Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 16.11.1999, Az.: 11 UF 121/99

Voraussetzungen für die Ersetzung der Einwilligung des Kindesvaters zur Namenserteilung; Erforderlichkeit der Einbenennung für das Kind; Abwägung der Interessen des jeweiligen Elternteils an der Erhaltung des Namensbandes zu dem Kind

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
16.11.1999
Aktenzeichen
11 UF 121/99
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1999, 31388
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1999:1116.11UF121.99.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Leer - 31.03.1999

Fundstellen

  • FamRZ 2000, 694-695 (Volltext mit amtl. LS)
  • OLGReport Gerichtsort 2000, 104-105

Verfahrensgegenstand

Betreffend die Kinder ...

In der Familiensache
...
hat der 11. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg
am 16. November 1999
durch
die unterzeichneten Richter
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ..., ... bewilligt.

  2. 2.

    Die am 21.04.1999 beim Amtsgericht Leer eingegangene - als Erinnerung bezeichnete - Beschwerde des Kindesvaters gegen den ihm am 08.04.1999 zugestellten Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Leer vom 31.03.1999 wird zurückgewiesen.

  3. 3.

    Der Antragsgegner trägt die gerichtlichen Kosten des Verfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

  4. 4.

    Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf DM 5.000,- festgesetzt.

Gründe

1

I.

Die Mutter der Antragsteller lebt nach ihrer Scheidung vom Antragsgegner, der der Vater der beiden antragstellenden Kinder ist, nun mit Herrn ... in einer neuen Ehe. Sie strebt an, daß die Kinder den Familiennamen ihres jetzigen Ehemannes erhalten sollen. In der neuen Ehe lebt ein weiteres Kind des neuen Ehemannes aus dessen erster Ehe, welches mit den beiden antragstellenden Kindern zusammen die gleiche Schule besucht. Der Antragsgegner hat zu seinen Kindern seit mehr als drei Jahren keinen Kontakt mehr aufgenommen. Einen Kontakt lehnen auch die Kinder ab. Unterhalt zahlt der Antragsgegner nicht. Er willigt jedoch in die beantragte Namensänderung nicht ein. Daraufhin hat die Kindesmutter den Antrag gemäß § 1618 BGB gestellt, die erforderliche Zustimmung des Kindesvaters zu ersetzen.

2

Das Amtsgericht hat dem Antrag im angefochtenen Beschluß nach Anhörung der Kinder entsprochen. Es hat die gerichtliche Ersetzung der Einwilligung zur Namensänderung als zum Wohle der Kinder erforderlich angesehen. Das Interesse der Kinder sei in diesem Fall höher als das erkennbar nur noch geringe Interesse des leiblichen Vaters am Fortbestand des namensrechtlichen Bandes zu seinen Kindern zu bewerten.

3

Hiergegen wendet sich der Kindesvater mit seiner Beschwerde. Er meint, ein wichtiger Grund für die Namensänderung liege nicht vor. Die Kinder seien alt genug, um jedem Außenstehenden die Herkunft ihres Namens erklären zu können. Der Name selbst sei nicht belastend, auch nicht in der ländlichen Gemeinde, in der die Kinder jetzt lebten, und auch nicht unter dem Gesichtspunkt, daß die Kindesmutter den neuen Ehenamen trage. Die Kindesmutter hätte dem vielmehr durch Beibehaltung ihres früheren Ehenamens bei der Wiederverheiratung im Kindesinteresse begegnen können.

4

Die Antragsteller beantragen die Zurückweisung der Beschwerde und verweisen auf die Stellungnahme des Kreisjugendamtes ... vom 25.01.1999, in welcher die Namensänderung befürwortet werde. Es bestehe keinerlei Kontakt zum Kindesvater. Sie seien in die neue Familie voll integriert, seien aber wegen der Namensverschiedenheit in der Schule und auch sonst in der Öffentlichkeit Hänseleien ausgesetzt.

5

II.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Denn die Voraussetzungen für die Ersetzung der Einwilligung des Kindesvaters zur Namenserteilung liegen im vorliegenden Falle vor, wie das Amtsgericht im Ergebnis bereits zutreffend angenommen hat.

