Finanzgericht Niedersachsen
Beschl. v. 18.08.1998, Az.: VII (III) 306/97
Verfassungsmäßigkeit der Grunderwerbsteuer auf durchschnittliche Eigenheime; Grunderwerbsteuerfreiheit des existenznotwendige Wohnvermögens; Gewährleistung des Eigentums
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 18.08.1998
- Aktenzeichen
- VII (III) 306/97
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1998, 18628
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1998:0818.VII.III306.97.0A
Rechtsgrundlagen
- Art. 2 Abs. 1 GG
- Art. 14 Abs. 1 GG
- Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG
Fundstellen
- KFR 1999, 27
- ZfIR 1999, 65-74
Verfahrensgegenstand
Grunderwerbsteuer
Amtlicher Leitsatz
Grunderwerbsteuer auf durchschnittliche Eigenheime verfassungswidrig?
Der VII. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
in der Sitzung vom 18. August 1998 ...
beschlossen:
Tenor:
Das Verfahren wird gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grund gesetzes (GG) ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung darüber vorgelegt, ob § 3 des Grunderwerbsteuergesetzes vom 17. Dezember 1982 (BGBl I 1777) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Februar 1997 (BGBl I 418; berichtigt S. 1804) - GrEStG -, nämlich die Vorschrift über die allgemeinen Ausnahmen von der Besteuerung, insoweit gegen Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, als die Norm nach Höhe und Ausgestaltung nicht hinreicht, das persönliche Gebrauchsvermögen (existenznotwendige Wohnvermögen) des Steuerbürgers in Form des selbstgenutzten durchschnittlichen Einfamilien-Hausgrundstücks grunderwerbsteuerfrei zu stellen.
Gründe
I.
I.1.
Vorlagefragen
Die Vorlage betrifft die Fragen,
- ob es mit der Gewährleistung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG und dem hiernach vom Bundesverfassungsgericht abgeleiteten besonderen Schutz des persönlichen Gebrauchsvermögens vor direkten Steuern vereinbar ist, den Erwerb eines zur Selbstnutzung bestimmten durchschnittlichen Eigenheims (Wert bis etwa 600 Tausend DM) der Grund erwerbsteuer zu unterwerfen,
- ob es mit der Gleichheit vor dem Gesetz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, den Erwerber des immobilen persönlichen Gebrauchsvermögens (etwa gebrauchtes Einfamilienhaus) mit einer Sondererwerbsteuer (Grunderwerbsteuer) zu belasten, hingegen den Erwerber des mobilen persönlichen Gebrauchsvermögens (etwa Erwerber von gebrauchten Personenkraftwagen, Mobilheimen, Hausbooten) sondererwerbsteuerlich nicht zu erfassen.
I. 2.
Die zur verfassungsrechtlichen Überprüfung anstehende Rechtsnorm
Das vorlegende Gericht setzt das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG aus und legt die Sache dem Bundesverfassungsgericht zur verfassungsrechtlichen Entscheidung über § 3 GrEStG vor. Nachfolgend ist der Text der Vorschrift wiedergegeben:
§ 3 Allgemeine Ausnahmen von der Besteuerung
Von der Besteuerung sind ausgenommen:
- 1.
der Erwerb eines Grundstücks, wenn der für die Berechnung der Steuer maßgebende Wert (§ 8) 5000 Deutsche Mark nicht übersteigt;
- 2.
der Grundstückserwerb von Todes wegen und Grundstücks schenkungen unter Lebenden im Sinne des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes. Schenkungen unter einer Auflage unterliegen der Besteuerung jedoch hinsichtlich des Werts solcher Auflagen, die bei der Schenkungsteuer abzieh bar sind;
- 3.
der Erwerb eines zum Nachlaß gehörigen Grundstücks durch Miterben zur Teilung des Nachlasses. Den Miterben steht der überlebende Ehegatte gleich, wenn er mit den Erben des verstorbenen Ehegatten gütergemeinschaftliches Vermögen zu teilen hat oder wenn ihm in Anrechnung auf eine Ausgleichsforderung am Zugewinn des verstorbenen Ehegatten ein zum Nachlaß gehöriges Grundstück übertragen wird. Den Miterben stehen außerdem ihre Ehegatten gleich;
- 4.
der Grundstückserwerb durch den Ehegatten des Veräußerers;
- 5.
der Grundstückserwerb durch den früheren Ehegatten des Ver äußerers im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung;
- 6.
der Erwerb eines Grundstücks durch Personen, die mit dem Veräußerer in gerader Linie verwandt sind. Den Abkömmlingen stehen die Stiefkinder gleich. Den Verwandten in gerader Linie sowie den Stiefkindern stehen deren Ehegatten gleich;
- 7.
der Erwerb eines zum Gesamtgut gehörigen Grundstücks durch Teilnehmer an einer fortgesetzten Gütergemeinschaft zur Teilung des Gesamtguts. Den Teilnehmern an der fortgesetz ten Gütergemeinschaft stehen ihre Ehegatten gleich;
- 8.
der Rückerwerb eines Grundstücks durch den Treugeber bei Auflösung des Treuhandverhältnisses. Voraussetzung ist, daß für den Rechtsvorgang, durch den der Treuhänder den Anspruch auf Übereignung des Grundstücks oder das Eigentum an dem Grundstück erlangt hatte, die Steuer entrichtet worden ist. Die Anwendung der Vorschrift des § 16 Abs. 2 bleibt unberührt.
Bis Ende 1982 galt das Gesetz zur Grunderwerbsteuerbefreiung beim Erwerb von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen (vom 11. Juli 1977, BGBl I 1218) - GrEStEigWoG - mit gestaffelten Freibeträgen bis zu 300.000 DM für das Wohnen im eigenen Heim.
Das vorlegende Gericht hält die zitierte Vorschrift über diederzeitigen "allgemeinen Ausnahmen von der Besteuerung" bezüglich des persönlichen Gebrauchsvermögens für verfassungswidrig, weil sie seiner Ansicht nach gegen das vom Bundesverfassungsgericht aus der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem allgemeinen Freiheitsgrundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Prinzip der eigentumsschonenden und freiheitsschonenden Besteuerung und gegen das aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG entwickelte Gebot der Steuergerechtigkeit verstößt.
II.
Sachverhalt und einfachgesetzliche Beurteilung des Steuer rechtsstreits
II. 1.
Sachverhalt
Die Kl des Ausgangsverfahrens machen verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Grunderwerbsbesteuerung des selbstgenutzten Eigenheims geltend.
Die Kl sind Eheleute. Sie erwarben das bebaute Grundstück ... in S laut Notarvertrag vom 21. Februar 1997 jeweils zur Hälfte und bewohnen das im Jahr 1986 hergestellte Einfamilienhaus seit 1997. Der Kaufpreis für das Hausgrundstück betrug 465.000 DM, der Fremdfinanzierungsanteil 86 %. Die Kläger erhalten eine Eigenheimzulage in Höhe von 2.500 DM pro Jahr. Sie erzielten in 1997 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die dem Lohnsteuerabzug unterlagen. Das beklagte Finanzamt setzte gegenüber jedem der Kl mit Bescheiden vom 8. April 1997 8.137 DM (1/2 von 465.000 DM; davon 3,5 %), zusammen also 16.274 DM, Grunderwerbsteuer fest.
Nach der Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 1997, mit der die Einspruchsverfahren der Kl erfolglos abgeschlossen wurden, erheben die Kl Klage. Sie sind der Ansicht, daß der Erwerbeines Eigenheims aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht grunderwerbsteuerpflichtig sein darf. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei die bisherige Besteuerung im Bereich der Erbschaft- und Vermögensteuer verfassungswidrig. Der Gesetzgeber habe dem durch Änderungen und Neuregelungen im Erbschaft- und Vermögensteuerrecht Rechnung getragen, indem er die Besteuerung durchschnittlicher selbstgenutzter Vermögen durch Freibetragsregelungen völlig von der Besteuerung freigestellt habe. Dies müsse auch für das Grunderwerbsteuerrecht gelten, insbesondere nach der Anhebung des Steuersatzes um 1,5 Prozentpunkte.
Die Kl beantragen (sinngemäß),
die angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheide vom 8. April 1997 in der Form der Einspruchsentschei dung vom 20. Juni 1997 ersatzlos aufzuheben.
Das beklagte Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das beklagte Finanzamt meint, daß sich der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Vermögensteuer vom 22. Juni 1995 nicht entnehmen lasse, daß eine Befreiung des Erwerbs von Gebrauchsvermögen von der Grunderwerbsteuer, die nur einmalig und mit einem niedrigen Steuersatz erhoben werde, geboten sei.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet (vgl. § 90 Abs. 2 FGO).
