Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 31.10.1985, Az.: 3 A 34/84

Entschädigungsanspruch; MKS; Maul- und Klauenseuche; Impfentschädigung; Impfung; Tod; Zuchtbulle; Kausalität

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
31.10.1985
Aktenzeichen
3 A 34/84
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1985, 12652
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1985:1031.3A34.84.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Oldenburg - 31.01.1984 - AZ: 2 VG A 75/82
nachfolgend
BVerwG - 23.01.1987 - AZ: BVerwG 3 B 7.86
BVerwG - 29.03.1990 - AZ: BVerwG 3 C 10.87

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 2. Kammer - vom 31. Januar 1984 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

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I.

Der Kläger ist Landwirt. Er hält in seinem landwirtschaftlichen Betrieb Bullen und Ochsen. Am 10. April 1980 wurde aufgrund behördlicher Anordnung sein Rindviehbestand von dem Tierarzt Dr. Kurwinkel gegen Maul- und Klauenseuche geimpft. Nach den Feststellungen des Tierarztes waren die Tiere an diesem Tage klinisch gesund. Am Morgen des 11. April 1980 fand der Kläger den Mastbullen mit der Ohrmarke 19483 tot im Stall vor. Davon benachrichtigte er über die Gemeinde das Veterinäramt des Landkreises Vechta, dessen beamteter Tierarzt Dr. Janik bei der anschließenden äußerlichen Besichtigung des verendeten Tieres keine Anzeichen für eine Krankheit oder Todesursache feststellte. Nach der Besichtigung wurde das verendete Tier von der Beigeladenen abgeholt und ohne weitere Untersuchung (Zerlegung, Laboruntersuchung usw.) von ihr verwertet.

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Am 11. Juli 1980 beantragte der Kläger für den verendeten Bullen eine Entschädigung. In einem dem Antrag beigefügten Gutachten führte der beamtete Tierarzt Dr. Janik aus, daß die Ursächlichkeit der MKS-Impfung für den Tod des Bullen anzunehmen sei, weil nach der Bescheinigung des Dr. Kurwinkel alle Bullen zum Zeitpunkt der Schutzimpfung gesund gewesen seien. Die Beklagte bezweifelte diese Annahme und holte ein Obergutachten des Veterinärdezernenten Dr. Winkenwerder von der Bezirksregierung Weser-Ems ein. In seinem Gutachten vom 21. August 1981 führte Dr. Winkenwerder u.a. aus, daß die Ursächlichkeit der MKS-Schutzimpfung des klinisch gesunden Rindviehbestandes des Klägers für den Tod des Bullen am folgenden Tag nicht allein aus der kurzfristigen zeitlichen Aufeinanderfolge beider Ereignisse gefolgert werden könne; vielmehr seien auch andere Todesursachen denkbar, die nur durch zusätzliche Untersuchungsergebnisse hätten ausgeschlossen werden können. Mit Bescheid vom 31. August 1981 lehnte die

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Beklagte den Antrag des Klägers ab.

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Der Kläger hat nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Er habe einen Anspruch auf eine Impfschadenentschädigung, weil sein Bulle im Zusammenhang mit der MKS-Impfung verendet sei. Dies sei allein deshalb anzunehmen, weil der Tod des Bullen in der Nacht nach der Impfung des insgesamt klinisch gesunden Bestandes einen so hohen Grad der Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhanges begründe, daß die gesetzlich vorausgesetzte "Annahme" eines solches Zusammenhangs zu bejahen sei. Eine "Annahme" sei schon dann zu bejahen, wenn sämtliche Umstände in dem konkret zu beurteilenden Einzelfall zu dem Schluß führen müßten, daß der Tod auf der durchgeführten Impfung beruhe und darüber hinaus für eventuell andere denkbare Todesursachen keinerlei Anhaltspunkte beständen. Davon sei im vorliegenden Fall auszugehen. Aus dem Gesetzeswortlaut ergebe sich nicht, daß die Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Impfung und Tod ausschließlich positiv durch eine Zerlegungsuntersuchung festgestellt werden müsse. Die von dem Amtstierarzt Dr. Janik durchgeführte Untersuchung habe ergeben, daß Krankheiten bei dem verendeten Mastbullen nicht ersichtlich und keine äußeren Merkmale vorhanden gewesen seien, die zum Tod des Tieres geführt hätten. Das Gutachten des Veterinärdezernenten der Bezirksregierung Weser-Ems könne bei der Überprüfung der Todesursache keine Berücksichtigung finden. Der Gutachter der Bezirksregierung habe den verendeten Bullen nicht gesehen. Außerdem habe er nicht zu vertreten, daß weitere Untersuchungen unterblieben seien, weil dies im Verantwortungsbereich der Beigeladenen bzw. des beamteten Tierarztes gelegen habe. Dr. Janik habe ihm erklärt, daß die amtliche Zerlegung des verendeten Tieres beantragt werde und er sich um den weiteren Ablauf nicht zu kümmern habe. Von ihm sei daher die Verwertung des Mastbullen ohne weitere Untersuchung in der Tierkörperbeseitigungsanstalt der Beigeladenen nicht zu vertreten.

