpraxis. Die Klägerin wurde Eigentümerin der Wohnungen 4, 8, 9, 10 sowie der Teileigentume Arztpraxis und Reithalle. Die zwei im Haupthaus befindlichen Wohnungen 3 und 4 veräußerten sie nachfolgend an die Töchter. Sie vermieteten mehrere Wohnungen. Die Klägerin richtete zunächst drei Pferdeboxen auf dem Hofgelände sowie sieben weitere Pferdeboxen in einem von einem Nachbarn angemieteten Stall ein. Später richtete sie weitere Boxen auf ihrem Grundstück ein, und beendete die Anmietung der sieben Boxen.

6

Sie erwarb im Jahr 2002 eine Zuchtstute und im Jahre 2003 ein Pony. Eine ebenfalls im Jahre 2003 gekaufte Zuchtstute und die vier ab 2004 geborenen Fohlen wurden in den Jahren 2007/2008 verkauft. Im Jahre 2004 erwarb die Klägerin zwei Reitpferde und ein Pony. Ein Reitpferd wurde 2006 wieder veräußert.

7

Seit dem Jahre 2003 ist die Krankengymnastikpraxis der Klägerin auf dem Grundstück Y untergebracht.

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Die Klägerin erklärte Verluste aus Gewerbebetrieb unter der Bezeichnung "Reit- und Zuchtbetrieb" in Höhe von ./. 25.636 EUR (2004), ./. 31.044 EUR (2005) und /. 32.994 EUR (2006). Sie erklärte Betriebseinnahmen in Höhe von 36.777,66 EUR (2004), 22.109,89 EUR (2005) und 23.964,22 EUR (2006). Die Einnahmen setzten sich aus einer sog. Kostenbeteiligung Krankengymnastik-Praxis, der Auflösung von Ansparrücklagen und der Miete für die Wohnung Nr. 6 sowie erstatteter Umsatzsteuer zusammen. Erlöse aus Reitunterricht erzielte die Klägerin in 2005 in Höhe von 310 EUR und in 2006 in Höhe von 7543 EUR. Mit der Begründung, dass auch Pferde für die Hippotherapie ausgebildet würden, machte die Klägerin in der Gewinnermittlung für die Krankengymnastik-Praxis 25% der Kosten der Pferdehaltung geltend: 9.098 EUR (2003) 11.905 EUR (2004), 11.156 EUR (2005) und 7.618 EUR (2006).

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Der Beklagte (das Finanzamt -FA) folgte diesen Angaben und setzte Einkommensteuer für die Streitjahre unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs.1 Der Abgabenordnung (AO) fest. Im Anschluss an eine Außenprüfung änderte das FA unter dem 2. Februar 2009 die Einkommensteuerbescheide der Streitjahre und berücksichtigte die Verluste aus dem Pferdebetrieb der Klägerin nicht mehr. Ferner ließ das FA bei den Einkünften der Klägerin aus selbstständiger Arbeit die als Betriebsausgaben berücksichtigten Kosten der Pferdehaltung außer Ansatz und berücksichtigte die Mieteinnahmen aus der Wohnung Nr. 6 bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Klägers. Nachrichtlich hatte der Prüfer die Verluste aus dem Reitbetrieb der Klägerin - u.a. durch Minderung der Betriebseinnahmen aus der Kostenbeteiligung Krankengymnastikpraxis neu ermittelt, und zwar in Höhe von ./. 41.303 EUR für 2004, ./. 42.824 EUR für 2005 und ./. 44.844 EUR für 2006.

10

Daneben schätzte das FA bei den Einkünften aus selbstständiger Arbeit des Klägers wegen ungeklärter Einzahlungen, die als Neueinlagen gebucht worden waren, Betriebseinnahmen hinzu.

11

Gegen die Änderungsbescheide legten die Kläger Einspruch ein. Mit Einspruchsbescheid vom 25. August 2009 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Hiergegen haben die Kläger Klage erhoben und begehren die Anerkennung der Verluste aus Gewerbebetrieb.