II. 2.
Einfachgesetzliche Beurteilung des Steuerrechtsstreits
Die Klage ist nach den derzeit geltenden Regelungen des Grunderwerbsteuergesetzes unbegründet. § 3 GrEStG sieht keine Grunderwerbsteuerfreistellung für Erwerber von (durchschnittlichen) Eigenheimen vor. Die von den Kl begehrte Herabsetzung der Grunderwerbsteuer kann deshalb nach dem einfachen Gesetz nicht gewährt werden.
III.
Verfassungsrechtliche Beurteilung
§ 3 GrEStG ist nach Auffassung des vorlegenden Senats insoweit mit Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar und demzufolge verfassungswidrig, als die Norm nach Höhe und Ausgestaltung nicht hinreicht, das persönliche Gebrauchsvermögen des Steuerbürgers in Form des selbstgenutzten durchschnittlichen Einfamilien-Hausgrundstücks grunderwerbsteuerfrei zu stellen.
III. 1.
Gewährleistung des Eigentums gemäß Art. 14 GG
Das vom Bundesverfassungsgericht aus Art. 14 Abs. 1 GG unter Berücksichtigung des Art. 2 Abs. 1 GG entwickelte Prinzip eigentumsschonender und freiheitsschonender Besteuerung (BVerfG BStBl II 1995, 655; 1995, 671; vgl. auch Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, 15. Auflage 1996, § 4 Rn. 214 ff. mit weiteren Nachweisen; Lehner, StuW 1997, 187, 188) gebietet, daß auch bei der Grunderwerbsbesteuerung eines jeden Bürgers, der im eigenen Haus wohnen will, eine untere belastungsfreie Besteuerungszone eingehalten wird.
a)
Durch Art. 14 Abs. 1 GG wird neben dem Erbrecht auch das Eigentum gewährleistet, wobei Inhalt und Schranken durch die Gesetze bestimmt werden. Daneben hat nach dem allgemeinen Freiheitsgrundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG jeder das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
Die Grundrechte sind nach Art. 1 Abs. 3 GG für alle Staatsorgane unmittelbar verbindlich. Da die Grundrechtsgarantien abstrakt formuliert sind, bedürfen sie - insbesondere bei der Schöpfung einfachen Rechts - der Auslegung. Zwar wird der Gesetzgeber bei der Schöpfung einfachen Rechts als Erstinterpret der Verfassung gesehen. Allerdings ist die Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht wegen der Bindungswirkung seiner Entscheidungen für die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie aller Gerichte und Behörden (§ 31 Abs. 1 BVerfGG) letztlich allein entscheidend.
b)
Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts faßt unter die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG grundsätzlich alle vermögenswerten Rechte, die dem Berechtigten von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet werden, daß er die damit verbundenen Befugnisse nach eigener Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben darf. Damit reiche der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz erheblich weiter als das zivilrechtliche Eigentumund erstrecke sich auch auf nicht dingliche vermögenswerte Rechtspositionen. Gleichwohl bleibe es an Rechtspositionen gebunden. Kein Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG sei daher das Vermögen, das selber kein Recht, sondern Inbegriff aller geldwerten Güter einer Person darstelle. Daraus folge, daß Art. 14 Abs. 1 GG nicht vor der staatlichen Auferlegung von Geldleistungspflichten schütze. Diese seien nicht mittels eines bestimmten Eigentumsobjekts zu erfüllen, sondern würden aus dem fluktuierenden Vermögen bestritten. Etwas anderes komme allerdings dann in Betracht, wenn Geldleistungspflichten den Betroffenen übermäßig belasteten und seine Vermögensverhältnisse so grundlegend beeinträchtigten, daß sie eine erdrosselnde Wirkung hätten (so BVerfG, 1. Senat, BVerfGE 95, 267, 300 mit weiteren Nachweisen, zur Altschuldenregelung der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften der einstigen DDR), und (so BVerfG, 2. Senat, BStBl II 1995, 655, 662 f., zur Vermögensteuer) wenn der steuerliche Zugriff auf das Vermögen auch Wirtschaftsgüter belaste, die der persönlichen Lebensführung des Steuerpflichtigen und seiner Familie dienten: Denn da diese Wirtschaftsgüter einen Freiheitsraum für die eigenverantwortliche Gestaltung seines persönlichen Lebensbereichs ermöglichten, genieße dieses Vermögen einen besonderen Schutz. Es sichere die persönliche Freiheit des einzelnen in Ergänzung der im wesentlichen durch Arbeitseinkommen und Sozialversicherungsanspruch sowie durch Gewerbe und andere selbständige Tätigkeit gewährten Sicherheit. Unter Berücksichtigung der steuerlichen Vorbelastung des Vermögens dürfe der Steuergesetzgeber daher in bestimmten Grenzen das vom Steuerpflichtigenzur Grundlage seiner individuellen Lebensgestaltung bestimmte Vermögen nicht durch weitere Besteuerung mindern. Er müsse deshalb jedenfalls die wirtschaftliche Grundlage persönlicher Lebensführung gegen eine Sollertragsteuer abschirmen. Diese wirtschaftliche Grundlage persönlicher Lebensführung entwickele sich je nach den in einer Rechtsgemeinschaft erreichten ökonomischen und kulturellen Standards. Sie sei daran erkennbar, in welcher Breite in der Bevölkerung die Wirtschaftsgüter der persönlichen Lebensgestaltung gewidmet seien. So seien 1993 etwa von den insgesamt verfügbaren Wohnungen in der Bundesrepublik Deutschland 38,9 % von den Eigentümern und ihren Familien genutzt worden (nach einer Hochrechnung des statistischen Bundesamtes). Der Gesetzgeber habe die ökonomische Grundlage individueller Freiheit typisierend zu bemessen und von der Vermögensteuerlastfreizustellen. Dabei liege es nahe, daß er sich an den Wertendurchschnittlicher Einfamilienhäuser orientiere. Er müsse freilich Grundeigentümer und Inhaber anderer Vermögenswerte in einem gleichen Individualbedarf steuerlich freistellen. Der verfassungsrechtliche Anspruch auf steuerliche Freistellung des Vermögens, das der persönlichen Lebensgestaltung diene, stehe grundsätzlich jedem Steuerpflichtigen zu. Jeder Ehegatte habe einen eigenen gleichen Anspruch. Aus der Ehe dürften den Ehegatten keine steuerlichen Nachteile erwachsen. Bei der typisierenden Festlegung des der individuellen Lebensgestaltung dienenden Vermögensbestandes sei auch zu berücksichtigen, daß Kinder aufgrund ihres Unterhaltsanspruchs gegen ihre Eltern an deren Vermögensverhältnissen und Lebensgestaltung teilhätten und insoweit auch der individuelle Lebenszuschnitt der Familie erweitert werde (so BVerfG, 2. Senat, BStBl II 1995, 655, 662 f. mit weiteren Nachweisen einer insoweit ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts; vgl. auch - zur Erbschaftsteuer - BVerfG, 2. Senat, BStBl II 1995, 671, 674, das den zur Vermögensteuer umrissenen Wert des persönlichen Gebrauchsvermögens bei der Steuerfreistellung des Nachlaßwerts für erbende Familienangehörige als "tauglichen Anhalt" bezeichnet; dazu auch - zur Einkommensteuer - BVerfG, 2. Senat, BStBl II 1993, 413, 419, das Preise am Wohnungsmarkt als "existenznotwendige Aufwendungen" kennzeichnet).
Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts konkretisiert in der Vermögensteuerentscheidung vom 22. Juni 1995 den Grundsatz der umfassenden Freistellung des persönlichen Gebrauchsvermögens von direkten Steuern als weiteren Teil einer allgemeinen unteren Besteuerungsgrenze. Dieser Grundsatz, einer der tragenden Entscheidungsgründe, hat Gesetzeskraft im Sinne des § 31 Abs. 1 BVerfGG. Zwar stellt der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts die steuerliche Schonung des persönlichen Gebrauchsvermögens zunächst in den Zusammenhang mit der Vermögensteuer als Sollertragsteuer, indem er formuliert, er - der Gesetzgeber - müsse jedenfalls die wirtschaftliche Grundlage persönlicher Lebensführung gegen eine Sollertragsteuer abschirmen. Der 2. Senat läßt allerdings in den weiteren Ausführungen keinen Zweifel daran, daß der verfassungsrechtliche Anspruch auf steuerliche Freistellung des persönlichen Gebrauchsvermögens über die Vermögensteuer hinaus allgemeine Bedeutung hat. Nur so lassen sich zum einen die Formulierung, der verfassungsrechliche Anspruchauf steuerliche Freistellung des Vermögens, das der persönlichen Lebensgestaltung diene, stehe grundsätzlich jedem Steuerpflichtigen zu, und die Anwendung dieses Rechtsgedankens auf einen Teil der Erbschaftsteuer, erklären.
