Finanzgericht Niedersachsen
Beschl. v. 10.01.2011, Az.: 6 K 208/10
Widerruf der Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft wegen des Haltens von Anteilen für Rechnung eines Dritten
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 10.01.2011
- Aktenzeichen
- 6 K 208/10
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 11426
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2011:0110.6K208.10.0A
Rechtsgrundlagen
- § 33 StBerG
- § 50a Abs. 1 Nr. 2 StBerG
- § 57 Abs. 3 StBerG
Fundstelle
- DStR 2011, 13
Widerruf der Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft
Zur Frage des Haltens von Anteilen für Rechnung eines Dritten i.S.d. § 50a Abs. 1 Nr. 2 StBerG
Tenor:
Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Gründe
I.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung und wurde mit notariellem Gesellschaftsvertrag vom xx.xx.xxxx gegründet. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist nach § 2 des Gesellschaftsvertrages die für die Steuerberatungsgesellschaften gesetzlich und berufsrechtlich zulässigen Tätigkeiten gemäß § 33 in Verbindung mit§ 57 Abs. 3 Steuerberatungsgesetz (StBerG). Nach § 15 Abs. 4 und 5 des Gesellschaftsvertrages kann ein Gesellschafter durch Gesellschaftsbeschluss aus der Gesellschaft insbesondere dann ausgeschlossen werden, wenn ein in seiner Person liegender wichtiger Grund gegeben ist, insbesondere wenn er die nötige Berufszulassung nicht mehr hat. Der betroffene Gesellschafter habe bei diesen Beschlüssen kein Stimmrecht. Nach § 18 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages hat ein ausscheidender Gesellschafter einen Abfindungsanspruch aufgrund einer Auseinandersetzungsbilanz zum Zeitpunkt des Ausscheidens. Nach § 18 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages ist die Abfindung in vier gleichen Jahresraten, beginnend sechs Monate nach dem Ausscheiden fällig und verzinslich. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag vom xx.xx.xxxx verwiesen. Mit Urkunde vom xx.xx.xxxx wurde die Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft anerkannt. Gesellschafter der Klägerin waren die Steuerberater A und B. Nachdem der Gesellschafter A seine Berufszulassung als Steuerberater verloren hatte, schloss der Gesellschafter B im Rahmen einer Gesellschafterversammlung am 28. September 2009 den Gesellschafter A durch Beschluss aus. Mit Klageschrift vom 30. September 2009 erhob die Klägerin vor dem Landgericht C Klage mit dem Antrag, den Gesellschafter A aus der Gesellschaft auszuschließen, hilfsweise festzustellen, dass der Gesellschafter A aus der Gesellschaft ausgeschlossen ist. Mit Schreiben vom 20. Oktober 2009 informierte die Klägerin die Steuerberaterkammer (die Beklagte) darüber, dass sie vor dem Landgericht C die Ausschlussklage erhoben habe und die Klägerin als Gesellschaft den Geschäftsanteil des ausgeschlossenen Gesellschafters treuhänderisch halte, wobei sie den Anteil noch einzuziehen oder aber auf sich selbst oder einen Dritten zu übertragen habe. Mit Schreiben vom 5. November 2009 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass Gesellschaftsanteile nicht treuhänderisch gehalten werden dürften und gab der Klägerin auf, den gesetzmäßigen Zustand wiederherzustellen. Hierzu teilte die Klägerin mit Schreiben vom 20. November 2009 mit, dass der Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 28. September 2009 über die Ausschließung des Gesellschafters A unanfechtbar geworden sei und die Klägerin den Geschäftsanteil des bisherigen Gesellschafters lediglich treuhänderisch im Sinne des Gesellschaftsrechts halte, was jedoch nicht mit dem Halten eines Geschäftsanteils für Rechnung eines Dritten im Sinne des § 50 a Steuerberatungsgesetz zu verstehen sei. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2009 setzte die Beklagte der Klägerin eine Frist bis zum 15. Januar 2010, um den gesetzmäßigen vorherigen Zustand wiederherzustellen, da die Klägerin unzulässigerweise treuhänderisch den Geschäftsanteil für den ausgeschiedenen Gesellschafter A innehabe. Im weiteren Schriftverkehr übersandte die Klägerin der Beklagten u.a. ein Urteil des Landgerichts C vom xx.xx.2010, in dem das Landgericht die Ausschlussklage mit der Begründung abgewiesen hat, dass der Gesellschafter A bereits durch den Gesellschafterbeschluss vom 28. September 2009 wirksam aus der Steuerberatungsgesellschaft ausgeschlossen worden ist und für eine weitere Ausschlussklage kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe. Im weiteren Verlauf setzte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 28. April 2010 eine letzte Frist bis zum 6. Mai 2010 mitzuteilen, für wen der Geschäftsanteil des Herrn A treuhänderisch gehalten werde. Hierzu teilte die Klägerin mit, dass sich die Übertragung oder Einziehung des Anteils verzögert habe. Daraufhin widerrief die Beklagte mit Bescheid vom 7. Mai 2010 die Anerkennung der Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft mit der Begründung, dass die Klägerin treuhänderisch einen Gesellschaftsanteil für den ehemaligen Steuerberater A halte, was gegen die Vorschrift des § 50 a Abs. 1 Nr. 2 Steuerberatungsgesetz verstoße. Gegen den Widerrufsbescheid erhob die Klägerin Klage und teilte im Verlauf des Klageverfahrens mit, dass der bisherige Geschäftsanteil des Gründungsgesellschafters A auf den verbliebenen Gesellschafter B übertragen worden sei, welcher nunmehr alleiniger Gesellschafter der Klägerin sei. Nachdem die Klägerin die Übertragung des Gesellschaftsanteils nachgewiesen hatte, hob die Beklagte den Widerrufsbescheid vom 7. Mai 2010 auf. Die Beteiligten erklärten den Rechtsstreit daraufhin für erledigt und stellten wechselseitige Kostenanträge.
II.
Das Verfahren hat sich nach übereinstimmender Erklärung der Beteiligten dadurch in der Hauptsache erledigt, dass die Beklagte dem Begehren der Klägerin entsprochen hat. Daher war nur noch über die Kosten zu befinden.
Die Kosten des Verfahrens waren gemäß § 138 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) der Beklagten aufzuerlegen, da die Beklagte nach dem bisherigen Sach- und Streitstand in dem Rechtsstreit voraussichtlich unterlegen wäre.
Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage hat die Beklagte der Klägerin zu Unrecht die Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft widerrufen. Zum Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung war der ehemalige Steuerberater A nicht mehr Gesellschafter der Klägerin und die Klägerin hielt dessen Geschäftsanteil auch nicht treuhänderisch im Sinne des § 50 a Abs. 1 Nr. 2 Steuerberatungsgesetz.
1.