12

Im Laufe des Klageverfahrens hat das FA die Einkommensteuerbescheide 2004 bis 2006 unter dem 30. November 2009 geändert und anstelle der hinzu geschätzten Betriebseinnahmen die Renteneinnahmen als sonstige Einkünfte des Klägers berücksichtigt.

13

Die Kläger berufen sich darauf, dass für die beabsichtigten Tätigkeiten im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft bzw. im Rahmen des Gewerbebetriebes Pferdepension/-Zucht/Hippotherapie Anlaufverluste entstanden seien. Die Klägerin habe im Jahre 1999 mit Vorbereitungshandlungen zur Gründung eines landwirtschaftlichen Betriebes begonnen. Zu diesem Betrieb habe auch eine Pferdepension mit Reitbetrieb gehören sollen. Die Klägerin sei entsprechend der Einschätzung ihrer Anwälte davon ausgegangen, dass ihr das Vorkaufsrecht an dem elterlichen Betrieb zustehe. Das geplante Unternehmen hätte wirtschaftlich erfolgreich geführt worden können, was sich aus dem im Jahre 1999 erstellten Gutachten des landwirtschaftlichen Unternehmensberaters ergebe.

14

Hinsichtlich des Reitbetriebes habe die Klägerin das Vorhaben auf dem Gelände in Y in modifizierter Form neu begonnen. Dies sei sinnvoll gewesen, weil ein wesentlicher Teil der bereits getätigten Investitionen bei vollständiger Aufgabe des Vorhabens verloren gewesen wäre. Die Erfolgsaussichten des neuen Vorhabens seien gesondert zu bewerten und könnten nicht dem ursprünglichen Vorhaben zugerechnet werden. Grundlage für das neue Vorhaben sei die im Jahre 2002 erstellte Planungsrechnung gewesen. Dass die darin angegebenen Umsätze dazu führen würden, dass die Klägerin ihre Tätigkeit als Krankengymnastin erheblich einschränken müsse, sei unerheblich. Dies sei durch den Einsatz freier Mitarbeiter jederzeit ausgleichbar. Selbst wenn in den Streitjahren aus der geplanten Pferdezucht noch keine wesentlichen Einnahmen erzielt würden, seien die Pferde insgesamt dem notwendigen steuerlichen Betriebsvermögen zuzurechnen. Auch für die Erzielung von Einnahmen im Rahmen des Reitunterrichts seien die Pferde wesentliche Betriebsgrundlage gewesen. Bei der im Rahmen der Modifizierung des ursprünglichen Konzepts neu geplanten Hippotherapie als Teil der medizinischen Tätigkeit der Klägerin handele es sich um eine unternehmerische Entscheidung, die das FA nicht zu bewerten habe. Nachdem das ursprüngliche Vorhaben auf dem elterlichen Hof nicht realisierbar gewesen sei, habe sie sich entschieden, diese Spezialtherapie im Rahmen ihrer medizinischen Tätigkeit zukünftig mit anzubieten. Die hierfür eingesetzten Pferde müssten in einer besonderen Weise ausgebildet werden und im Übrigen auch von ihrem Wesen für eine derartige Tätigkeit geeignet sein. Die seit 2003 in diesem Bereich entstandenen Verluste müssten, insbesondere unter Berücksichtigung der besonderen Anlaufschwierigkeiten, die durch Baumaßnahmen zur Optimierung der Anlage und Ausbildung der Pferde verursacht worden seien, als Anlaufverluste gewertet werden. Die Tatsache, dass aus der geplanten Tätigkeit im Prüfungszeitraum keine Umsätze erzielt worden seien, rechtfertige nicht die Annahme der fehlenden Gewinnerzielungsabsicht.

