Sozialgericht Braunschweig
Urt. v. 07.04.2021, Az.: S 54 KR 673/20 WA

Bibliographie

Gericht
SG Braunschweig
Datum
07.04.2021
Aktenzeichen
S 54 KR 673/20 WA
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 70656
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Es wird festgestellt, dass sich der Rechtsstreit aufgrund der Zahlung der Behandlungskosten und der Zinsen für die Behandlung des Versicherten Herrn H. im

Zeitraum vom 10.02.2017 bis 06.03.2017 erledigt hat.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Streitwert wird auf 18.803,58 € festgesetzt.

Die Sprungrevision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob sich der Rechtsstreit nach Zahlung der Klageforderung erledigt hat. Ursprünglich ging es um die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.

Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte H. wurde vom 12. Februar 2017 bis 6. März 2017 im Krankenhaus der Klägerin in I. stationär behandelt.

Die Klägerin liquidierte gegenüber der Beklagten mit Rechnung vom 31. März 2017 auf der Basis der Fallpauschale DRG A13E 28.178,29 €.

Am 6. April 2017 teilte die Beklagte der Klägerin per Datenträgeraustausch mit:

„Sehr geehrte Damen und Herren, ich verweise auf das Schreiben des Herrn J. vom 16.12.2016. Danach sind die strukturellen Voraussetzungen für die Kodierung des OPS 8-980 und 8-98f für Ihr Haus nicht erfüllt. Aufgrund des strittigen OPS mussten wir auch die Maskenbeatmung strittig stellen. Wir haben den OPS und die Beatmungsstunden gestrichen und die unstrittige DRG gezahlt. Mit freundlichen Grüßen …“

Die Beklagte glich am 12. April 2017 den Rechnungsbetrag zunächst nur in Höhe von 9374,71 € aus. Die anschließende Korrespondenz, mit der die Klägerin von der Beklagten auch die Bezahlung der Rechnungsdifferenz in Höhe von 18.803,58 € forderte, hat zu keiner Einigung zwischen den Beteiligten geführt.

Die Klägerin hat am 31. August 2017 Klage vor dem Sozialgericht Braunschweig erhoben. Sie ist der Auffassung, ihr stehe der geltend gemachte Rechnungsbetrag ungekürzt zu, weshalb die Beklagte ihr 18.803,58 € nebst Zinsen zu zahlen habe. Das ergebe sich unmittelbar aus § 13 Abs. 6 Satz 1 des Niedersächsischen Krankenhaus-Sicherstellungsvertrags (Nds.SV) Im Übrigen seien die im strittigen OPS geforderten Mindestmerkmale in ihrem Krankenhaus erfüllt. Auf “Strukturvoraussetzungen“ komme es nicht an.

In mehreren gleich gelagerten „Nichtzahlungsfällen“ zwischen unterschiedlichen Beteiligten (u.a. aber auch den hiesigen Beteiligten) hat das Sozialgericht Braunschweig den entsprechenden Leistungsklagen stattgegeben und die Beklagte(n) zur Zahlung verurteilt. Gegen fast alle dieser Urteile und Gerichtsbescheide wurde Berufung eingelegt. Einige davon sind noch beim Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anhängig.

Mit Beschluss vom 5. Dezember 2019 hat das Gericht daraufhin auf Anregung der Beteiligten den Rechtsstreit ruhend gestellt.

Die hiesige Beklagte hat die von ihr eingelegten Berufungen nach Durchführung eines mündlichen Verhandlungstermins am LSG zurückgenommen.

Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2020 hat die Beklagte den Rechtsstreit wieder aufgenommen und mitgeteilt, dass sie mittlerweile die Klageforderung sowie Zinsen in Höhe von 765,69 € ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter Vorbehalt gezahlt habe. Die Klägerin hat das als Anerkenntnis angenommen. Die Beklagte weist aber darauf hin, dass ein prozessuales Anerkenntnis hiermit ausdrücklich nicht verbunden sei. Zahlung sei nur unter Vorbehalt erfolgt. Mit Schriftsatz vom 31. März 2021 hat sie mitgeteilt, am 18. Februar 2021 gegenüber der Klägerin eine Aufrechnung in Höhe der Klageforderung erklärt und vollzogen zu haben. Das Gericht hat den Rechtsstreit nicht als durch angenommenes Anerkenntnis erledigt angesehen.