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Der Kläger hat beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 31. August 1981 und ihren Widerspruchsbescheid vom 18. März 1982 aufzuheben und sie zu verpflichten, ihm die beantragte Entschädigung in Höhe von 1.900,-- DM zu bewilligen.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen,

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und hat erwidert: Dem Kläger könne die beantragte Entschädigung nicht gewährt werden, weil eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Kausalität der Impfung für den Tod des Mastbullen nicht gegeben sei. Es reiche nicht aus, daß der ursächliche Zusammenhang ebensogut bejaht wie auch verneint werden könne. Es müsse vielmehr nach einem sachverständigen Urteil eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür sprechen, daß der Tod des Tieres auf die vorangegangene behördliche Maßnahme zurückzuführen sei. Diese Voraussetzungen seien im Falle des Klägers nicht erfüllt, weil der Bulle nicht zerlegt worden sei und andere Todesursachen, wie z.B. Herzversagen, Herz- oder Lungenembolie, innere Verblutungen, tumoröse Erkrankungen der Leber oder Milz, Darmverschlingung, Fremdkörperverletzung, Schlundverstopfung und Erstickungstod, Genickbruch usw. nicht auszuschließen seien. Aus der äußeren Besichtigung des toten Tieres seien mit seltenen Ausnahmen, wie z.B. bei schweren Verletzungen, keine Rückschlüsse auf die Todesursache zu ziehen. Im übrigen seien Unverträglichkeitsreaktionen in der Form von Allergien nach MKS-Schutzimpfungen relativ selten. Die Sofortallergie trete innerhalb weniger Minuten bis Stunden auf und äußere sich durch hochgradige Kreislaufbeschwerden, Blutungen im Gewebe usw. Als Todesursache komme sie bei dem verendeten Mastbullen des Klägers kaum in Betracht, weil bei dem toten Tier ein mehr oder weniger starker Austritt und unter Umständen leicht blutig gefärbter Schaum aus Maul und Nase nicht bei der äußerlichen Besichtigung durch den Amtstierarzt Dr. Janik festgestellt worden sei. Eine Spätallergie trete erst mehrere Tage oder Wochen nach der Schutzimpfung auf. Für die Annahme eines Impfschadens reiche allein der zeitliche Zusammenhang zwischen Impfung und Tod nicht aus. Ohne eine Zerlegung sei die Annahme eines Impfschadens nicht begründet und könne eine Entschädigung nicht gewährt werden.

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Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und bestritten, bei der Abholung des Tieres vom Kläger oder von behördlicher Seite angewiesen worden zu sein, den Tierkadaver amtlich zerlegen zu lassen. Im übrigen sei der vom Kläger geltend gemachte Wert des Bullen unzutreffend.

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Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 31. Januar 1984 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

