Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.08.1998, Az.: X 264/94

Anspruch auf Aufhebung eines Einkommensteuerbescheides; Hinreichende inhaltliche Bestimmtheit eines Steuerbescheides; Nichtvorliegen von Bedenken gegen die Richtigkeit der Besteuerungsgrundlagen

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
19.08.1998
Aktenzeichen
X 264/94
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1998, 18973
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1998:0819.X264.94.0A

Fundstelle

  • ZKF 1999, 228

Verfahrensgegenstand

Einkommensteuer 1990 und 1991

Der X. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
nach mündlicher Verhandlung
in der Sitzung vom 19.8.1998,
an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter ... am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtliche Richterin ...
ehrenamtlicher Richter ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten zu tragen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit der Einkommensteuerbescheide 1990 und 1991.

2

Die Klägerin ist seit 1973 mit Herrn A. L. verheiratet. Bis zum 1. August 1992 war sie als alleinige Kommanditistin an der AB-L. -K. GmbH u. Co. KG, R Str. in H. und über Geschäftsanteile an der Komplementär GmbH (L GmbH) beteiligt. Die steuerlichen Angelegenheiten der Eheleute nahm bereits vor 1990 der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin wahr.

3

Für beide Streitjahre veranlagte das beklagte Finanzamt (FA) die Klägerin und ihren Ehemann zusammen zur Einkommensteuer. Wegen Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung 1990 schätzte es in dem unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid vom 16.09.1992 die Besteuerungsgrundlagen; adressiert war der Bescheid an Herrn und Frau A. und B. L., R. Str. ,in H.". Auf eine spätere Anfrage bei der unter der Adresse ansässigen AB-L. -K. GmbH u. Co KG über den Verbleib des Bescheides erhielt das FA die Auskunft, hierzu könnten keine Angaben gemacht werden.

4

Am 14. Dezember 1992 reichten die Eheleute dann über ihren Prozeßbevollmächtigten die Einkommensteuererklärung 1990 ein. Als gemeinsame Anschrift gaben sie im Erklärungsvordruck die Adresse "G. Str., H. "an, überdies führte die Klägerin als von ihrem Ehemann abweichende Namen "L K" an. Das FA veranlagte die Eheleute antragsgemäß und erließ am 8. Januar 1993 einen nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid. Diesen adressierte es an "Herrn und Frau A. und B. L., G-Str., H.".

5

Zum 1. Februar 1993 meldeten sich die Eheleute in der F - str. in N. an, der Anschrift ihres Prozeßbevollmächtigten, gleichzeitig meldeten sie sich von ihrer bisherigen Adresse G str ... ab. Tatsächlich halten sich die Eheleute seit 1993 in der Republik Südafrika auf.

6

Die Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr 1991 schätzte das FA zunächst ebenfalls mangels Abgabe der Steuererklärung. Der Bescheid vom 16.08.1993 erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, war an den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin adressiert und mit dem Hinweis versehen, der Bescheid ginge ihm als Empfangsbevollmächtigten für Herrn und Frau A. und B. L., G str, H, zu.

7

Durch ihren Prozeßbevollmächtigten legten die Eheleuten dagegen am 06.09.1993 Einspruch ein. Im gleichen Schreiben bat der Prozeßbevollmächtigte um Fristverlängerung zur weiteren Begründung, weil die Eheleute ihren Wohnsitz nach Übersee verlegt hätten. Später reichte er zur Begründung des Einspruchs die Einkommensteuererklärung 1991 ein. Im Erklärungsvordruck gaben die Eheleute ihre neue Wohnung mit "F str ..., N" und die Klägerin ihren abweichenden Familiennamen an. Das FA veranlagte die Eheleute erklärungsgemäß und erließ am 13. Dezember 1993 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid, mit dem sich auch der Einspruch der Kläger erledigte. Den Vorbehalt der Nachprüfung hob das FA auf. Die Adressierung entsprach dem vorhergehenden Bescheid.

8

Am gleichen Tag hob das FA auch den Vorbehalt der Nachprüfung für den Einkommensteuerbescheid 1990 auf. Die Adressierung dieses Bescheides entsprach den Bescheiden für 1991.

