Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.10.2014, Az.: 7 K 158/14
Änderung eines bestandskräftigen Grunderwerbsteuer-Bescheids nach dem planmäßigen Abschluss eines Bauvertrages
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 13.10.2014
- Aktenzeichen
- 7 K 158/14
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2014, 36205
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2014:1013.7K158.14.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 25.01.2017 - AZ: II R 19/15
Rechtsgrundlage
- § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO
Fundstellen
- BB 2015, 2197
- DStR 2016, 12
- DStRE 2016, 940-944
- EFG 2015, 1741-1743
- NWB 2015, 2703
- NWB direkt 2015, 981
- StX 2015, 603-604
Amtlicher Leitsatz
Zur Änderungsbefugnis des FA beim einheitlichen Vertragswerk: Ist der Erwerber schon nach den im Grundstückskaufvertrag getroffenen Vereinbarungen in seiner Entscheidung über das Ob und Wie der Bebauung nicht mehr frei, ist der planmäßige nachfolgende Abschluss des Bauvertrages kein rückwirkendes Ereignis, dass zur Änderung der bestandskräftigen (vorbehaltlosen und nicht vorläufigen) Steuerfestsetzung nunmehr unter Einbeziehung der Baukosten berechtigt.
Tatbestand
Dem Rechtsstreit liegt ein einheitliches Vertragswerk zugrunde. Das Finanzamt (FA) hatte die Grunderwerbsteuer nur auf den Kaufpreis des Grundstücks als Bemessungsgrundlage festgesetzt. Streitig ist u.a., ob es den bestandskräftig gewordenen Grunderwerbsteuerbescheid ändern durfte.
Die Kläger erwarben mit Vertrag vom ... von der Stadt ... das im Grundbuch von ... eingetragene Grundstück zur Größe von ...m2 sowie einen ideellen Miteigentumsanteil von einem Siebtel an dem Wegeflurstück ... zur Größe von ...m2. Es handelt sich um eines von sieben Reihenhausgrundstücken in dem Baugebiet ..., welches von der Stadt ... auf der Grundlage des Bebauungsplanes Nr. ... erschlossen wird.
Zur Beurkundung erschienen beide Kläger. Sie handelten gleichzeitig als Vertreter ohne Vertretungsvollmacht für die Stadt ..., d.h. die Grundstücksverkäuferin, als auch für die X- GmbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer Y. Die X-GmbH ist das Bauunternehmen, welches die Reihenhäuser errichtet hat.
In der (in der Überschrift durch Fettdruck hervorgehobenen) Vorbemerkung auf der ersten Seite des Vertrages heißt es:
"Der Rat der Stadt ... hat die Vergabe der Reihenhausgrundstücke ... an den Architekten A auf der Basis der vorgelegten Bauskizzen beschlossen. Die Vermarktung und Bauausführung führt für ihn die X-GmbH aus. In diesem Vertrag soll der Verkauf eines einzelnen Reihenhausgrundstücks einschl. eines ideellen Miteigentumsanteils an dem Gartenweg geregelt werden. Um sicherzustellen, dass der Verkauf aller sieben Reihenhausgrundstücke in seiner Gesamtheit erfolgen kann, werden die einzelnen notariellen Kaufverträge zunächst von den Erwerbern und für die Stadt ... und für die X-GmbH vollmachtlos unterzeichnet. Die Stadt ... wird erst nach Unterzeichnung der Kaufverträge durch alle beteiligten Erwerber bzw. der X-GmbH als Ersatzerwerber die Verträge nachträglich genehmigen. Sollte die Stadt ... die Genehmigung zu diesem Vertrag nicht erteilen, weil nicht von allen Beteiligten der erforderliche Kaufvertrag unterzeichnet wurde, besteht kein Anspruch auf Erstattung entstandener Kosten.
Die X-GmbH errichtet nach den Plänen des Architekten A die Reihenhauszeile und tritt in diesem Vertrag als Beteiligte auf, damit gewährleistet wird, dass für den Fall, dass ein Kaufvertrag rückabgewickelt wird, das Bauprojekt insgesamt nicht verzögert wird. In diesem Fall ist vorgesehen, dass sie entweder kurzfristig einen neuen Erwerber benennt oder selbst als Erwerber auftritt."
Der Kaufpreis für das von den Klägern erworbene Grundstück beträgt laut § 2 des Vertrages € 36.000 (€ ... pro m2). Er beinhaltet erstmalig zu erhebende Erschließungs- und andere Beiträge, hinsichtlich derer eine auf die gesamte Reihenhauszeile bezogene Ablösevereinbarung (Anlage 1 zum Vertrag) geschlossen wurde.
Laut § 8 des Vertrages - Bauverpflichtung, Vertragsstrafe - waren die Käufer zur Bebauung mit einem Reihenhaus innerhalb von zwei Jahren nach Vorliegen der Baureife verpflichtet. Dabei waren "Grundlage der Bebauung ... ausschließlich die dem Vertrag als Anlage 4 beigefügten Bauzeichnungen des Architekten A." § 9 des Vertrages beinhaltete ein Vor- und Wiederkaufsrecht u.a. für den Fall, dass die Käufer das Grundstück nicht bis zum vereinbarten Zeitpunkt bebauen.
§ 10 des Vertrages - sonstige Verpflichtungen - bestimmt:
"Sollte die Stadt ... von ihrem Rücktrittsrecht gemäß. § 2 dieses Vertrages (Nichtzahlung des Kaufpreises) Gebrauch machen, verpflichtet sich die X-GmbH, innerhalb von 2 Wochen nach dem ausgeübten Rücktrittsrecht für dieses Kaufgrundstück einen anderen Erwerber zu benennen oder dieses Kaufgrundstück zu den gleichen Konditionen zu erwerben.
