Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.12.2013, Az.: 7 K 69/12
Nachweisanforderungen an die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen für die Unterbringung eines Kindes in einer vollstationären kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtung; Einstufbarkeit der Aufwendungen für die vollstationäre Unterbringung der Tochter in einer Einrichtung der Jugendhilfe als außergewöhnliche Belastungen i.S.v. § 33 EStG
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 20.12.2013
- Aktenzeichen
- 7 K 69/12
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2013, 57565
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2013:1220.7K69.12.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- BFH - AZ: I R 31/14
Rechtsgrundlage
- § 33 EStG
Amtlicher Leitsatz
Nachweisanforderungen an die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen für die Unterbringung eines Kindes in einer vollstationären kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtung.
Tatbestand
Streitig ist, ob Aufwendungen der Kläger für die vollstationäre Unterbringung ihrer Tochter in einer Einrichtung der Jugendhilfe außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) darstellen.
Die Kläger sind verheiratet und wurden in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 19 EStG und die Klägerin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG.
Die am Y 1994 geborene Tochter A leidet schon seit längerem an einer einfachen Störung der Konzentration und Aufmerksamkeit sowie an einer kombinierten Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen. A befand sich Ende 2006 in jugendpsychiatrischer Behandlung. Nachdem es im häuslichen Bereich aufgrund aggressiven Verhaltens von A zu massiven Schwierigkeiten gekommen war, erfolgte in der Zeit vom März 2007 bis Juni 2007 eine stationäre kinder- und jugendpsychiatrische Behandlung. Eine weitere stationäre jugendpsychiatrische Beobachtung und Behandlung fand vom November bis Januar 2009 statt. Seit dem Januar 2009 ist die Tochter in einer betreuten Mädchenwohngruppe untergebracht. Mit Bescheid vom gewährte der Landkreis vollstationäre Jugendhilfe nach dem Achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII) durch Übernahme der Jugendhilfekosten. Nach Überprüfung der Einkommensverhältnisse der Kläger setzte der Landkreis einen Kostenbeitrag gem. §§ 91 ff. SGB VIII für das Jahr 2009 in Höhe von 7.151,52 € und für das Jahr 2010 in Höhe von 7.842,-€ fest.
Mit ihren Steuererklärungen 2009 und 2010 beantragten die Kläger, den vom Landkreis festgesetzten Kostenbeitrag als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 Abs. 1 EStG steuermindernd bei der Steuerfestsetzung zu berücksichtigen. Der Beklagte lehnte eine Berücksichtigung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung gem. § 33 Abs. 1 EStG ab und erließ entsprechende Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2009 und 2010. Die Kläger legten gegen die Steuerbescheide Einsprüche ein, welche der Beklagte mit Einspruchsbescheiden jeweils vom 16. März 2012 als unbegründet zurückwies.
Hiergegen richtet sich die Klage.
Die Kläger sind der Auffassung, dass die Voraussetzungen für den Ansatz der Unterbringungskosten als außergewöhnliche Belastung erfüllt seien. Insbesondere seien ihnen die Aufwendungen zwangsläufig erwachsen. Problematisch sei insoweit allein die medizinische Notwendigkeit der Unterbringung. Der Beklagte sei der Auffassung, der Nachweis könne nur durch ein vor Durchführung der Maßnahme erstelltes amts- oder vertrauensärztliches Gutachten erbracht werden. Dies sei unzutreffend, weil die Regelung des § 33 Abs. 4 EStG i.V.m. § 64 Ans. 1 Nr. 2 Buchst. c EStDV in zeitlicher Hinsicht nicht anzuwenden sei. Zwar bestimme § 84 Abs. 3f EStDV die Anwendung in allen noch offenen Fällen. Diese Bestimmung verstoße jedoch - soweit