9

Mit Schreiben vom 21. Dezember 1993 legte der Prozeßbevollmächtigte für die Eheleute Einspruch gegen die Einkommensteuerbescheide 1990 und 1991 ein. Als Wohnsitz der Eheleute L teilte er seine eigene Anschrift mit. Da der Einspruch nicht begründet wurde, wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 7. Juni 1994 die Einsprüche als unbegründet zurück. Den Einspruchsbescheid adressierte es an den Prozeßbevollmächtigten. Die Einspruchsführer bezeichnete es im Bescheid mit "Eheleute A. L. und B. L -K, N, F str ...".

10

Dagegen richtet sich die Klage.

11

Während des Klageverfahrens führte das FA einen Verlustrücktragaus 1992 durch und erließ am 11. Mai 1995 einen nach § 10d Abs. 1 Satz 2 EStG geänderten Einkommensteuerbescheid für 1990, den es ebenfalls an den Prozeßbevollmächtigten übersandte. In die Verlustermittlung bezog das FA die Entnahme eines Pkw ein. Den Entnahmewert des Pkw von DM 120.000 ermittelte das FA unter Aufrundung aus den Anschaffungskosten von DM 183.987, gekürzt um die zeitanteilige AfA für ca. 1,5 Jahre von DM 68.995 bei einer geschätzten Nutzungsdauer von 4 Jahren. Die Klägerin hat diesen Bescheid gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

12

Die Klägerin ist der Auffassung, die Einkommensteuerbescheide für 1990 und 1991 seien nichtig. Ihre Auffassung begründet sie wie folgt:

  1. 1.

    In beiden Bescheiden sei als Adressatin "Frau B. L." genannt worden. Sie heiße aber "B. L -K". Hierdurch sei sie so ungenau bezeichnet worden, daß Verwechslungen, insbesondere mit der früheren Ehefrau ihres Gatten, nicht auszuschließen seien. Das führe aufgrund inhaltlicher Unbestimmtheit der Bescheide zu deren Nichtigkeit. Eine Auslegung anhand der Anschrift könne nicht erfolgen, weil sie - die Klägerin - auch in dieser nicht richtig angegeben sei.

  2. 2.

    Weiter rügt die Klägerin die Übersendung der Bescheide an ihren Prozeßbevollmächtigten, für den keine Empfangsvollmacht dem FA gegenüber erteilt worden sei. Im übrigen sei der Einkommensteuerbescheid 1990 vom 16.09.1992 weder ihr, noch ihrem Ehemann, bzw. ihrem Prozeßbevollmächtigten zugegangen.

  3. 3.
    1. a)

      Hinsichtlich des nach § 10d EStG geänderten Einkommen steuerbescheides 1990 vom 14.12.1994 meint die Klägerin, dieser Bescheid sei nicht wirksam, denn ein geänderter Bescheid setze einen Ursprungsbescheid voraus. Ein solcher sei aber nicht vorhanden, weil der Änderungsbescheid sich an Frau "L -K" richte, ein an sie gerichteter Ursprungsbescheid aber nicht existiere.

    2. b)

      Hilfsweise machte die Klägerin geltend, der Verlustrücktrag sei um DM 40.000 zu niedrig berücksichtigt worden, weil der Verkehrswert des entnommenen Pkw Mercedes 600 um DM 40.000 zu hoch angesetzt worden sei. Tatsächlich betrage der Verkehrswert nicht DM 120.000, sondern nur DM 80.000. Zum Beweis des geringeren Verkehrswertes bezieht sie sich auf die von ihr vorgelegten schriftlichen Kaufangebote.

13

Der Klägervertreter beantragte,

festzustellen, daß die Einkommensteuerbescheide für 1990 vom 11.5.1995 und für 1991 vom 13.12.1993 nichtig sind,

14

hilfsweise,

einen Verlustrücktrag aus 1993 in Höhe von DM 718.351 nach 1991 vorzunehmen.

