Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 13.01.2011, Az.: 6 A 143/09

präventive Gewinnabschöpfung; Gewinnabschöpfung

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
13.01.2011
Aktenzeichen
6 A 143/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2011, 45207
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Erforderlich für eine Sicherstellung sind hinreichende Indizien für das Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr (hier verneint), rechtskräftig.

Tatbestand:

Mit seiner Klage wendet sich der Kläger gegen die durch Bescheid der Beklagten vom 17. Juli 2009 angeordnete Sicherstellung eines Bargeldbetrages in Höhe von 27.000,-- EUR.

Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er lebt in B., wo er auch ein angemeldetes Gewerbe "Handel mit Lebensmitteln und Geschenkartikeln" betreibt.

Am 5. Juli 2008 passierte der Kläger zusammen mit einem minderjährigen Sohn die Sicherheitskontrolle auf dem Flughafen C.. "Aufgrund von Hinweisen" wurde er von Beamten des Hauptzollamtes Potsdamdurchsucht. Dabei wurde ein Bargeldbetrag in Höhe von 27.000,-- EUR in einer Tasche seiner Unterhose festgestellt. Die nach der Verordnung (EG) Nr. 1889/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 in Verbindung mit § 12 a Abs. 2 des Zollverwaltungsgesetzes - ZollVG - erforderliche Anmeldung von auszuführenden Bargeldbeträgen im Wert von mehr als 10.000,-- EUR hatte er nicht abgegeben. In der nachträglichen Deklarierung gab er zur Herkunft und zum Eigentum der Barmittel den Namen "D. " an. Empfänger der Barmittel solle ein Herr E. in der Türkei sein. Diese 27.000,-- EUR, bestehend aus vierundfünfzig 500,-- Euroscheinen, wurden durch Beschluss des Amtsgerichts Wedding sichergestellt und in Verwahrung genommen. Ein Restbetrag in Höhe von 1.205,-- EUR, die sich im Portemonnaie des Klägers befanden, wurden ihm belassen. Der Kläger trat seine Reise in die Türkei an.

Das Hauptzollamt Potsdam gab das Verfahren an das Landeskriminalamt Niedersachsen/Zollfahndungsamt Hannover ab, die das Verfahren weiterreichte an die Polizeiinspektion Lüneburg. Die wiederum gab das Verfahren weiter an die Staatsanwaltschaft Lüneburg. Diese erreichte zunächst einen Beschluss des Amtsgerichts Lüneburg vom 4. August 2008, durch den das Bargeld wegen Verdachts der Steuerhinterziehung beschlagnahmt wurde. Die Ermittlungen erbrachten im Wesentlichen folgendes: Der Prozessbevollmächtigte des Klägers teilte unter dem 15. August 2008 mit, dass der Onkel des Klägers, Herr F. den Kläger aus der Türkei angerufen habe und ihn um ein Darlehen in Höhe von 40.000,-- EUR wegen dringender persönlichen Angelegenheiten gebeten hatte. Da der Kläger über einen derartigen Betrag nicht verfügte, habe der Onkel einige in Deutschland lebende Freunde angerufen und gebeten, ihm dringend Geld zu schicken. Fünf in der Bundesrepublik lebende Freunde, die der Kläger namentlich benannte, hätten daraufhin auf die Schnelle 27.000,-- EUR bereitgestellt und zwar in Einzelstückelungen von 4000,- EUR, zweimal 5000,- EUR, 6000,- EUR und 7000,- EUR. Diese Summe sei ihm - dem Kläger - dann am 4. Juli 2008 übergeben worden. Von der Verpflichtung, diesen Geldbetrag vor der Ausreise anzugeben, habe er keine Kenntnis gehabt. Die Staatsanwaltschaft veranlasste eine Vernehmung der fünf angegebenen Zeugen.

