Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 25.04.2002, Az.: 14 U 153/01

Voraussetzungen für die Fälligkeit eines Honoraranspruchs aus einem Architektenvertrag; Fälligkeitsvoraussetzungen für Abschlagszahlungen; Anforderungen an die Prüffähigkeit der vom Architekten gestellten Schlussrechnung; Fälligkeit von Nebenkostenforderungen aus einem Architektenvertrag

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
25.04.2002
Aktenzeichen
14 U 153/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 30453
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2002:0425.14U153.01.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Stade - 27.04.2001 - AZ: 6 O 379/00

Fundstellen

  • BauR 2002, 1578-1580 (Volltext mit amtl. LS)
  • BauR 2005, 1371

In dem Rechtsstreit
...
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... und
der Richter am Oberlandesgericht ... und ...
auf die mündliche Verhandlung vom 26. Februar 2002
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 27. April 2001 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Stade in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 7. Juni 2001 teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird - als zur Zeit unbegründet - abgewiesen.

Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschwer des Klägers: 8.779,43 EUR.

Gründe

1

Die Berufung des Beklagten hat Erfolg (I.). Die Anschlussberufung des Klägers ist hingegen unbegründet (II.).

2

Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung restlichen Architektenhonorars im Zusammenhang mit der Umbaumaßnahme am Mehrfamilienhaus des Beklagten in ... ist zurzeit unbegründet. Zwischen den Parteien ist unstreitig ein mündlicher Architektenvertrag über die Umbaumaßnahme zustande gekommen, durch den der Kläger mit den Grundleistungen der Leistungsphasen 1 bis 9 des § 15 HOAI betraut wurde. Die Forderung ist jedoch nicht fällig. Gemäß § 8 Abs. 1 HOAI wird das Honorar fällig, wenn die Leistung vertragsgemäß erbracht und eine prüffähige Honorarschlussrechnung überreicht worden ist. Hier scheitert die Fälligkeit eines etwaigen restlichen Vergütungsanspruchs aus der in der Berufungsinstanz überreichten und nunmehr allein maßgeblichen Schlussrechnung des Klägers vom 18. Januar 2002 (GA 185) bereits an der ersten Voraussetzung. § 8 Abs. 1 HOAI setzt die vollständige Erbringung des vertraglich vereinbarten Leistungsumfangs voraus. Das bedeutet, dass der Architekt den letzten von ihm geschuldeten Erfolg, d.h. alle geschuldeten Einzelleistungen der letzten in Auftrag gegebenen Leistungsphase herbeigeführt. haben muss (BGH NJW-RR 1987, 146; Löffelmann/Fleischmann, Architektenrecht, 4. Auflage, Rdnr. 1336 ff.). Übernimmt der Architekt wie im Streitfall auch die Objektbetreuung (Leistungsphase 9), hat er seine Leistung erst erbracht, wenn die Arbeiten abgeschlossen und sämtliche Gewährleistungsfristen abgelaufen sind. Die Fälligkeit seines restlichen Honoraranspruchs wird deshalb bis zur Beendigung dieses Zeitraums hinausgeschoben. So liegt es hier. Denn zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger die Grundleistungen der Leistungsphase 9 des § 15 HOAI noch nicht erbracht hat.

3

Der Kläger kann die Klageforderung auch nicht auf eine Teilschlussrechnung stützen. Zwar können gemäß § 8 Abs. 4 HOAI andere Zahlungsweisen erfolgen. Dies setzt jedoch voraus, dass eine solche schriftlich vereinbart worden ist. Der Kläger hat eine derartige schriftliche Vereinbarung weder behauptet noch vorgelegt.

4

Die Klageforderung ist fernerhin auch nicht als weitere Abschlagsforderung fällig, wie der Senat in der mündlichen Verhandlung ausführlich erläutert hat. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob das Übergehen von einer Schlusszahlungsklage auf eine Abschlagszahlungsklage eine Klageänderung (BGH Baurecht 1999, 267; Locher/Koeble/Frik, HOAI, 8. Auflage, § 8 Rdnr. 66) oder lediglich ein "Minus" darstellt (OLG Köln, Baurecht 1994,145 [LS]; Löffelmann/Fleischmann, a. a. O, Rdnr. 1442). Denn selbst wenn lediglich ein Minus anzunehmen wäre, ist es erforderlich, dass sich der Kläger zumindest hilfsweise auf den Gesichtspunkt der Abschlagsforderung stützt (OLG Köln ebd.; Löffelmann/Fleischmann ebd.). Dies ist jedoch nicht erfolgt. Selbst wenn der Kläger jedoch seine Klage auf eine weitere Abschlagszahlung umgestellt hätte, wäre diese Forderung nicht fällig. Gemäß § 8 Abs. 2 HOAI können Abschlagszahlungen in angemessenen zeitlichen Abständen nur für nachgewiesene Leistungen gefordert werden. Zur Fälligkeitsstellung der Abschlagsforderung bedarf es insofern einer prüffähigen Honorarrechnung, die den an eine Schlussrechnung zu stellenden Anforderungen nach § 8 Abs. 1 HOAI genügen muss (BGH ebd.; Locher/Koeble/Frik, a.a.O., § 8 Rdnr. 60). Die Abrechnung des Klägers entspricht diesen Voraussetzungen nicht.