15

Das beklagte FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

16

Das FA ist der Auffassung, es handele sich bei der fehlenden Nennung des Doppelnamens der Klägerin um eine nur geringfügige Abweichung in der Schreibweise, die im konkreten Fall keine Verwechslungsgefahr begründet habe. Das ergebe sich aus der Bezeichnung der Eheleute durch den Prozeßbevollmächtigten als "Eheleute A. L., der Namensangabe "L ,B." auf ihrer Lohnsteuerkarte und dem Umstand, daß die Klägerin bereits seit 1973 verheiratet sei. Im übrigen sei die fehlerhafte Bezeichnung der Klägerin in den Einspruchsentscheidungen geheilt worden. Was den Verlust für 1992 betreffe, so sei dieser zutreffend ermittelt worden. Die Aufrundung sei erfolgt, um Unsicherheiten über die genauen Zeitpunkte der Anschaffungund Entnahme abzudecken. Die von der Klägerin vorgelegten Kopien der Kaufangebote zweier Firmen seien nicht geeignet, den vom FA angesetzten Entnahmewert zu widerlegen.

17

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und auf den Inhalt der Steuerakten sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 19.8.1998.

Entscheidungsgründe

18

Die Klage ist unbegründet. Die Einkommensteuerbescheide 1990 und 1991 sind wirksam.

19

I

Einkommensteuer 1990:

20

Die Einkommensteuerbescheide für 1990 vom 8. Januar 1993, 13. Dezember 1993 und 11. Mai 1995 sind inhaltlich hinreichend bestimmt und wirksam bekanntgegeben worden. Bedenken gegen die Richtigkeit der Besteuerungsgrundlagen bestehen nicht.

21

1.

Bezeichnung der Steuerschuldnerin:

22

In allen Bescheiden hat das FA die Klägerin in genügender Weise (vgl. §§ 119 Abs. 1, 157 Abs. 1 S. 2 AO) als Steuerschuldnerin oder - dem allgemeineren Terminus des Prozeßbevollmächtigten folgend -, als Inhaltsadressatin bezeichnet. Denn trotz fehlerhafter Angaben ist der Steuerschuldner in ausreichender Weise bezeichnet, wenn aufgrund der konkreten Umstände kein Irrtum über die Person entstehen kann (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 16. Auflage, Köln 1996, § 122 AO, Tz. 2; § 155 AO Tz.10 b; § 157 AO Tz. 5). Davon ist im Streitfall auszugehen. Der Bescheid vom 8. Januar 1993 richtete sich an "Herrn und Frau A und B L, G str, H. Bereits die Verknüpfung "Herrn und Frau" weist auf das Ehepaar und nicht auf die frühere Ehefrau des Herrn A. L. hin. Um eine Verwechslungsgefahr mit ihrzu begründen,müßte diese nicht nur den gleichen Vornamen wie die Klägerin tragen und unter der gleichen Adresse wohnen, sondern auch im Streitjahr 1990 mit Herrn L. verheiratet gewesen sein. Nur dann wäre ein zusammengefaßter Einkommensteuerbescheid gegen beide denkbar. Die frühere Ehe bestand aber bereits seit 1973(!) nicht mehr. Zudem konnte die Klägerin anhand des Steuerbescheides erkennen, daß diesem die von ihr und ihrem Ehemann erklärten Besteuerungsgrundlagen zugrundelagen. Bei Berücksichtigung all dieser Umstände kommt dem Namensbestandteil "K" vorliegend keine wesentliche Unterscheidungsfunktion zu, obwohl namensrechtlich die Klägerin mit dem Doppelnamen zu bezeichnen ist.

23

Gestützt wird diese Beurteilung auch durch die ansonsten nureingeschränkte Bezeichnung der Klägerin mit ihrem vollen Doppelnamen im täglichen Rechtsverkehr. Zwar unterschreibt sie mit"L.-K", doch sowohl auf der Lohnsteuerkarte der GmbH, an der die Klägerin Geschäftsanteile besaß, wurde sie als "L., B" geführt, als auch in der früheren Korrespondenz des Prozeßbevollmächtigten mit dem FA durch die Bezeichnung "Eheleute L." mitbenannt.