Veranlagungszeiträume vor 2011 betroffen seien - gegen das Rückwirkungsverbot. Mit Ablauf eines jeden Veranlagungszeitraumes seien die steuerlichen Verhältnisse abgeschlossen. Durch die genannte Norm werde rückwirkend belastend in die Nachweismöglichkeit des Steuerpflichtigen eingegriffen. Zwar könne ausnahmsweise eine solche Rückwirkung zulässig seien, soweit eine in der Rechtsprechung vertretene Gesetzesauffassung festgeschrieben werde. Im konkreten Fall habe der BFH jedoch seine bisherige Rechtsprechung durch das Urteil vom 11. November 2010 (VI R 17/09) geändert. Insbesondere verlange der erkennende Senat nunmehr nicht mehr ein vor Durchführung der Maßnahme erstelltes amts- oder vertrauensärztliches Gutachten. Das Urteil sei durch das Schreiben des BMF vom 21. November 2011 für allgemein anwendbar erklärt worden. Somit habe der Nachweis nach Auffassung von Rechtsprechung und Verwaltung durch allgemeine Beweismittel erbracht werden können. Dies sei durch die Gesetzesänderung zum Nachteil der Kläger geändert worden. Außerdem sei auf den konkreten Fall § 64 Abs. 1 Nr. 1 und nicht Nr. 2 Buchst. c EStDV anzuwenden. Die letztgenannte Norm gelte nur für die auswärtige Unterbringung eines an Legasthenie oder an einer anderen Behinderung leidenden Kindes. Beide Fälle seien nicht einschlägig. Eine analoge Anwendung der Norm sei ausgeschlossen, da das Steuerrecht als Eingriffsrecht zum Nachteil der Kläger nicht analogiefähig sei. A leide an keiner Behinderung im Sinne der Vorschrift. Eine allgemeine Definition des Begriffs der Behinderung sei nicht möglich. Dem EStG und der EStDV könne auch keine Legaldefinition entnommen werden. Der Begriff sei wegen des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes eng auszulegen. Allein eine Erkrankung - wie sie bei A vorliege - erfülle den Tatbestand des § 64 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c EStDV nicht. Darüber hinaus genüge die Norm nicht dem Bestimmtheitsgebot, weil der Begriff der Behinderung nicht definierbar sei. Eine teleologische Auslegung - wie sie der Beklagte vornehme - sei unzulässig. Aus den genannten Gründen könne der Nachweis der Erforderlichkeit durch die allgemeinen Beweismittel geführt werden. Dieser Nachweis sei durch die vorgelegten ärztlichen Gutachten erbracht. Sei die Vorlage der ärztlichen Gutachten als reiner Parteivortrag nicht ausreichend, stehe es dem Gericht frei, selbst ein medizinisches Gutachten einzuholen. Die Höhe der Aufwendungen entspreche den vom Landkreis festgesetzten Beträgen. Diese Beträge seien noch um die sog. Haushaltsersparnis in Höhe von 1.968,- € zu mindern, so dass für 2009 noch 5.183,52 € und für 2010 noch 5.874,- € zu berücksichtigen seien.
Die Kläger beantragen,
die angefochtenen Bescheide dergestalt zu ändern, dass 2009 außergewöhnliche Belastungen i.H.v. 5.183, 52 Euro und in 2010 i.H.v. 5.874,- Euro vor Abzug der zumutbaren Belastung angesetzt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte meint, dass die Aufwendungen mangels ausreichender Nachweise nicht als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen seien. § 33 Abs. 4 EStG i.V.m. § 64 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c EStDV verlange zum Nachweis ein vor Beginn der Heilmaßnahme ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines medizinischen Dienstes der Krankenversicherung. Ein solcher Nachweis liege nicht vor. Die Norm des § 64 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c EStDV sei im vorliegenden Fall sachlich einschlägig und auch zeitlich auf die Veranlagungszeiträume 2009 und 2010 anzuwenden. Die Vorschrift sei anwendbar, weil das vorgetragene Krankheitsbild unter den Begriff der Behinderung falle. Dies ergebe sich aus der Auslegung der Norm. Nach allgemeinem Sprachgebrauch könne eine psychische Störung unter den Begriff der Behinderung fallen. Auch bei teleologischer