Dem steht die Rechtsprechung des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts nicht entgegen. Zwar bestätigt die Entscheidung des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 8. April 1997 (BVerfGE 95, 267) nicht ausdrücklich die Kon kretisierungen des Prinzips eigentumsschonender und freiheitsschonender Besteuerung durch die Entscheidung des 2. Senats vom 22. Juni 1995 (BStBl II 1995, 655 und BStBl II 1995, 671). Auch der Hinweis des 1. Senats, die Vermögensteuerentscheidung des 2. Senats gehe - wie der 1. Senat - vom Verbot der Erdrosselungssteuer aus, ansonsten stehe bei der Prüfung von § 10 Nr. 1 des Vermögensteuergesetzes ohnehin Art. 3 Abs. 1 GG im Vordergrund (BVerfGE 95, 267), könnte dahin verstanden werden, daß der 1. Senat die Vermögensteuer-Grundsatzentscheidung des 2. Senats in ihren Ausführungen zu Art. 14 GG ablehnt. Das vorlegende Gericht ist - wie der obigen Darstellung der Auslegungsgrundsätze der beiden Senate zu entnehmen ist (einerseits allgemeiner Steuerschutz vor "erdrosselnder Wirkung" und andererseits "besonderer Schutz" des persönlichen Gebrauchsvermögens) - jedoch der An sicht, daß jedenfalls der hier allein in Betracht kommende besondere Schutz, den das persönliche und familiäre Gebrauchsvermögen aufgrund der Ausführungen des 2. Senats genießt, das vom 1. Senat betonte Verbot der Erdrosselungssteuer lediglich präzisiert und ergänzt. Im übrigen muß das vorlegende Gericht dieverfassungsgerichtlichen Auslegungsgrundsätze der beiden Senate des Bundesverfassungsgerichts als sich ergänzende Einheit betrachten. Denn keiner der beiden Senate hat bislang nach § 16 BVerfGG in Bezug auf die Auslegung des Art. 14 Abs. 1 GG das Plenum des Bundesverfassungsgerichts angerufen.
Wenn man - wie das vorlegende Gericht - den vom 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts in der Vermögensteuerentscheidung vom 22. Juni 1995 konkretisierten Grundsatz der umfassenden Freistellung des persönlichen Gebrauchsvermögens von direkten Steuern anerkennt, ist kein Grund ersichtlich, warum dieser Grundsatz nicht auch bei der Besteuerung des Grunderwerbsgelten sollte. Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts verstößt nicht nur eine Vermögensteuer, sondern auch die Grunderwerbsteuer als weitere direkte Steuer auf persönliches Gebrauchsvermögen gegen Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG. Nach dem vom 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts formulierten Schutzgedanken bezüglich des persönlichen Lebensführungsvermögens des Steuerbürgers entfaltet Art. 14 Abs. 1 GG eine existenzsichernde Aufgabe (vgl. Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, 15. Auflage 1996, § 4 Rz. 217); diese untere Besteuerungs grenze schirmt nicht allein die Vermögensteuer ab, sondern auch die Grunderwerbsteuer, die genau wie die Vermögensteuer aus dem Einkommen bzw. aus dem Vermögen als gespeichertem Einkommen des Steuerbürgers zu zahlen ist. Denn der Einfamilienhaus-Freiheitsraum ist für denjenigen, der etwa aus beruflichen Gründen das Eigenheim wechseln muß oder der sein Sparvermögen erstmals in ein Eigenheim umwandelt, nur unvollkommen, wenn er beim Erwerb eines durchschnittlichen Einfamilienhauses durch eine Grunderwerbsteuer behindert wird (in diesem Sinne Tipke, MDR 1995, 1177, 1179, der im Anschluß an die Vermögensteuerentscheidung des 2. Senats des Bundesverfassungsgerichts für die Grunderwerbsteuer einen "verfassungsrechtlichen Test" befürwortet; anders noch ders., Die Steuerrechtsordnung, 3 Bände 1993, 945). Die untere Besteuerungsgrenze für Existenzein kommen (vgl. BVerfG BStBl II 1993, 413 zur Festlegung des Einkommensteuer-Grundfreibetrags) wird so durch die hier angewandte untere Be steuerungsgrenze für persönliches Gebrauchsvermögen (persönliches Lebensführungsvermögen) konsequent ergänzt. Auch Kirchhof sieht die Grunderwerbsteuer in die Perspektive der genannten Vermögensteuer-Grundsatzentscheidung miteinbezogen (vgl. Kirchhof, Symposionsbericht, StuW 1996, 192, 195). Zwar geschieht dies dort aus drücklich nur unter dem Blickwinkel der "Gesamtbelastung", also mit Blick auf die allgemeine Besteuerungs-Obergrenze, dem neuen Halbteilungsgrundsatz. Es ist indes kein Grund ersichtlich, die Grunderwerbsteuer hinsichtlich der Besteuerungs-Untergrenze aus dem verfassungsgerichtlichen Besteuerungsplan auszugrenzen. Schon 1990 hat Kirchhof allgemeine verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine unbegrenzte Grunderwerbsteuer formuliert: Zwar begründe die herkömmliche Anerkennung der Grunderwerbsteuer eine verfassungsrechtliche Vermutung für die Verfassungsmäßigkeit dieser Zugriffsart, schließe aber nicht aus, daß ihr u.a. aufgrund der zunehmenden Bedeutung benachbarter Steuern, insbesondere der Umsatzsteuer, anderweitige verfassungsrechtliche Bedenken entgegenstehen (Handbuch des Staats rechts, Band IV 1990, 158).
Mit der Anwendung der unteren Besteuerungsgrenze unterliegt das vorlegende Gericht nicht der Fehleinschätzung, jeden Steuerpflichtigen bis zum Erwerb eines zur Selbstnutzung bestimmten Eigenheims von jeglicher Besteuerung freistellen zu müssen. Vielmehr geht es darum, mit Rücksicht auf die schon vorhandenen steuerlichen Belastungen - etwa durch die (direkte) Einkommen steuer (Lohnsteuer) mit Nebensteuern und durch die (indirekte) Umsatzsteuer auf z.B. die Baukosten eines Eigenheims - das unter besonderem Verfassungsschutz stehende persönliche Gebrauchsvermögen als solches vor direkten Steuerzugriffen zu bewahren. Anders gewendet: Zwar ist der Steuerstaat nicht verpflichtet, seine Steueransprüche gegenüber einem Steuerbürger solange zurückzustellen, bis er das Vermögen für sein Eigenheim erwirtschaftet hat. Der Fiskus hat indes zusätzliche direkte Steuerbelastungen zu vermeiden, die geeignet sind, etwa das bereits in Gänze, zum Teil mehrfach, versteuerte persönliche Sparvermögen bei der Umwandlung in persönliches Wohnvermögen nochmals zu verringern. Bezogen auf das Ausgangsverfahren geht es um die Vermeidung eines steuerlichen Zugriffs in Höhe von 16.274 DM (Grunderwerbsteuer), nachdem die Kl bereits direkte Steuern auf das Arbeitseinkommen zu tragen hatten. Im übrigen bedeutet die Freistellung des persönlichen Gebrauchsvermögens von der Grunderwerbsteuer nicht die komplette steuerliche Schonung eines jeden selbstgenutzten Wohnhauses; die Steuerfreistellung muß lediglich den Wert eines durchschnittlichen Einfamilienhauses erreichen (etwa 600 Tausend DM in Anlehnung an den mit Wirkung ab 1. Januar 1996 neugefaßten § 16 Abs. 1 Nr. 1, 2 ErbStG; zu den unterschiedlichen Ansichten im Gesetzgebungsverfahren über den Wert eines "durchschnittlichen" Einfamilienhauses vgl. Moench/Höll, Die neue Erbschaftsteuer, 1997, 221 ff).
