Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 06.12.1999, Az.: 3 WF 105/99

Klage gegen einen Unterhaltsberechtigten, der nicht mehr unterhaltsbedürftig ist; Anerkenntnis einer Forderung nach einer Aufforderung zum Verzicht auf einen vorliegenden Titel; Einstellung von Unterhaltszahlungen bei Verpflichtung des Unterhaltsberechtigten zu eigenen Arbeitssuche; Einstellung von Unterhaltszahlungen bei fehlender Leistungsfähigkeit

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
06.12.1999
Aktenzeichen
3 WF 105/99
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1999, 29126
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1999:1206.3WF105.99.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Norden - 27.10.1999

Fundstellen

  • AGS 2000, 118-119
  • FamRZ 2000, 1514-1515 (Volltext mit red. LS)

Prozessführer

I... D..., ...

Rechtsanwalt ...

Prozessgegner

B... D..., ...

Rechtsanwalt ...

Amtlicher Leitsatz

Erhebt ein Unterhaltsschuldner Abänderungsklage ohne zuvor den Schuldner vorprozessual zum Verzicht aufzufordern, kann er im Einzelfall nach § 93 ZPO im Falle des sofortigen Anerkenntnisses die Kosten zu tragen haben; dies gilt jedenfalls dann, wenn er zuvor Unterhalt weitergezahlt hatte, obwohl die Bedürftigkeit, wie er wissen musste, bereits entfallen war und er die Zahlungen anschließend -für den Unterhaltsgläubiger überraschend und nicht nachvollziehbar- einstellt und damit Vollstreckungshandlungen veranlasst.

Der 3. Zivilsenat - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg hat
am 06. Dezember 1999
durch
die unterzeichneten Richter
beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen die Kostenentscheidung des Anerkenntnisurteils des Amtsgerichts Norden vom 27. Oktober 1999, mit dem ihm die Verfahrenskosten auferlegt wurden, weil die Beklagte keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben habe, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe

1

Ob der Unterhaltsberechtigte, der weiß, dass er nicht mehr unterhaltsbedürftig ist, regelmäßig Veranlassung zur Klageerhebung nach § 323 ZPO gibt, wenn er gleichwohl vollstreckt, weil eine vorherige Aufforderung zum Titelverzicht wegen der in § 323 Abs. 3 ZPO getroffenen Regelung mit Rechtsnachteilen verbunden wäre (vgl. zum Stand Herget in Zöller, ZPO, 21. Aufl., § 93, Rdnr. 6 unter dem Stichwort "Unterhaltssachen") , kann vorliegend dahinstehen. Hier liegen gewichtige Gründe vor, von dieser Regel abzuweichen, wenn man sie bejahen sollte.

2

Unstreitig hatte die Beklagte ihre Schulausbildung im Sommer 1998 beendet und wäre innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten verpflichtet gewesen, sich eine Arbeitsstelle zu suchen, sodass die Unterhaltspflicht des Klägers bei Zugrundelegen seines eigenen Vortrages im Herbst 1998 spätestens geendet hätte. Obwohl ihm dies bekannt war, hatte der Kläger trotz seines Auskunftsanspruchs gemäß § 1605 BGB nichts unternommen, um sich Gewissheit über die weitere Lebensplanung seiner Tochter zu verschaffen. Stattdessen hatte er bis einschließlich Anfang 1999 weiterhin Unterhalt gezahlt, ehe er die Unterhaltszahlungen ohne Begründung eingestellt hatte. Angesichts dieses wegen der ihm bekannten Gesetzeslage widersprüchlichen Verhaltens hätte es dem Kläger zur Vermeidung von Rechtsnachteilen im Falle eines sofortigen Anerkenntnisses oblegen, die Beklagte vor Klageerhebung kurzfristig zum Verzicht auf den vorliegenden Titel aufzufordern. Dies hat er jedoch nicht getan. Stattdessen hat die Beklagte nach Rechtshängigkeit den Klageanspruch anerkannt.

3

Dem steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte nach der für sie überraschenden Zahlungseinstellung im Jahre 1999 wegen der offenen Rückstände die Vollstreckung betrieben hat. Ursächlich hierfür war das Verhalten des Klägers, trotz einer seiner Auffassung nach nicht mehr bestehenden Unterhaltsverpflichtung ohne Angabe von Gründen weiterhin Unterhalt zu zahlen. Soweit sich der Kläger in diesem Zusammenhang darauf berufen hat, dass die Beklagte spätestens in der 23. Kalenderwoche 1999 (07. bis 13. Juni 1999) bei ihm angerufen und sich mit seiner zwischenzeitlichen Zahlungseinstellung wegen fehlender Leistungsfähigkeit einverstanden erklärt habe, ist diese von der Beklagten bestrittene Vereinbarung nicht geeignet, zu einer anderen Bewertung zu führen. Weder sind die genauen Daten der Vereinbarung und der Erteilung des Vollstreckungsauftrages an den Gerichtsvollzieher noch die Gründe dafür genannt, weshalb sich der Kläger bei dem Anruf seiner Tochter nicht auf die Beendigung der Schulausbildung, sondern stattdessen auf die in der Vergangenheit bereits streitige Frage einer Leistungsunfähigkeit berufen hat und weshalb seine Tochter diesen Grund akzeptiert haben soll.

4

Die Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des Amtsgerichts war deshalb auf Kosten des Klägers zurückzuweisen.

5

Entsprechendes gilt für seinen Antrag auf Prozesskostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussichten.

Streitwertbeschluss:

Der Wert für die Beschwerde wird auf 900,00 DM festgesetzt.