Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 25.08.1998, Az.: VI 275/96

Gehalt einer Gesellschafter-Geschäftsführerin als verdeckte Gewinnausschüttung; Angemessenheit des Gehalts einer Gesellschafter-Geschäftsführerin als Voraussetzung seiner körperschaftssteuerrechtlichen Anerkennung; Bestellung einer Geschäftsführerin als Scheingeschäftsführung ; Übliche Tätigkeiten einer GmbH-Geschäftsführerin; Bestellung eines organschaftlichen Vertreters als Gründungsvoraussetzung einer GmbH

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
25.08.1998
Aktenzeichen
VI 275/96
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1998, 30113
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1998:0825.VI275.96.0A

Fundstellen

  • GmbHR 1998, 1234-1236
  • NWB DokSt 1999, 249-250
  • SteuerBriefe 1999, 410

Verfahrensgegenstand

Bestellung eines Generalbevollmächtigten durch Geschäftsführer kein Indiz für gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Gf-Gehälter

Qualifikation eines Geschäftsführers

Körperschaftsteuer 1986-1991

Gewerbesteuermeßbetrag 1986-1991

Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals zum 31.12.1986,- 31.12.1987, 31.12.1989, 31.12.1990 und zum 31.12.1991

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis kann auch bei Vorliegen von Umständen anzunehmen sein, die zu dem Schluss zwingen, das mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer geschlossene Rechtsgeschäft sei von Anfang an nicht ernstlich gewollt gewesen.

  2. 2.

    Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis als Voraussetzung einer verdeckten Gewinnausschüttung kann aus der Erteilung einer umfassenden Vollmacht an eine neben der GmbH-Geschäftsführerin für die Gesellschaft tätige Person nicht gefolgert werden. Unabdingbare Voraussetzung für die Handlungsfähigkeit einer GmbH ist die Bestellung eines organschaftlichen Vertreters. Diesem obliegt als GmbH-Geschäftsführer die Festlegung der geschäftlichen Leitlinien sowie die Verwirklichung des Gesellschaftszwecks. Im Rahmen seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung kommt ihm ein Organisationsermessen zu, ob er die ihm obliegenden Aufgaben selbst oder unter Einschaltung Dritter erledigt.

  3. 3.

    Bei der Bemessung des Gehalts eines GmbH-Geschäftsführers ist nicht allein dessen fachliche Qualifikation entscheidend. Neben Art und Umfang der ausgeübten Tätigkeit ist die Angemessenheit eines Geschäftsführungsgehaltes auch nach den Umsätzen sowie dem Gewinn eines Unternehmens, den künftigen Ertragsaussichten, dem Verhältnis des Gehalts zum Gesamtgewinn, der verbleibenden Kapitalverzinsung und der Vergütung vergleichbarer Unternehmen zu bewerten.

Der VI. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
nach mündlicher Verhandlung
in der Sitzung vom 25. August 1998,
an der mitgewirkt haben:
1. Präsident des Finanzgerichts ... als Vorsitzender ...
2. Richterin am Finanzgericht ...
3. Richter am Finanzgericht ...
4. ehrenamtliche Richterin ... Industriekauffrau
5. ehrenamtliche Richterin ... Beamtin
für Recht erkannt:

Tenor:

Das Verfahren wegen Gewerbesteuermeßbetrag 1986-1991 wird abgetrennt und gemäß § 72 FGO eingestellt.

Unter Aufhebung der Einspruchsbescheide vom 3. April 1996 werden die Körperschaftsteuerbescheide 1988-1991 sowie die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Körperschaftsteuergesetz zum 31.12.1988 bis 31.12.1991 jeweils vom 11.7.1994 bzw. 13.6.1995 geändert und die Körperschaftsteuer 1988 bis 1991 unter Berücksichtigung einer Minderung der verdeckten Gewinnausschüttung für 1988 in Höhe von 61.400 DM, für 1989 und 1990 jeweils in Höhe von 60.700 DM und für 1991 in Höhe von 62.500 DM festgesetzt sowie die Teilbeträge des verwendbaren Eingekapitals entsprechend festgestellt.