Dem läßt sich nicht entgegenhalten, das Wohnen im durchschnittlichen Eigenheim überschreite den üblichen Rahmen des Lebensnotwendigen: Wenn auch das elementare private Wohnbedürfnis nicht zwingend durch ein Wohnen im eigenen Haus befriedigt werden muß, so entspricht es jedoch seit langem der allgemeinen(mit Art. 13 GG, dem Gebot der Unverletzlichkeit der Wohnung, in Einklang stehenden) steuer- und sozialrechtlichen Wertung, Wohnen in einem durchschnittlichen Einfamilienhaus nicht als ungewöhnlich und unnötig anzusehen. So werden Eigenheimer, die bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschreiten, z.B. nach dem Eigenheimzulagengesetz (früher nach den §§ 7 b und 10 e, 34 f EStG) und nach dem Wohnungsbau- und Familienheimgesetz (Zweites Wohungsbaugesetz) ge fördert sowie Sozialhilfeempfänger, die ein "angemessenes"Hausgrundstück besitzen, nach § 88 Abs. 2 Nr. 7 des Bundessozialhilfegesetzes geschont. Der Gesetzgeber, der in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum besonderen Schutz des persönlichen Gebrauchsvermögens, das Wohnen im eigenen Heim für förderungs- und schonungswürdig erklärt, ist an diese weitreichende, die deutsche Rechtsordnung mitprägende, strukturelle Grundentscheidung in dem Sinne gebunden, daß gegensätzliche Regelungen einer folgerichtigen Begründung bedürfen (vgl. BVerfG BVerfGE 81, 156, 207; 84, 239, 271; 85, 238, 247). So ist im Rahmen der neueren Rechtsprechung zum Schutz des Existenzminimums im Steuer- und Sozialrecht (vgl. BVerfG BVerfGE 82, 60; 82, 198; 87, 1, 36; 87, 153; 89, 346 und 91, 93, 109) systemübergreifendes Denken bei der Überprüfung der Wertungsrationalität gesetzlicher Vorschriften innerhalb eines Normengeflechts kennzeichnend geworden. In seiner Entscheidung vom 5. Mai 1998 zur Verfassungswidrigkeit der Verpackungsteuer hat der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts folgendes betont: "Das Rechtsstaatsprinzip verpflichtet alle rechtsetzenden Organe des Bundes und der Länder, die Regelungen jeweils so aufeinander abzustimmen, daß den Normadressaten nicht gegenläufige Regelungen erreichen, die die Rechtsordnung widersprüchlich machen" (BVerfG, 2. Senat, HFR 1998, 578, 580; ähnlich BVerfG, 2. Senat, HFR 1998, 584, 585 zur Verfassungswidrigkeit von Landesabfallabgabengesetzen). "Objektivität, Sachgerechtigkeit, Systemtreue und Fol gerichtigkeit des gesetzgeberischen Handelns im Grundsätzlichen" sind nicht nur gleichheits-, sondern auch freiheitsrechtliche Anforderungen der Verfassung (so Osterloh in Sachs, Kommentar zum GG, 1996, Art. 3 GG Rn. 18 mit weiteren Nachweisen). Die et wa dem Eigenheimzulagengesetz (einschließlich der Vorgängervorschrif ten) gegenläufigen Regelungen der Eigenheimerwerbsbesteuerung (Grunderwerbsteuer) und die damit einhergehende Inkonsequenz des Gebens und Nehmens hat der Gesetzgeber nicht folgerichtig begründen können. Die Kl des Ausgangsverfahrens müssen aufgrund des widersprüchlichen Verhaltens des Gesetzgebers mehr als sechs Jahre lang die auf einen Zeitraum von acht Jahren begrenzten Eigenheimzulagen (2.500 DM pro Jahr) vom Staat verein nahmen, um zumindest den Betrag zurückzuerhalten, den sie einst als Grunderwerbsteuer (16.274 DM) an den Staat zahlten.
Zudem verstößt der Gesetzgeber mit Erhöhung der Grunderwerbsteuer ab 1. Januar 1997 um 75 % (vgl. §§ 11 Abs. 1, 23 Abs. 4 Satz 1 GrEStG) nunmehr in besonders auffälliger Weise gegen die konsequent einzuhaltende, vom Bundesverfassungsgericht aus Art. 14 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG abgeleitete Besteuerungsschutzzone für persönliches Gebrauchsvermögen. Die Steuersatzerhöhung von 2 % auf 3,5 % (§ 11 Abs. 1 GrEStG) der Bruttobemessungsgrundlage (§§ 8, 9 GrEStG) ist ausweislich der Entstehungsgeschichte - wegen Wegfalls des Vermögensteueraufkommens aus Gründen angeblicher Nichterhebbarkeit der Vermögensteuer nach der Vermögensteuerentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juni 1995 - ausschließlich fiskalisch motiviert (vgl. Bundestags-Drucksachen 13/5951, 6, 51; 13/5952, 27, 44, 61; Fischer in Boruttau, Kommentar zum GrEStG, 14. Auflage 1997, Vorbemerkungen Rn. 86). Statt nach den grund legenden Entscheidungen des 2. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juni 1995 zum Erbschaft- und Vermögensteuerrechtdas Steuerrecht verfassungsrechtlich konsequent zu sanieren und das persönliche Gebrauchsvermögen auch von dem direkten Grunderwerbsteuerzugriff auszunehmen, hat der Gesetzgeber mit der allgemeinen Grunderwerbsteuermehrbelastung exakt das Gegenteil getan. Der Gesetzgeber hat einerseits die Vermögensteuer ab 1. Januar 1997 in Gänze wegfallen lassen, andererseits die Grunderwerbsteuer für Erwerber, die im Regelfall keine Vermögensteuer zu zahlen hatten, fast verdoppelt. Des weiteren wird zu Recht kritisiert, daß die hierdurch bewirkte Umverteilung zu Lasten der Geringvermögenden dem Gebot der leeren Kassen folge; finanz- und steuerwissenschaftliche Bekenntnisse zu einer gerechten steuerlichen Gesamtbelastung man in diesem Zusammenhang nicht gehört habe; der Vorschlag der SPD, eine verfassungskonform ausgestaltete Vermögensteuer beizubehalten und auf die Erhöhung der Grunderwerbsteuer zu verzichten, keinepolitische Mehrheit gefunden habe (so Fischer in Boruttau, Kommentar zum GrEStG, 14. Auflage 1997, Vorbemerkungen Rn. 92 mit weiteren Nachweisen). Der Gesetzgeber mißachtet so nicht nur den Rechtsgedanken der Vermögensteuerentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juni 1995, wonach kleine Vermögen steuerfrei zu stellen und große Vermögen nach gleichen Wertmaßstäben zu besteuern sind, sondern er setzt sich verstärkt in Widerspruch zur eigenen Gesetzgebung, nämlich zur Förderung und Schonung des durchschnittlichen Eigenheims.
Die hier angenommene Verfassungswidrigkeit der Grunderwerbsteuer auf persönliches Gebrauchsvermögen wird auch nicht durch die Eigenheimzulage (einschließlich der Vorgängervorschriften) aufge hoben. Denn es kann nicht alleiniger Zweck einer staatlichen Subvention sein, eine staatliche Abgabe bezahlen zu können. Nicht nachvollziehbar wäre es, wenn Abgaben von den Bürgern erhoben würden, nur um sie nach Abzug des Verwaltungsaufwandes unter einem anderen Titel wieder an dieselben Bürger zurückzugeben (in diesem Sinne auch Vogel, Symposionsbericht, StuW 1996, 192, 193).
Der vom vorlegenden Senat im Hinblick auf die Grunderwerbsteuer angewandte aus Art. 2, 14 GG abgeleitete Grundsatz der Freistellung des persönlichen Gebrauchsvermögens von direkten Steuern steht im übrigen im Einklang mit dem Grundrecht auf Freizügigkeit, Art. 11 Abs. 1 GG. Neben der Eigentumsgewährleistung in Art. 14 GG umschließt Art. 11 GG auch das Recht, Eigentum und Vermögen bei Inanspruchnahme der Freizügigkeitohne wirtschaftliche Nachteile mitnehmen zu können (so Krüger in Sachs, Kommentar zum GG, 1996, Art. 11 Rn. 19, mit weiteren Nachweisen). Da derzeit ein durchschnittlicher Eigenheimwechsel mit 21.000 DM (3,5 % von 600.000 DM) Grunderwerbsteuerbelastung, also mit einer Belastung einhergeht, die in vielen Fällen sogar die jährliche Einkommensteuerlast übertrifft, muß von wirtschaftlichen Nachteilen ausgegangen werden, die die verfassungsrechtlich abgesicherte Freizügigkeit beeinträchtigen können (so auch Künzel, BB 1998, 768). Auf der selben Ebene liegt die Wertung der Fraktionen der derzeitigen Regierungskoalition im Deutschen Bundestag, wonach mit Blick auf die "Mobilität der Wohnungseigentümer" und die "Konsumgutlösung, nach der das selbstgenutzte Wohneigentum seit 1987 nicht mehr Gegenstand der Einkunftserzielung ist" die Ausklammerung des selbstgenutzten Wohneigentums aus der Besteuerung der Veräußerungsgewinne sachgerecht sei (Bericht des Finanzausschusses, Bundestags-Drucksache 13/8023 zu Drucksache 13/8022, 51 f.).
c)
Die von der Finanzverwaltung im Ausgangsverfahren und an verschiedenen anderen Stellen vorgetragenen Gegenargumente (vgl. u.a. Stbg. 1996, 393; UVR 1996, 352; BB 1997, 2095), gegenteilige Stand punkte des Bundesfinanzhofs (in einem Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung, Beschluß vom 17. Juni 1998 II B 33/98) und einiger Finanz gerichte (etwa EFG 1997, 1324; 1998, 132; 1998, 775; 1998, 893; 1998, 1088) sowie andere Gegenansichten greifen nicht:
Es wird vorrangig mit der verfassungsgerichtlich festgeschriebenen Steuerbelastungs-Obergrenze "Nähe einer hälftigen Teilung" argumentiert, obwohl der Aspekt der oberen Besteuerungsgrenze hier nicht in Rede steht. Stattdessen geht es - wie ausgeführt - um die verfassungsrechtlich gebotene Einhaltung der belastungsfreien unteren Besteuerungszone für persönliches Gebrauchsvermögen.