Die X-GmbH verpflichtet sich außerdem, der Stadt ... die für die Herstellung des privaten Fußwegs (Flurstück ...) angefallenen Baukosten zu erstatten."
Das FA forderte den Notar auf, mitzuteilen, wann die Genehmigungen der von den Klägern vertretenen Vertragsparteien erteilt worden waren; diese gingen am ... (X-GmbH) und ... (Stadt ...) beim Notar ein. Weitere Ermittlungen stellte das FA nicht an.
Mit Bescheiden an die Kläger jeweils vom ... setzte es die Grunderwerbsteuer unter Zugrundelegung des Grundstückskaufpreises (jeweils ein Halb von € 36.000 = € 18.000) mit jeweils € ... fest. Die Bescheide ergingen im Hinblick auf die Bebauung des Grundstücks weder vorläufig noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und wurden bestandskräftig.
Mit Schreiben vom ... übersandte das FA den Klägern einen Fragebogen zur Prüfung, ob das Grundstück als bebautes oder unbebautes Grundstück zu besteuern sei.
Die Bearbeiterin vermerkte über eine Rücksprache mit dem Sachgebietsleiter vom ...: "Aufgrund der Vorbemerkungsformulierung im Grundstückskaufvertrag sei die Sache bereits als einheitliches Vertragswerk zu besteuern. Es seien außer den Bauverträgen mit Anlagen keine weiteren Auskünfte mehr von den Erwerbern einzuholen. Nach Eingang der Bauverträge solle eine Besteuerung mit Bauvorhaben erfolgen."
Auf die Erinnerung des FA zur Übersendung des Bauvertrages wiesen die Kläger auf die Bestandskraft der Steuerbescheide hin. Das FA erläuterte, dass sie gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) verpflichtet seien, über jede Erhöhung der Gegenleistung des Erwerbers durch Gewährung von zusätzlichen Leistungen neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung Anzeige zu erstatten.
Die Kläger übersandten daraufhin den unter dem ... ausgefüllten Fragebogen. Sie kreuzten an, das Grundstück solle mit einem Einfamilienhaus bebaut werden. Bei Vertragsabschluss sei es unbebaut gewesen. Sie seien durch die Homepage der Stadt ... auf das Grundstück aufmerksam geworden. Das Grundstück sei ihnen unbebaut angeboten worden. Der Grundstücksverkäufer habe nicht Wert darauf gelegt, dass sie den Bauauftrag einer bestimmten Person oder Firma erteilten. Sie hätten die bauausführenden Firmen nicht selbst ausgesucht; diese seien von Ing. Büro A ausgesucht worden. Bei Abschluss des notariellen Grundstückskaufvertrages sei die Bauplanung vorhanden gewesen. Diese sei am ... durch das Ing. Büro A erstellt worden. Sie hätten bezüglich der Raumplanung, Fenstern, Energieeffizienz, Materialien, Farbgebung und Ausstattung auf die Bauplanung Einfluss genommen. Ein Bauantrag sei am ... gestellt und am ... von der Stadt ... genehmigt worden.
Die Kläger reichten ferner ein Original des Bauvertrages (vom ...) ein. Darin beauftragten sie die X-GmbH als Generalunternehmerin mit der Erstellung des Bauvorhabens lt. vorgelegter Leistungsbeschreibung und Bauzeichnungen des Entwurfsverfassers Dipl. Ing. A vom ... und einem Angebot der X-GmbH ebenfalls vom ... zum Festpreis von € 200.000. Die beigefügte Bau- und Leistungsbeschreibung, das Angebot zum Festpreis von € 200.000 und beigefügte Zeichnungen datieren jeweils vom ....
Mit Bescheiden jeweils vom ... setzte das FA die Grunderwerbsteuer unter Einbeziehung des Festpreises laut Bauvertrag in die Bemessungsgrundlage (€ 36.000 zuzüglich € 200.000 = € 236.000, hiervon jeweils ein Halb = € 118.00) mit jeweils € ... fest. Es erläuterte, der Bescheid sei nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) geändert. Es bestehe ein derart enger sachlicher Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag, der am ... rechtswirksam geworden sei, und dem Bauauftrag an die X-GmbH vom ..., dass Leistungsgegenstand objektiv gesehen das bebaute Grundstück sei. Der für den Umfang der Gegenleistung maßgebliche Gegenstand des Erwerbsvorgangs sei daher das Grundstück in dem künftigen bebauten Zustand.
Mit ihrem Einspruch hiergegen machten die Kläger geltend, die Voraussetzungen des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO lägen nicht vor. In der Sache selbst bestehe der angenommene enge sachliche Zusammenhang zwischen Kaufvertrag und Beauftragung der X-GmbH nicht. Der Kauf des Grundstücks sei von der Stadt ... erfolgt. Diese sei nicht berechtigt, Finanzgeschäfte vorzunehmen und habe dies auch nicht getan.
Das FA teilte hierzu seine Auffassung mit, der Auftrag zur Ausführung des Bauvorhabens als Generalunternehmer an die X-GmbH vom ... stelle ein rückwirkendes Ereignis dar. Nach Aktenlage habe nicht die Stadt ..., sondern die X-GmbH die Grundstücke vermarktet.