Die Berechnung der Steuer und der Besteuerungsgrundlage wird dem Beklagten übertragen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der der Klägerin zu erstattenden Kosten abzuwenden, wenn diese nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Gehälter an die Gesellschafter-Geschäftsführerin für die Streitjahre 1986-1991 als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) zu behandeln sind.

2

Die Klägerin wurde am 30. Dezember 1974 in der Rechtsform einer GmbH von dem Architekten H (H) und dessen Ehefrau der Sekretärin W (W) gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist die Planung, die Baubetreuung und der Verkauf von Hochbauwerken und Grundstücken. Das Stammkapital hielten die Gesellschafter je zur Hälfte. Alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer war der Gesellschafter H. Durch Beschluß der Gesellschafterversammlung vom 11. Dezember 1984 wurde das Stammkapital von 20.000 DM auf 100.000 DM erhöht. Den Erhöhungsbetrag übernahm der Gesellschafter H. Sogleich wurde er als Geschäftsführer abberufen und Frau W zur Geschäftsführerin bestellt. Am selben Tag erteilte sie dem früheren Geschäftsführer H eine Generalvollmacht. Am 18. Dezember 1984 schloß die Klägerin mit ihrer Geschäftsführerin einen Anstellungsvertrag, wonach dieser 5.000 DM monatlich als Vergütung erhält.

3

Durch Gesellschaftsvertrag vom 24. April 1986 übertrug der Gesellschafter H seine Anteile an der Klägerin auf die Mitgesellschafterin.

4

Im Rahmen einer Außenprüfung gelangte der Beklagte zu der Auffassung, daß die Geschäftsführung fast ausschließlich durch den Generalbevollmächtigten wahrgenommen werde. Er führe durch sein Architektenbüro alle für die GmbH erforderlichen Architektenleistungen aus.

5

Dementsprechend behandelte der Beklagte den Arbeitslohn der Gesellschafter-Geschäftsführerin für die Streitjahre 1988 bis 1991 als vGA. Für 1986 und 1987 wurden die Verlustrückträge entsprechend rückgängig gemacht. Gegen die geänderten Körperschaftsteuerbescheide 1986 bis 1991, die geänderten Bescheide über die Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals zum 31. Dezember 1986 bis 31. Dezember 1991 jeweils vom 11. Juli 1994 legte die Klägerin Einspruch ein, der vom Beklagten als unbegründet zurückgewiesen wurde. Der Körperschaftsteuerbescheid 1991 wurde im Rahmen des Einspruchsverfahrens durch Bescheid vom 13. Juni 1995 ersetzt. Der Beklagte stellte die Ausschüttungsbelastungher. Wegen des verwendbaren Eigenkapitals wird auf die Bescheide zur gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen (Bl. 75 f der vEK-Akte) Bezug genommen.

6

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin vom Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung abzusehen. Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor, die Gesellschafter-Geschäftsführerin sei von der Klägerin angestellt gewesen und habe im Verhältnis zu ihrer Leistung und Verantwortung ein entsprechendes Gehalt bezogen. Ferner sei sie tatsächlich im Unternehmen tätig gewesen. Für die Anerkennung als Betriebsausgaben sei es unerheblich, ob die Aufwendungen für das Arbeitsverhältnis als Geschäftsführergehalt, als Gehalt der Sekretärin oder Bürokraft bezeichnet werde. Zudem sei das Arbeitsverhältnis durch die Vor-Bp bereits anerkannt worden.

7

Der Beklagte irre sich, wenn er meine, daß die Bestellung zur Geschäftsführerin tatsächlich nicht gewollt gewesen sei und als Scheingeschäftsführung zu beurteilen sei. Dies gelte auch fürdas Anstellungsverhältnis mit der Geschäftsführerin. Die vom Beklagten behaupteten Geschäftsführerpflichten bestünden nicht in dieser Weise, sondern hier verwechsle der Beklagte die Stellung des Gesellschafter-Geschäftsführers einer OHG mit derjenigen Geschäftsführerposition bei einer GmbH. Die von der Geschäftsführerin zu erfüllenden Verpflichtungen seien dem Gesetz zu entnehmen. Diese Pflichten habe die Geschäftsführerin im wesentlichen erfüllt.