Der Hinweis von Wendt (in Sachs, Kommentar zum GG, 1996, Art. 14 Rn. 43), Art. 14 GG erfasse nach herrschender Meinung nicht den Erwerb des Eigentums (insoweit sei allein Art. 2 Abs. 1 GG als einschlä gig anzusehen), darf nicht in dem Sinne mißverstanden werden, daß schon mehrfach vorbelastetes Geldvermögen, das in selbstgenutzes Wohnvermögen umgewandelt wird und damit der persönlichen Lebensführung des Steuerbürgers dient, vom Bundesverfassungsgericht keinen besonderen Schutz vor zusätzlicher Besteuerung erfahren habe. Denn das Bundesverfassungsgericht hat im Vermögensteuerbeschluß vom 22. Juni 1995 folgendes ausdrücklich bestimmt:
"Der Gesetzgeber ... muß freilich Grundeigentümer und Inhaber anderer Vermögenswerte in einem gleichen Individualbedarf steuerlich freistellen"
(BVerfG BStBl II 1995, 655, 662).
Mit den Hinweisen auf die Einmaligkeit der Grunderwerbsteuer und deren niedrigen Steuersatz wird übersehen, daß Steuerbürger, die - auch aus beruflichen Gründen - des öfteren den Wohnort und damit ihr Eigenheim wechseln müssen, mehrfach die Grunderwerbsteuer zu zahlen haben; zudem kann auch die Einmaligkeit einer Sondersteuerbelastung deren Verfassungsverstoß nicht heilen. Des weiteren ist die Frage, ob ein Steuersatzhoch oder niedrig ist, nicht allein anhand der absoluten Zahl zu bewerten. Vielmehr muß der Grunderwerbsteuersatz von 3,5 % (vor dem 1. Januar 1997 2 %) auch im Zusammenhang mit der umfassen den und damit hohen Grunderwerbsteuer-Bemessungsgrundlage gesehen werden. Die gegenüber den Kl festgesetzten Grunderwerbsteuern in Höhe von 16.274 DM machen zwar nur 3,5 % der An schaffungskosten in Höhe von 465.000 DM aus. Gemessen am eingesetzten Eigenkapital (65.100 DM) beträgt die Grunderwerbsteuer belastung hingegen 25 %. Nach der derzeitigen Gesetzeslage müssen für den Erwerb eines (auch gebrauchten) Eigenheims mit dem nicht seltenen Kaufpreis von 600.000 DM (ohne Rücksicht auf den fremdfinanzierten Anteil) sogar 21.000 DM Grunderwerbsteuer gezahlt werden. Eine solche Grunderwerbsteuerbelastung übersteigt in vielen Fällen die jährliche Einkommensteuerschuld der betroffenen Steuerbürger und stellt damit keine nur niedrige Steuerbelastung dar.
Die Ansicht, das Bundesverfassungsgericht verneine nicht eine Besteuerung des persönlichen Gebrauchsvermögens durch die Grunderwerbsteuer, ist nur insoweit zutreffend, als das Bundesverfassungsgericht zeitlich nach seiner Vermögensteuer-Grundsatzentscheidung vom 22. Juni 1995 noch nicht ausdrücklich zur Grunderwerbsbesteuerung des persönlichen Wohnvermögens entschieden hat. Gleichwohl ist - wie ausgeführt - der vom Bundesverfassungsgericht aus der Verfassung abgeleitete Steuerrechtsgrundsatz einer unteren Besteuerungsgrenze für persönliches Gebrauchsvermögen bei der Grunderwerbsteuer anzuwenden. Auch der Einwand, das Bundesverfassungsgericht habe mit der Erwähnung einer indirekten Steuervorbelastung des Vermögens die Erhebung der Grunderwerbsteuer gebilligt, greift nicht; denn die Grunderwerbsteuer ist keine indirekte Steuer (bei der Steuerträger und Steuerschuldner verschiedene Personen sind), sondern eine direkte Steuer (bei der Steuerträger und Steuerschuldner identisch sind).
Auch die Meinung, wonach es nicht Sinn der Grunderwerbsteuer sei, die "Leistungsfähigkeit" des "Verbrauchers" abzuschöpfen, sondern den Rechtsvorgang des Erwerbs als solchen zu besteuern, geht fehl. Allein im Hinblick auf die Auffang- und Ergänzungstatbestände des § 1 Abs. 2, Abs. 2 a GrEStG, die ausdrücklich den "wirtschaftlichen" Gehalt des Grundstücksverkehrs betonen(vgl. Gesetzestext: "wirtschaftlich ermöglichen", "bei wirtschaftlicher Be trachtung"), ist die Einordnung der Grunderwerbsteuer als reine Rechtsverkehrsteuer ausgeschlossen. Es gibt auch mit Blick auf die Bezeichnung der Steuer (etwa "Verkehrsteuer") keinen Rechts grund für den Gesetzgeber, das durch die neuere Verfassungsrechtsprechung begründete Gebot einer belastungsfreien Besteuerungszone, einer allgemeinen Besteuerungs-Untergrenze (je denfalls im Hinblick auf die direkten Steuern; vgl. aber auch die Umsatzsteuerbefreiung zugunsten des Wohnungsmieters nach § 4 Nr. 12 a UStG), bei der Grunderwerbsteuer vernachlässigen zu dürfen. Zudem ist die Besteuerung des Bürgers allgemein nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten (statt vieler BVerfG BVerfGE 66, 214, 223); diesem Grundsatz müssen alle Steuern genügen. Das Leistungsfähigkeitsprinzip strukturiert die gesamte Steuerrechtsordnung (vgl. u.a. Pelka, Klett, Thiel, Rose, Tipke, Kirchhof, Lehner, Symposionsbericht, StuW 1996, 192, 197 ff.). Entsprechend wird von Teilen der Fachliteratur die Grunderwerbsteuer nicht mehr nur als (steuergutlose) Rechtsverkehrsteuer oder als nicht um Rechtfertigung bemühte Urkunden- und Stempelabgabe angesehen, sondern als spezielle Einkommensverwendungsteuer, mithin als Ergänzung zur Umsatzsteuer als allgemeiner Einkommensverwendungsteuer (vgl. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, 3 Bände, 1993, 932 ff., 1024; Kirchhof, StuW 1996, 3, 9; Fischer in Boruttau, Kommentar zum GrEStG, 14. Auflage 1997, Vorbemerkungen Rn. 109; a.A. Dietz/Foß/Weis, Kommentar zum GrEStG, Loseblatt, § 3 Rn. 13 a, Stand April 1998 und Hofmann, Kommentar zum GrEStG, 6. Auflage 1996, Einführung Rn. 1 mit der Behauptung, bei Rechtsverkehrsteuern spiele das Leistungsfähigkeitsprinzip keine Rolle). Zwar wird bei der Grunderwerbsteuer - wie bei der Umsatzsteuer - die zu besteuernde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Bürgers grob typisierend vermutet: Wer ein Grundstück erwerbe, sei dem Kaufpreis entsprechend leistungsfähig (zum "bla ßen" Leistungsfähigkeitsprinzip bei der Umsatzsteuer Kirchhof, Symposionsbericht, StuW 1996, 192, 199). Nach Kirchhof ist jedoch die fehlende Differenzierung bei der indirekten Besteuerung, die aus erhebungstechnischen Gründen den Konsumenten in seiner Individualität nicht beachten könne, durch die direkte Besteuerung aufzufangen (Symposionsbericht, StuW 1996, 192, 200 mit Hinweis auf den 43. Band des BVerfG, in dem dieser Gedanke bereits anklinge). Deshalb muß hier, da die Grunderwerbsteuer direkt erhoben wird, der Grunderwerbsteuerpflichtige - im Gegensatz zum Umsatzsteuerträger - als Steuerperson vollumfänglich zur Kenntnis genommen werden. Das persönliche Gebrauchsvermögen des Steuerbürgers in Gestalt des selbstgenutzten durchschnittlichen Einfamilienhauses muß - wie oben ausgeführt - in konsequenter Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze des Bundesverfassungsgerichts zur Vermögen- und Erbschaftsteuer auch vor der Grunderwerbsteuer geschützt werden. Die Grunderwerbsteuer knüpft zwar steuertechnisch an einen Rechtsvorgang an, bezahlen muß sie aber der Steuerbürger aus seinem Einkommen oder Vermögen (als Speicher des Einkommens). Da alle Steuern nur aus dem (gespeicherten) Einkommen entrichtet werden können, bedeutet Besteuerung nach Leistungsfähigkeit die Besteuerung entsprechend der Höhe des Einkommens; "alles andere ist durch die Steuergliederungs-, Steuertatbestands- und Steuerobjektlehre genährte Illusion" (so Tipke, in: Harzburger Steuerprotokoll 1993, Köln 1994, 43, 46).