24

Bei Berücksichtigung all dieser Umstände konnte in dem Bescheid die Klägerin nur sich als Steuerschuldnerin neben Herrn L bezeichnet sehen. Gleiches gilt für die Bescheide vom 13. Dezember 1993 und 11. Mai 1995. In letzterem ist die Klägerin zudem mit vollem Namen genannt. Ergänzend ist noch anzumerken, daß im Einspruchsbescheid vom 7. Juni 1994, der sich auf den Steuerbescheid vom 13. Dezember 1993 bezieht, die Klägerin mit vollem Doppelnamen bezeichnet wurde. Gemäß § 44 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) wird dem angefochtenen Bescheidseine endgültige Form durch die Einspruchsentscheidung gegeben. Die namensrechtlich unvollständige Bezeichnung der Klägerin ist durch sie hinreichend korrigiert worden.

25

Die in den Bescheiden ab 13. Dezember 1993 nicht mehr aktuelle Anschrift der Klägerin ist unschädlich für deren inhaltliche Bestimmtheit. Die Bescheide sind dem Prozeßbevollmächtigten bekanntgegeben worden und die Zuordnung zur Klägerin war anhand der alten Wohnsitzangabe zweifelsfrei möglich.

26

2.

Bekanntgabe:

27

Die Bescheide sind wirksam nach § 122 Abs. 1 AO der Klägerin als Steuerschuldnerin bekanntgegeben worden.

28

Den Zugang des Bescheides vom 8. Januar 1993 hat die Klägerin nicht bestritten. Die Bezeichnung der Klägerin als Adressatin war auch ausreichend. Weil Bekanntgabeadressatin und Steuerschuldnerin hier identisch sind, kann auf die entsprechend geltenden Ausführungen zur Kennzeichnung der Klägerin als Steuerschuldnerin verwiesen werden.

29

Den Bescheid über die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung, wie auch den Änderungsbescheid vom 11. Mai 1995 durfte das FA an den Prozeßbevollmächtigten übersenden.

30

Gemäß § 122 Abs. 1 S. 3 AO kann ein Verwaltungsakt - wie der Steuerbescheid - auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekanntgegeben werden. Einer ausdrücklichen Empfangsvollmacht bedarf es nicht, weil die Vollmacht gemäß § 80 Abs. 1 S. 2 AO zu allen Verfahrenshandlungen ermächtigt, wenn sich aus dem Inhalt der Vollmacht nichts Gegenteiliges ergibt.

31

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin und ihr Ehemann dem Prozeßbevollmächtigten ausdrücklich eine stillschweigende Innenvollmacht erteilten. Zumindest ist er nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht bevollmächtigt. Eine Duldungsvollmacht besteht, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen läßt, daß ein anderer für ihn auftritt und die Finanzbehörde dieses Dulden dahin verstehen darf, daß der andere bevollmächtigt ist. Bereitsin den Vorjahren war der Prozeßbevollmächtigte für die Klägerin und ihren Ehemann in steuerlichen Angelegenheiten gegenüber dem FA aufgetreten und hat wiederholt Steuerbescheide für sie in Empfang genommen. Auch in 1990 und 1991 erstellte er für die Klägerin und ihren Ehemann die Steuererklärungen, führte die Korrespondenz mit dem FA und gab wiederholt Erklärungen in ihrem Namen ab.

32

Dieses der Klägerin bekannte Verhalten konnte vom FA nur dahingehend verstanden werden, daß die Klägerin ihren Prozeßbevollmächtigten zur Wahrnehmung ihrer steuerlichen Interessen gegenüber dem FA bevollmächtigt hatte. Diese Duldungsvollmacht würde nur dann nicht die Empfangnahme von Steuerbescheiden mitumfassen, wenn das geduldete Verhalten hierauf einen Hinweis enthielte. Doch anstatt auf einen Ausschluß deuteten die weiteren Umstände auf das Bestehen einer Empfangsvollmacht hin. So teilte der Prozeßbevollmächtigte zwar dem FA in seinem Einspruchsschreiben vom 6. September 1993 mit, die Eheleute hätten ihren Wohnsitz nach Übersee verlegt, jedoch keine neue Adresse. Sowohl in der später eingereichten Einkommensteuererklärung für 1991 als auch im Einspruchsschreiben vom 21. Dezember 1993 gab er den neuen Wohnsitz der Eheleute unter seiner Anschrift an. Weil die Eheleute aber zu keinem Zeitpunkt tatsächlich ihren Lebensmittelpunkt in der F str, N, begründet hatten, konnte dies vom FA nur als Empfangsvollmacht für den Prozeßbevollmächtigten verstanden werden.