Die Kläger erwiderten, aus dem Kaufvertrag ergebe sich kein Zusammenhang zwischen dem Kauf des Grundstücks und der Beauftragung der X-GmbH. Das Grundstück sei unbebaut erworben worden. Verkäuferin sei nicht der Bauträger, sondern die Stadt ... gewesen. Da diese sich neutral verhalten müsse, sei der erforderliche Zusammenhang nicht gegeben.
Hierzu erklärte das FA, bereits bei Abschluss des Kaufvertrages habe festgestanden, dass die X-GmbH, die das Grundstück vermarktete, dieses in einer bestimmten Art und Weise bebauen würde. Hierin liege ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und dem Bauauftrag, der später tatsächlich erteilt worden sei. Das FA forderte weitere Unterlagen zum Grundstückserwerb und zur Finanzierung und Bauausführung an. Die Kläger wiesen hierzu auf die bestandskräftige erste Steuerfestsetzung hin. Es sei nicht ersichtlich, was überhaupt besteuert werden solle. Eine Mitwirkungspflicht zur Einreichung weiterer Unterlagen bestehe nicht. Sie übersandten eine Bestätigung der Stadt ... vom ..., dass diese "die Reihenhausgrundstücke mit den Flurstücksnummern ... bis ... an die einzelnen Erwerber ohne vorgeschriebene Bindung an die X-GmbH verkauft hat. Wichtig für die Stadt ... war bei der Vermarktung dieser Grundstücke, dass die spätere Bauausführung nach den vom Fachbereich Städtebau unter städtebaulichen Aspekten geprüften und akzeptierten Planungen des Architekturbüros A erfolgt."
Gegenüber dem FA kreuzte die Stadt im Fragebogen unter dem ... an, die Kläger hätten sich bei ihr im Jahr ... durch Vermittlung des Architekten A gemeldet. Sie habe diesem die Möglichkeit gegeben, mit dem Grundstück zu werben und es ihm an die Hand gegeben mit der Folge, dass es nur an dessen Kunden habe verkauft werden dürfen.
Die Grunderwerbsteuerakte enthält die aus einer anderen Grunderwerbsteuerakte entnommene Kopie eines Protokolls (wohl des Rats der Stadt ...) vom .... Danach wurde beschlossen, dass die Stadt ... die Reihenhauszeile Nr. ... im Baugebiet ... an den Architekten A veräußert. Der Kaufpreis beträgt € ... pro m2. Es ist ein grundbuchrechtlich zu sicherndes Vor- und Wiederkaufsrecht für den Fall zu vereinbaren, dass die Grundstücke innerhalb von zwei Jahren nach Baureife nicht bebaut bzw. unbebaut an Dritte veräußert werden. Laut Vermerk über ein Telefonat mit dem Fachbereich Städtebau der Stadt ... ging die Bauanzeige am ... dort ein. Beigefügt waren der Lageplan (datierend vom ...) und Grundrisspläne und Ansichten (vom ...).
Mit Bescheiden jeweils vom ... wies das FA die Einsprüche zurück. Es liege ein einheitliches Vertragswerk vor. Die Veräußererseite bestehe aus der Stadt ..., dem Architekten A und der X-GmbH. Durch den Beschluss des Stadtrates habe festgestanden, dass der Grundbesitz an Herrn A vergeben werden sollte. Dieser habe die Vermarktung des Grundstücks der X-GmbH überlassen. Der Kaufvertrag habe erst rechtswirksam werden können, sobald sowohl die Stadt ... als auch die X-GmbH ihre Vertretungsvollmacht eingereicht hätten. Dadurch sei die Ausführung des Beschlusses des Stadtrates sichergestellt worden. Bei Vertragsabschluss sei die Bauplanung des Herrn A bereits vorhanden gewesen. Es habe festgestanden, dass die Bebauung durch die X-GmbH erfolgen würde. Die Kläger hätten die vom FA im Einspruchsverfahren angeforderten Unterlagen nur unzureichend bzw. nicht vorgelegt. Der Bauantrag sei nach den Angaben der Kläger am ..., damit bereits vier Tage vor dem Datum des eingereichten schriftlichen Angebots der X-GmbH gestellt worden. Dieses Angebot hätten die Kläger durch Erteilung eines entsprechenden Auftrages am ... angenommen. Hiernach habe die Veräußererseite dahingehend zusammen gewirkt, dass die Kläger ein bei Kaufvertragsabschluss weitestgehend vorgeplantes Bauvorhaben, das von einem bestimmten Bauunternehmen zu errichten gewesen sei, zu einem weitestgehend vorbestimmten Preis erhalten hätten. Es sei somit ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen Kaufvertrag und Bauauftrag gegeben, der dazu führe, dass Bemessungsgrundlage die Aufwendungen für das Grundstück in bebautem Zustand seien.
Das FA habe den Steuerbescheid gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ändern dürfen. Bei Erteilung des Bescheides vom ... sei noch kein Auftrag für die Bauausführung erteilt worden. Die Aufwendungen hierfür hätten somit nicht in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einfließen können.
Durch die Erteilung des Bauauftrages sei jedoch aus dem Grundstückserwerb (bei dem es geblieben wäre, wenn kein Bauauftrag erteilt worden wäre), rückwirkend ein Erwerb eines einheitlichen Leistungsgegenstandes geworden, der anders als bisher erfolgt zu besteuern gewesen sei (Hinweis auf BFH-Urteil vom 28. März 2012, II R 57/10).
Mit ihrer Klage machen die Kläger weiterhin geltend, weder lägen ein einheitliches Vertragswerk noch die Voraussetzungen des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vor.