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Die vom Kläger begehrte Entschädigung stehe ihm nicht nach § 66 Nr. 4 des Tierseuchengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. März 1980 (BGBl I S. 186) - TierSG - iVm § 11 Abs. 1 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Tierseuchengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Juni 1983 (Nds. GVBl S. 157) - AGTierSG - zu, weil nach den Gesamtumständen nicht angenommen werden könne, daß der Bulle "aufgrund" der Impfung gegen Maul- und Klauenseuche oder "im Zusammenhang" mit ihrer Durchführung verendet sei. Zu einer solchen Annahme bedürfe es zwar nicht der völlig zweifelsfreien Feststellung des genannten Ursachenzusammenhanges, aber doch wenigstens einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit. An einem solchen Maß an Wahrscheinlichkeit fehle es im vorliegenden Fall, weil die hierfür entscheidende (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 2 AGTierSG) Untersuchung (Zerlegung des Tieres und eine etwa anschließende Laboruntersuchung) nicht durchgeführt worden seien. Zwar sei es vorstellbar, daß auch ohne eine Zerlegungsuntersuchung mit Rücksicht auf zweifelsfrei festgehaltene Feststellungen rückblickend gesagt werden könne, daß der fragliche Ursachenzusammenhang gegeben gewesen sei. Davon könne jedoch im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Im Gegenteil habe der Obergutachter in nachvollziehbarer und überzeugender Weise dargelegt, daß der Tod des Bullen - obwohl er vorher klinisch gesund gewesen sei - trotz des kurzen zeitlichen Zusammenhangs auch auf andere Ursachen zurückgeführt werden könne. Darauf habe die Beklagte auch im gerichtlichen Verfahren im einzelnen hingewiesen und mögliche Todesursachen erläutert. Es sei daher folgerichtig und rechtlich unbedenklich, daß die Beklagte in Fällen der vorliegenden Art den maßgeblichen Ursachenzusammenhang verneine, wenn er nicht durch amtliche Untersuchungen (Zerlegungen, Laboruntersuchung u.ä.) bestätigt oder durch das nach den Verwaltungsvorschriften zum Ausführungsgesetz zum Viehseuchengesetz vom 21. Mai 1973 (Nds. MBl S. 910) in der Fassung vom 14. Juli 1975 (Nds. MBl S. 1128) einzuholende Obergutachten mit Rücksicht auf sonstige Erwägungen bejaht werde. Entgegen der Ansicht des Klägers reiche es für die nach § 66 Nr. 4 TierSG vorgeschriebene "Annahme" des Ursachenzusammenhangs nicht aus, daß diese lediglich "zu vermuten" sei; ebensowenig könne es genügen, daß sich nach allgemeiner Anschauung ein Ursachenzusammenhang nicht ausschließen lasse. Vielmehr bedürfe es der Feststellung von Tatsachen, die nach einem sachverständigem Urteil eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür begründen, daß der Tod des Tieres auf die vorangegangene Impfung zurückzuführen sei. Daran fehle es. Unerheblich seien daher auch die weiteren Beweisangebote des Klägers. Soweit sie sich auf die Feststellungen der Tierärzte Dr. Kurwinkel und Dr. Janik bezögen, könnten die unter Beweis gestellten Tatsachen unterstellt werden; soweit sie eine sachverständige Würdigung der festgestellten Tatsachen beträfen, bedürfe es dieser Beweiserhebung nicht, weil aufgrund des vorliegenden Obergutachtens davon ausgegangen werden könne, daß außer einem MKS-Impfschaden auch andere Ursachen für den Tod des Bullen des Klägers vorgelegen haben könnten.

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Aus welchen Gründen die gebotene Untersuchung des Bullen unterblieben sei, sei unerheblich. Weder der Amtstierarzt noch die Beigeladene werden im Auftrage der Beklagten tätig.

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Gegen diese Entscheidung führt der Kläger Berufung. Zur Begründung wiederholt er sein erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt er vor: Für die Gewährung einer Entschädigung reiche aus, daß eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür bestehe, daß der Tod des Tieres mit der Impfung in einem Zusammenhang stehe. § 66 Nr. 4 des TierSG verlange nicht, daß zwischen Impfung und Tod des Tieres ein Ursachenzusammenhang in der Weise festgestellt werde, daß völlig zweifelsfrei feststehe, daß eine Kausalität zwischen Impfung und Tod des Tieres vorliege. Die vom Verwaltungsgericht als notwendig angesehene Zerlegung des Tierkadavers bzw. Vornahme der Laboruntersuchung zur Feststellung der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs stelle nichts anderes dar, als daß die Kausalität zwischen Impfmaßnahme und Verendung des Tieres unzweideutig im Sinne einer äquivalenten Kausalität festgestellt werden solle. Eine unzweideutige Kausalitätsfeststellung sei jedoch nach Wortlaut, Sinn und Zweck des § 66 Nr. 4 des TierSG gerade nicht Voraussetzung für das Entstehen des Entschädigungsanspruchs. Das Verwaltungsgericht gehe in der angefochtenen Entscheidung über die gesetzlich normierten Anforderungen hinaus und schaffe für die Gewährung einer Entschädigungsleistung zusätzliche erschwerende Voraussetzungen, die vom Gesetz selbst nicht vorgesehen seien. Der unmittelbare zeitliche Zusammenhang zwischen der Impfmaßnahme und dem Eintritt des Todes spreche dafür, daß eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für den Zusammenhang zwischen Impfung und Tod gegeben sei. Dies um so mehr, als vor der Impfung der Bullen- und Ochsenbestand völlig gesund gewesen sei und äußerlich bei dem verendeten Tier keine Verletzungen und Krankheitserscheinungen festgestellt worden seien. Dafür spreche auch der Beweis des ersten Anscheins. Durch ihn würden die Ausführungen im Obergutachten über die Kausalität anderer Todesursachen erschüttert.