15

Für das geplante Vorhaben des Pferdebetriebs seien nicht von Anfang an private Motive ausschlaggebend gewesen. Die Neigung zum Reitsport und zu Pferden seien notwendige Voraussetzungen für das Betreiben eines Reitbetriebs. Dies spreche entgegen der Auffassung des FA nicht für die private Veranlassung des Vorhabens. Richtig sei, dass sie ihre beiden zunächst ausschließlich privat genutzten Pferde 1999 in das Betriebsvermögen eingelegt habe. Unzutreffend sei die Schlussfolgerung des FA, dass die Pferde ihr Gnadenbrot bekämen. Es handele sich weiterhin um eine Zuchtstute, die zur Zucht verwendet werden solle und die auch hierfür noch geeignet gewesen sei. Das zweite Pferd sei ein ausgebildeter Wallach, der im Reitunterricht habe eingesetzt werden sollen. Die Klägerin verfüge aufgrund ihrer Ausbildung über die notwendigen Qualifikationen, einen solchen Betrieb zu führen. Gegen eine private Veranlassung sprächen gerade auch der Umfang der Tätigkeit und die Höhe der getätigten Investitionen. Eine aus drei Personen bestehende Familie werde kaum eine große Reithalle, Stallungen, Weideflächen und diverse Pferde erwerben, um ihre privaten Bedürfnisse zu befriedigen. Auch die Erstellung eines Gutachtens wäre in einem solchen Fall nicht notwendig gewesen. Gegen private Gründe spreche auch die Tatsache, dass sie - die Kläger - gar nicht über die finanziellen Mittel verfügt hätten, um eine derartig umfangreiche Privatinvestition ohne finanzielle Risiken zu tätigen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass aus den getätigten Aufwendungen keine wesentlichen materiellen Werte entstanden seien. Es handele sich um tatsächlich finanziell wirksame Verluste. Die Verluste seien gemessen an den sonstigen Einkünften der Kläger sehr hoch, so dass ein rational handelnder Steuerpflichtiger diese Aufwendungen nur getätigt hätte, wenn er mit entsprechenden Rückflüssen durch zukünftige Gewinne habe rechnen können. Die Behauptung des FA, eine Pferdezucht rechne sich nur durch eine angemessene Quantität und hierfür sei das Vorhaben der Klägerin nicht geeignet gewesen, möge grundsätzlich zutreffen. Die Pferdezucht sei im Streitfall allerdings nur eine zusätzliche Einnahmequelle und nicht als Kerntätigkeit gedacht gewesen. Insoweit hätten lediglich Synergieeffekte durch das Zusammenführen mit den anderen Betriebsteilen genutzt werden sollen.

16

Erstmals im Klageverfahren hat die Klägerin Angaben zu ihren nach dem letzten Streitjahr 2006 erzielten Betriebseinnahmen im Einzelnen gemacht. Ferner hat sie eine weitere Prognoserechnung erstellt. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf den klägerischen Schriftsatz vom 17. Januar 2011 Bezug genommen.

17

Ergänzend führt sie aus, dass sie - die Klägerin - die Reitschule mit der Zucht verknüpft habe, in dem sie aus der Zucht die Pferde für die Reitschule heranwachsen lasse. Auch die Ausbildung junger Fremdpferde werde mit der Reitschule verbunden, da anlässlich einer solchen Ausbildung auch Reitunterricht erteilt werden könne. Die Reitschule werde mit der Hippotherapie verbunden, weil gerade für die Hippotherapie die Pferde und Anlagen benutzt würden. Für die Therapie sei es von Vorteil, dass die Pferde aus der eigenen Zucht herangezogen werden könnten, weil sie so die Pferde gut kenne. Deshalb verbinde sie auch die Hippotherapie mit der Krankengymnastik.

18

Ab dem Jahr 2002 könne sie für ihren Betrieb eine Gewinnerzielungsabsicht nachweisen. Ausgehend von einem Prognosezeitraum von 25 Jahren könne sie bis zu ihrem 67. Lebensjahr einen Totalgewinn erzielen. Die Anlaufphase sei deshalb so lang gewesen, da sie den aus einem Insolvenzverfahren heraus erworbenen Betrieb erst habe herrichten müssen. Die Reithalle sei klein und habe erst renoviert werden müssen. Es seien zwei Ställe mit je 6 Plätzen errichtet worden. Es hätten die Vorgaben der Deutschen Reiterlichen Vereinigung erfüllt werden müssen.