Ein einheitlicher Erwerbsvorgang liege schon deshalb nicht vor, weil die Kläger von der Stadt ... gekauft hätten. Die Stadt ... betreibe kein Bauunternehmen. Sie unterhalte zu dem Unternehmen, welches schließlich den Bau ausgeführt habe, keine vertraglichen Beziehungen darüber, dass dieses Unternehmen für die Stadt ... Bauten ausführe. Sie sei aus Rechtsgründen gehindert, den Abschluss von Bauverträgen mit einzelnen bestimmten Unternehmen vorzuschreiben. Deshalb könne Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer nur der Erwerbspreis des Grundstücks allein sein, nicht die später aufgewandten Baukosten, auch wenn insoweit ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Erwerb des Grundstücks und Errichtung der Baulichkeiten bestehe. Der zeitliche Zusammenhang allein und die Festsetzungen im Bebauungsplan reichten nicht aus.
Abgesehen hiervon sei ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nicht eingetreten. Vielmehr habe das FA bei Erlass der Bescheide vom ... bereits vollständige Kenntnis von allen Umständen, die für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer maßgeblich gewesen seien, gehabt. Das Erschließungskonzept sei dem FA ebenso wie der Bebauungsplan bekannt gewesen. Diese seien Bestandteil der notariellen Urkunde gewesen. Gleiches gelte für die Vereinbarung über die Bauverpflichtung. Die Tatsache, dass später ein Bauvertrag geschlossen worden sei, ergebe nichts anderes. Es liege deshalb kein nachträgliches Ereignis vor, welches das FA berechtigen würde, neu zu bescheiden.
Die Kläger beantragen,
die Bescheide des Beklagten vom ...in der Form des Einspruchsbescheides vom ...zur Az. ... (Ehefrau) und ... (Ehemann) aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner in den Einspruchsbescheiden dargelegten Auffassung fest. Gegenstand des Erwerbsvorgangs sei das bebaute Grundstück gewesen. Die Voraussetzungen eines einheitlichen Vertragswerks lägen vor. Die aus der Stadt ..., dem Architekten A und der X-GmbH bestehende Veräußererseite habe dahingehend zusammen gewirkt, dass die Kläger ein bei Kaufvertragsabschluss weitestgehend vorgeplantes Bauvorhaben, das von einem bestimmten Bauunternehmen zu errichten gewesen sei, zu einem weitestgehend vorbestimmten Preis erhalten hätten.
Das FA habe die Bescheide gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ändern dürfen. Ein Ereignis mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit liege nicht vor, wenn das FA lediglich nachträglich Kenntnis von einem bereits gegebenen Sachverhalt erlange oder den Sachverhalt lediglich anders würdige. Bei Ergehen der Grunderwerbsteuerbescheide vom ... sei der Generalunternehmerauftrag noch nicht erteilt gewesen. Dieser habe dazu geführt, dass sich der rechtserhebliche Sachverhalt mit Auswirkung auf die Vergangenheit geändert habe.
Der Grundstückskaufvertrag enthalte keine Verpflichtung der Kläger, die Bebauung durch die X-GmbH durchführen zu lassen. In der Vorbemerkung heiße es, dass die X-GmbH die Bauausführung ausführe. Eine Vorbemerkung sei jedoch in der Regel nicht dazu geeignet, konkrete Rechte und Pflichten der Beteiligten zu begründen. Andernfalls - bei Annahme einer zivilrechtlichen Bindung zur Bebauung durch die X-GmbH bereits aus der Vorbemerkung zum Kaufvertrag vom ... - habe auch der Generalunternehmerauftrag notariell beurkundet werden müssen. § 8 des Vertrages beinhalte lediglich eine generelle Verpflichtung zur Bebauung. Der Grunderwerbsteuer unterlägen Rechtsgeschäfte. Solange ein solches nicht geschlossen worden sei, könne kein grunderwerbsteuerlich relevanter Sachverhalt verwirklicht sein, der der Grunderwerbsteuer unterliege. Der Geschehensablauf wirke wie ein Angebot, das die Kläger rechtsgeschäftlich nicht im Grundstückskaufvertrag, sondern erst durch Erteilung des Generalunternehmerauftrages angenommen hätten. Vor Erteilung dieses Auftrages seien die Voraussetzungen für die Einbeziehung der Baukosten in die Steuerpflichtige Bemessungsgrundlage noch nicht gegeben gewesen. Besteuerungsgegenstand sei daher zunächst das unbebaute Grundstück gewesen. Erst durch die Erteilung des Generalunternehmerauftrags, von dem FA bei Erteilung der ersten Steuerbescheide noch keine Kenntnis habe haben können, sei ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und dem Bauauftrag als zusammenhängende Rechtsvorgänge verwirklicht worden. Die Erteilung des Generalunternehmerauftrags sei daher als den Steuertatbestand ändernder Sachverhalt anzusehen. Auch die Höhe der Baukosten sei erst durch die Erteilung des Auftrags in einem Rechtsvorgang festgelegt worden. Die Gegenleistung habe sich entsprechend erhöht.