5

Nachdem der Kläger im Senatstermin klargestellt hat, dass er seine Klageforderung nunmehr allein auf die mit der Berufungserwiderung eingereichte Schlussrechnung vom 18. Januar 2002 nebst gleichzeitig eingereichten Kostenermittlungen stütze, hat der Beklagte seine Rüge der Prüfbarkeit auch in Bezug auf diese Abrechnung aufrechterhalten. Die Prüfbarkeit der Schlussrechnung ist bereits deshalb nicht gegeben, weil die Schlussrechnung nunmehr Geldbeträge in Euro enthält, während die mit der Schlussrechnung eingereichten Kostenaufstellungen sämtlich in DM aufgestellt sind. Hinzu kommt, dass die Kostenermittlungen andere Beträge ausweisen, als sie als Summe für die jeweiligen Kostenermittlungen in der Schlussrechnung enthalten sind. Nach der Schlussrechnung soll etwa für die Leistungsphasen 1 bis 4 entgegen § 10 Abs. 2 HOAI der Kostenanschlag von netto 209.629,67 EUR (= 410.000 DM) maßgeblich sein. Unabhängig von der Zugrundelegung der unzutreffenden Kostenermittlungsart für die Leistungsphasen 1 bis 4 lässt sich aus den eingereichten "Gesamtaufstellungen der Baukosten" (GA 189 f., GA 191 f.) sowie der Kostenfeststellung (GA 193) dieser Betrag nicht nachvollziehen. Bereits dieser Umstand hindert die Prüffähigkeit der Schlussrechnung.

6

Darüber hinaus lassen die Kostenermittlungen nicht erkennen, ob die Vorschrift des § 10 Abs. 3 HOAI eingehalten ist. Die Kostenermittlungen entsprechen darüber hinaus nicht den Anforderungen des § 10 Abs. 2 HOAI. So ist für die Leistungsphasen 1 bis 4 keine Kostenberechnung und für die Leistungsphasen 5 bis 7 kein Kostenanschlag vorgelegt worden. Inhaltlich entsprechen sie nicht, wie es erforderlich wäre, den Anforderungen der DIN 276 in der Fassung von April 1981.

7

Da die Schlussrechnung selbst bereits für die Leistungsphasen 1 bis 4 einen Kostenanschlag als maßgebliche Kostenermittlungsart zugrunde legt und die Leistungsphasen 5 bis 7 nach einer "Kostenaufstellung" abrechnet, sind bereits in der Schlussrechnung nicht die maßgeblichen Kostenermittlungsarten nach § 10 Abs. 2 HOAI eingehalten. Dies führt zur mangelnden Prüffähigkeit der Schlussrechnung.

8

Soweit der Kläger mit nachgelassenem Schriftsatz vom 9. April 2002 neue Kostenermittlungen vorgelegt hat, war die mündliche Verhandlung nicht wiederzueröffnen. Das Vorbringen ist unerheblich. Die Mängel der Schlussrechnung selbst werden hierdurch nicht abgestellt. Die nunmehr auf einem Formblatt eingereichte Gegenüberstellung von Kostenschätzung, -berechnung und -feststellung sind wiederum in DM berechnet, während die Schlussrechnung in Euro abgefasst ist. Bereits dies hindert, wie oben ausgeführt, die Prüffähigkeit der Schlussrechnung. Hinzu kommt, dass auch die jeweiligen Summen der Kostenermittlungen bei Umrechnung nicht mit der Schlussrechnung übereinstimmen. Da die Leistungsphasen 1 bis 4 nach der Kostenberechnung abzurechnen sind, kommt es auf die vorgelegte Kostenschätzung nicht an. Demgegenüber fehlt es an einem Kostenanschlag für die Leistungsphasen 5 bis 7 und einer nachvollziehbaren Kostenfeststellung für die Leistungsphase 8.

9

Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Vortrag des Klägers in der Berufungsinstanz, die Parteien hätten bei Vertragsschluss vereinbart, dass Grundlage für die Abrechnung sämtlicher Leistungsphasen die festgestellten Baukosten hätten sein sollen und auch der Umbauzuschlag auf die Gesamtmaßnahme habe erhoben werden sollen, unerheblich ist. Denn eine die Berechnungsparameter betreffende Vereinbarung muss bei Auftragserteilung schriftlich erfolgen (§ 4 Abs. 1 HOAI). Eine schriftliche Vereinbarung ist jedoch nicht dargetan.

10

II.

Die Anschlussberufung, mit der der Kläger nunmehr seine Nebenkosten gemäß Abrechnung vom 21. Januar 2001 (GA 201) konkret abgerechnet geltend macht, ist unbegründet. Auch diese Forderung ist nicht fällig. Der Beklagte hatte die Nachvollziehbarkeit und inhaltliche Richtigkeit der Abrechnung bestritten. Gemäß § 8 Abs. 3 HOAI i.V.m. § 7 Abs. 3 HOAI sind Nebenkosten auf Nachweis fällig, soweit keine anderweitige schriftliche Vereinbarung bei Auftragserteilung getroffen wurde. Die Fälligkeit der Nebenkostenforderung hängt davon ab, dass der Auftragnehmer eine geordnete Zusammenstellung der Auslagen vornimmt und geordnete Belege hierfür vorlegt (BGH BauR 1990, 632; OLG Düsseldorf BauR 2000, 1889 [OLG Düsseldorf 26.07.2000 - 22 U 23/00]). Jedenfalls die zweite Voraussetzung ist nicht erfüllt, da der Kläger keine Belege für seine Nebenforderungen trotz Bestreitens des Beklagten vorgelegt hat.

11

Da die Berufung des Beklagten Erfolg hat, die Anschlussberufung des Klägers hingegen unbegründet ist, war über die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen des Beklagten nicht mehr zu entscheiden.

12

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Beschwer hat der Senat im Hinblick auf § 26 Nr. 8 EGZPO gemäß § 546 Abs. 2 ZPO a.F. festgesetzt.

13

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache gemäß § 543 ZPO n.F. weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.