Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 25.07.2003, Az.: 13 U 73/03

Anspruch auf Freigabe einer Internetadresse bei Gleichnamigkeit von Anspruchsteller und Anspruchsgegner; Maßgeblichkeit des Prioritätsprinzips bei Eintragung einer Internetadresse; Abwägung des Bekanntheitsgrades der Anspruchsgegner

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
25.07.2003
Aktenzeichen
13 U 73/03
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 34046
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2003:0725.13U73.03.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Oldenburg - 14.05.2003 - AZ: 5 O 3852/02

In dem Rechtsstreit
...
hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
durch
die unterzeichneten Richter
am 25. Juli 2003
beschlossen:

Tenor:

  1. I.

    Es ergeht der Hinweis, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das am 14.05.2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

  2. II.

    Das Urteil des Landgerichts ist in sich stimmig und überzeugend; es lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

  3. III.

    Die vom Beklagten in der Berufungsinstanz besonders hervorgehobenen Gesichtspunkte rechtfertigen keine abweichende Entscheidung.

    Dass das Landgericht der Klägerin nur einen Unterlassungsanspruch gegenüber dem Beklagten zuerkannt und ihren Antrag, der Beklagte möge seine Internet-Adresse freigeben, abgewiesen hat, ist mangels (Anschluß)-Berufung der Klägerin der maßgebliche rechtliche Ausgangspunkt. Dass ein solches -teils stattgebendes und nur insoweit angegriffenes und teilweise zurückweisendes- Urteil aufgrund dieses Ergebnisses in seiner Begründung abwägt und damit unter diesem Aspekt aus Sicht des Berufungsführers nicht in allen Punkten folgerichtig oder scheinbar brüchig sein mag, jedenfalls nicht so geschlossen wie ein Urteil, das im vollen Umfange zuspricht oder abweist, liegt auf der Hand. Daraus allein kann der Beklagte jedoch nichts für ihn Günstiges herleiten.

    Für den Senat, dem u.a. die BGH-Entscheidungen Vossius (NJW 2002, 2096 [BGH 11.04.2002 - I ZR 317/99]), Shell (NJW 2002, 2031 [BGH 22.11.2001 - I ZR 138/99]) und Maxem ( BGH I ZR 296/00, Urteil vom 27.06.2003, jedoch nur als Presseerklärung) bekannt sind, ist - neben den vom Landgericht genannten Punkten und insbesondere dessen Grundbewertung, dass es vorliegend nicht auf das Prioritätsprinzip bei der Eintragung ankommt - vor allem entscheidend:

    Die in der Rechtsprechung betonte "überragende Bekanntheit" des klagenden Anspruchsberechtigten ist nicht nur absolut, sondern zunächst einmal auch relativ im Verhältnis zum eingetragenen Beklagten zu sehen.

    M. a. W.: je unbedeutender der eingetragene beklagte Namensträger ist, desto geringere Anforderungen sind an den Bekanntheitsgrad des Klägers zu stellen sofern er nur den Bekanntheitsgrad des Beklagten deutlich überragt. Das folgt bereits aus der Shell-Entscheidung (dort S. 2034 zu 2 c a.A. am Ende und cc), vor allem aber auch aus den Entscheidungen Vossius und Maxem. Gerade in diesen beiden Entscheidungen wird entscheidend auf die relative Vergleichbarkeit der jeweiligen streitenden Namensinhaber insbesondere im Hinblick auf deren vergleichbare berufliche Tätigkeit abgestellt.

    Daneben lässt sich der Shell-Entscheidung entnehmen, dass der Kläger auch für sich allein betrachtet noch so bekannt sein muss, dass die bloße Namensnennung zur Assoziation mit dem Kläger führt.

    Beides ist hier der Fall.

    ... ist jedenfalls in Norddeutschland durchaus bekannt als ein Erholungsort im Oberharz, belegen oberhalb der ... und neu erbaut, weil das "alte" S... aufgrund der Anlegung der ...talsperre geflutet worden ist.

    Hingegen ist der Beklagte (X...) S... ersichtlich lediglich Verwandten, Freunden und näheren Bekannten "ein Begriff".

    Vor allem aber ist für den Senat entscheidend, daß -anders als in den Entscheidungen Vossius und Maxem - der Beklagte hier erkennbar letztlich gar nicht seinen Namen "S..." - ohne den Vornamen X... , sodass auf Anhieb nicht einmal ersichtlich ist, dass sich hier eine natürliche Person männlichen Geschlechts -darstellt- im eigenem Interesse und zur Selbstdarstellung gebraucht, sondern dass er seinen vergleichsweise griffigen Namen S... erkennbar benutzt, um, damit den Interessen anderer dienend, alsbald auf seinen eher unbekannten Wohnort Y... und dessen noch weniger bekannten und bedeutungslosen Ortsteil S... hinzuweisen (Bl. 70), des weiteren auf einen gewissen mit dem Beklagten nicht identischen Musiker P... S... aus der übergeordneten Gemeinde T... (Bl. 71) und auf einen "Hof S..." im nicht weit entfernten Ort D... (Bl. 72).

    Dem Beklagten steht von daher bezüglich der Bekämpfung des ihm abverlangten Nichtgebrauchs seiner bisherigen Internet-Adresse mangels echten Selbstbetroffenseins ein weitaus geringeres Rechtsschutzinteresse zur Seite als den unterlegenen Parteien in den zuletzt genannten BGH-Urteilen. Dadurch wird seine Rechtsposition abgewertet und zugleich die Rechtsposition der Klägerin, die ein eigenes Interesse geltend macht, gestärkt.

    Nach allem hält daher das Urteil des Landgerichts den Angriffen des Beklagten in der Berufungsinstanz stand.

  4. IV.

    Die Berufung hat demnach keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Ferner erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats.

  5. V.

    Der Beklagte kann zu diesem Hinweis bis zum 01.09.2003 Stellung nehmen.