Die Kläger seien nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) verpflichtet gewesen, dem FA nach Erteilung des Bauauftrages innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 19 Abs. 3 GrEStG Anzeige zu erstatten. Dies hätten sie nicht getan und das FA nur lückenhaft unterrichtet. Dem FA könne nicht vorgehalten werden, dass die Kläger ihrer normierten Anzeigepflicht nicht nachgekommen seien. Unter sinngemäßer Anwendung der Tz. 41.1 des Anwendungserlasses zu § 173 AO könne die Verletzung der Mitwirkungspflicht durch die Steuerpflichtigen nicht zum Nachteil des FA gereichen (Hinweis auf BFH-Beschluss vom 14. Mai 2013 X B 33/13 und BFH-Urteile vom 26. Februar 2009 II R 4/08 und vom 27. Juli 2009 II R 58/07). Dem FA sei der Abschluss des Bauvertrages erst nachträglich bekanntgeworden.
Erst durch den Generalunternehmervertrag sei eine rechtliche Bindung an die X-GmbH erfolgt. Die Hinnahme des vorbereiteten Geschehensablaufs begründe zwar den Tatbestand des einheitlichen Vertragswerks, gleichwohl sei verfahrensrechtlich - im Sinne des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO - erst durch den Auftrag der Sachverhalt mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit verändert worden (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 28. März 2012 II R 57/10). Im Übrigen wird auf die Ausführungen in den Schriftsätzen vom ... und ... Bezug genommen.
Wegen des weiteren Sachverhaltes und Vorbringens wird auf den Inhalt der Steuerakten und der gewechselten Schriftsätze sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Die Voraussetzungen eines einheitlichen Vertragswerks und damit der Einbeziehung der - der Höhe nach gemäß § 162 AO zu schätzenden - Baukosten in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer lagen - entgegen der Auffassung der Kläger - bereits bei Abschluss des notariellen Grundstückskaufvertrages vor. Bereits die aus dem notariellen Grundstückskaufvertrag ersichtlichen Umstände und die darin getroffenen Vereinbarungen führten zu einer Bindung der Kläger an das vorgegebene Bebauungskonzept einer Bebauung durch die X-GmbH und belegen den objektiv engen sachlichen Zusammenhang zwischen dem Erwerb des Grundstücks und dessen Bebauung. Das FA hätte bereits aufgrund des notariellen Grundstückskaufvertrages die Grunderwerbsteuer sowohl auf den Kaufpreis für das Grundstück als auch auf die nach § 162 AO zu schätzenden voraussichtlichen Baukosten - gemäß § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, mindestens hinsichtlich der Höhe der Baukosten gemäß § 165 AO vorläufig - festsetzen müssen. Der Abschluss des Bauvertrages ist deshalb kein Ereignis, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hatte; die Voraussetzungen der Änderung gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO liegen nicht vor.
Ein nachträgliches Ereignis mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit wäre nur eingetreten, wenn die Kläger den Bauvertrag entgegen den Vereinbarungen des notariellen Grundstückskaufvertrages und entgegen dem bereits aus diesem Vertrag ersichtlichen vorbereiteten Geschehensablauf nicht abgeschlossen hätten.
Nach § 1 Absatz 1 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) unterliegt ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks begründet, der Grunderwerbsteuer. Diese bemisst sich nach § 8 Absatz 1 GrEStG nach dem Wert der Gegenleistung. Als Gegenleistung gelten gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.
Der Gegenstand des Erwerbsvorgangs, nach dem sich gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 des GrEStG die als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer anzusetzende Gegenleistung richtet, wird zunächst durch das den Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfüllende zivilrechtliche Verpflichtungsgeschäft - hier: den notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag - bestimmt. Gegenstand der auf die Grundstücksübereignung abzielenden Vereinbarungen kann jedoch nach der ständigen Rechtsprechung des BFH nicht nur das Grundstück in dem Zustand sein, den es im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses hat, sondern auch der (künftige) Zustand, in den es erst zu versetzen ist (BFH, Urteile vom 27.10.1999 II R 17/99, BStBl II 2000, 34, BFHE 189, 550 [BFH 27.10.1999 - II R 17/99]; vom 15.03.2000 II R 34/98, BFH/NV 2000, 1240, jeweils mit weiteren Nachweisen - m.w.N.-). "Ergibt sich ... aus weiteren Vereinbarungen, die mit diesem Rechtsgeschäft" (des Grundstückskaufvertrages) "in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand" (BFH-Urteile vom 19. Juni 2013 II R 3/12, BStBl II 2013, 965; vom 27.09.2012 II R 7/12, BStBl II 2013, 86, jeweils m.w.N.).
Ist Gegenstand des Erwerbsvorgangs das zukünftig zu bebauende Grundstück, liegt nach der Rechtsprechung des BFH ein einheitlicher Erwerbsgegenstand bzw. ein sogenanntes einheitliches Vertragswerk vor. Dies hat zur Folge, dass die aus dem Werkvertrag für die Errichtung des Hauses geschuldete Vergütung zusätzlich zu der aus dem Kaufvertrag für den Erwerb des Grundstücks geschuldeten Vergütung als Gegenleistung für den Erwerb des (zukünftig bebauten) Grundstücks gesehen und als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuerfestsetzung zugrunde gelegt wird (vgl. Pahlke, Kommentar zum GrEStG, 5. Aufl. 2014, Rz. 3 ff., 7 ff. zu § 9 GrEStG m.w.N., Loose in Boruttau, Kommentar zum GrEStG 17. Aufl. 2011, Rz. 150 ff. zu § 9 GrEStG m.w.N.). Maßgeblich für die Feststellung eines objektiv sachlichen Zusammenhangs zwischen dem Grundstückskaufvertrag und weiteren Vereinbarungen sind die Umstände des Einzelfalls.
