Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 05.02.2020, Az.: 2 Ws 35/20

Anwendungsbereich des § 473 StPO bei Beschränkung auf bestimmte Rechtsmittelpunkte; Entstehung und Übernahmeverpflichtung vermeidbarer Kosten durch verspätete Rechtsmittelbeschränkung im Hauptverhandlungstermin

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
05.02.2020
Aktenzeichen
2 Ws 35/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 16544
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2020:0205.2WS35.20.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Lüneburg - 14.11.2019 - AZ: 39 Ns 92/19

Fundstellen

  • RVGreport 2020, 194-196
  • StRR 2020, 3

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Die Regelung des § 473 Abs. 3 StPO ist auch dann anzuwenden, wenn eine Beschränkung des Rechtsmittels auf einen bestimmten Beschwerdepunkt vom Berufungsgericht für rechtlich unwirksam erachtet wird, der Rechtsmittelführer aber von vornherein erklärt, dass er nur das beschränkte Ziel verfolgt und dieses im Ergebnis auch erreicht.

  2. 2.

    Gibt der Rechtsmittelführer die Erklärung über das beschränkte Ziel erst nachträglich ab, so hat er diejenigen gerichtlichen und außergerichtlichen Auslagen zu tragen, die bei einer alsbald nach Rechtsmitteleinlegung abgegebenen Erklärung hierüber vermeidbar gewesen wären (Anschluss: OLG Celle, Beschluss vom 10. Januar 2019 - 3 Ws 4/19 -, juris; entgegen OLG Hamm, Beschluss vom 15. Oktober 2013 - III-5 Ws 380 - 381/13 -, juris).

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten wird die Kosten- und Auslagenentscheidung des Urteils der 9. kleinen Strafkammer des Landgerichts Lüneburg vom 14. November 2019 dahin abgeändert, dass die Landeskasse die Kosten des Berufungsverfahrens und die dem Verurteilten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen hat, jedoch mit Ausnahme derjenigen gerichtlichen und außergerichtlichen Auslagen, die bei einer innerhalb der Berufungsbegründungsfrist abgegebenen Erklärung des Verurteilten über das beschränkte Berufungsziel vermeidbar gewesen wären; diese trägt der Verurteilte.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die dem Verurteilten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Landeskasse zur Last.

Gründe

I.

Das Amtsgericht Winsen (Luhe) verurteilte den Beschwerdeführer am 26. Juni 2019 wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls in 2 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren. Gegen das Urteil legten sowohl die Staatsanwaltschaft, als auch der Beschwerdeführer fristgerecht und unbeschränkt Berufung ein; die schriftlichen Urteilsgründe wurden dem zuvor als Pflichtverteidiger des Beschwerdeführers beigeordneten Rechtsanwalt am 05. August 2019 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt; mit einem am 04. September 2019 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz des Verteidigers beschränkte dieser die Berufung auf die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung, wobei die Berufungskammer die vorgenommene Beschränkung aus im Urteil nicht näher dargelegten Gründen für unwirksam erachtete.

Nachdem die Staatsanwaltschaft ihre Berufung in der Berufungshauptverhandlung mit Zustimmung des Beschwerdeführers zurückgenommen hatte, änderte die 9. kleine Strafkammer auf die Berufung des Angeklagten durch Urteil vom 14. November 2019 unter Verwerfung des Rechtsmittels im Übrigen den Rechtsfolgenausspruch dahingehend ab, dass der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt wurde, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zudem wurden dem Angeklagten die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen auferlegt, die Berufungsgebühr allerdings um 1/5 ermäßigt und angeordnet, dass die Landeskasse die notwendigen Auslagen des Angeklagten in der Berufungsinstanz in diesem Umfang trage. Zur Begründung der Kostenentscheidung führt das Urteil aus, angesichts der umfassenden Anfechtung des Urteils sei der Berufungserfolg lediglich mit 1/5 zu bemessen.

Gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung des im Übrigen rechtskräftigen Urteils wendet sich der Verurteilte mit seiner sofortigen Beschwerde. Er vertritt die Auffassung, dass die Landeskasse die Kosten des Berufungsverfahrens sowie seine notwendigen Auslagen in der Berufungsinstanz zu tragen habe, da die rechtliche Unmöglichkeit der Rechtsmittelbeschränkung allein darauf beruhe, dass das Amtsgericht Winsen (Luhe) keine ausreichenden Feststellungen zum Tatbestandsmerkmal der dauerhaft genutzten Privatwohnung getroffen habe.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.

Die gemäß § 464 Abs. 3 Satz 1 StPO statthafte sowie form- und fristgerecht erhobene sofortige Beschwerde des Verurteilten hat ganz überwiegend Erfolg.

Hinsichtlich der Kosten des Verfahrens und der notwendigen Auslagen des Angeklagten im Berufungsrechtszug kommt entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht § 473 Abs. 4 StPO zur Anwendung; die Kostenentscheidung ergibt sich vielmehr aus der sinngemäßen Anwendung von § 473 Abs. 1 und Abs. 3 StPO.

1.) Ausgangspunkt für die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens und die dort dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen ist vorliegend § 473 Abs. 3 StPO. Danach sind die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn dieser sein Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und das Rechtsmittel Erfolg hat. Dass er in diesem Fall auch nicht die Gerichtskosten zu tragen hat, spricht das Gesetz zwar nicht ausdrücklich aus, ist aber in der Rechtsprechung als selbstverständlich anerkannt (vgl. BGHSt 19, 226, 230; OLG Hamm NStZ-RR 1999, 95).

Vorliegend hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seines Pflichtverteidigers vom 04. September 2019 die zunächst unbeschränkt eingelegte Berufung auf die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung beschränkt und sein formuliertes Ziel auch erreicht, denn das Landgericht Lüneburg änderte den Rechtsfolgenausspruch des angefochtenen Urteils dahingehend ab, dass der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt wurde.

2.) Soweit die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Zuschrift vom 15. Januar 2020 ausführt, die Anwendung des § 473 Abs. 3 StPO sei schon deshalb ausgeschlossen, weil die mit diesem Schriftsatz vorgenommene Rechtsmittelbeschränkung mangels erforderlicher ausdrücklicher Ermächtigung gem. § 302 Abs. 2 StPO unwirksam gewesen sei, greift der Einwand im Ergebnis nicht durch.

Insoweit führt die Generalstaatsanwaltschaft im Ansatz zwar zutreffend aus, es handele sich, da die Beschränkung außerhalb der Berufungsbegründungsfrist erfolgte, um eine Teil-Rücknahme der Berufung, für deren Vornahme ein Verteidiger gem. § 302 Abs. 2 StPO eine ausdrückliche Ermächtigung benötige (vgl. hierzu: OLG Bamberg, Beschluss vom 03. April 2018 - 3 Ss OWi 330/18 -, juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 26. Oktober 2010 - 2 Ss 618/10 -, juris). Zudem ist durch die Beiordnung zum Pflichtverteidiger durch Beschluss des Amtsgerichts Winsen (Luhe) vom 06. Februar 2019 eine etwaige, zuvor erteilte Vollmacht des Verteidigers erloschen (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 08.11.1990 - 4 StR 457/90, NStZ 1991, 94). Schließlich ist der Akte tatsächlich eine ausdrückliche Ermächtigung i.S.v. § 302 Abs. 2 StPO nicht zu entnehmen und dass, obwohl der Verurteilte mit Schreiben vom 11. September 2019 (Bl. 172 Band II d. A.) mitgeteilt hatte, er beende die Zusammenarbeit mit seinem Pflichtverteidiger und wolle nunmehr allein von Rechtsanwalt ... vertreten werden, der bereits mit Schreiben vom 23. August 2019 seine Mandatierung angezeigt und durch Vorlage einer schriftlichen Vollmacht belegt hatte (Bl. 154 f. Bd. II d. A.).