Im Rahmen der Ermittlungen wurde festgestellt, dass hinsichtlich des Klägers keine Verbindung zur PKK feststellbar war sowie, dass die Banknoten keine Anzeichen auf Anhaftung von Rauschgiften aufwiesen. Die Ermittlungen der Polizeiinspektion Lüneburg wurden in einem Bericht vom 15. Mai 2009 zusammengefasst und enden mit der zusammenfassenden Feststellung, dass durch die Ermittlungen die tatsächliche Herkunft des Geldes nicht geklärt werden konnte. Es könne demnach nicht ausgeschlossen werden, dass es deliktischer Herkunft sei. In einem weiteren Bericht vom 25. Juni 2009 wird dann ausgeführt, dass der dringende Verdacht bestehe, dass das Geld jemand anderem gehöre, der einen Anspruch darauf habe und zwar im Falle der vorgeworfenen Steuerhinterziehung die Finanzbehörde und im Falle der Geldwäsche das Land Niedersachsen. Um diese davor zu bewahren, dass das Geld in Hände Unbefugter gelange, werde die Sicherstellung im Rahmen der präventiven Gewinnabschöpfung nach § 26 des Niedersächsischen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes - Nds. SOG - angeregt.

Da der Kläger auf das Geld nicht verzichtete, stellte die Staatsanwaltschaft Lüneburg das Ermittlungsverfahren gem. § 170 Abs. 2 StPO ein und reichte mit Verfügung vom 30. Juni 2009 die Akte an die Beklagte weiter mit der Bitte, einen Sicherstellungsbescheid zu erlassen.

Mit dem mit dieser Klage angefochtenen Bescheid vom 17. Juli 2009 stellte die Beklagte den in Berlin beschlagnahmten Bargeldbetrag in Höhe von 27.000,-- EUR sicher und nahm ihn in öffentliche Verwahrung. Des Weiteren wurde ein Verfügungsverbot erlassen, die sofortige Vollziehung angeordnet und eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 78,45 EUR festgesetzt.

Daraufhin hat der Kläger am 4. August 2009 die Klage erhoben.

Zur Begründung wiederholt er sein Vorbringen aus dem Ermittlungsverfahren und benennt die dort bereits angegebenen fünf Personen als Zeugen dafür, dass diese die einzelnen Eurobeträge dem Onkel des Klägers leihen wollten. Die Zeugen würden bezeugen, dass es ihr eigenes Geld gewesen sei. Sie seien berufstätig und hätten das Geld gespart. Er habe das Geld in der Unterbekleidung mit sich geführt, um das Geld sicher in die Osttürkei zu bringen. Des Weiteren reicht der Kläger Gewinnermittlungen eines Steuerbevollmächtigten ein, wonach er im Geschäftsjahr 2005 einen Gewinn von etwa 16.100,-- EUR, im Jahre 2006 von etwa 17.100,-- EUR, im Jahre 2007 in Höhe von etwa 14.800,-- EUR und im Jahr 2008 einen Gewinn in Höhe von etwa 11.800,-- EUR erzielt hat.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 17. Juli 2009 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

und trägt ihrerseits zur Begründung im Wesentlichen folgendes vor:

Der Bargeldbetrag habe nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG sichergestellt werden können zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr. Die gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne des § 2 1b Nds. SOG habe darin bestanden, dass bei Freigabe des Geldes der Straftatbestand der Steuerhinterziehung bzw. der Geldwäsche mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erfüllt bzw. vollendet würde. Aufgrund der derzeitigen Erkenntnisse stamme das Geld entweder aus dem Gewerbe des Klägers, der seit dem Jahre 2005 keine Steuererklärung mehr abgebe und es an den deutschen Finanzbehörden vorbei ins Ausland schaffen wolle oder aus sonstiger deliktischer Quelle und solle durch den Transfer in die Türkei dem Wirtschaftskreislauf wieder zugeführt werden. Für diesen deliktischen Hintergrund spreche der Aufbewahrungsort des Geldes in der Unterbekleidung des Klägers. In seiner nachträglichen Erklärung habe er auch nicht die angeblichen Freunde des Onkels als Darlehensgeber eingetragen, wie später von ihm vorgetragen worden sei. Die Zeugenaussagen der Darlehensgeber seien im Übrigen vielfach widersprüchlich. Im Ergebnis sei festzuhalten, dass bis auf die jeweiligen Aussagen kein einziger Beleg existiere, der die behaupteten Darlehen nachweise. Die Rechtmäßigkeit der in Verwahrungsnahme ergebe sich aus § 27 Nds. SOG. Gemäß § 29 Nds. SOG sei eine Herausgabe ausgeschlossen, wenn dadurch erneut die Voraussetzungen einer Sicherstellung eintreten würden. Dies sei hier der Fall. Das Verfügungsverbot gründe sich auf § 11 Nds. SOG. Durch eine Freigabe und sich daran anschließenden Verfügungsmöglichkeit würden die bereits genannten Straftatbestände erfüllt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie die ebenfalls beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft Lüneburg Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der angefochtene Sicherstellungsbescheid der Beklagten vom 17. Juli 2009 ist rechtswidrig, er verletzt den Kläger in seinen Rechten und ist somit aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die einzig in Betracht kommende Rechtsgrundlage ist der von der Beklagten auch angewendete § 26 Abs. 1 Nr. 1 des Nds. SOG. Danach können die Verwaltungsbehörden und die Polizei eine Sache sicherstellen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren. Eine "gegenwärtige Gefahr" ist nach der Legaldefinition des § 2 Nr. 1 b Nds. SOG "eine Gefahr, bei der die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder bei der diese Einwirkung unmittelbar oder in allernächster Zeit mit einer an Sicherheit angrenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht".

Diese Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall nicht vor.

Da es sich bei einem Sicherstellungsbescheid um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt, ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgeblich (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Komm. 16. Aufl., § 113 Rdnr. 43, 44; VG Braunschweig, Urt. v. 2.12.2009 - 5 A 25/08 - zitiert nach Juris; so wohl auch OVG Lüneburg, Urt. v. 2.7.2009 - 11 LC 4.08 - NordÖR 2009, S. 403). Hier lag weder bei Erlass des Sicherstellungsbescheides noch - was maßgeblich ist - im Zeitpunkt der mündlichen Entscheidung eine "gegenwärtige Gefahr" im Sinne des § 26 Nr. 1 Nds. SOG vor. Nach den von den niedersächsischen Verwaltungsgerichten entschiedenen Fällen (neben den vorzitierten Entscheidungen vgl. ferner VG Braunschweig, Beschl. v. 19.10.2006 - 5 B 284/06 -; Urt. v. 5.12.2009 - 5 A 238/08 -, zitiert nach Juris sowie die in den Abhandlungen von Waechter, Präventive Gewinnabschöpfung, NordÖR 2008 S. 473 ff. sowie von Hunsiker, Präventive Gewinnabschöpfung, NordÖR 2009 S. 62 ff. zitierten Entscheidungen) haben sich bei der Sicherstellung von Geld zwei Fallgruppen herausgebildet. Bei der einen kann sich die gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit aus der Verwendungsabsicht des Besitzers des Geldbetrages ergeben ("Gefahr durch das Geld"). Im anderen Fall kann sich diese Gefahr dadurch ergeben, dass durch die Auszahlung des Geldes an den Besitzer (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG) Rückzahlungsansprüche des wahren Berechtigten vereitelt oder erschwert würden ("Gefahr für das Geld").

Da eine derartige Gefahr hier noch nicht eingetreten ist, bedarf es zur Feststellung einer gegenwärtigen Gefahr einer Wahrscheinlichkeitsprognose, der das Tatsachenwissen, das der Verwaltungsbehörde zum Zeitpunkt ihres Einschreitens bekannt war, zugrunde zu legen ist. Anhand dieses Tatsachenwissens muss aus Sicht eines objektiven, besonnenen Amtswalters das Vorliegen einer Gefahr bejaht werden können. Der Begriff der "gegenwärtigen Gefahr" stellt hohe Anforderungen an die zeitliche Nähe und den Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintrittes (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 2. Juli 2009, a.a.O.).