Ein einheitliches Vertragswerk liegt nach der Rechtsprechung des BFH u.a. vor, wenn der Erwerber sich nach dem Inhalt der zivilrechtlichen Übereignungsverpflichtung bei Abschluss des Grundstückskaufvertrages gegenüber dem Grundstücksverkäufer zivilrechtlich gebunden, d.h. zu einer bestimmten Bebauung des Grundstücks verpflichtet hat. Ob als Gegenstand eines Erwerbsvorgangs das zukünftig bebaute Grundstück anzusehen ist, kann sich nach der Rechtsprechung des BFH jedoch auch aus mit dem Grundstückskaufvertrag in rechtlichem oder objektiv engem sachlichem Zusammenhang stehenden Vereinbarungen oder Umständen ergeben, die insgesamt zu dem Erfolg führen, dass der Erwerber das Grundstück in bebautem Zustand erhält.
Insoweit ist der Erwerber in seiner Entscheidung über das Ob und Wie der Bebauung nicht mehr frei, wenn er den Bauvertrag bereits vor Abschluss des notariellen Grundstückskaufvertrages geschlossen hat; ein einheitlicher Erwerbsgegenstand liegt in diesem Fall vor, wenn die Veräußererseite, d.h. die Grundstücksverkäuferin und die Baufirma mit dem Ziel der Bindung an ein Bebauungs- oder Veräußerungskonzept zusammenwirken (vgl. Pahlke a.a.O., Rz. 19 zu § 9 GrEStG m.w.N.). Aber auch dann, wenn der Erwerber den Bauvertrag erst nach dem notariellen Grundstücksverkauf schließt und sich damit das Konzept der Veräußererseite realisiert, kann das zukünftig bebaute Grundstück einheitlicher Erwerbsgegenstand sein.
"Ein objektiv sachlicher Zusammenhang zwischen Kauf- und Bauvertrag wird ... auch indiziert, wenn der Veräußerer dem Erwerber vor Abschluss des Kaufvertrags über das Grundstück aufgrund einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis anbietet und der Erwerber dieses Angebot später annimmt" (BFH-Urteile vom 19.06.2013 II R 3/12 und 27.09.2012 II R 7/12 a.a.O., m.w.N.). Dabei ist es "nicht erforderlich, dass das Angebot der Veräußererseite in einem Schriftstück und zu einem einheitlichen Gesamtpreis unterbreitet wird ... Entscheidend ist vielmehr, dass die Veräußererseite das Angebot zur Bebauung des Grundstücks bis zum Abschluss des Grundstückskaufvertrags abgegeben und der Erwerber das Angebot später unverändert oder lediglich vom Umfang her mit geringen Abweichungen, die den Charakter der Baumaßnahmen nicht verändern, angenommen hat" (BFH-Urteile vom 19.06.2013 II R 3/12 und 27.09.2012 II R 7/12 a.a.O., m.w.N.).
Treten auf der Veräußererseite mehrere Personen als Vertragspartner auf - wie im Streitfall -, so dass sich die Ansprüche des Erwerbers auf Übereignung des Grundstücks und auf Errichtung des Gebäudes zivilrechtlich gegen verschiedene Personen richten, ist "entscheidend ... insoweit, dass (auch) der den Grundstücksübereignungsanspruch begründende Vertrag in ein Vertragsgeflecht miteinbezogen ist, das unter Berücksichtigung aller Umstände darauf gerichtet ist, dem Erwerber als einheitlichen Erwerbsgegenstand das Grundstück in bebautem Zustand zu verschaffen ... Dies ist regelmäßig anzunehmen, wenn die auf der Veräußererseite auftretenden Personen entweder personell, wirtschaftlich oder gesellschaftsrechtlich eng verbunden sind ... oder aufgrund von Abreden bei der Veräußerung zusammenarbeiten oder durch abgestimmtes Verhalten auf den Abschluss sowohl des Grundstückskaufvertrags als auch der Verträge, die der Bebauung des Grundstücks dienen, hinwirken ..., insbesondere Angebote über Grundstück und Bebauung abgeben" (BFH-Urteile vom 19.06.2013 II R 3/12 und 27.09.2012 II R 7/12 a.a.O., m.w.N.). Ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen Grundstückskaufund Bauvertrag besteht auch dann, wenn der Grundstückserwerber aufgrund von vorherigen Absprachen oder faktischen Zwängen in seiner Entscheidungsfreiheit eingeschränkt ist (BFH, Urteil vom 21. April 1999, II R 29/98, BFH/NV 1999, 1507; Urteil vom 28. Juli 1993 II R 66/90, BFH/NV 1994, 339).
Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung ist das Gericht - unter Anwendung der vorstehenden Rechtsprechungsgrundsätze - davon überzeugt, dass Gegenstand des Erwerbsvorgangs im Streitfall das zukünftig zu bebauende Grundstück war, so dass die Bauerrichtungskosten in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einzubeziehen waren.
Die Kläger waren bereits mit Abschluss des notariellen Grundstückskaufvertrages in ihrer Entscheidung über das Ob und Wie der Bebauung nicht mehr frei. Bereits in der Vorbemerkung zum Vertrag ist festgehalten, dass der Rat der Stadt ... die Vergabe der Reihenhausgrundstücke an den Architekten A auf der Basis der vorgelegten Bauskizzen beschlossen hatte und die Vermarktung und Bauausführung für ihn die X-GmbH ausführt. Weiter ist festgehalten, dass "die X-GmbH ... nach den Plänen des Architekten A die Reihenhauszeile" errichtet. Entgegen der Auffassung des FA handelt es sich dabei nicht um unverbindliche Absichtserklärungen. Die in dem notariellen Vertrag getroffene Vereinbarung war rechtlich bindend; wie bzw. dass die Vereinbarung als Vorbemerkung bezeichnet wurde, ist unerheblich. Maßgeblich ist der Inhalt der getroffenen Vereinbarungen.