Aus Nr. 152 Abs. 1 RiStBV folgt jedoch, dass ein fehlender Nachweis vom Verteidiger einzuholen ist. Der Umstand, dass das Landgericht dieser Verpflichtung nach Aktenlage nicht nachgekommen ist, hindert den Senat an einer nachträglichen Einholung eines derartigen Nachweises indes nicht, denn nach der Rechtsprechung kann der Nachweis auch im Rechtsmittelverfahren nachgeholt werden (vgl. dazu: Jesse in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Auflage 2014, § 302, Rn. 97 m.w.N.).

Der Senat hat dem Verteidiger mit Schreiben vom 24. Januar 2020 Gelegenheit binnen einer Woche gegeben, einen Nachweis über die ausdrückliche Ermächtigung zur Vornahme der Berufungsbeschränkung im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung vorzulegen. Hierauf hat der Verteidiger mit Schreiben vom 27.01.2020 anwaltlich versichert, eine explizite Ermächtigung zu der mit Schriftsatz vom 04. September 2019 vorgenommenen Berufungsbeschränkung habe vorgelegen und insoweit ergänzend vorgetragen, der Mandant habe ihm diese anlässlich eines Haftbesuchs vom 28. August 2019 zur Mittagszeit erteilt.

Da der fehlende Nachweis in der Regel durch eine anwaltliche Versicherung erbracht werden kann (vgl. hierzu: BGH, Beschluss vom 14. Januar 2003 - 4 StR 516/02 -, juris) und der Senat keinerlei Anlass hat, den Inhalt der Erklärung des Verteidigers vom 27.01.2020 in Zweifel zu ziehen, lag die gem. § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung zur Vornahme der Berufungsbeschränkung vor.

3.) Der Umstand, dass das Landgericht die vorgenommene Berufungsbeschränkung für unwirksam erachtet hat, führt indes entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht zum Ausschluss der Anwendbarkeit des § 473 Abs. 3 StPO.

Diese Vorschrift ist nach nahezu einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum vielmehr auch dann anzuwenden, wenn eine wirksame Beschränkung der Anfechtung auf einen bestimmten Beschwerdepunkt verfahrensrechtlich nicht möglich ist, der Rechtsmittelführer aber von vornherein erklärt, dass er mit seinem Rechtsmittel nur das beschränkte Ziel verfolgt, und dieses im Ergebnis auch erreicht (vgl. BGHSt 19, 226, 230; OLG Düsseldorf JR 1991, 120 mit Anm. Hilger; OLG Köln VRS 109 (2005), 338; LR-Hilger StPO 26. Aufl. § 473 Rn. 36; KK-Gieg StPO 7. Aufl. § 473 Rn. 67; Meyer-Goßner/Schmitt StPO 62. Aufl. § 473 Rn. 22; jew. mwN).

Es kann mithin dahingestellt bleiben, ob die Rechtsauffassung des Landgerichts, die vorgenommene Berufungsbeschränkung sei unwirksam, zutreffend ist, denn § 473 Abs. 3 StPO ist sowohl im Fall der wirksamen, als auch im Fall der aus Rechtsgründen unwirksamen Beschränkung der Berufung die der zu treffenden Kostenentscheidung zugrunde zu legende Vorschrift, wenn - wie vorliegend - der Rechtsmittelführer den Willen zur Beschränkung seines Rechtsmittels zweifelsfrei erklärt und sein begehrtes Ziel im Ergebnis auch erreicht hat.

Daher war auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten die Kosten- und Auslagenentscheidung des Urteils der 9. kleinen Strafkammer des Landgerichts Lüneburg vom 14. November 2019 zunächst grundsätzlich dahin abzuändern, dass die Landeskasse die Kosten des Berufungsverfahrens und die dem Verurteilten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen hat.

Lediglich ergänzend weist der Senat in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ein durchgreifender Grund, warum eine wirksame Beschränkung der Anfechtung auf die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung im vorliegenden Fall verfahrensrechtlich nicht möglich gewesen sein soll, auch nicht erkennbar ist.