19

Beabsichtigt sei, Reitunterricht im Rahmen des Schulsports und zwar 57 Einheiten zu je 1,5 Std. (Grundpreis 3.876 EUR) sowie Therapiestunden für die Rheumaliga durchzuführen. Sie bilde vier Pferde zu Therapiepferden aus, von denen sie ab 2012 ein oder zwei ausgebildete Pferde pro Jahr verkaufen und ein oder zwei neue Fohlen ziehen werde. Es sei ein Erlös pro Pferd von 12.000 EUR zu erwarten. 2010 habe sie zwei Fremdpferde im Betrieb eingeritten und auswärts beim Besitzer ausgebildet. Für die Nutzungsüberlassung der Reithalle an externe Reiter erhalte sie derzeit 1.600 EUR im Jahr. Es sei geplant, Feriengäste mit deren Pferden aufzunehmen, sog. Bett and Box. Sie mache Werbung in Branchenbüchern und durch Flyer, außerdem sei ein gut sichtbares Schild an der Halle ("Reitschule") angebracht.

20

Die Kläger beantragen,

unter Änderung der Einkommensteuerbescheide 2004 bis 2006 vom 30. November 2009 die Einkommensteuer auf die Beträge herabzusetzen, die sich ergeben, wenn Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ./. 41.303 EUR (2004), ./. 42.824 EUR (2005) und ./. 44.844 EUR (2006) berücksichtigt werden.

21

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

22

Zur Begründung führt das FA Folgendes an: Der Betrieb auf dem Objekt Y sei nicht mit dem nötigen Ernst betrieben worden. Die Betriebsprüfung habe nicht feststellen können, dass die Klägerin für ihren Betrieb geworben habe, etwa durch Telefonbucheinträge, Internetauftritte oder Ähnliches. Die Kläger hätten sich zu ihren eigenen Planungsrechnungen in Widerspruch gesetzt. Es hätten beispielsweise für die Ausbildung von Pferden Einnahmen in Höhe von 14.400 EUR erzielt werden sollen. Tatsächlich sei in den Jahren 2003 bis 2006 kein einziges Pferd in Ausbildung genommen worden. Ob ein Pferd bei der Klägerin untergestellt worden sei, sei nicht bekannt. Das Konto Pensionspferde weise erstmals im Jahre 2006 einen geringfügigen Ertrag in Höhe von insgesamt 387,93 EUR aus. Die Familie der Klägerin habe aus den Klägern selbst und den beiden Töchtern bestanden. Eine solche Familie könne durchaus eine große Reithalle, Stallungen und div. Pferde erwerben. Eine Zuordnung der Wohneinheit 6 zum Reitbetrieb könne nicht erfolgen. Die Wohneinheit stehe im Eigentum des Klägers. Die Wohnung sei nach den Aufzeichnungen der Betriebsprüfung seit dem Jahre 2003 vermietet. Im Jahre 2006 hätten insgesamt 13 Pferde zum Anlagevermögen des Betriebs gehört. Zwei davon seien älter gewesen, vier seien Zuchtstuten, eines sei Anfang März veräußert worden, vier seien erst in den Jahren 2004, 2005 und 2006 im Betrieb geboren worden.

23

Nach den Auskünften der Klägerin während der Prüfung hätten ein Pony, eine Zuchtstute und ein Reitpferd der Ausbildung zum Hippotherapiepferd dienen sollen. Die Klägerin habe hierfür in den Jahren 2003 bis 2006 bereits insgesamt ca. 40.000 EUR an Verlusten geltend gemacht. Im Schnitt seien 10.000 EUR pro Jahr an Kosten angefallen. Nach Einschätzung des Prüfers sei davon auszugehen, dass es innerhalb der Nutzungsdauer der Pferde nicht zu einer Erzielung eines Totalgewinnes komme. Hierfür wäre es notwendig, dem Verlustbetrag von ca. 140.000 EUR bis 160.000 EUR entsprechende Betriebseinnahmen gegenüberzustellen. Da bislang kaum Einnahmen aus der Hippotherapie erzielt worden seien, sei nicht zu erwarten, dass Einnahmen in dieser Größenordnung in den nächsten 10 Jahren erzielt werden könnten.