Auslegung sei die Norm erfüllt, denn der Gesetzgeber habe mit Einführung des § 64 EStDV die ursprüngliche Rechtsprechungs- und Verwaltungspraxis über die Anforderungen an den Nachweis der Zwangsläufigkeit festschreiben wollen. Nach der ursprünglichen Rechtsprechung des BFH sei die medizinische Notwendigkeit der Unterbringung eines verhaltensauffälligen Jugendlichen durch ein vorheriges amts- oder vertrauensärztlichen Gutachten zu erbringen (BFH-Urteil vom 21. April 2005 - III R 45/03, BStBl. II 2005, 602). Dies sei bei der Auslegung des § 64 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c EStDV zu berücksichtigen. Darüber hinaus sei das Rückwirkungsverbot nicht verletzt. Eine Rückwirkung sei nämlich schon dann zulässig, wenn aufgrund vorheriger Rechtslage kein schutzwürdiges Vertrauen entstehen konnte. Dies sei vorliegend der Fall, da durch die neue Regelung eine langjährige bestehende Rechtsprechungs- und Verwaltungspraxis festgeschrieben worden sei. Auch im konkreten Fall sei kein schutzwürdiges Vertrauen der Kläger entstanden. Der BFH habe seine Rechtsprechung mit den Urteilen vom 11. November 2010 geändert. Die Pressemitteilung sei am 29. Januar 2011 veröffentlicht worden. Bis zu diesem Zeitpunkt habe kein schutzwürdiges Vertrauen bei den Klägern entstehen können. Die auswärtige Unterbringung der Tochter habe bereits am 16. Januar 2009 begonnen, so dass die Kläger nicht auf die später erfolgte Rechtsprechungsänderung vertrauen durften.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Die angefochtenen Steuerbescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat die Aufwendungen für die Unterbringung der Tochter in einer Einrichtung der Jugendhilfe zu Recht nicht als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 Abs. 1 EStG abgezogen.
Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Zwangsläufig erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen dann, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind (u.a. BFH-Urteil vom 29. September 1989 III R 129/86, BFHE 158, 380, BStBl II 1990, 418 [BFH 29.09.1989 - III R 129/86]).
In ständiger Rechtsprechung geht der BFH davon aus, dass Krankheitskosten -ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung- dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit (z.B. Medikamente, Operation) oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglich zu machen, beispielsweise Aufwendungen für einen Rollstuhl (BFH-Urteile vom 17. Juli 1981 VI R 77/78, BFHE 133, 545, BStBl II 1981, 711 [BFH 17.07.1981 - VI R 77/78]; vom 13. Februar 1987 III R 208/81, BFHE 149, 222, BStBl II 1987, 427 [BFH 13.02.1987 - III R 208/81], [BFH 13.02.1987 - III R 208/81] und vom 20. März 1987 III R 150/86, BFHE 149, 539, BStBl II 1987, 596 [BFH 20.03.1987 - III R 150/86]).
Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung werden typisierend als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit des Grundes und der Höhe nach bedarf (BFH-Urteile vom 1. Februar 2001 III R 22/00, BFHE 195, 144, BStBl II 2001, 543 [BFH 01.02.2001 - III R 22/00], [BFH 01.02.2001 - III R 22/00] und vom 3. Dezember 1998 III R 5/98, BFHE 187, 503, BStBl II 1999, 227 [BFH 03.12.1998 - III R 5/98], [BFH 03.12.1998 - III R 5/98] m.w.N.). Eine derart typisierende Behandlung der Krankheitskosten ist zur Vermeidung eines unzumutbaren Eindringens in die Privatsphäre geboten (BFH-Urteil in BFHE 195, 144 [BFH 01.02.2001 - III R 22/00], [BFH 01.02.2001 - III R 22/00] BStBl II 2001, 543 [BFH 01.02.2001 - III R 22/00]). Dies gilt aber nur dann, wenn die Aufwendungen nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung oder Linderung der Krankheit angezeigt (vertretbar) sind und vorgenommen werden (vgl. BFH-Urteil vom 18. Juni 1997 III R 84/96, BFHE 183, 476, BStBl II 1997, 805 [BFH 18.06.1997 - III R 84/96]), also medizinisch indiziert sind.