Weder den Urteilsgründen, noch dem Protokoll der Hauptverhandlung ist zu entnehmen, warum die Berufungskammer die vorgenommen Beschränkung auf die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung für unwirksam erachtet hat; angesichts der getroffenen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils, ausweislich derer der Beschwerdeführer bei den der Verurteilung zugrundeliegenden Taten in beiden Fällen in eine "dauerhaft genutzte" Wohnung einbrach, steht indes zu vermuten, dass das Landgericht - wie vom Beschwerdeführer vorgetragen - die Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils für nicht ausreichend erachtete, um den Schuldspruch wegen schweren Wohnungseinbruchsdiebstahls gem. § 244 Abs. 4 StGB zu tragen. Diese Auffassung erscheint äußerst zweifelhaft, denn nach den getroffenen Feststellungen des Urteils des Amtsgerichts Winsen (Luhe) vom 26. Juni 2019 war sowohl das Wohnhaus im Fall 1, als auch der Bungalow im Fall 2 jeweils von den Geschädigten bewohnt. Anhaltspunkte, dass es sich lediglich um eine vorübergehende Bewohnung handelte oder eine Entwidmung der Wohnungseigenschaft vorgenommen wurde, lassen sich dem Urteil nicht entnehmen. Da der Gesetzgeber bei der Einführung des § 244 Abs. 4 StGB klargestellt hat, dass geschütztes Tatobjekt private Wohnungen oder Einfamilienhäuser und die dazu gehörenden, von ihnen nicht getrennten weiteren Wohnbereiche wie Nebenräume, Keller, Treppen, Wasch- und Trockenräume sowie Zweitwohnungen von Berufspendlern sind (BT-Drucksache 18/12359, S. 7), während vom Schutzbereich des § 244 Abs. 4 StGB nur die im Gesetzgebungsverfahren erwähnten Wohnmobile, Wohnwagen und Hotelzimmer ausgeklammert sind, dürften die amtsgerichtlichen Feststellungen den Tatbestand des § 244 Abs. 4 StGB in beiden Fällen erfüllen.

4.) Der Umstand, dass die Erklärung, mit der der Beschwerdeführer die vom Landgericht für unwirksam erachtete Beschränkung der Berufung vorgenommen hat, erst am 04. September 2019 und damit nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist des § 318 StPO beim Gericht einging, führt indes dazu, dass der Verurteilte die gerichtlichen und außergerichtlichen Auslagen zu tragen hat, die bei einer innerhalb der Berufungsbegründungsfrist abgegebenen Erklärung des Verurteilten über das beschränkte Berufungsziel vermeidbar gewesen wären.

Für die Konstellation der wirksam erfolgten Beschränkung der Berufung und der Erreichung des insoweit angestrebten Ziels ist die Pflicht des Berufungsführers, die gerichtlichen und außergerichtlichen Auslagen zu tragen, die bei einer innerhalb der Berufungsbegründungsfrist abgegebenen Beschränkungserklärung vermeidbar gewesen wären, uneingeschränkt anerkannt (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 12. Mai 2014 - 4 Ws 96/14 -, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 10.02.1998 - 3 Ws 575/97, NStZ-RR 98, 221; OLG München, Beschluss vom 18. Dezember 1998 - 2 Ws 1119/98 -, juris; Meyer-Goßner/Schmitt aaO Rn. 20).

In Fällen, in denen das Berufungsgericht - dessen Einschätzung insoweit unabhängig von ihrer Richtigkeit allein maßgeblich sein muss - die Beschränkung aus Rechtsgründen für unwirksam erachtet, ist in der Rechtsprechung allerdings umstritten, ob eine erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist vorgenommene Beschränkung der Berufung Auswirkungen auf die zu treffende Kostenentscheidung entfaltet. Während einerseits vertreten wird, die Kosten- und Auslagenentscheidung habe sich in derartigen Fällen allein an § 473 Abs. 3 StPO zu orientieren, da durch die zunächst unbeschränkte Rechtsmitteleinlegung keine vermeidbaren Kosten entstanden seien (OLG Hamm, Beschluss vom 15. Oktober 2013 - III-5 Ws 380 - 381/13 -, juris; MüKoStPO/Maier, 1. Aufl. 2019, StPO § 473 Rn. 156-157), wird andererseits angenommen, in derartigen Fällen habe der Rechtsmittelführer diejenigen (außer-) gerichtlichen Auslagen zu tragen, die bei einer alsbald nach Rechtsmitteleinlegung abgegebenen Erklärung hierüber vermeidbar gewesen wären (OLG Celle, Beschluss vom 10.01.2019, 3 Ws 4/19-, juris; BeckOK StPO/Niesler, 35. Ed. 1.10.2019, StPO § 473 Rn. 15).