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Der Kläger beantragt,

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den angefochtenen Gerichtsbescheid zu ändern und nach seinem im ersten Rechtszug gestellten Antrag zu erkennen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend trägt sie vor: Zwar verlange § 66 Nr. 4 des Tierseuchengesetzes nicht einen absolut schlüssigen Beweis für einen Zusammenhang zwischen einer angeordneten Seuchenbekämpfungsmaßnahme und einem eventuellen Tierverlust. Es müsse aber eine nach sachverständigem Urteil überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür sprechen, daß der Tod des Tieres auf die vorangegangene Impfung zurückzuführen sei. Diese überwiegende Wahrscheinlichkeit sei hier nach dem sachverständigen Urteil nicht gegeben. Trotz des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Impfung und dem Tod des Bullen könnten andere Todesursachen nicht ausgeschlossen werden. Nach dem Grundsatz der materiellen Beweislast müsse der Kläger den Nachweis führen, daß die Annahme eines Zusammenhangs zwischen Impfung und Tod des Bullen begründet sei. Das habe er nicht getan, weil eine Zerlegung des Bullen unterblieben sei.

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Die Beigeladene hat sich nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

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Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese haben dem Senat vorgelegen und waren in ihrem wesentlichen Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

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II.

Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

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Nach § 66 Nr. 4 des Tierseuchengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. März 1980 (BGBl I S. 186) - TierSG - iVm § 11 Abs. 1 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Tierseuchengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Juni 1983 (Nds. GVBl S. 157) - AGTierSG - ist von der Beklagten eine Entschädigung für Tiere zu gewähren, von denen anzunehmen ist, daß sie aufgrund einer tierseuchenrechtlich vorgeschriebenen oder behördlich angeordneten Impfung, Behandlung oder Maßnahme diagnostischer Art oder im Zusammenhang mit deren Durchführung getötet werden mußten oder verendet sind. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Entgegen der Auffassung des Klägers reicht für die Annahme der Impfung als Todesursache allein der zeitliche Zusammenhang zwischen Impfung und Tod des verendeten Mastbullen sowie die Feststellung, daß der Rinderbestand vor der Impfung klinisch gesund gewesen sei und bei dem verendeten Bullen äußerlich keine Krankheiten oder Todesursachen festgestellt werden konnten, nicht aus. Für eine solche Rechtsansicht hätte eine Formulierung des Gesetzeswortlauts in der Weise nahegelegen, daß eine Entschädigung in den Fällen zu gewähren sei, in denen ein Tier in einem zeitlichen Zusammenhang mit einer viehseuchenbehördlichen Maßnahme verendet. Einen solchen Wortlaut hat der Gesetzgeber indessen nicht gewählt. Von der nach § 66 Nr. 4 TierSG erforderlichen "Annahme" eines äquivalenten Kausalzusammenhanges zwischen Impfung und Tod des geimpften Tieres kann mithin nur ausgegangen werden, wenn - wie die Beklagte zu Recht dargelegt hat das Verwaltungsgericht zu Recht unter Hinweis auf das Urteil des OVG Koblenz vom 19. August 1981 - 2 A 74/80 - ausgeführt hat - durch eine amtliche Zerlegung des verendeten Tieres andere Todesursachen, die die Beklagte unter anderem im gerichtlichen Verfahren im einzelnen erläutert hat, mit einiger Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden können und nach einem sachverständigen Urteil eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Kausalzusammenhang zwischen Impfung und Tod spricht. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weil die von der Beklagten im einzelnen genannten sonstigen möglichen Todesursachen, auf die auch im Obergutachten des leitenden Veterinärdirektors Dr. Winkenwerder hingewiesen worden ist und die im übrigen wegen der sachkundigen Besetzung des Gerichts auch gerichtsbekannt sind, bei dem verendeten Bullen nicht mit einiger Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden können.