33

Das FA durfte damit im Wege pflichtgemäßen Ermessens an den Prozeßbevollmächtigten Bekanntgaben vornehmen. In der Bekanntgabe der Steuerbescheide an ihn liegt auch bei Berücksichtigung der Wohnsitzverlagerung der Klägerin ins Ausland kein fehlerhafter Ermessensgebrauch.

34

Weil die Bescheide vom 8. Januar 1993, 13. Dezember 1993 und 11. Mai 1995 wirksam sind, kann es dahinstehen, ob das FA denersten für 1990 erlassenen Einkommensteuerbescheid vom 6. September 1992 der Klägerin wirksam bekanntgegeben hat. Dies wäre zu verneinen, wenn die AB-L -K GmbH & Co. KG den Bescheid nicht an die aus der Gesellschaft bereits ausgeschiedene Klägerin weitergeleitet hätte. Davon kann jedoch nach Überzeugung des Senats nicht ausgegangen werden. Denn der mit Bescheid vom 16.9.1992 vom FA geforderte Gesamtbetrag von DM 7.134,10 ist fristgerecht an die Finanzkasse entrichtet worden, so daß dieser Bescheid der Klägerin bzw. ihrem Prozeßbevollmächtigten zugegangen sein muß. Im übrigen wies auch der Einkommensteuerbescheid vom 8. Januar 1993 eine Steuernachzahlung der Eheleute aus und führte zu seiner Begründung alle Besteuerungsgrundlagen auf. Mit seiner Bekanntgabe wurde die Steuernachforderung gegen die Eheleute deshalb wirksam. Dem steht nicht entgegen, daß der Bescheid vom 8.1.1993 alsÄnderungsbescheid nach § 164 Abs. 2 AO erging. Denn § 164 Abs. 2 AO wäre die Rechtsgrundlage für eine Änderung des Bescheides vom 16. September 1992 bei dessen wirksamer Bekanntgabe gewesen, wohingegen bei fehlender Bekanntgabe eine Berechtigung zur Änderung nicht erforderlich gewesen wäre. Dann würde es sich bei dem Bescheid vom 8. Januar 1993 nämlich um einen Erstbescheid handeln.

35

3.

Besteuerungsgrundlagen:

36

Die Bescheide sind auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Gerügt hat die Klägerin allein die Höhe des Verlustrücktrages aus 1992 im Bescheid vom 11. Mai 1995. Das FA hat aber bei Berechnung des Verlustes für 1992 den Entnahmewert des Pkw Daimler Benz zutreffend mit DM 120.000 ermittelt.

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Grundsätzlich trägt auch im Steuerrecht jede Partei für die für sie günstigen Umstände die objektive Beweislast. Sie hat die Folgen der Nichterweislichkeit der Voraussetzungen einer ihr günstigen Norm zu tragen. Für die Höhe eines Entnahmegewinns alssteuerbegründende und -erhöhende Tatsache ist daher grundsätzlich das FA beweispflichtig. Unstreitig ist zwischen den Beteiligten der Umstand der Entnahme, die Anschaffungskosten des Pkw und die ungefähren Zeitpunkte seiner Anschaffung und Entnahme. Für den aus diesen Faktoren bei Ansatz einer angemessenen Nutzungsdauer von vier Jahren vom FA ermittelten Zeitwert von DM 120.000,- spricht der Beweis des ersten Anscheins. Weil es sich bei der Entnahmewertermittlung um eine Schätzung nach § 162 AO handelt, konnte das FA die sich aus der Ungewißheit über Anschaffungs- und Entnahmezeitpunkt ergebenden Unsicherheiten durch eine Aufrundung ausgleichen. Die aus 1992 datierenden undvon der Klägerin vorgelegten Angebotsschreiben, die für den Pkw einen Preis von ca. DM 82.000 bzw. DM 86.000 auswiesen, sind nach Auffassung des Senats zur Erschütterung des Entnahmewertes von DM 120.000 nicht geeignet. Auffällig ist an ihnen, daß sievon der gleichen Person am gleichen Tag für zwei unterschiedliche Firmen mit gleicher Anschrift ausgestellt wurden. Dies vermittelt den Eindruck von Gefälligkeitsbescheinigungen, zumal es unverständlich ist, warum bei einer Angebotsabgabe durch dieselbe Person ein unterschiedlicher Preis für den Pkw geboten werden sollte, auch wenn unterschiedliche Kapitalgesellschaften durch diese Person vertreten werden. Für den Nachweis eines untypischen niedrigeren Verkehrswerts hätte es deshalb zumindest weiterer Kaufangebote bedurft oder der Einschätzung eines Kfz-Sachverständigen.