Einer Erledigterklärung der Klägerin hat sich die Beklagte nicht angeschlossen.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

festzustellen, dass sich der Rechtsstreit aufgrund der Zahlung der Behandlungskosten und der Zinsen für die Behandlung des Versicherten Herrn H. im Zeitraum vom 10.02.2017 bis 06.03.2017 erledigt hat.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen und hilfsweise, die Sprungrevision zuzulassen.

Sie ist der Auffassung, ihre Zahlung resultiere lediglich aus der vertraglichen Verpflichtung nach dem Krankenhaus-Sicherstellungsvertrag. Es handele sich dabei nur um eine Zahlung unter Vorbehalt. Der Vorbehalt beziehe sich auf die Rechnungsprüfung und eine eventuelle spätere Aufrechnung. Eine derartige vorbehaltliche Zahlung habe keine Erfüllungswirkung nach § 69 Abs. 1 SGB V i. V. m. § 362 BGB. Die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt ihre Rechtsposition und ihre Verteidigung gegen den ungerechtfertigten Vergütungsanspruch aufgegeben. Die Klägerin sei durch die Zahlung und anschließende Verrechnung nicht klaglos gestellt, weil die ursprüngliche Vergütungsforderung nicht (vollständig) erfüllt wurde und das Verfahren demnach nicht erledigt sei.

Die Klägerin hat am 11. Februar 2021 bei dem Sozialgericht Braunschweig eine weitere Klage wegen der Aufrechnung durch die Beklagte anhängig gemacht (S 59 KR 105/21). Sie hat dort angekündigt zu beantragen, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 18.803,58 € nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.12.2020 zu zahlen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klägerin hat die ursprüngliche Leistungsklage (1) zulässig auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits umgestellt (2).

(1) Die Klage war ursprünglich als echte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Bei einer auf Zahlung von Behandlungskosten von Versicherten gerichteten Klage des Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse geht es um einen Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (BSG, SozR 4-2500 § 39 Nr. 1 Rdnr. 6 m.w.N.). Ein Vorverfahren ist nicht durchzuführen, eine Klagefrist nicht einzuhalten.

Die Leistungsklage war auch begründet. Die Klägerin hatte gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von weiteren 18.803,58 € (insgesamt 28.178,29 €) für die bei dem Versicherten erbrachte Krankenhausbehandlung.

Mit der Rechnung vom 3. April 2017 hat die Klägerin die Fallpauschale DRG A13E ausgewiesen und 28.178,29 € gefordert.

§ 13 Abs. 6 Nds.SV regelt in Satz 1 eindeutig, dass die Krankenkasse die Rechnung unverzüglich, spätestens innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungsdatum zu bezahlen hat. Dieser vertraglichen Verpflichtung ist die Beklagte nicht (vollständig) nachgekommen. Auf die Frage der rechnerischen oder sachlichen Richtigkeit der Rechnung kommt es deshalb hier nicht an.

Der Nds.SV ist auch für die Beteiligten unmittelbar gültig. Dort heißt es in der Einleitung: „Die niedersächsische Krankenhausgesellschaft und……, der K. Niedersachsen,….. schließen folgenden Vertrag…“. Die Klägerin ist Mitglied der niedersächsischen Krankenhausgesellschaft und die Beklagte ist gleichzeitig ihr Landesverband.

Die Beklagte konnte und kann sich nicht darauf berufen, sie müsse nicht zahlen, wenn die Rechnung fehlerhaft ist. Für solche Fälle steht ihr gemäß § 13 Abs. 6 Satz 5 Nds.SV die Möglichkeit der Verrechnung (korrekt: Aufrechnung) zur Verfügung. Auch der darauf folgende Einwand, nach jahrtausendealten Rechtsgrundsätzen müsse nichts gezahlt werden, was unmittelbar danach wieder zurückgezahlt werden müsse, verfängt nicht. Dieses Verbot der unzulässigen bzw. arglistigen Rechtsausübung (dolo agit…) ist hier nicht einschlägig. Die Regelung in § 13 Abs. 6 Satz 5 Nds.SV wäre sonst überflüssig. Insofern unterscheidet sich das System der Krankenhausabrechnung erheblich vom Zivilrecht zwischen Privatparteien. Die vertraglichen Abweichungen vom Recht des BGB sind unzweifelhaft zulässig. Im Übrigen ist schon fraglich, ob der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung erhoben werden könnte. Zur Rückzahlung wäre die Klägerin nämlich nicht unmittelbar verpflichtet, sondern erst nach Feststellung der Fehlerhaftigkeit der Rechnung. Das ist regelmäßig ein Zeitpunkt nach Prüfung durch den MDK.