Allerdings hat der Steuerpflichtige die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall in einer Reihe von Fällen formalisiert nachzuweisen. Nach § 64 Abs. 1 Nr. 2 EStDV ist dieser Nachweis durch ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (§ 275 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) für die dort genannten Maßnahme zu führen, wobei das Gutachten bzw. die Bescheinigung vor Beginn der Heilmaßnahme oder dem Erwerb des medizinischen Hilfsmittels ausgestellt worden sein muss.
Diesen strengen Nachweisanforderungen sind die Kläger im vorliegenden Streitverfahren nicht nachgekommen. Zwar legten die Kläger einen Befundbericht des Kinderhospitals vom 16. Oktober 2007 sowie einen Befundbericht der Jugendklinik vom 17. April 2009 vor, aus denen die Erkrankung der Tochter ersichtlich ist. Auch kann aus der Übernahme der Kosten der vollstationären Unterbringung der Tochter in einer betreuten Mädchengruppe durch den Landkreis darauf geschlossen werden, dass die Unterbringung der Tochter medizinisch begründet ist. Insoweit ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Aufwendungen, die durch die vollstationäre Betreuung in der Mädchengruppe den Klägern entstanden sind, durch die Erkrankung der Tochter verursacht sind und deren Heilung dienen. Dies reicht aber nach der gesetzlichen Regelung für den Nachweis der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen nicht aus, denn nach § 64 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c EStDV muss der Nachweis der Zwangsläufigkeit durch ein vor Beginn der Heilmaßnahme ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder durch eine ärztliche Bescheinigung eines medizinischen Dienstes der Krankenversicherung erbracht werden. Diesen Anforderungen entsprechen die vorgelegten Nachweise der Kläger nicht. Die Aufwendungen für die vollstationäre Unterbringung der Tochter können in den Streitjahren daher nicht als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 EStG vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden.
Die strengen Nachweisanforderungen des § 64 Abs. 1 Nr. 2 EStDV sind - entgegen der Auffassung der Kläger - auch für die hier geltend gemachten Aufwendungen der vollstationären Unterbringung der Tochter zu erfüllen. Nach § 64 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c EStDV ist der Nachweis durch ein vor Beginn der Behandlung ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (§ 275 SGB V) für eine medizinisch erforderliche auswärtige Unterbringung eines an Legasthenie oder einer anderen Behinderung leidenden Kindes des Steuerpflichtigen zu führen. Nach § 2 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach dieser gesetzlichen Begriffsdefinition, die nach Auffassung des Senats auch für die Auslegung des § 64 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c EStDV heranzuziehen ist, liegt bei der Tochter der Klägerin eine entsprechende Beeinträchtigung vor. Nach den im Klageverfahren vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen ist die Tochter über einen längeren Zeitraum als sechs Monate in ihrer seelischen Gesundheit erheblich beeinträchtigt. Dementsprechend sind die strengen Nachweisanforderungen des § 64 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c EStDV zu erfüllen. Dieses Ergebnis wird auch durch die langjährige Rechtsprechung des BFH zum Nachweis der Zwangsläufigkeit bestätigt, die erst mit der Entscheidung des BFH vom 11. November 2010 - VI R 17/09, BStBl. II 2011, 969 geändert wurde. Bis zur Entscheidung vom 11. November 2010 - VI R 17/09, BStBl. II 2011, 969 forderte auch der BFH zum Nachweis der Zwangsläufigkeit bestimmter Aufwendungen ein vor Beginn der Heilmaßnahme ausgestelltes amts- bzw. vertrauensärztliches Gutachten (z.B. BFH-Urteil vom 14. Februar 1980 VI R 218/77, BStBl. II 1980, 295). Auch für die Unterbringung eines verhaltensauffälligen Jugendlichen in einer sozialtherapeutischen Wohngruppe hatte der BFH ausdrücklich ein solches vor der Unterbringung ausgestelltes amts- bzw. vertrauensärztliches Gutachten gefordert, um zweifelsfrei die Zwangsläufigkeit der damit verbundenen Aufwendungen feststellen zu können. Die Regelung des § 64 EStDV hat der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung ausdrücklich zu dem Zweck eingeführt, die vor der Rechtsprechungsänderung bestehende Spruchpraxis ohne zeitliche Lücke aufrecht zu erhalten (BT-Drucks.17/6146, 17). Daher ist der Senat der Auffassung, dass die Regelung des § 64 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c EStDV gerade auch die Unterbringung verhaltensauffälliger Jugendlicher - wie vorliegend im Streitfall - erfassen sollte. Der erkennbare gesetzgeberische Wille hat dabei auch Eingang in den Regelungstext gefunden, in dem § 64 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c EStDV von einer medizinisch erforderlichen auswärtigen Unterbringung wegen einer Behinderung spricht.