Der Senat schließt sich der letztgenannten Ansicht an. Denn es ist keineswegs ausgeschlossen, dass auch in Fällen der Unmöglichkeit der Beschränkung einer Berufung aus Rechtsgründen vermeidbare Kosten durch eine erst verspätete Bekanntgabe des Rechtsmittelziels entstehen. Der Senat verkennt keineswegs, dass in Fällen der rechtlichen Unmöglichkeit der Berufungsbeschränkung eine etwaige Erklärung des Rechtsmittelführers keine verbindliche Wirkung entfaltet und das amtsgerichtliche Urteil stets als umfassend angefochten gilt. Indes kann auch einer aus Rechtsgründen unwirksamen Beschränkungserklärung der klar und eindeutig erkennbare Wille des Rechtsmittelführers zu entnehmen sein, das Rechtsmittel auf bestimmte Punkte zu begrenzen, denn die Erklärung der Beschränkung kann auch konkludent erfolgen und der Wille des Erklärenden ist stets im Wege der Auslegung zu ermitteln (BeckOK StPO/Eschelbach, aaO, § 318 Rn. 1). Die Verfügungsmacht der Rechtsmittelberechtigten, gerichtliche Entscheidungen nur in beschränktem Umfang anfechten zu können, wird diesen allein aus Gründen der Prozessökonomie eingeräumt (Gössel in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2012, § 318, Rn. 2) und auch einer von Anfang an unwirksamen Beschränkungserklärung kann im Hinblick auf die Prozessökonomie durchaus Bedeutung zukommen. Erklärt der Rechtsmittelführer beispielsweise im Rahmen einer mangels ausreichender Feststellungen unwirksamen Beschränkungserklärung seiner Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch, er räume sämtliche Anklagevorwürfe ein und strebe lediglich die Verurteilung zu einer niedrigeren Strafe an, wird die Ladung zahlreicher Zeugen meist entbehrlich sein. Erfolgt diese Erklärung beispielsweise - wie in der Praxis häufig - erst im Berufungshauptverhandlungstermin und werden die vom Gericht in Unkenntnis des Rechtsmittelziels geladenen Zeugen vor diesem Hintergrund ohne Vernehmung entlassen, dürften die infolge der Ladung der Zeugen entstandenen Kosten vermeidbar gewesen sein. Es ist mithin keineswegs immer ausgeschlossen, dass durch eine verspätete, weil außerhalb der Berufungsbegründungsfrist erfolgte Darlegung des Rechtsmittelziels im Rahmen einer aus Rechtsgründen unwirksamen Beschränkung des Rechtsmittels vermeidbare Kosten entstehen. Vielmehr ist es eine Frage der Umstände des Einzelfalls, ob der Rechtsmittelführer durch seine verspätete Beschränkungserklärung vermeidbare Kosten hervorgerufen hat. Nach alledem hat die Kostenentscheidung in derartigen Konstellationen grundsätzlich die Einschränkung zu enthalten, dass der Verurteilte die gerichtlichen und außergerichtlichen Auslagen zu tragen hat, die bei einer innerhalb der Berufungsbegründungsfrist abgegebenen Erklärung des Verurteilten über das beschränkte Berufungsziel vermeidbar gewesen wären. Ob solche entstanden sind, ist sodann im Kostenfestsetzungsverfahren zu klären.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO in entsprechender Anwendung, da mit der vom Senat geänderten Kostenentscheidung des Urteils der Berufungskammer ganz überwiegend dem Ziel der Beschwerde entsprochen wird.