Das anfangs vorgebrachte Argument der Beklagten, die Fehlerhaftigkeit einer Rechnung führe per se dazu, dass sie nicht fällig sei, führt zu keinem anderen Ergebnis. § 13 Abs. 6 Satz 1 Nds.SV definiert die Fälligkeit nur nach dem Datum. Dafür, dass Fälligkeit der Rechnung nicht eingetreten ist, weil der Datensatz nach § 301 SGB V nicht vollständig gewesen war, gibt es keine Anhaltspunkte.

Möglicherweise könnten die Einwände verfangen, wenn die Fehlerhaftigkeit der Rechnung auf der Hand liegen würde, also offenkundig ist. Ein Beispiel dafür wäre die Abrechnung der Fallpauschale O60A bei einem Mann. Solche offenkundigen Fehler dürften aber extrem selten sein und müssen wohl kaum vor Gericht streitig ausgefochten werden. Hier ist das jedenfalls nicht der Fall, denn im (materiellrechtlichen) Streit ist die Frage, ob die Voraussetzungen für die Kodierung des OPS 8-98.. vorliegen. Das Ergebnis dieses Streits ist in Anbetracht der Komplexität keinesfalls offenkundig. Zahlreiche Rechtsstreite vor dem Sozialgericht Braunschweig sind zwischen den hiesigen Beteiligten dazu anhängig.

Auch die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 22. Juli 2004 (B 3 KR 20/03 R), auf die sich manche Krankenkassen in Fällen wie hier berufen, spricht gerade nicht für ein Recht auf Zahlungsverweigerung von Anfang an. Das BSG hat nämlich der Revision einer Krankenkasse nicht stattgegeben, sondern die für die Klägerin positive Entscheidung des Landessozialgerichts bestätigt.

Die Zahlungsanspruchsgrundlage des § 13 Abs. 6 Satz 1 Nds.SV würde völlig leerlaufen, wenn der Einwand der fehlerhaften Rechnung den Zahlungsanspruch ausschließen würde. Der zwischen den Beteiligten geschlossene „Vertrag zu den Bereichen des § 112 Abs. 2 Ziffer 1,2,4 und 5 SGB V“ wird nicht umsonst von allen Beteiligten „Sicherstellungsvertrag“ genannt. Seine Regelungen sollen nämlich die Krankenhäuser vor Liquiditätsengpässen schützen und damit die Krankenhausversorgung der Versicherten sicherstellen. Diesem Schutzgedanken widerspricht es, den Krankenkassen die Deutungshoheit über die Richtigkeit einer Krankenhausrechnung und damit die Berechtigung zur Zahlungsverweigerung von Anfang an zuzuschreiben. Die Zahlungsregelung ist auch Ausgleich für die unbedingte Verpflichtung der Krankenhäuser zur medizinischen Versorgung der Versicherten. Die Krankenhäuser gehen als Leistungserbringer in Vorleistung und müssen dafür die Sicherheit haben, ihre Rechnungen zunächst ausgeglichen zu bekommen.

Wenn die am Krankenhaus-Vergütungssystem Beteiligten eine andere Zahlungsregelung wollten, könnten Sie dies vertraglich vereinbaren. Seit nunmehr fast 30 Jahren scheint es dafür aber keine Veranlassung gegeben zu haben.

Auch der Bundesgesetzgeber hat mittlerweile dem Grundsatz der Krankenhausliquiditätsgewährleistung Rechnung getragen. Die unbedingte Zahlungsverpflichtung wurde gesetzlich geregelt. In dem vom 27. März 2020 bis 19. Oktober 2020 geltenden § 330 SGB V und im ab 20. Oktober 2020 geltenden § 417 SGB V heißt es jeweils in den Sätzen 1, dass die von den Krankenhäusern erbrachten und in Rechnung gestellten Leistungen von den Krankenkassen innerhalb von fünf Tagen nach Rechnungseingang zu bezahlen sind.