Diesem formalisierten Nachweisverlangen ist auch im Streitjahr Rechnung zu tragen. Denn nach § 84 Abs. 3f EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 ist § 64 Abs. 1 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 in allen Fällen, in denen --wie vorliegend-- die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist, anzuwenden.
Weder die in § 33 Abs. 4 EStG i.d.F. des StVereinfG 2011 normierte Verordnungsermächtigung noch der auf ihrer Grundlage ergangene § 64 Abs. 1 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 begegnet rechtsstaatlichen Bedenken. § 33 Abs. 4 EStG i.d.F. des StVereinfG 2011 ist hinreichend bestimmt und mit Art. 80 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) vereinbar; auch hat sich der Verordnungsgeber bei der Ausgestaltung von § 64 Abs. 1 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 im Rahmen seiner Befugnisse gehalten. Die strenge Formalisierung des Nachweises der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall erscheint --jedenfalls im Grundsatz-- nicht unverhältnismäßig. Aufgrund der Neutralität und Unabhängigkeit des Amts- und Vertrauensarztes ist dieses Nachweisverlangen im steuerlichen Massenverfahren geeignet, erforderlich und verhältnismäßig, um die nach Art. 3 Abs. 1 GG gebotene Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit zu gewährleisten. Dem steht nicht entgegen, dass der Verordnungsgeber beim Nachweis von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln (im engeren Sinne) auf ein amts- oder vertrauensärztliches Gutachten verzichtet und eine vorherige Verordnung durch den behandelnden Arzt oder Heilpraktiker genügen lässt. Denn insoweit wird verwaltungsökonomischen Gesichtspunkten Rechnung getragen (Geserich, Finanz-Rundschau 2011, 1067).
Zwar ist es aus Sicht des Senats unter systematischen Gesichtspunkten nicht zwingend notwendig, die Vorlage eines vor Beginn der Behandlung ausgestellten amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zu verlangen. Wie der Streitfall anschaulich zeigt, hätte sich der Senat auch durch Vorlage ärztlicher Gutachten oder durch Beauftragung eines unabhängigen Gutachters ausreichende Gewissheit über die medizinische Notwenigkeit der auswärtigen Unterbringung der Tochter verschaffen können. Dabei trägt der Steuerpflichtige das Risiko, die medizinische Notwendigkeit nicht ausreichend nachweisen zu können. Denn der Steuerpflichtige hat die Entstehung außergewöhnlicher Belastungen zur Überzeugung des Gerichts nachzuweisen (BFH-Urteil 11. November 2010 - VI R 17/09, BStBl. II 2011, 969). Somit trägt er das Risiko, dass ein gerichtlich bestellter Sachverständiger im Nachhinein die medizinische Indikation der streitigen Behandlung möglicherweise nicht mehr verlässlich feststellen kann. Unter Berücksichtigung dieser Umstände hätte es nach Auffassung des Senats ausgereicht, wenn der Steuerpflichtige den Nachweis der medizinischen Notwendigkeit einer auswärtigen Unterbringung nach den allgemeinen Beweisregeln hätte führen können, so wie es der BFH in seiner Entscheidung vom 11. November 2010 (VI R 17/09, BStBl. II 2011, 969) überzeugend dargelegt hat. Allerdings ist der Senat trotz dieser Bedenken gegen die strengen Nachweisanforderungen nicht von der Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 33 Abs. 4 EStG i.V.m. § 64 Abs. 1 Nr. 2 EStDV überzeugt. Allein das auf systematische Überlegungen gestützte Ergebnis, der Gesetzgeber hätte auch eine "bessere" Lösung für das Nachweisproblem finden können, führt nicht zur Verfassungswidrigkeit einer Norm. Vielmehr durfte der Gesetzgeber ein strenges formalisiertes Nachweisverfahren zur Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens gesetzlich anordnen.