Der notarielle Grundstückskaufvertrag belegt, dass die Stadt ..., der Architekt A und die X-GmbH mit dem Ziel zusammenwirkten, dass sämtliche Reihenhäuser auf den von der Stadt verkauften Grundstücken nach den Plänen des Architekten von der X-GmbH errichtet würden, so wie dies - jedenfalls in Bezug auf das von den Klägern erworbene Grundstück - auch tatsächlich erfolgt ist. Der Vertrag enthält vielfältige Regelungen (nicht nur in der Vorbemerkung), die die Verwirklichung dieses geplanten Geschehensablaufs sicherstellten.
Nach § 8 des Vertrages waren die Kläger verpflichtet, das Grundstück mit einem Reihenhaus und zwar "ausschließlich" nach den dem Vertrag beigefügten Bauzeichnungen des Architekten A zu bebauen. Das in § 9 des Vertrages vereinbarte Vor- und Wiederkaufsrecht der Stadt ... diente sowohl der Einhaltung dieser Bauverpflichtung als auch stellte es sicher, dass der von der Stadt, dem Architekten und der X-GmbH im Zusammenwirken geplante Geschehensablauf auch dann verwirklicht würde, wenn sich ein Käufer nicht an die Bauverpflichtung gehalten hätte. Die Kläger waren mithin in ihrer Entscheidung über das "Ob" der Bebauung - Bauverpflichtung nach § 8 des Vertrages - als auch über das "Wie" der Bebauung -ausschließlich auf der Grundlage der als Anlage 4 dem Vertrag beigefügten und damit rechtlich bindender Vertragsbestandteil gewordenen Bauzeichnungen des Architekten A - nicht mehr frei.
Die Kläger waren darüber hinaus auch in der Auswahl der Baufirma nicht mehr frei. Die Vertragsparteien haben in der Vorbemerkung vereinbart, dass die Reihenhauszeile von der X-GmbH errichtet wird. Entgegen der Auffassung des FA handelt es sich nicht um eine unverbindliche Erklärung und zwar auch dann nicht, wenn noch kein konkreter Bauvertrag abgeschlossen war. Der Vertrag enthält vielfältige Regelungen, um die Verwirklichung dieses Geschehensablaufs sicherzustellen.
Die Kläger gaben bei der Beurkundung die Erklärungen nicht nur für sich selbst, sondern auch als vollmachtlose Vertreter sowohl für die Stadt ... als auch für die X-GmbH ab. Die Erklärung, dass das von ihnen erworbene Grundstück von der X-GmbH nach den Plänen des Architekten A zu bebauen war, gaben sie nicht nur im eigenen Namen, sondern auch im Namen sowohl der Stadt als auch der Baufirma X-GmbH ab; diese Erklärungen sind aufgrund der nachträglich von der Stadt und der X-GmbH erteilten Genehmigungen wirksam geworden. Dass der Vertrag nicht nur von der Stadt ..., sondern auch von der X-GmbH zu genehmigen war, belegt, dass sich damit die Kläger verpflichtet hatten, die Bebauung durch die X-GmbH durchführen zu lassen. Dass sie noch keinen Bauvertrag über die konkrete Ausgestaltung der Bebauung im Einzelnen geschlossen hatten, steht dem nicht entgegen. Die Vereinbarungen wurden im notariell beurkundeten Vertrag und damit wirksam getroffen. Entsprechend diesen Vereinbarungen haben die Kläger sodann in engem zeitlichem Zusammenhang zum notariellen Vertrag den Bauvertrag mit der X-GmbH geschlossen.
Darüber hinaus war der von den Klägern geschlossene Vertrag mit den Grundstückskaufverträgen und der Bebauung der anderen Reihenhausgrundstücke durch die X-GmbH miteinander verknüpft. Nicht nur der von den Klägern geschlossene notarielle Grundstückskaufvertrag, sondern nach der Erklärung in der Vormerkung sämtliche notariellen Kaufverträge wurden "zunächst von den Erwerbern und für die Stadt ... und für die X-GmbH vollmachtlos unterzeichnet". Dies ausdrücklich deshalb, "um sicher zu stellen, dass der Verkauf aller sieben Reihenhausgrundstücke in seiner Gesamtheit erfolgen kann". Für den Fall, dass einer der Kaufverträge rückabgewickelt wurde, war die X-GmbH verpflichtet, entweder kurzfristig einen neuen Erwerber zu benennen oder selbst als Erwerber aufzutreten. Dies belegt, dass die Kläger bereits aufgrund der im notariellen Vertrag getroffenen Vereinbarungen in ihrer Entscheidung über das "Ob" und "Wie" der Bebauung einschließlich des zu beauftragenden Bauunternehmens nicht mehr frei waren. Die nachträgliche den Klägern erteilte Bestätigung der Stadt ... vom ... steht im Widerspruch zu den vertraglichen Vereinbarungen und führt zu keiner anderen Würdigung.
Mindestens belegen die vorstehenden Umstände einen engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Grundstückskaufvertrags und des - aus der Sicht des notariellen Vertrages zukünftig zu schließenden - Bauvertrags. Die Grundstücksverkäuferin und die Baufirma hatten durch abgestimmtes Verhalten und die getroffenen Vereinbarungen und Absprachen dahingehend zusammengewirkt, dass das Grundstück in einer bestimmten Art und Weise durch die X-GmbH bebaut werden sollte. Diese Planung hat sich tatsächlich realisiert.