8

Demgegenüber sei der Geschäftsführer einer GmbH nicht verpflichtet im Rahmen der Führung der Geschäfte sämtliche Auftragserledigungen persönlich durchzuführen. So müsse der Geschäftsführer der Klägerin nicht die Auftragserteilung der Bauherren selbst beeinflussen oder Zeichnungen fertigen oder in den Baugruben die Aufsicht führen. Demzufolge sei die Erteilung der Generalvollmacht unschädlich. Ferner müsse berücksichtigt werden, daß jeder Geschäftsführer einem Haftungs- und Strafverfolgungsrisiko ausgesetzt sei.

9

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung der Einspruchsbescheide vom 3. April 1996 und Änderung der Körperschaftsteuerbescheide 1988 bis 1991 sowie der Bescheide über die Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals zum 31. Dezember 1988 bis 31. Dezember 1991, vom 11. Juni 1994 und 13. Juni 1995 vom Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung für 1988 in Höhe von 61.400 DM, für 1989 und 1990 jeweils in Höhe von 60.700 DM und für 1991 in Höhe von 62.500 DM abzusehen.

10

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

11

Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor, es werde zwar nicht bestritten, daß die Bestellung zur Geschäftsführerin ernsthaft gemeint sei. Er gehe jedoch davon aus, daß der Anstellungsvertrag nicht ernsthaft abgeschlossen worden sei. Die Geschäftsführerin habe lediglich Botengänge zu Behörden, wie das Überbringen von Vorentwürfen und Bauantragsunterlagen übernommen. Die Teilnahme an Schlüsselübergaben und die beratenden Tätigkeiten auf Baustellen und Hausbesichtigungen entsprächen nicht den üblichen Tätigkeiten einer Geschäftsführerin. Hieraus ergebe sich, daß lediglich untergeordnete Tätigkeiten von der Geschäftsführerin durchgeführt worden seien. Hierfür spreche im übrigen auch, daß die Geschäftsführerin während der Betriebsprüfung keine Auskunft erteilt habe.

12

Eine Umdeutung des Angestelltenvertrages in einen allgemeinen Dienstvertrag komme nicht in Betracht. Dementsprechend habe sie die geschuldete Arbeitsleistung als Geschäftsführerin tatsächlich nicht erbracht. Die Arbeitsleistung sei höchst persönlich zu erbringen, so daß sie nicht auf einen Dritten übertragen werden könne. Dementsprechend sei es auch unerheblich, daß die Geschäftsführerin tatsächlich einfache Arbeiten erledigt habe. Hieraus könne weder der Anspruch auf vollständige noch teilweise Entlohnung abgeleitet werden. Daran ändere auch die bloßeRechtsstellung als Geschäftsführerin nichts, da das damit verbundene Haftungsrisiko auch unentgeltlich übernommen werden könne. Die Gehaltszahlungen seien deshalb als vGA zu behandeln.

13

Die Gesellschafter-Geschäftsführerin wurde als Partei vernommen. Wegen des Inhalts ihrer Aussage wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.8.1998 (Bl. 77 ff FGA) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

14

Die Klage ist in dem noch anhängigen Umfang begründet.

15

Die Gehaltszahlung an die Gesellschafter-Geschäftsführerin war betrieblich veranlaßt. Der Beklagte durfte das zu versteuernde Einkommen nicht durch den Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung erhöhen.

16

Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang zu eineroffenen Ausschüttung steht (vgl. BFH-Urteil vom 2. Februar 1994 I R 78/92, BFHE 173, 412, Bundessteuerblatt (BStBl) II 1994, 479). Das hier allein streitige Definitionsmerkmal der Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis prüft die Rechtsprechung regelmäßig im Rahmen eines Fremdvergleichs anhand des Verhaltens eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis kann schließlich auch dann anzunehmen sein, wenn Umstände vorliegen, die zu dem Schluß zwingen, das mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer geschlossene Rechtsgeschäft sei von Anfang an nicht ernstlich gewollt gewesen. (Vgl. BFH-Urteile vom 23. Mai 1984 I R 294/81, BFHE 141, 266, BStBl II 1984, 673; vom 17. Oktober 1984 I R 22/79, BFHE 142, 276, BStBl II 1985, 69; vom 16. Dezember 1992 I R 2/92, BFHE 170, 175, BStBl II 1993,455; vom 29. Juni 1994 I R 11/94, BFHE 175, 253, BStBl II 1994, 952).