Nach allgemeiner Auffassung kann die Satzung einer GmbH anordnen, dass ein Gesellschafter durch Gesellschafterbeschluss aus einer GmbH ausgeschlossen werden kann und mit sofortiger Wirkung seine Gesellschafterstellung verliert (BGH-Urteil vom 30. Juni 2003 II ZR 326/01, GmbHR 2003, 1026 m.w.N.). Die Folgen des Ausschlusses haben rein korporativen Charakter, sodass die Auslegung objektiv allein nach dem in der Satzung zum Ausdruck gekommenen Gesellschafterwillen vorzunehmen ist (BGH-Urteil vom 30. Juni 2003 II ZR 326/01 a.a.O.). Eine solche Regelung enthielt auch die Satzung der Klägerin. Nach § 15 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages kann ein Gesellschafter durch Beschluss der Mitgesellschafter ausgeschlossen werden, wenn er insbesondere nicht mehr die notwendige Berufszulassung ausweist. Die Regelung ist so auszulegen, dass der Ausschluss bereits mit der Fassung des entsprechenden Gesellschafterbeschlusses wirksam werden soll. Diese Auslegung folgt bereits daraus, dass es im wohlverstandenen Interesse der Gründungsgesellschafter gestanden hat, einen Mitgesellschafter, der die notwendige Berufszulassung nicht mehr vorweist, auf möglichst einfachem Wege aus der Gesellschaft ausschließen zu können, damit sich die Gesellschaft gerade nicht der Problematik des § 50 a StBerG ausgesetzt sieht. Dieser Auslegung entspricht auch die Abfindungsregelung des § 18 Abs. 2 und 4 des Gesellschaftsvertrages, wonach die Abfindung für den ausgeschiedenen Gesellschafter in vier Jahresraten zu zahlen ist. Diese Regelung zeigt, dass die Wirkung des Ausscheidens nicht von der Zahlung eines Abfindungsbetrages abhängig sein soll. Letztlich ist auch durch das Landgericht C, das die Ausschlussklage der Klägerin mangels Rechtsschutzbedürfnisses abgewiesen hat, bestätigt worden, dass der Ausschluss des Gesellschafters A bereits mit der Beschlussfassung am 28. September 2009 wirksam geworden sei.
2.
Mit dem sofortigen Ausschluss hat der bisherige Gesellschafter A nicht nur seine Gesellschafterstellung sondern auch seinen Geschäftsanteil verloren. Die Klägerin hielt den Geschäftsanteil auch nicht treuhänderisch für den ausgeschiedenen Gesellschafter. Soweit die Klägerin unter Berufung auf die Kommentierung in Baumbach/Hueck, Anhang zu § 34, Rdnr. 15, ausführt, dass der ausgeschlossene Gesellschafter zunächst Inhaber des betroffenen Gesellschaftsanteils bleibe, ist dies im vorliegenden Fall nicht zutreffend. Die von der Klägerin im Schriftsatz vom 3. Mai 2010 gegenüber der Beklagten in Bezug genommene Kommentarstelle betrifft den Fall des Ausschlusses eines Gesellschafters durch Ausschlussklage unter der Bedingung einer Abfindungszahlung. Danach bleibt der im Klagewege ausgeschlossene Gesellschafter weiter Inhaber des Geschäftsanteils bis zum Eintritt der Bedingung, nämlich der Vornahme der Abfindungszahlung. Dies gilt jedoch nicht in den Fällen, in denen der Ausschluss nach entsprechender Regelung in der Satzung sofort wirksam werden soll. Vielmehr kann ein Gesellschafter, der sämtliche Rechte aus der Mitgliedschaft verliert, mit dem Wirksamwerden des Ausschlusses nicht mehr Anteilsinhaber sein. Der Geschäftsanteil, an dem die Gesellschaft das Verfügungsrecht erwirbt, besteht vorübergehend als trägerloses Recht (H. Winter/Seibt in Scholz GmbH-Gesetz, Anhang § 34, Rdnr. 47). Auch dies entspricht insoweit der Regelung des § 18 des Gesellschaftsvertrages, wonach der ausgeschlossene Gesellschafter von der Beteiligung an schwebenden Geschäften ausgeschlossen ist und sich die Abfindung auf den Zeitpunkt seines Ausscheidens berechne. Jedenfalls aber hat die Klägerin den bisherigen Geschäftsanteil des ausgeschiedenen Gesellschafters A nicht treuhänderisch in dem Sinne gehalten, dass sie den Geschäftsanteil für Rechnung eines anderen innehatte. Darauf hat die Klägerin auch zutreffend in ihrem Schriftsatz vom 20. November 2009 hingewiesen.
Da die Klage nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage bereits von Anfang an voraussichtlich erfolgreich war, kommt auch eine abweichende Kostenverteilung nach § 137 FGO nicht in Betracht.