Auch die in § 84 Abs. 3f EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 angeordnete rückwirkende Geltung des § 64 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 ist unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden.
Sie ist von der Ermächtigung des § 33 Abs. 4 EStG i.d.F. des StVereinfG 2011 gedeckt und deshalb im Hinblick auf Art. 80 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich unbedenklich. Art. 80 Abs. 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht, Ermächtigungen zum Erlass rückwirkender Verordnungen zu erteilen, noch gebietet er, dass eine solche Ermächtigung ausdrücklich erteilt wird. Es reicht hin, wenn sich die Ermächtigung dazu aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes ergibt (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 8. Juni 1977 2 BvR 499/74 und 1042/75, BVerfGE 45, 142 [BVerfG 08.06.1977 - 2 BvR 1042/75]). Davon ist vorliegend auszugehen. Denn der Gesetzgeber wollte mit der Anwendungsregelung sicherstellen, dass die vor den Entscheidungen des BFH in BFHE 232, 34 [BFH 11.11.2010 - VI R 16/09], [BFH 11.11.2010 - VI R 16/09] BStBl II 2011, 966 [BFH 11.11.2010 - VI R 16/09] und in BFHE 232, 40 [BFH 11.11.2010 - VI R 17/09], [BFH 11.11.2010 - VI R 17/09] BStBl II 2011, 969 [BFH 11.11.2010 - VI R 17/09] geübte Rechtspraxis ohne zeitliche Lücke aufrechterhalten wird (BT-Drucks 17/6146,17). Überdies hat er selbst und nicht der Verordnungsgeber die rückwirkende Geltung des formalisierten Nachweisverlangens gemäß § 64 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 in Art. 2 Nr. 9 des StVereinfG 2011 angeordnet.
§ 84 Abs. 3f EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 verstößt auch im Übrigen nicht gegen Verfassungsrecht. Zwar ist eine echte Rückwirkung (Rückbewirkung von Rechtsfolgen), die hier insoweit vorliegt, als die Änderung der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 --wie hier-- Veranlagungszeiträume betrifft, die vor dem Zeitpunkt der Verkündung des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 bereits abgeschlossen waren und für die die Steuer bereits entstanden ist (§ 36 Abs. 1 EStG), nach der Rechtsprechung des BVerfG grundsätzlich unzulässig (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 7. Juli 2010 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2010, 1098; 2 BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05, HFR 2010, 1095, und 2 BvL 1/03, 2 BvL 57/06, 2 BvL 58/06, HFR 2010, 1103). Erst mit der Verkündung, das heißt mit der Ausgabe des ersten Stücks des Verkündungsblattes, ist eine Norm rechtlich existent. Bis zu diesem Zeitpunkt, zumindest aber bis zum endgültigen Gesetzesbeschluss (vgl. BVerfG-Beschluss vom 3. Dezember 1997 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67 <78 f.>, m.w.N.), muss der von einem Gesetz Betroffene grundsätzlich darauf vertrauen können, dass seine auf geltendes Recht gegründete Rechtsposition nicht durch eine zeitlich rückwirkende Änderung der gesetzlichen Rechtsfolgenanordnung nachteilig verändert wird (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 22. März 1983 2 BvR 475/78, BVerfGE 63, 343 <353 f.>; vom 10. April 1984 2 BvL 19/82, BVerfGE 67, 1 <15>; vom 14. Mai 1986 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200 [BVerfG 14.05.1986 - 2 BvL 2/83] <241 f.>; in BVerfGE 97, 67 [BVerfG 03.12.1997 - 2 BvR 882/97] <78 f.>; BVerfG-Urteil vom 27. September 2005 2 BvR 1387/02, BVerfGE 114, 258 <300>).