17

Davon geht die Rechtsprechung regelmäßig aus, wenn das Vertragsverhältnis nicht, nur teilweise oder in wesentlichen Punkten abweichend von der vertraglichen Regelung durchgeführt wurde (vgl. BFH-Urteil vom 13. November 1996 I R 53/95, BFH/NV 1997, 622).

18

Bei Anwendung der vorgenannten Grundsätze auf den Streitfall sind die Gehaltszahlungen nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt.

19

Die Gesellschafterin W wurde durch die Gesellschafterversammlung rechtswirksam zur Geschäftsführerin bestellt. Im Anschluß an die Bestellung vereinbarte sie mit der Klägerin durch zivilrechtlich wirksamen Anstellungsvertrag vom 18. Dezember 1984 eine monatliche Vergütung von 5.000 DM. Die Gehaltszahlung erfolgte vertragsgemäß. Schließlich arbeitete die Geschäftsführerin auch unstreitig im Unternehmen der Klägerin mit.

20

Entgegen der Ansicht des Beklagten spricht weder die der Bestellung zur Geschäftsführerin unmittelbar nachfolgende Erteilungeiner Generalvollmacht an den Ehemann der Geschäftsführerin für eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung noch die von der Geschäftsführerin ausgeführte Tätigkeit.

21

Der Geschäftsführer einer GmbH ist organschaftlicher Vertreter. Er vertritt die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich, § 35 Abs. 1 GmbH-Gesetz. Die Bestellung eines organschaftlichen Vertreters ist daher unabdingbare Voraussetzung für die Handlungsfähigkeit einer GmbH, so daß die Vertretungsmacht im Außenverhältnis weder beschränkt war noch von der Mitwirkung eines nicht organschaftlichen Vertreters abhängig gemacht werden kann (vgl. Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 36 II 3).

22

Demzufolge kann ein Prokurist oder Generalbevollmächtigter allein die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft nicht gewährleisten. Dies schließt die zusätzliche Ernennung eines Prokuristen oder Generalbevollmächtigten jedoch nicht aus. Aus der Erteilung einer umfassenden Vollmacht an eine neben der Geschäftsführerin für die Gesellschaft tätige Person kann deshalb für sich eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung nicht gefolgert werden.

23

Es ist der Geschäftsleitung auch grundsätzlich freigestellt, ob sie sich zur Erledigung ihrer Aufgaben einer oder mehrerer Hilfspersonen bedient. Die Anstellung als Geschäftsführer, mithin die Leitung einer GmbH erfordert weder eine schulische und berufliche Mindestqualifikation noch die Befähigung, sämtliche Fachaufgaben selbständig erledigen zu können. Die gesetzliche Regelung umschreibt das Aufgabengebiet des Geschäftsführers nicht abschließend (vgl. etwa §§ 35 Abs. 1, 40, 41, 49, 51a, 78, 63f GmbH-Gesetz). Sie geht jedoch davon aus, daß die geschäftlichen Leitlinien und damit die Verwirklichung des Gesellschaftszweck durch den Geschäftsführer erfolgt. Dabei ist der Geschäftsführer jedoch frei, ob er sich zur Beurteilung fachlicher oder kaufmännischer Fragen externer Berater odereigener Mitarbeiter bedient und ob er die Führung einzelner Bereiche an Mitarbeiter zur eigenverantwortlichen Bearbeitung deligiert, sofern er sich die grundlegenden Entscheidungen selbst vorbehält.

24

Im Streitfall liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß die Geschäftsführerin ihre Leitungsfunktion nicht hinreichend wahrgenommen hat.

25

Der Ehemann der Geschäftsführerin hat als Architekt zwar die umfassendere Qualifikation für den Geschäftsbereich der Klägerin, so daß sich die Geschäftsführerin in Fachfragen regelmäßig auf ihren zum Generalbevollmächtigten bestellten Ehemann verlassen haben wird. Dies zeigt sich auch darin, daß der Generalbevollmächtigte zumeist die Vertragsanbahnung und Durchführung der Bauaufträge im wesentlichen geleitet hat. Nach eigenem Bekunden hat die Geschäftsführerin sich überwiegend dem kaufmännischen Bereich gewidmet, alle Büroarbeiten übernommen, Gespräche mit Baubehörden und Gemeinden sowie Handwerkern geführt. Hierausläßt sich jedoch nicht zwingend folgern, daß ihr die Entscheidung über die Art und Weise der Verfolgung des Unternehmenszweck nicht oblag.