Es ist auch - im Gegensatz zur Auffassung der Finanzverwaltung - nicht unmöglich, die Grunderwerbsteuer-Befreiung eines selbstgenutzten Eigenheims rechtstechnisch zu leisten. Schon die einstigen Grunderwerbsteuerfreistellungen für selbstgenutzte Wohnungen machen deutlich, daß die Steuerfreistellung selbstgenutzter Wohnungen praktisch möglich ist. Zwar schuf der Gesetzgeber im Grunderwerbsteuerrecht vor 1983 mit dem Gesetz zur Grunderwerbsteuerbefreiung beim Erwerb von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen (GrEStEigWoG) keine leicht zu handhabende Steuerbefreiung für Inhaber selbstgenutzten Wohnraums; noch im Jahre 1998 gibt es aufgrund von Nachversteuerungstatbeständen bezüglich der Einhaltung der Voraussetzungen dieser längst außer Kraft getretenen Grunderwerbsteuer-Befreiungsvorschrift noch offene Finanzgerichtsverfahrenmit erheblichem Beweiserhebungsaufwand. Der Gesetzgeber hat es jedoch in der Hand, den Schutz des Gebrauchsvermögens künftig einfacher und damit praktikabler zu gestalten. Eine praktisch handhabbare Grunderwerbsteuerfreistellung in typisierter Form, in Anlehnung an die vom Bundesverfassungsgericht für die Vermögen- und Erbschaftsteuer gekennzeichnete Freistellung des Gebrauchsvermögens, ist möglich (etwa Grundfreibetrag von 600 Tausend DM für Eigenheimer, die die Eigenheimzulage, die eine andere staatliche Förderung erhalten oder die die Selbstnutzung anderweitig nachweisen). Auch das Argument, der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts habe mit seiner Vermögensteuer-Grundsatzentscheidung vom 22. Juni 1995 auschließlich einen besonderen Schutz des persönlichen Gebrauchsvermögens vor der Besteuerung von Vermögenserträgen verlangt, übersieht zum einen die bereits gekennzeichnete Unvollkommenheit einer solchen punktuellen Steuerfreistellung des persönlichen Gebrauchsvermögens. Zum zweiten bleibt unberücksichtigt, daß mit der Entscheidung zur Erbschaftsteuer vom selben Tage das Bundesverfassungsgericht die untere Besteuerungsgrenze bereits auf erbende Familienangehörige übertragen hat. Und dies bei einer Steuerart, die nichts mit einer Sollertragsteuer wie die Vermögensteuer gemein hat, sondern als Erbanfallsteuer (Bereicherungssteuer) eine Ergänzungsfunktion zur Einkommensteuer aufweist (dazu BVerfG BStBl II 1995, 671; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, 3 Bände, 1993, 745 ff., 747, 1019; nach Meincke, Kommentar zum ErbStG, 11. Auflage 1997, Einführung Anm. 2, erfaßtdie Erbschaftsteuer als Steuer auf den Vermögenserwerb Einkommen im weiteren Sinne). Daß der besondere Schutz des persönlichen Gebrauchsver mögens in das Erbschaftsteuerrecht nur bezüglich der erbenden Familienangehörigen hineinreicht, ergibt sich nicht nur aus der Erbrechtsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG, sondern auch aus dem durch Art. 6 GG abgestützten Gedanken der Zugehörigkeit des Gebrauchsvermögens zum Familiengut. Für nicht zur Familie gehörende Erben handelt es sich bei dem Ererbten dagegen allein um reine Vermögensmehrungen, die eines besonderen Schutzes in der Erwerbsphase von Todes wegen nicht bedürfen (zur abgestuften Erbschaftsteuerbelastung BVerfG BStBl II 1995, 671). Der Bundesfinanzhof irrt, wenn er mit seinem Beschluß vom 17. Juni 1998 (II B 33/98) den Verkehrsteuercharakter der Grunderwerbsteuer betont und dabei ausführt, daß für die Grunderwerbsteuer ein "Familienprinzip" nicht gelte; § 3 Nrn. 4 bis 7 GrEStG, wonach von der Besteuerung die Grundstücksübertragungen innerhalb der Familie ausdrücklich ausgenommen sind, regeln nämlich genau das Gegenteil.
Der Hinweis, wenn schon für den Erwerb eines Autos Umsatzsteuer zu tragen sei, dann dürfe erst recht der Erwerb eines Eigenheims Grunderwerbsteuer auslösen, geht aus mehreren Gründen fehl. Denn zum einen entsteht bei der Veräußerung eines Gebrauchtfahrzeugs unter Privatpersonen keine Umsatzsteuerbelastung, hingegen wird - wie hier - bei der entgeltlichen Übertragung einer Gebrauchtimmobilie Grunderwerbsteuer ausgelöst. Zum zweiten muß der Erwerber eines Eigenheims neben der Umsatzsteuer auf die Baukosten, die regelmäßig mit dem Kaufpreisüberwälzt wird, zusätzlich die Grunderwerbsteuer tragen. Überdies zahlt er Grunderwerbsteuer auf die Umsatzsteuer, da die Umsatzsteuer auf die Baukosten Bestandteil der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ist. Im übrigen ist - im Gegensatz zu den direkten Steuern - die Frage des Rechtsschutzes, damit auch die des Grundrechtsschutzes, bei den indirekten Steuern, etwa bei der Umsatzsteuer für den Steuerträger (Verbraucher), noch weitgehend ungeklärt (vgl. Nieder sächsisches Finanzgericht, EFG 1997, 1526, 1528).
Auch der Einwand, eine Erweiterung der allgemeinen Ausnahmen von der Besteuerung, mithin eine Ausdehnung des § 3 GrEStG, bedeute einen Rückfall in Zeiten des alten Grunderwerbsteuerrechts vor 1983, greift unter dem hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt zu kurz. Denn damals bestanden - neben einer Steuerbefreiung für eigengenutzte Ein- und Zweifamilienhäuser, deren Abschaffung aus sozialen Gründen umstritten war (dazu Fischer in Borruttau, Kommentar zum GrEStG, 14. Auf lage 1997, Vorbemerkungen Rn. 52, 56) - weitere umfassende Steuerbe freiungen, die zusammengefaßt etwa 80 % aller Grunderwerbsteuervorgänge steuerlich verschonten und damit die Frage nach der Verfassungswidrigkeit der gesamten Grunderwerbsteuer aufwarfen (dazu Tipke, Steuerrecht, 11. Auflage 1987, 490). Hier geht es indes nicht um die Wiedereinführung irgendwelcher verfassungsrechtlich nicht gebotener Steuerbefreiungen, sondern allein um die Beachtung des aus Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG verfassungsgerichtlich entwickelten Prinzips eigentumsschonender und freiheitsschonender Besteuerung. Dies übersieht der Bundesfinanzhof (Beschluß vom 17. Juni 1998 II B 33/98) mit seinem Hinweis auf die Eigenheimzulage und seinem Argument, es gebe nachvollziehbare sachliche Gründe dafür, die einkommensabhängige Wohnraumförderung außerhalb des Grunderwerbsteuerrechts zu regeln; denn es ist vielmehr sachgerecht, wenn staatliche Unterstützungsleistungen (wie etwa Sozialhilfe, Wohngeld) von Steuerfreistellungen (etwa Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer in Höhe der regelmäßigen Sozialhilfe, Umsatzsteuerentlastung der Wohnungsmieter) begleitet werden.
Auch die Erwähnung der Grunderwerbsteuer (Verkehrsteuer) in Art. 106 GG steht ihrer grundlegenden Umgestaltung in Bezug auf das persönliche Gebrauchsvermögen nicht entgegen (dazu die bereits erwähnte Grunderwerbsteuerreform zum 1. Januar 1983; vgl. auch Kirchhof, StuW 1996, 3, 7, der an die vergangenen großen Reformen der Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer erinnert). Die derzeitige Nichterhebung der Ver mögensteuer und die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer zum 1. Januar 1998 machen zudem deutlich, daß die Erwähnung einer Steuer in Art. 106 GG ihren künftigen Bestand in Gänze oder in Teilen nicht garantiert.