Die Beklagte, die keine eigenen Ermittlungen angestellt hat, sondern das Ergebnis der staatsanwaltschaftlichen bzw. polizeilichen Ermittlungen übernommen hat, hat zur Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt, dass aufgrund der derzeitigen Erkenntnislage davon auszugehen sei, dass im Falle der Herausgabe des beschlagnahmten Geldes dieses zum Tatobjekt einer Straftat würde. Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sei davon auszugehen, dass der Kläger das Geld im Rahmen seines Geschäftsbetriebes erwirtschaftet und dafür keine Steuern gezahlt habe. Selbst wenn es sich nicht um Schwarzgeld handele, sei zu vermuten, dass das Geld in rechtswidriger Weise erlangt sei. Dies folge aus den unterschiedlichen und teilweise sich widersprechenden Aussagen der Zeugen darüber, wer das Geld wie beschafft habe. Daraus sei zu folgern, dass die fünf sogenannten Geldbeschaffer tatsächlich keine Ansprüche auf das Geld hätten. In diesem Falle bestünden hinreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Gefahr darin, dass eine Herausgabe an den Kläger den Anspruch des oder der tatsächlichen Berechtigten an diesem Geld vereiteln oder erschweren würde.

Diese Begründung ist nicht (mehr) haltbar. Im Laufe des Gerichtsverfahrens hat der Kläger von der Beklagten nicht angegriffene Gewinnermittlungen eines Steuerbevollmächtigten vorgelegt. Danach hatte er jährliche Gewinne ab dem Jahre 2005 in Höhe von etwa 14800,- bis 17100,- EUR. Weitere Einkünfte sind von der Polizei trotz diesbezüglicher Ermittlungen nicht festgestellt worden. Bei diesem Ermittlungsergebnis kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei den 27000,- EUR um Schwarzgeld handelt, das vom Kläger aus seinem Gewerbebetrieb erzielt und an der Finanzbehörde vorbei ins Ausland verbracht werden sollte. Das einzig tragende Argument dieser Vermutung war die Argumentation der Beklagten dahingehend, dass der Kläger, der seit dem Jahre 2004 seinen Handel mit Lebensmitteln und Geschenkartikeln betreibe, nur im Jahre 2005 eine Steuererklärung abgegeben habe und seitdem keine Steuererklärungen mehr eingereicht habe. Dieses einzige auf "Schwarzgeld" hinweisende Indiz ist nach Einreichung der Gewinnermittlungen für die Folgejahre im Laufe des Gerichtsverfahrens entfallen. Sonstige Indizien, die den Verdacht nahelegen könnten, bei den 27000,- EUR handele es sich um Schwarzgeld, sind nicht ersichtlich. Der Kläger ist diesbezüglich weder vorbestraft noch in irgendeiner Form in der Vergangenheit auffällig geworden.

Auch eine sonstige deliktische Herkunft des Geldes ist mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeitsprognose nicht anzunehmen. Dem nicht vorbestraften Kläger werden keine Vorwürfe in Richtung von Betrugs- oder Vermögensdelikten gemacht. Angesichts der Tatsache, dass schon allein eine Vorverurteilung keine gegenwärtige Gefahr im Sinne des § 26 Nr. 1 Nds. SOG begründet (Waechter a.a.O., S. 477; VG Braunschweig, Urt. v. 2.12.2009 - 5 A 238/08 -), liegen hier keine Anhaltspunkte für den deliktischen Ursprung des sichergestellten Geldbetrages vor. Eine Sicherstellung im Rahmen der sogenannten "präventiven Gewinnabschöpfung", die erst dann möglich ist, wenn die strafrechtlichen bzw. strafprozessualen Mittel der Einziehung oder des Verfalls nicht greifen, können nicht zu einer Ersatzfunktion in den Fällen werden, in denen lediglich nicht begründete Verdachtsmomente aufgeworfen werden. Insofern gilt, dass die präventive Gewinnabschöpfung dazu dient, Sachen, die ganz offensichtlich deliktischer Herkunft sind, nicht berechtigten Personen zu entziehen (Hunsiker, aaO).