(2). Die Klägerin hat die Leistungsklage zulässig auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits umgestellt. Hierin liegt keine Klageänderung im Sinne des § 99 SGG (vergleiche dazu BSG, Urteil vom 9. April 2019 – B 1 KR 3/18 R - Rn. 19).

Für die Statthaftigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage bei Erledigung einer allgemeinen Leistungsklage nach dem SGG gelten erleichterte Voraussetzungen. Es genügt ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Erledigung. Ausreichend ist die nicht entfernt liegende Möglichkeit eines wiederholten Auftretens der Rechtsfrage, auch wenn aus dem (abgeschlossenen) Rechtsverhältnis keine Rechtsfolgen mehr hergeleitet werden können. In Streitigkeiten über Krankenhausvergütung besteht regelmäßig ein solches berechtigtes Interesse. Die Möglichkeit, dass Rechtsfragen zur Abrechnung wiederholt auftreten, liegt für Krankenhäuser und Krankenkassen in aller Regel nicht entfernt. Es bedarf hierfür keines weiteren Belegs (all dies ganz eindeutig BSG aaO, Rn. 17).

Die Klage auf Feststellung der streitigen Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache ist bei allgemeinen Leistungsklagen ohne kostenprivilegierte Beteiligte begründet, wenn sich die ursprünglich zulässige und begründete Klage erledigt hat (siehe BSG, aaO., Leitsatz und Rn. 8). So verhält es sich hier. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage erhoben worden. Beide Beteiligte sind nicht kostenprivilegiert. Die ursprüngliche Leistungsklage war zulässig und begründet (siehe oben). Sie hat sich auch erledigt.

Die Erledigung ist nicht durch angenommenes Anerkenntnis eingetreten Zwar hat die Beklagte mittlerweile (ungefähr drei Jahre nach Rechtshängigkeit) den Betrag der Klagehauptforderung und die Zinsen an die Klägerin gezahlt. Das könnte den Rechtsschein erwecken, sie habe ein umfängliches Anerkenntnis abgegeben. Die Beklagte hat aber mehrfach schriftsätzlich und mündlich deutlich gemacht, dass sie ein prozessrechtliches Anerkenntnis nicht abgibt. Diese Erklärung ist so eindeutig, dass für eine andere Auslegung kein Raum bleibt. (so BSG, Urteil vom 17. September 2020 – B 4 AS 13/29 R Rn. 23 und 24). Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn die Weigerung zur Abgabe eines Anerkenntnisses gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen würde. Es ist allgemein anerkannt, dass die Vertragsbeziehungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen diese in partnerschaftlicher Weise zu gegenseitiger Rücksichtnahme nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichten. Ein Verstoß gegen diese Grundsätze könnte vorliegen, wenn die Weigerung der Beklagten einzig damit zu erklären wäre, dass sie das Entstehen einer „fiktiven“ Termingebühr verhindern will. Das liegt hier aber fern, denn das Verhalten der Beklagten (u. a. auch Weigerung zur Erledigungserklärung) führt dazu, dass durch Urteil oder Gerichtsbescheid entschieden werden muss. Dabei fällt eine „echte“ Termingebühr an und bei angenommenem Anerkenntnis wären nicht drei, sondern nur eine Gerichtsgebühr angefallen. Die Beklagte darf sich, insbesondere auch gegenüber sich selbst, unwirtschaftlich verhalten.

Ein Anerkenntnis konnte somit, weil es nicht abgegeben wurde, nicht angenommen werden. Der Rechtsstreit konnte sich nicht insgesamt nach § 101 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz erledigen.

Der Rechtsstreit hat sich auch nicht durch übereinstimmende Erledigungserklärungen erledigt. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung der Klägerin nicht angeschlossen. Eine einseitige Erledigungserklärung beendet den Rechtsstreit nicht.

Die Hauptsache hat sich durch die nach der Klageerhebung erfolgte Zahlung der Beklagten erledigt.