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Diese nach Ansicht des Senats gebotene Auslegung des Gesetzeswortlauts wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, daß von dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen viehseuchenbehördlicher Maßnahme und Schaden in Fällen der vorliegenden Art regelmäßig nur ausgegangen werden kann, wenn das verendete Tier zerlegt und gegebenenfalls labormäßig untersucht worden ist. Eine solche Untersuchung läßt sich von dem geschädigten Tierhalter - wie der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung im einzelnen dargelegt hat - unschwer herbeiführen und ist ihm zuzumuten, zumal er dafür nach einer angeordneten Schutzimpfung und Untersuchung durch den Amtstierarzt keine Kosten zu übernehmen hat.

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Zu Recht weist schließlich die Beklagte auch darauf hin, daß die Gewährung einer Entschädigung ohne eine Zerlegung einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung (Art. 3 GG) zur Folge haben kann, weil einem Tierhalter eine Entschädigung gewährt werden könnte, die einem anderen Tierhalter bei äußerlich gleichen Symptomen aufgrund einer Zerlegung des Tierkadavers und der dabei festgestellten anderen Todesursache versagt worden wäre.

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Zu Unrecht beruft sich der Kläger schließlich auch auf den Beweis des ersten Anscheins. Er greift nur bei formelhaften typischen Geschehensabläufen ein, d.h. in denjenigen Fällen, in denen ein gewisser Tatbestand feststeht, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder einen bestimmten Ablauf hinweist (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, Kommentar, 39. Aufl., Anh. 3 B zu § 286). Davon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein. Nach der Lebenserfahrung führt eine MKS-Impfung nicht generell zum Tode des geimpften Tieres. Todesfälle nach MKS-Impfungen sind nach den unbestrittenen Ausführungen der Beklagten Ausnahmen.

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Zu Recht ist das Verwaltungsgericht auch den vom Kläger angebotenen Beweisen nicht nachgegangen. Eine hier festzustellende überwiegende Wahrscheinlichkeit des Kausalzusammenhanges zwischen Impfung und Tod des verendeten Bullen im Sinne des § 66 Nr. 4 TierSG kann nicht dadurch erbracht werden, daß das Tier am Tag der Impfung nach den (äußerlichen) Feststellungen des Tierarztes Dr. Kurwinkel klinisch gesund war und am 10. April 1981 keine äußerlich erkennbaren Krankheiten oder Verletzungen aufwies. Dieser Vortrag des Klägers kann als wahr unterstellt werden. Er führt zu keiner anderen Beurteilung der Rechtslage. Ebenfalls läßt sich auch durch ein nachträgliches Sachverständigengutachten die Todesursache nicht mehr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststellen. Das vom Kläger angebotene Beweismittel ist ungeeignet. Der Kläger hat mithin den Nachteil aus der Unerweislichkeit der hier zu berücksichtigenden Tatsachen selbst zu tragen (BVerwG, Beschl. v. 24. 10. 1979 - 3 B 101.79).

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Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.

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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO; ihre vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 713 ZPO.

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Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat der Senat nicht für erstattungsfähig erklärt, weil sie keinen Sachantrag gestellt und Gründe der Billigkeit nicht ersichtlich sind, die geboten hätten, sie der unterliegenden Partei aufzuerlegen (§ 161 Abs. 3 VwGO).

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Die Revision konnte nicht zugelassen werden, weil dafür die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

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Beschluß

33

Nachdem die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 VwGO einzustellen und gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Billigem Ermessen entspricht es, der Beklagten die Kosten des gesamten Verfahrens aufzuerlegen, weil sie nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. März 1990 - BVerwG 3 C 10. 87 - die vom Kläger geltend gemachte Entschädigungsforderung bis auf einen kostenrechtlich nicht ins Gewicht fallenden Teil bezahlt hat.

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Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren nach § 162 Abs. 3 VwGO nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil Gründe der Billigkeit nicht ersichtlich sind, die es geboten hätten, sie der unterliegenden Partei aufzuerlegen.

35

Dieser Beschluß ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, Art. 2 § 8 EntlG).

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Eichhorn

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Schoof

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Dr. Berkenbusch