Entscheidungsgründe

24

Die Klage ist in dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.

25

1.

Die Klägerin erzielte in den Streitjahren 2004 bis 2006 mit dem Pferdebetrieb Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

26

a) Der gesamte Pferdehaltungs- und Reitschulbetrieb der Klägerin stellt insbesondere durch die verstärkt jedenfalls ab dem Jahre 2007 erfolgte Erteilung von Reitunterricht von nicht nur untergeordneter Bedeutung einen einheitlichen Gewerbebetrieb dar, da bei der Klägerin von ihrem Betriebskonzept her alle Bereiche - wie die Aufzucht, die Ausbildung, der Reitunterricht und der Verkauf der Pferde - miteinander verbunden sind (vgl.BFH-Urteil vom 23. September 1988, III R 182/84 BStBl II 1989, 111).

27

aa) Gewerbebetrieb ist gemäß § 15 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) die selbstständige nachhaltige Tätigkeit, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird, sich als Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr darstellt und über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Gewinnerzielungsabsicht ist dabei das Streben nach Betriebsvermögensmehrung in Form eines Totalgewinns (BFH-Beschluss des Großen Senats vom 25. Juni 1983 GrS 4/82, BStBl II 1984, 751). Ob eine solche Absicht vorliegt, ist wie jede innere Tatsache anhand äußerer Merkmale zu beurteilen. Dabei muss aus objektiven Umständen auf das Vorliegen oder Fehlen der Absicht geschlossen werden, wobei alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind.

28

Ein für eine Gewinnerzielungsabsicht sprechender Anscheinsbeweis entfällt bereits dann, wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass im konkreten Einzelfall nicht das Streben nach einem Totalgewinn, sondern persönliche Beweggründe des Steuerpflichtigen für die Fortführung des verlustbringenden Unternehmens bestimmend waren (BFH-Beschluss vom 9. März 1999 X B 156/98, BFH/NV 1999, 1204 m.w.N.). Persönliche Gründe sind alle einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Motive. Hierzu zählt auch die Absicht, Steuern zu sparen (vgl. BFH-Urteil vom 2. Juni 1999 X R 149/95, BFH/NV 2000, 23, m.w.N.).

29

Dauernde Verluste sind ebenfalls ein Indiz gegen eine Einkunftserzielungsabsicht. Daraus auf eine steuerrechtlich unbeachtliche Liebhaberei zu schließen, ist aber nur gerechtfertigt, wenn aus weiteren Beweisanzeichen die Feststellung möglich ist, dass der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt (BFH-Urteil vom 6. März 2003 XI R 46/01, BStBl II 2003, 602). Dies ist anzunehmen, wenn die verlustbringende Tätigkeit typischerweise dazu bestimmt und geeignet ist, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkunftssphäre zu dienen. Eine Vermutung für das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht lässt sich jedenfalls nicht schon aus dem Umstand herleiten, dass eine solche Tätigkeit häufig aus Passion betrieben wird (BFH-Urteil vom 13. Mai 1993 IV R 131/92, BFH/NV 1994, 93).

30

bb) Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die Feststellung, dass die Klägerin die verlustbringende Tätigkeit nur aus in dem Bereich der Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt und daher eine nachhaltige Gewinnerzielung ausgeschlossen war, für die Streitjahre nicht möglich. Ein Reitschulbetrieb stellt einen klassischen Gewerbebetrieb dar. Die Klägerin verfügte auch über entsprechende Qualifikationen und gestaltete ihren Betrieb nach den Vorgaben der Deutschen Reiterlichen Vereinigung. Der von der Klägerin jedenfalls ab dem Jahr 2007 betriebene Umfang des Reitschulbetriebs hatte auch den typischen Hobbybereich verlassen. Denn gegen einen Hobby-Reitbetrieb sprechen die Anzahl der gehaltenen Pferde und der erhebliche Zeitaufwand, den die Klägerin ab 2007 auf ihren Betrieb verwandte. Sie schränkte deswegen auch ihre eigene Tätigkeit als Krankengymnastin ein. Hinzu kommt, dass die Möglichkeit der Erlangung eines steuerlichen Vorteils wegen der nicht sehr hohen übrigen Einkünfte der Kläger nicht gegeben war, eine Vielzahl der Kosten die Kläger selbst finanziell belasteten und keine bloß kalkulatorischen Kosten darstellten.