38

Der Senat sieht insoweit auch keine Veranlassung, dem Beweisantrag des Klägervertreters auf Vernehmung des Ing. ... nachzugehen. Denn der Beweisantrag ist unsubstantiiert, so daß der Senat ihm nicht nachgehen mußte. Als Beweisantritt versteht die herrschende Meinung (vgl. Baumbach/Lauterbach, ZPO 43. Aufl., Einf. § 284,5) die Einführung eines bestimmten Beweismittels in den Prozeß zum Beweis einer bestimmten Behauptung, des sogenannten Beweisthemas. Im Streitfall hat der Klägervertreter zwar den Ing. benannt. Offen bleibt insoweit aber, ob Herr Hoffmann tatsächlich als Zeuge oder aber - in seiner Eigenschaft als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger - als Sachverständiger oder sachverständiger Zeuge aussagen soll. Unklar ist auch, was der Ing. ... im einzelnen bekunden soll, denn seitens der Klägerseite fehlen jegliche Ausführungen, ob überhaupt und falls ja, was genau, Herr zum Entnahmewert des Pkw Daimler- Benz bekunden könnte. Das gilt umso mehr, als sich aus der in Ablichtung eingereichten Gebührenrechnung des Herrn entnehmen läßt, daß der Pkw offenkundig gar nicht im Streitjahr 1990 sondern erst Mitte 1992 in Augenschein genommen worden ist. Nach alledem ist die Klage wegen Einkommensteuer 1990 unbegründet.

39

II.

Einkommensteuer 1991:

40

Die unter I 1 und 2 gemachten Ausführungen gelten in gleicher Weise für den Einkommensteuerbescheid 1991 vom 13. Dezember 1993. Im Hinblick auf die Bezeichnung der Klägerin als Steuerschuldnerin und die Bekanntgabe der Bescheide an den Prozeßbevollmächtigten ergeben sich keine gegenüber den Bescheiden für 1990 neuen Gesichtspunkte. Es wird deshalb auf die obigen Ausführungen verwiesen.

41

III.

Keinen Erfolg hat auch der Hilfsantrag der Klägerin, denn die Voraussetzungen für einen Verlustrücktrag gem. § 10 d EStG hat der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vom 19.8.1998 erstmals behauptet, ohne diesen aber durch nachvollziehbare und für den Senat in der mündlichen Verhandlung zu überprüfende Unterlagen zu substantiieren. Die bloße Behauptung, es sei ein Verlustrücktrag vorzunehmen, ist jedenfalls nicht geeignet, einen entsprechenden Anspruch zu begründen, zumal der Klägervertreter seit 1994 Gelegenheit gehabt hätte, die entsprechenden Voraussetzungen darzulegen. Der Senat sieht sich daher außerstande, zugunsten der Klägerin die Voraussetzungen des § 10 d EStG in der vom Klägervertreter behaupteten Höhe bei der Veranlagung zu berücksichtigen. Die Klägerin erleidet insoweit aber auch keinen Rechtsnachteil, da der Verlustrücktrag gem. § 10 d EStG von Amts wegen vorzunehmen ist und es in der Hand der Klägerin liegt, das Finanzamt - ggfs. durch Einlegung eines außergerichtlichen Rechtsbehelfs - zu veranlassen, einen substantiiert geltend gemachten Verlustrücktrag zu berücksichtigen.

42

Die Klage ist nach alledem in vollem Umfang abzuweisen. Die Nebenentscheidung folgt aus §§ 135 Abs. 1, 143 Abs. 1, 150, 153 FGO.

43

Die Revision ist nicht zugelassen worden.