III. 2.
Gleichheit vor dem Gesetz nach Art. 3 GG
Daneben ist nach Auffassung des vorlegenden Gerichts wegen der ungleichen steuerlichen Belastung von Erwerbern immobilen undmobilen persönlichen Gebrauchsvermögens Art. 3 Abs. 1 GG verletzt.
a)
Allgemein formuliert ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 GG das Gebot der Steuergerechtigkeit (BVerfG BStBl. II 1982, 717, 725) mit dem Verlangen, daß die Besteuerung gleichmäßig nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten ist (BVerfG 66, 214, 223; BStBl. II 1984, 357, 359). Dieser oberste Besteuerungsgrundsatz war schon in Art. 134 der Weimarer Reichsverfassung von 1919 enthalten und wurde dort wie folgt beschrieben:
"Alle Bürger ohne Unterschied tragen im Verhältnis ihrer Mittel zu allen öffentlichen Lasten nach Maßgabe der Gesetze bei."
b)
Im einzelnen verlangt - nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - Art. 3 GG die Gleichbehandlung "aller Menschen" vor dem Gesetz (Abs. 1) und verbietet jede Benachteili gung oder Bevorzugung wegen persönlichkeitsbedingter Eigenheiten (Abs. 2 und 3). Der Gleichheitssatz sei um so strikter, je mehr eine Regelung den Einzelnen als Person betreffe, und um so offener für gesetzgeberische Gestaltungen, je mehr allgemeine,für rechtliche Gestaltungen zugängliche Lebensverhältnisse geregelt würden. Für den Sachbereich des Steuerrechts fordere Art. 3 Abs. 1 GG die steuerliche Lastengleichheit in ihren Komponenten der Gleichheit der normativen Steuerpflicht und der Gleichheit bei deren Durchsetzung in der Steuererhebung. Jede gesetzliche Regelung müsse verallgemeinern. Der Gesetzgeber dürfe sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und sei nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Diese gesetzlichen Verallgemeinerungen müßten allerdings auf eine möglichst weite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließende Beobachtung aufbauen. Der Gesetzgeber habe vor allem bei der Ordnung von Massenentscheidungen und deren Abwicklung einen - freilich nicht unbegrenzten - Spielraum für generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen. Steuerrechtliche Regelungen seien so auszugestalten, daß Gleichheit im Belastungserfolg für alle Steuerpflichtigen hergestellt werden könne. Der Gleichheitssatz fordere nicht eine immer mehr individualisierende und spezialisierende Gesetzgebung, die letztlich die Gleichmäßigkeit des Gesetzesvollzugs gefährde, sondern die Regelung eines allgemein verständlichen und möglichst unausweichlichen Belastungsgrundes. Deshalb dürfe der Gesetzgeber, wie etwa bei der einkommensteuerlichen Verschonung des Existenzminimums, einen steuererheblichen Vorgang um der materiellen Gleichheit willen im typischen Lebensvorgang erfassen und individuell gestaltbare Besonderheiten unberücksichtigt lassen (so BVerfG BStBl II 1997, 518). Mit anderen Worten des Bundesverfassungsgerichts: Die Besteuerungsgleichheit gewinne erst aus der Eigenart der Steuer deutliche Konturen. Die Steuer sei eine Gemeinlast, die alle Inländer treffe; sie würden zur Finanzierung der allgemeinen Staatsaufgaben herangezogen. Der Staat greife dabei - ohne individuelle Gegenleistung - auf das Vermögen des Einzelnen zu, indem er ihm die Pflicht auferlege, von dem Seinigen etwas abzugeben. Der darin liegende Eingriff in die Vermögens- und Rechtssphäre des Steuerpflichtigen gewinne seine Rechtfertigung daher auch und gerade aus der Gleichheit der Lastenzuteilung. Dadurch unterschieden sich Gemeinlasten von anderen staatlichen Eingriffen. Im Steuerrecht müßten von Verfassungs wegen sowohl die steuerbegründenden Vorschriften als auch die Regelungen ihrer Anwendung dem Prinzipeiner möglichst gleichmäßigen Belastung der Steuerpflichtigen besonders sorgfältig Rechnung tragen (so BVerfG BStBl. II 1991, 654, 664).
Anhand zahlreicher Entscheidungen läßt sich nachweisen, daß das Bundesverfassungsgericht in den letzten Jahren ergänzend zu der bloßen Willkürformel (z.B. BVerfG BVerfGE 1, 14, 52; BVerfGE 33, 171, 189, dazu die Kritik von Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 1983, 156 f.; Tipke, Steuergerechtigkeit in Theorie und Praxis, 1981, 54) eine neue Formel verwendet: Danach ist der Gleichheitssatz vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten gegenüber anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. z.B. BVerfG BVerfGE 74, 129, 149 mit weiteren Nachweisen; dazu Tipke, Die Steuerrechtsordnung, 3 Bände, 1993, 325; Osterloh in Sachs, Kommentar zum GG, 1996, Art. 3 Rn. 8 ff.). Zudem hat das vorlegende Gericht die abgestufte Dich te bei der verfassungsrechtlichen Prüfung, eine Art Stufentheorie des BVerfG zu Art. 3 Abs. 1 GG, zu beachten. Danach ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen; die Abstufung der Anforderungen folgt aus Wortlaut und Sinn des Art. 3 Abs. 1 GG sowie aus seinem Zusammenhang mit anderen Verfassungsnormen (vgl. BVerfG BVerfGE 89, 15, 22).
c)
Nach diesen Maßstäben ist die Grunderwerbsteuer als Sondersteuerbelastung des persönlichen Wohn-Gebrauchsvermögens mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar und deshalb verfassungswidrig. Die nicht alle Erwerber persönlichen Gebrauchsvermögens, sondern nur die Erwerber immobilen persönlichen Gebrauchsvermögens treffende Grunderwerbsteuer bewirkt eine ungleiche Besteuerung und zwar in einem Bereich, der - wie oben ausgeführt - durch das Grundrecht auf Freizügigkeit (Art. 11 GG) geschützt ist und in dem wegen des besonderen verfassungsrechtlichen Schutzes des persönlichen Gebrauchsvermögens (Art. 2, 14 GG) eine direkte Be steuerung zu unterbleiben hat. Die ungleiche erwerbsteuerliche Lastenzuteilung führt zu einer ungleichen Behandlung von Personengruppen, indem nur Erwerber immobilen persönlichen Gebrauchsvermögens als Steuerschuldner (§§ 3, 13 GrEStG) mit einer Sondererwerbsteuer, der Grunderwerbsteuer, belastet, alle übrigen zur Gruppe der Erwerber persönlichen Gebrauchsvermögens gehörenden Personen (Erwerber mobilen persönlichen Gebrauchsvermögens, etwa von gebrauchten Personenkraftwagen, von Mobilheimen, Hausbooten; nach BFH BStBl II 1998, 275 ist der Erwerb eines Mobilheims nicht grunderwerbsteuerbar) dagegen von dieser Erwerbsteuer freigestellt sind und der Gesetzgeber auch keine vergleichbare anderweitige Steuerbelastung für die letztgenannte Gruppe vorgesehen hat. Nach der dargestellten neuen Auslegungsformel des Bundesverfassungsgerichts ist diese Verschiedenbehandlung und ungleiche steuerliche Belastung bei grundsätzlich gleicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz im Zusammenhang mit den hier genannten anderen Verfassungsnormen nur vereinbar, wenn sie durch Gründe gerechtfertigt ist, die strengen Verhältnismäßigkeitsanforderungen genügen. Nicht ausreichend ist, daß die zur Prüfung stehende Norm (§ 3 GrEStG) nicht gegen das Willkürverbot verstößt, also keine evident ungerechte Regelung vorliegt. Für die Differenzierung müssen vielmehr Gründe von solcher Art und solchem Gewicht vorliegen, daß sie die ungleichen Rechtsfolgen zu rechtfertigen vermögen. Solche rechtfertigende Gründe, die weit mehr sein müssen als nur praktikable steuertechnische Anknüpfungsmerkmale, liegen nicht vor.
Auch der Vergleich mit dem Wohnungsmieter offenbart einen Gleichheitssatzverstoß: Wenn die Rechtsidee, daß das Wohnen als menschliches Grundbedürfnis nicht mit Einkommensverwendungsteuern belastet sein soll, und entsprechend die Entlastung des Wohnungsmieters von der (allgemeinen) Umsatzsteuer (vgl. § 4 Abs. 12 a UStG) richtig ist (vgl. in diesem Sinne schon der Wissenschaft liche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen, Entschließungen, Stellungnahmen und Gutachten, 1974, 261), dann muß auch der Erwerber und Be wohner einer eigenen Wohnung bis zum Wert eines durchschnittlichen Eigenheims von der Grunderwerbsteuer befreit sein.
Es geht hier - wie gezeigt - nicht um eine besondere Privilegierung des Erwerbs von Grundstücken, die dem persönlichen Gebrauchsvermögen zuzuordnen sind, durch Gewährung eines spezifisch grunderwerbsteuerlichen Freibetrags, der sich nur schwerlich mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbaren ließe, sondern um die im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG notwendige Beseitigung einer Sondersteuerbelastung eines bestimmten Teils des persönlichen Gebrauchsvermögens.