In der Rechtsprechung des BVerfG sind jedoch --ohne dass dies abschließend wäre-- Fallgruppen anerkannt, in denen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot durchbrochen ist (vgl. Beschlüsse in BVerfGE 72, 200 [BVerfG 14.05.1986 - 2 BvL 2/83] <258 ff.>; in BVerfGE 97, 67 [BVerfG 03.12.1997 - 2 BvR 882/97] <79 f.>; BVerfG-Urteil vom 23. November 1999 1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239 <263>). So tritt das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, namentlich dann zurück, wenn sich kein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 101, 239 [BVerfG 23.11.1999 - 1 BvF 1/94] <263>), etwa weil die Rechtslage unklar und verworren war (vgl. BVerfG-Urteil vom 19. Dezember 1961 2 BvL 6/59, BVerfGE 13, 261 <272>) oder eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung zu einer bestimmten Steuerrechtsfrage nach Änderung der Rechtsanwendungspraxis rückwirkend gesetzlich festgeschrieben wird (BVerfG-Beschlüsse vom 23. Januar 1990 1 BvL 4/87, 1 BvL 5/87, 1 BvL 6/87, 1 BvL 7/87, BVerfGE 81, 228; vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, Kammerentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts --BVerfGK-- 14, 338, und vom 21. Juli 2010 1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05, BVerfGE 126, 369). Dies gilt unabhängig von der Frage, ob der BFH, wie die Kläger meinen, mit der Änderung seiner Rechtsprechung das bei gleichgebliebener Gesetzeslage schon bisher "richtige Recht" zutreffend erkannt oder die frühere Rechtslage fortentwickelnd neu gestaltet hat (BVerfG-Beschluss in BVerfGK 14, 338).
Gemessen hieran durfte der Verordnungsgeber das formalisierte Nachweisverlangen rückwirkend anordnen. Damit hat der Gesetzgeber die Rechtslage auch mit Wirkung für die Vergangenheit so geregelt, wie sie bis zur Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch die Urteile des BFH in BFHE 232, 34 [BFH 11.11.2010 - VI R 16/09], [BFH 11.11.2010 - VI R 16/09] BStBl II 2011, 966 [BFH 11.11.2010 - VI R 16/09] und in BFHE 232, 40 [BFH 11.11.2010 - VI R 17/09], [BFH 11.11.2010 - VI R 17/09] BStBl II 2011, 969 [BFH 11.11.2010 - VI R 17/09] einer gefestigten Rechtsprechung (BFH-Urteile vom 14. Februar 1980 VI R 218/77, BFHE 130, 54, BStBl II 1980, 295 [BFH 14.02.1980 - VI R 218/77]; in BFHE 133, 545 [BFH 17.07.1981 - VI R 77/78], [BFH 17.07.1981 - VI R 77/78] BStBl II 1981, 711 [BFH 17.07.1981 - VI R 77/78]; vom 11. Januar 1991 III R 70/88, BFH/NV 1991, 386; vom 11. Dezember 1987 III R 95/85, BFHE 152, 131, BStBl II 1988, 275 [BFH 11.12.1987 - III R 95/85]; in BFHE 149, 222 [BFH 13.02.1987 - III R 208/81], [BFH 13.02.1987 - III R 208/81] BStBl II 1987, 427 [BFH 13.02.1987 - III R 208/81]; vom 9. August 1991 III R 54/90, BFHE 165, 272, BStBl II 1991, 920 [BFH 09.08.1991 - III R 54/90]; in BFHE 195, 144 [BFH 01.02.2001 - III R 22/00], [BFH 01.02.2001 - III R 22/00] BStBl II 2001, 543 [BFH 01.02.2001 - III R 22/00]; vom 9. August 2001 III R 6/01, BFHE 196, 492, BStBl II 2002, 240 [BFH 09.08.2001 - III R 6/01]; vom 23. Mai 2002 III R 52/99, BFHE 199, 287, BStBl II 2002, 592 [BFH 23.05.2002 - III R 52/99]; vom 21. April 2005 III R 45/03, BFHE 209, 365, BStBl II 2005, 602 [BFH 21.04.2005 - III R 45/03]; vom 15. März 2007 III R 28/06, BFH/NV 2007, 1841; BFH-Beschlüsse vom 10. Dezember 2004 III B 56/04, juris; vom 24. November 2006 III B 57/06, BFH/NV 2007, 438, und vom 15. November 2007 III B 205/06, BFH/NV 2008, 368) und der einhelligen Praxis der Finanzverwaltung (R 33.4 Abs. 1 EStR) und damit allgemeiner Rechtsanwendungspraxis auch auf Seiten der Steuerpflichtigen entsprach. Ein berechtigtes Vertrauen auf eine hiervon abweichende Rechtslage konnten die Steuerpflichtigen, so auch die Kläger, jedenfalls vor der Rechtsprechungsänderung nicht bilden.