26

Hierfür spricht zum einen, daß bei der Bestellung mehrerer Geschäftsführer die Aufteilung der Geschäftsführungsbefugnisse auf kaufmännische und fachspezifische Bereiche durchaus üblich ist. Insofern werden allgemein keine Zweifel an der geschäftsleitenden Tätigkeit auch des auf den kaufmännischen Bereich beschränkten Gechäftsführers hergeleitet. Zum anderen hatte die Geschäftsführerin die alleinige Verantwortung für das Unternehmen und die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit die Generalvollmacht zu widerrufen und sich gegebenenfalls eines anderen fachlichen Beraters zu bedienen.

27

Mit der Stellung als Geschäftsführerin ist ferner nicht nur die Verantwortung und Haftung gegenüber der GmbH verbunden, die im Streitfall vernachlässigt werden kann, da die Geschäftsführerinzugleich Alleingesellschafterin war. Als Geschäftsführerin unterliegt sie auch der Außenhaftung gegenüber Dritten, die sich insbesondere bei schuldhafter Verletzung eines ihr in ihren Organisationspflichten treffenden Schutzgesetzes im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB äußert (vgl. z.B. Peus, DStR 1998, 684). Von besonderer Bedeutung ist die Vernachlässigung der sogenannten Konkursantragspflicht (vgl. BGH, NJW 1990, 976 [BGH 05.12.1989 - VI ZR 335/88]; BGH, NJW-RR 1995, 1369 [BGH 11.07.1995 - VI ZR 409/94]). Zu dieser zivilrechtlichen Außenhaftung tritt eine eigene steuerrechtliche Haftung nach §§ 69, 34 AO hinzu (vgl. BFH, Urteil vom 15.04.87, VII R 160/83, BFHE 149, 505, BStBl II 1988, 167).

28

Die Übertragung weitreichender Befugnisse und Tätigkeiten auf den Generalbevollmächtigten läßt daher nicht den Schluß zu, die Einstellung der Geschäftsführerin beruhe auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage.

29

Für eine gesellschaftsrechtliche Veranlagung spricht auch nicht, wie der Beklagte meint, daß der Ehemann trotz seiner besonderen Qualifikation für seine damalige Geschäftsführungstätigkeit ebenfalls nur ein Gehalt in Höhe von 5.000 DM bezogen hat. Abgesehen davon, daß die fachliche Qualifikation nur ein Kriteriumfür die Bemessung eines Gehaltes ist, muß berücksichtigt werden, daß der Ehemann während seiner Geschäftsführungstätigkeit zusätzlich als freischaffender Architekt tätig war. Demgegenüber hat die Geschäftsführerin nunmehr ihre gesamte Arbeitskraft für die Klägerin einzusetzen.

30

Neben der Art und dem Umfang der ausgeübten Tätigkeit ist die Angemessenheit eines Geschäftsführungsgehaltes unter Berücksichtigung der Umsätze und Gewinne des Unternehmens, der künftigen Ertragsaussichten, dem Verhältnis des Gehalts zum Gesamtgewinn und zur verbleibenden Kapitalverzinsung sowie zur Vergütung vergleichbarer Unternehmen zu bewerten (vgl. BFH-Beschluß vom 16.10.1991, I B 227/90, BFH/NV 1992, 341).

31

Hierzu hat der Beklagte keinerlei substantiierte Einwendungenvorgetragen. Ferner kommt hinzu, daß auch die üblichen Steigerungsraten bei Geschäftsführerbezügen vom Beklagen außer acht gelassen wurden. Der Beklagte hat demzufolge das Gehalt zu unrecht als verdeckte Gewinnausschüttung dem zu versteuernden Einkommen hinzugerechnet.

32

Die Berechnung der festzusetzenden Körperschaftsteuer und festzustellenden Besteuerungsgrundlagen wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO auf den Beklagten übertragen. Dieser hat gemäß § 135 Abs. 1 die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO in Verbindung mit 151 FGO.