Dem Kläger wird nicht unterstellt, dass er das Geld aus Rauschgiftgeschäften oder einer Tätigkeit für die "PKK" erworben hat. Diesbezügliche Ermittlungen haben nichts ergeben. Dem Kläger wird ferner nicht unterstellt, er habe sich das Geld von denen von ihm benannten Zeugen rechtswidrig angeeignet. Somit könnte eine deliktische Herkunft des Geldes allenfalls damit begründet werden, dass diese fünf Zeugen die einzelnen Teilsummen aus Straftaten erworben haben. Hierzu haben die Ermittlungen der Polizei ergeben, dass anhand der Zeugenaussagen die Herkunft des Geldes nicht nachgewiesen werden konnte. Anhaltspunkte dafür, dass das Geld aus Straftaten stammt, haben sich nicht ergeben. Infolgedessen sind auch keinerlei polizeiliche oder staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen diese Zeugen eingeleitet worden.

Die Sicherstellung könnte im Übrigen auch nicht, was die Beklagte auch nicht in Erwägung gezogen hat, damit begründet werden, dass der Kläger bei der beabsichtigten Ausfuhr des Geldes gegen § 12 a Abs. 2 ZollVG verstoßen hat. Zum einen ist dieser Verstoß bereits begangen worden; insofern droht keine gegenwärtige Gefahr. Zum anderen ist ein Verstoß gegen diese Anmeldevorschrift nicht strafbewehrt und würde somit keine strafrechtliche Sicherstellung rechtfertigen können. Des Weiteren kann nicht unterstellt werden, dass nicht deklariertes Geld ohne weiteres deliktischer Herkunft ist, wenn, wie hier, keine weiteren Indizien dazutreten. Vor allem aber führt das Auffinden von nicht deklariertem Bargeld nur dazu, dass die Zollbediensteten dieses sicherstellen und in Verwahrung nehmen können, um die Herkunft und den Verwendungszweck aufzudecken (§ 12 a Abs. 4 ZollVG). Diese Sicherstellung war im vorliegenden Fall erfolgt und durch Beschluss des Amtsgerichts Wedding um einen Monat bis zum 5. August 2008 verlängert worden. Diese Sicherstellung erfolgt im Vorfeld der Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden und ist nicht gleichzusetzen mit der hier umstrittenen Sicherstellung nach § 26 Nds. SOG.

Trotz der von der Beklagten hervorgehobenen Besonderheiten des Falles (spezieller Aufbewahrungsort des Geldes, Stückelung des Geldes, Nichtabgabe der Deklaration, Widersprüchlichkeit der Zeugenaussagen) kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass sich keine gegenwärtige Gefahr aus der Verwendungsabsicht des Geldes ergibt ("Gefahr durch das Geld"), weil eine Steuerstraftat als unwahrscheinlich anzusehen ist. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass durch die Auszahlung des Geldes an den Kläger Rückzahlungsansprüche des oder der wahren Berechtigten vereitelt würden ("Gefahr für das Geld"), weil derartige nicht ersichtlich sind.

Mit der Rechtswidrigkeit der Sicherstellung des Geldbetrages sind auch die hieran anknüpfende Verwahrung nach § 27 Nds. SOG, das Verfügungsverbot sowie die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr rechtswidrig und von dem Aufhebungstenor umfasst.

Infolge des Urteils hat die Beklagte das sichergestellte Geld an den Kläger herauszugeben. Hierfür bedurfte es keines Antrages des Klägers nach § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO und musste nicht tenoriert werden, weil diese Gesetzesfolge sich direkt aus § 29 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG ergibt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 iVm §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.