31

Trotz der in den Jahren 2003 bis 2006 erlittenen Verluste ist der Betrieb der Klägerin nicht als von Anfang an unrentabel, sondern als steuerliche Einkunftsquelle zu beurteilen. Die ernsthafte Möglichkeit, dass ein Steuerpflichtiger einen jahrelang ausschließlich mit Verlusten arbeitenden Betrieb nicht in der Absicht der Gewinnerzielung führt, ist dann gegeben, wenn feststeht, dass er aus dem Betrieb nach dessen Wesensart und/oder der Art der Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen keinen Totalgewinn erzielen kann. Das ist beispielsweise auch dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige nichts unternimmt, um seine Einnahmesituation nachhaltig zu verbessern, obwohl ihm dies nach der Lebenserfahrung möglich sein muss. Verluste der - betriebsspezifisch unterschiedlichen - Anlaufzeit können allerdings nur dann steuerrechtlich nicht anerkannt werden, wenn aufgrund der bekannten Entwicklung des Betriebs eindeutig feststeht, dass der Betrieb, so wie ihn der Steuerpflichtige geführt hat, von vornherein nicht in der Lage war, nachhaltig Gewinne zu erzielen und deshalb nach objektiver Beurteilung von Anfang an keine Einkunftsquelle im Sinne des Einkommensteuerrechts dargestellt hat (BFH-Urteil vom 25. Juni 1996 VIII R 182, 84, BStBl II 1997, 202, [BFH 25.06.1996 - VIII R 28/94] m.w.N.).

32

cc) Die Feststellung, dass der Betrieb der Klägerin von vornherein nicht in der Lage war, nachhaltig Gewinne zu erzielen, ist für die Streitjahr 2004 bis 2006 nicht möglich. Die Klägerin hatte ihren Betrieb in Y erst im Jahre 2003 aufgenommen und befand sich in der Anfangsphase. Wie sie in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, richtete sie die Ställe, die Reithalle und die Außenanlagen baulich her, um den Pferdehaltungs- und Reitschulbetrieb überhaupt erst durchführen zu können. Sie entfaltete nach Beendigung dieser Maßnahmen in großem Umfang Anstrengungen, um Einnahmen aus dem Betrieb zu erzielen und steigerte ab 2007 stetig ihre Einnahmen insbesondere aus dem Reitunterricht, der Ausbildung von Pferden und der Pensionstierhaltung. Zwar erreichte sie nicht annähernd die in ihrer ursprünglichen Prognoserechnung angegebenen Einnahmen von jährlich 67.000 EUR. Sie versuchte jedoch laufend ihren Betätigungskreis zu erweitern und etwa durch den geplanten Reitunterricht für Grundschüler und für Rheumakranke ihre Einnahmesituation zu verbessern. Hierfür hat sie eine weitere Prognoserechnung erstellt, aus der zu erwartende Einnahmen von 41.433 EUR und Ausgaben in Höhe von 25.858 EUR hervorgehen. Da diese Berechnungen insgesamt schlüssig und nachvollziehbar ist, liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass schon in den Streitjahren 2004 bis 2006 von einem unwirtschaftlichen Betrieb, der keine einkommensteuerliche Einkunftsquelle darstellt, auszugehen ist (vgl. auch zur Anlaufphase bei einem Reitschulbetrieb: Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 23. Juni 1992 11 K 123/88, über [...]).

33

b) Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind allerdings um die Kosten für die privat genutzten Pferde zu korrigieren.

34

aa) Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG, der auch bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG gilt, sind Entnahmen alle Wirtschaftsgüter (u.a. auch Nutzungen und Leistungen) die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat. Nutzungsentnahmen sind durch Ansatz der anteiligen tatsächlichen Selbstkosten gewinnerhöhend zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 24. Mai 1989 I R 213/85, BStBl II 1990, 8 zum Pkw).