Durch die Zahlung ist eine Lage eingetreten, die eine Entscheidung über den Klageanspruch erübrigt bzw. ausschließt. Mit der Zahlung von 18.803,58 € (Hauptforderung) und 765,69 € Zinsen ist die Beklagte ihrer Verpflichtung aus dem Niedersächsischen Krankenhaus-Sicherstellungsvertrag gefolgt. Die Rechnung über die Krankenhausbehandlung des Versicherten Achim Schulze ist damit ausgeglichen. Es besteht keinerlei Zweifel daran, dass die Zahlung von 18.803,58 € genau diesen Behandlungsfall betraf. Über diese Rechnung besteht kein Streit mehr.

Der Einwand der Beklagten, die Zahlung sei nur unter Vorbehalt erfolgt, verfängt nicht.

Die Verpflichtung zur Zahlung war aus Rechtsgründen objektiv gegeben (siehe oben). Dieser rechtlichen Verpflichtung konnte sich die Beklagte auch nicht durch einen Vorbehalt entziehen. Sie musste zunächst zahlen (die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirken) mit der Folge, dass das Schuldverhältnis erlischt (§ 362 BGB).

Wenn sich bei einer nach der zwischen den Spitzenverbänden der Beteiligten geschlossenen Prüfverfahrensvereinbarung ordnungsgemäß durchgeführten Prüfung die Fehlerhaftigkeit der Rechnung herausstellt, entsteht ein neues Rechtsverhältnis, nämlich eines aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i.V.m. § 812 BGB, Wegfall des rechtlichen Grundes analog). Dadurch entsteht ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch (dazu BSG, Urteil vom 27.10.2020 –B 1 KR 25/19 R- unter Verweis auf BSG, Urteil vom 16.07.2020 –B 1 KR 15/219 R-, Rdnr. 10 m.w.N. dort). Dabei sind Gläubiger und Schuldner gegenüber der Ausgangslage bei Rechnungslegung ausgetauscht.

Der von der Beklagten erklärte „Vorbehalt“ ist der gleiche, der einer Zahlung nach § 13 Abs. 6 Satz 1 Nds.SV ohnehin immer immanent ist. Die Zahlungsmodalitäten im Krankenhausabrechnungswesen unterscheiden sich teilweise erheblich von denen im „normalen“ Zivilrecht. Eine vertragliche Verpflichtung, eine Rechnung zunächst begleichen zu müssen und sie dann erst überprüfen zu können ist eher ungewöhnlich. Diese Abweichung erklärt sich aber ganz zwanglos mit den besonderen Gegebenheiten der Krankenhausversorgung (siehe oben).

Soweit die Beklagte den Zahlbetrag wegen ungerechtfertigter Bereicherung mit einer anderen unstreitigen Forderung der Klägerin aufgerechnet hat, wird der hiesige Rechtsstreit nicht fortgeführt. Im Falle einer Aufrechnung ist die Bezahlung der Rechnung des neuen (anderen) Behandlungsfalls, mit dem aufgerechnet wird im Streit. Das ist ein völlig anderer Streitgegenstand, auch wenn dort (jetzt im Rechtsstreit S 59 KR 105/21) notwendigerweise inzident der hier streitige Behandlungsfall inhaltlich geprüft werden muss.

Die Sprungrevision war gemäß § 161 SGG auf Antrag der Beklagten zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nummer 1 SGG liegen vor. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Allein beim Sozialgericht Braunschweig sind weit mehr als 100 Klagen anhängig, bei denen es (so wie hier) um die Rechtsfrage geht, ob eine unbedingte Zahlungsverpflichtung der Krankenkassen auf Krankenhausrechnungen besteht. Es handelt sich hierbei um eine Rechtsfrage, die nicht nur in Niedersachsen relevant ist. Die vertraglichen Regelungen gelten für alle Versicherte, die in einem niedersächsischen Krankenhaus behandelt werden. Es ist dabei unbeachtlich, ob die Versicherten in Niedersachsen wohnen oder bei einer niedersächsischen Krankenkasse versichert sind. Im Übrigen finden sich auch in anderen Bundesländern ähnliche Bestimmungen in den entsprechenden Krankenhaussicherstellungsverträgen. Zudem ist die Zahlungsverpflichtung mittlerweile auch im SGB V (§ 330 bzw. § 417 SGB V) geregelt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz. Das Gericht hat davon abgesehen, den Streitwert der ursprünglichen Leistungsklage durch die zusätzlich erforderliche Feststellungsentscheidung zu erhöhen.