6

Auch nach der Änderung des Kindesnamensrechts mit Wirkung ab 1.7.1998 müssen beide Ehegatten bei der Namensänderung der Kinder zusammenwirken. Dabei wird nach neuem Recht die von einem Elternteil verweigerte Einwilligung dann vom Familiengericht ersetzt, wenn das Kindeswohl die Einbenennung erfordert. Mit dem Begriff der "Erforderlichkeit" ist eine höhere Eingriffsschwelle vorgegeben worden als sie bisher bestand (vgl. dazu die Entscheidung des Senats 11 UF 26/99 - veröffentlicht in OLG Report 1999, 237 = FamRZ 1999, 1381 mit weit.Nachw.).

7

Erforderlich ist eine Einbenennung infolgedessen nur, wenn sie für das Kind einen so hohen Nutzen verspricht, daß ein sich um sein Kind verständig sorgender Elternteil auf der Erhaltung des Namensbandes zu dem Kind nicht bestünde (so Wagenitz FamRZ 1998, 1546ff (1551f); vgl. dazu auch die Entscheidungen OLG Braunschweig in OLG-Report 1999, 123f und OLG Celle in OLG Report 1999, 141f). Deshalb setzt die Ersetzung der Zustimmung zur Einbenennung voraus, daß die Interessen der Beteiligten umfassend abgewogen werden. Es muß daher triftige Gründe geben, das Interesse des die Kinder nicht betreuenden Elternteils an der Erhaltung des Namensbandes zurückzustellen. Im Rahmen dieser Abwägung können das persönliche Verhalten des Kindesvaters gegenüber den Kindern und die Regelmäßigkeit seiner Unterhaltsleistungen von Bedeutung sein (so auch OLG Köln FamRZ 1999, 734 [OLG Köln 13.01.1999 - 14 UF 220/98]), ebenso wie die Neuschaffung eines namensrechtlichen Bandes zu dem weiteren - im Familienverbund der neuen Ehe lebenden - Kind des Ehemanns der Kindesmutter aus dessen erster Ehe.

8

Diese Abwägung führt unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände vorliegend dazu, die Kindesinteressen an der Namensänderung gewichtiger einzuschätzen als das Interesse des Kindesvaters am bloßen Fortbestand des hier fast inhaltsleer gewordenen namensrechtlichen Bandes zu seinen Kindern. Die Kindesmutter ist bereits seit 1992 alleinige Inhaberin des Sorgerechts. Der Kindesvater hat sein Recht - und die daraus resultierende Pflicht - zum Umgang mit seinen Kindern unstreitig seit langer Zeit nicht mehr wahrgenommen, weil er langdauernd, mindestens seit mehr als drei Jahren keinen Kontakt mehr zu den Kindern hält und - ebenfalls unstreitig - keinen Unterhalt für die Kinder zahlt. Vielmehr hat er durch das Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 24.07.1998, in welchem einer Namensänderung zwar widersprochen wurde, sogar ausdrücklich seine Bereitschaft zur Zustimmung zu einer Adoption beider Kinder durch die Kindesmutter und deren neuen Ehemann erklärt. Angesichts dieser besonderen Umstände schätzt der Senat das schützenswerte Interesse des Kindesvaters an der Aufrechterhaltung des Namensbandes nur noch so gering ein, daß das Interesse der Kinder an der Namenseinheitlichkeit im neuen Familienverbund - zugleich auch mit dem weiteren Kind in der Familie, mit dem sie gemeinsam die Schule besuchen - in diesem Fall so deutlich überwiegt, daß der Senat die Namensänderung als im Kindesinteresse erforderlich ansieht, und zwar ausdrücklich auch unter Berücksichtigung der erhöhten Eingriffsschwelle infolge der gesetzlichen Neuregelung.

9

Eine Anhörung der Beteiligten durch den Senat ist nicht erforderlich, da eine weitere Sachaufklärung weder erforderlich noch zu erwarten ist.

10

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 13a Abs. 1 FGG, 30 KostO.