35

Im Streitfall stellt die Nutzung des Betriebsvermögens, nämlich der Reitpferde und der betrieblichen Einrichtungen, durch die Kläger und deren Familienmitglieder eine Nutzungsentnahme dar. Da die Kläger aus Gründen der privaten Lebensführung bis zum Jahr 2002 drei Pferde hielten, ist der Senat davon überzeugt, dass sie auch in den Streitjahren einen entsprechenden Anteil des Betriebsvermögens für private Freizeitzecke genutzt haben, zumal die Klägerin in diesen Jahren wenig Reitunterricht erteilt hat.

36

Den Anteil der damit verbundenen Kosten schätzt des Senat gemäß § 162 AO mangels Vorliegens genauer Aufzeichnungen mit einem Drittel der Betriebsausgaben, mit Ausnahme des Aufwands für die Bildung von Ansparrücklagen im Sinne von § 7g EStG, da dieser nicht zu Selbstkosten führt. Der Anteil von einem Drittel ergibt sich aus der Anzahl der bereits vor der Betriebseröffnung privat gehaltenen drei Pferde im Verhältnis zu den neun insgesamt ab dem Jahr 2004 gehaltenen und im Anlagevermögen ausgewiesenen Zucht- und Reitpferden ohne Berücksichtigung der Fohlen. Dies ist deswegen ein sachgerechter Aufteilungsmaßstab, da die Kläger die Möglichkeit hatten, alle ausgewachsenen Pferde reiterlich für Freizeitzwecke zu nutzen.

37

bb) Die zu berücksichtigenden Verluste errechnen sich wie folgt:

- Berechnung Nutzungsentnahme:
Betriebsausgaben lt. Gewinnermittlung:63.870,12 EUR 2004),53.503,26 EUR 2005),57.764,15 EUR (2006)
Abzgl. Ansparrücklage:11.720,00 EUR 2004),0 EUR (2005),17.420,00 EUR (2006)
Zzgl.Korrekturen lt. Tz 11,12,13 Bp-Bericht2.082 EUR (2004),1.290,02 EUR (2005),3.137 EUR (2006)
= Selbstkosten gesamt:54.232,12 EUR 2004),54.793,28 EUR 2005),43.481,15 EUR (2006)
Davon 1/318.077,37 EUR 2004),18.264,42 EUR 2005),14.493,71 EUR (2006)
- Verlust neu:
Verlust lt. Tz. 15 des Betriebsprüfungsberichts41.303,07 EUR 2004),42.824,96 EUR 2005),44.844,75 EUR (2006)
Zzgl. Nutzungsentnahme18.077,37 EUR 2004),18.264,42 EUR 2005),14.493,71 EUR (2006)
Verlust neu:23.225,70 EUR 2004),24.560,54 EUR 2005),30.351,04 EUR (2006)
38

c) Das FA durfte insoweit und wegen der übrigen Prüfungsfeststellungen die Einkommensteuerbescheide 2004 bis 2006 gemäß § 164 Abs. 2 AO ändern. Die Festsetzungsfrist war bei Beginn der Außenprüfung noch nicht abgelaufen. Die Einkünfte aus der Wohnungsvermietung wurden zu Recht dem Kläger als dem zivilrechtlichen Eigentümer der Wohnung zugerechnet

39

2.

Hiernach sind die Einkommensteueränderungsbescheide vom 30. November 2009 abzuändern und Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ./. 23.226 EUR (2004), ./. 24.561 EUR (2005) und ./. 30.352 EUR (2006) anzusetzen (§ 100 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Im Übrigen ist die Klage abzuweisen. Die Berechnung der Steuer kann gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen werden.

40

3.

Die Kosten des Rechtsstreits sind den Klägern und dem FA im Verhältnis ihres Obsiegens und Unterliegens aufzuerlegen (§ 136 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 708 Nr. 10 und § 711 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 151 Abs. 1 und 3 FGO.