Im übrigen wird Grunderwerbsteuer auch dann erhoben, wenn - wie hier - ganz oder zum Teil Fremdkapital zum Erwerb des Eigenheims eingesetzt werden muß, weil Eigenkapital nicht oder nicht hinreichend zur Verfügung steht. An dieser Stelle wird der steuerliche Anknüpfungspunkt auf einen bloßen Rechtsverkehrsakt, auf eine rechtliche Hülse ohne wirkliches Steuergut, reduziert. Denn der Gesetzgeber, der für die gesamten steuerpflichtigen Grundstückserwerbe einen einheitlichen Steuersatz bestimmt, müßte eine gleichmäßige Besteuerung in den Bemessungsgrundlagen der je für sich zu bewertenden wirtschaftlichen Einheiten sichern (so BVerfG, 2. Senat, BStBl II 1995, 655, 661, zur Ver mögensteuer; vgl. aber die Brutto-Bemessungsgrundlagen in §§ 8, 9 GrEStG). Die persönlichen Nettovermögensverhältnisse des Grunderwerb- Steuerpflichtigen werden, obwohl es sich hier um eine direkte Steuer handelt, - im Gegensatz zur Erbschaft- und Vermögensteuer - jedoch nicht zur Kenntnis genommen. Die Grunderwerbsteuer wird so in Teilen zur bloßen Willkürabgabe. Denn das schlichte Besteuerungskonzept "if it moves, tax it" (zur umfassen den Kritik Tipke, Die Steuerrechtsordnung, 3 Bände 1993, 932 ff., 937 ff.; Bareis in Baron/Handschuch, Wege aus dem Steuerchaos, 1996, 49), mithin die Besteuerung eines Rechtsvorgangs, hat noch in keinem Fall zur Steuerzahlung durch den Verkehrsakt selbst geführt. Vielmehr belastet jede Steuer, mithin auch die Grunderwerbsteuer, das Einkommen (bzw. das Vermögen als Speicher des Einkommens) des Steuerbürgers und wirkt entsprechend als Einkommensteuer im weiteren Sinne. Der Hinweis des Bundesfinanzhofs, die "meisten Verkehrsteuern ... haben keinen tieferen Sinn als den, dem Staat Geld zu bringen" (so BFH BStBl II 1973, 94, 96), entspricht nicht dem Verfassungsgebot gleichmäßiger Besteuerung nach dem Maßstab wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit (BVerfG BStBl II 1984, 357, 359). Zu Recht sind Anfang der neunziger Jahre die Kapital verkehrssteuern (Börsenumsatzsteuer, Wechselsteuer, Gesellschaftssteuer), die bloße Rechtsvorgänge des Kapitaltransfers als Steuerquelle definierten und besteuerten, abgeschafft worden (dazu Tipke, Die Steuerrechtsordnung, 3 Bände, Köln 1993, 932 f.). Obwohl das Gericht das Grunderwerbsteuergesetz nicht insgesamt zur verfassungs-rechtlichen Überprüfung vorlegt, stützt es sich auf diese weitreichende Argumentation, weil diese auch geeignet ist, die Grunderwerbsteuerfreistellung des (fremdfinanzierten) persönlichen Gebrauchsvermögens verfassungsrechtlich zu begründen.
d)
Wer sich zur Rechtfertigung der ungleichen Steuerbelastung von mobilen und immobilen Teilen des persönlichen Gebrauchsvermögens auf die Formel von der "weitgehenden Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei der Erschließung von Steuerquellen" stützen will, übersieht, daß es nur eine wirkliche Steuerquelle, das Einkommen bzw. das Vermögen als gespeichertes Einkommen, gibt (vgl. Friauf mit Hinweisen auf Tipke, Symposionsbericht, StuW 1996, 192, 198) und bleibt damit hinter der - u.a. durch Art. 3 Abs. 1 GG zum Ausdruck kommenden - Werteordnung der Verfassung weit zurück. Denn ein gesetzgeberischer Grundrechts-Gestaltungsspielraum ist weder in Art. 1 Abs. 3 GG noch in Art. 3 Abs. 1 GG vorgesehen. Er kann in diese Vorschriften mit Blick auf die besondere Rechtsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG auch nicht hineingelesen werden.
III. 3.
Zusammenfassung der verfassungsrechtlichen Beurteilung
Das vorlegende Gericht entscheidet im Rahmen der verfassungs-rechtlichen Schranken der Besteuerung, die insbesondere der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts durch seine Rechtsprechung zu anderen Steuerarten vorgegeben hat. In diesem Sinne sind allgemein für eine freiheitliche und gerechte Besteuerung untere und obere Besteuerungsgrenzen, steuerliche Tabuzonen, zu beachten (Grundfreibeträge bei der Einkommen-, Erbschaft- und Vermögensteuer: BVerfG BStBl II 1993, 413; BStBl II 1995, 655, BStBl II 1995, 671; Halbteilungsgrundsatz: BVerfG BStBl II 1995, 655). Daneben geht es insbesondere um die gleichmäßige Lastenverteilung innerhalb der Lastengemeinschaft aller Steuerbürger zur Deckung der staatlichen Ausgaben (vgl. BVerfG BStBl II 1991, 654, 664). Nach alledem verlangen das vom Bundesverfassungsgericht aus Art. 14 Abs. 1 GG unter Berücksichtigung des Art. 2 Abs. 1 GG entwickelte Prinzip eigentumsschonender und freiheitsschonender Besteuerung (BVerfG BStBl II 1995, 655; 1995, 671; vgl. auch Lang, in Tipke/Lang, Steuerrecht, 15. Auflage 1996, § 4 Rz. 214 ff. mit weiteren Nachweisen; Lehner, StuW 1997, 187, 188) und das aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Gebot der Steuergerechtigkeit, nach dem die Besteuerung gleichmäßig nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten ist (vgl. statt vieler BVerfG BVerfGE 66, 214, 223), daß (auch) bei der Grunderwerbsbesteuerung eines jeden Bürgers, der im eigenen Haus wohnen will, eine (untere) belastungsfreie Besteuerungszone eingehalten wird.
IV.
Darlegungen zur Zulässigkeit der Vorlage
Die Vorlage ist zulässig, denn eine verfassungskonforme Auslegung der zur verfassungsrechtlichen Überprüfung anstehenden Rechtsnorm kommt nicht in Betracht und die auf dem verfassungs-rechtlichen Prüfstand befindliche Norm ist Teil eines nachkonstitutionellen Gesetzes, auf dessen Gültigkeit es für die Entscheidung des Steuerrechtsstreits ankommt.
Eine die angeführten Grundrechtsverstöße vermeidende verfassungskonforme Auslegung des § 3 GrEStG kommt im Streitfall nicht in Betracht. Normtext und Normsinn der genannten Vorschrift lassen eine Auslegungsmöglichkeit im Sinne eines Grundfreibetrags von bis etwa 600 Tausend DM mit dem Ziel, das selbstgenutzte durchschnittliche Einfamilienhaus grunderwerbsteuerfrei zu stellen, nicht zu.
Eine Richtervorlage ist nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG zulässig, wenn es für die im Ausgangsverfahren zu treffende Entscheidung auf die Gültigkeit der für verfassungswidrig erachteten Norm ankommt. Die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift ist für den Ausgang des Rechtsstreits dann entscheidungserheblich, wenn das vorlegende Gericht bei Gültigkeit der beanstandeten Regelung zu einer anderen Entscheidung käme als im Falle ihrer Ungültigkeit (vgl. BVerfG BVerfGE 77, 259, 261; 79, 245,249; 84, 233). Dies gilt auch dann, wenn der Gesetzgeber einen Grundrechtsverstoß auf verschiedene Weise heilen kann. Wenn als eine der möglichen Entscheidungsvarianten eine Regelung in Betracht kommt, die den für das Ausgangsverfahren einschlägigen Maßstab gegenüber der vorgelegten Norm verändert, so hat das Gericht das Verfahren auszusetzen, bis der Gesetzgeber gesprochen hat (vgl. BVerfG BVerfGE 64, 158, 168). Für die Ent scheidungserheblichkeit spielt es keine Rolle, daß im Falle einer Unvereinbarkeitserklärung das Bundesverfassungsgericht gemäß § 35 BVerfGG die weitere Anwendung des bisherigen Rechts anordnen kann (BVerfG BVerfGE 93, 121, 131). Nach diesen Rechts grundsätzen ist die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 3 GrEStG für den Streitfall entscheidungserheblich. Denn die Klage müßte abgewiesen werden, wenn § 3 GrEStG verfassungsgemäß ist, während der Klage in vollem Umfang stattzugeben wäre, wenn - wovon das vorlegende Gericht ausgeht - ein über § 3 GrEStG hinausreichender allgemeiner Grundfreibetrag (bis etwa 600 Tausend DM in Anlehnung an den ab 1. Januar 1996 neugefaßten § 16 ErbStG) für den Erwerb eines durchschnittlichen Einfamilienhauses zur Selbstnutzung verfassungsgeboten ist und der Gesetzgeber eine entsprechende Gesetzesänderung für alle noch nicht abgeschlossenen und künftigen Verfahren vorzunehmen hat (vgl. §§ 78, 79 BVerfGG).
Dieser Beschluß ist unanfechtbar (vgl. BFH BStBl II 1981, 324, 325; vgl. auch Gräber/Ruban, Kommentar zur FGO, 4. Auflage 1997, § 128 Anm. 9 am Ende; Tipke/Kruse, Kommentar zur AO/FGO, 16. Auflage, Loseblatt, § 128 FGO Tz. 17, Stand: 1993).