Ob und inwieweit anderes für die Zeit nach dem Ergehen der Urteile des BFH in BFHE 232, 34 [BFH 11.11.2010 - VI R 16/09], [BFH 11.11.2010 - VI R 16/09] BStBl II 2011, 966 [BFH 11.11.2010 - VI R 16/09] und in BFHE 232, 40 [BFH 11.11.2010 - VI R 17/09], [BFH 11.11.2010 - VI R 17/09] BStBl II 2011, 969 [BFH 11.11.2010 - VI R 17/09] bis zum endgültigen Gesetzesbeschluss am 1. November 2011 bzw. der Verkündung des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 am 4. November 2011 (BGBl I 2011, 2131) oder jedenfalls bis zur entsprechenden Gesetzesinitiative --hier der Prüfbitte des Bundesrates vom 18. März 2011-- gilt, kann hier dahinstehen. Denn das Ausgangsverfahren betrifft lediglich die Veranlagungszeiträume 2009 und 2010, etwaige im Vertrauen auf die erfolgte Rechtsprechungsänderung getätigte Dispositionen in der Zeit nach November 2010 stehen damit nicht zur Entscheidung. Die Tochter der Kläger wurde schon ab 16. Januar 2009 in die betreute Mädchengruppe aufgenommen, so dass bereits vor diesem Zeitpunkt ein entsprechendes amtsärztliches oder vertrauensärztliches Gutachten hätte erstellt werden müssen. Zu diesem Zeitpunkt entsprach es sowohl der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 21. April 2005 - III R 45/03, BStBl. II 2005, 602) als auch der Verwaltungspraxis, dass im Falle einer auswärtigen Unterbringung eines verhaltensauffälligen Jugendlichen in einer Wohngruppe ein vor Beginn der Unterbringung erstelltes amts- bzw. vertrauensärztliches Gutachten zur Anerkennung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung notwendig war.
Es widerspricht weder dem Rechtsstaatsprinzip noch dem Gewaltenteilungsgrundsatz, wenn der Gesetzgeber eine Rechtsprechungsänderung korrigiert, die auf der Grundlage der seinerzeit bestehenden Gesetzeslage zwar mit gutem Grund erfolgt ist, deren Ergebnis er aber für nicht sachgerecht hält. Nicht die Rücksicht auf die rechtsprechende Gewalt und deren Befugnis zur Letztentscheidung über die bestehende Gesetzeslage, sondern nur das sonstige Verfassungsrecht, insbesondere die Grundrechte der Steuerpflichtigen, begrenzt hier die Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers bei der Bestätigung der alten Rechtspraxis durch entsprechende gesetzliche Klarstellung (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 81, 228; in BVerfGK 14, 338, und in BVerfGE 126, 369). Entgegen der Auffassung der Kläger ist insoweit nicht erkennbar, dass die gesetzliche Festschreibung des von der Rechtspraxis bisher verlangten formalisierten Nachweises von Krankheitskosten in verfassungsrechtlich erheblicher Weise die gerade auch im Steuerrecht Geltung beanspruchenden Grundsätze der Folgerichtigkeit und der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung (vgl. BVerfG-Beschluss vom 6. Juli 2010 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268) verletzt.
Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.