Gegenstand des mit dem notariellen Grundstückskaufvertrag erfolgten Erwerbsvorgangs war deshalb nicht das unbebaute, sondern das (zukünftig) bebaute Grundstück. Nach § 38 AO entstehen die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Grunderwerbsteuerlich entsteht die Steuer nach § 14 Nr. 2 GrEStG, wenn ein Erwerbsvorgang einer Genehmigung bedarf, mit der Genehmigung. Im Streitfall ist die Steuer für den Erwerb des (zukünftig) bebauten Grundstücks aufgrund der Erteilung der Genehmigungen durch die Stadt ... (Eingang beim Notar am ...) und der vorangegangenen Genehmigung der X-GmbH (Eingang ...) bereits im ... (mit Erteilung der zeitlich letzten Genehmigung) entstanden.
Das FA hätte deshalb bereits aufgrund des notariellen Grundstückskaufvertrages die Grunderwerbsteuer sowohl auf den Kaufpreis für das Grundstück als auch auf die nach § 162 AO zu schätzenden voraussichtlichen Baukosten - gemäß § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, mindestens hinsichtlich der Höhe der Baukosten gemäß § 165 AO vorläufig - festsetzen müssen. Dies hat das FA -jedoch erst nachträglich - auch erkannt, wie der Vermerk über die Rücksprache mit dem Sachgebietsleiter vom ... zeigt. Auch die Ausführungen des FA, bereits bei Vertragsabschluss habe festgestanden, dass die Grundstücksbebauung durch die X-GmbH erfolgen werde, zeigen, dass bereits aufgrund des notariellen Vertrages die Voraussetzungen eines einheitliches Vertragswerk vorlagen und damit die Steuer auch auf die (voraussichtlichen, d.h. der Höhe nach zu schätzenden) Baukosten entstanden war. Der Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs ist bereits der Abschluss des notariellen Grundstückskaufvertrages. Anders als das FA zugrunde gelegt hat, liegen nicht Erwerbe von zwei verschiedenen Gegenständen - Grundstück und zu errichtendes Haus - in zwei zeitlichen Schritten, sondern ein einziger Erwerb mit einem gegenüber dem Erwerb des bloßen Grundstücks erweiterten Erwerbsgegenstand vor.
Die für das FA geltende Verwaltungsweisung bestimmt: "Bestehen Hinweise, dass Besteuerungsgegenstand das bebaute Grundstück ist, ist der Sachverhalt vollständig zu ermitteln. Gelingt das in absehbarer Zeit nicht, ist die Steuer unter Einbeziehung der Baukosten (gegebenenfalls schätzen) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) festzusetzen." (Grunderwerbsteuerkartei Karte 25 zu § 9 GrEStG, Tz. 7.3). Abweichend hiervon hatte das FA die Steuer im Streitfall nur auf den Kaufpreis für das Grundstück vorbehaltlos festgesetzt. Diese fehlerhafte Festsetzung kann nicht nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO korrigiert werden.
Nach § 172 Abs. 1 Satz 1 AO darf ein Steuerbescheid, soweit er nicht vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, nur unter den in § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 AO genannten Voraussetzungen aufgehoben oder geändert werden, u.a. nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 d AO nur soweit dies sonst gesetzlich zugelassen ist (die übrigen in § 172 Abs. 1 AO genannten Voraussetzungen einer Änderung sind im Streitfall nicht einschlägig).
Das FA macht insoweit geltend, es habe die Bescheide nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ändern dürfen. Dessen Voraussetzungen liegen nicht vor.
Nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, "verlangt, dass das Ereignis nachträglich eingetreten und (nachträglich) bekannt geworden ist". Es muss "ein Ereignis ein (treten), das auf den Zeitpunkt des Erwerbs zurückwirkte und den Gegenstand des Erwerbsvorgangs nachträglich veränderte" (BFH-Urteil vom 28. März 2012, II R 57/10, BStBl II 2012, 920 [BFH 28.03.2012 - II R 57/10], BFHE 237, 460). Durch das Ereignis muss sich der konkrete Lebenssachverhalt in rechtserheblicher Weise verändert haben. Hieran fehlt es, wenn der geänderte Sachverhalt dieselben steuerlichen Folgen hervorruft (Koenig, Kommentar zu AO 3. Aufl. 2014, Rz. 41 zu § 175 AO m.w.N.). "Die nachträgliche Änderung eines Sachverhalts, der einem Steuerbescheid zu Grunde lag, stellt kein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar, wenn der Steuerbescheid von vornherein rechtswidrig war und nicht erst durch die Sachverhaltsänderung in die Rechtswidrigkeit hineingewachsen ist" (BFH-Urteil vom 5. Mai 2011, IV R 7/09, BFH/NV 2011, 2007).
Da die Steuer im Streitfall bereits mit Erhalt der Genehmigung für den notariellen Grundstückskaufvertrag auf den Erwerbsgegenstand "bebautes Grundstück" entstanden war, hat der nachfolgende Abschluss des Bauvertrages keine Rückwirkung mit "steuerlicher Wirkung" für die Vergangenheit mehr und stellt demzufolge kein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar. Die bereits entstandene Steuer konnte nicht nochmals neu entstehen. Die von vornherein fehlerhafte Festsetzung kann deshalb nicht über § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO korrigiert werden.
Auch die Voraussetzungen einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO liegen nicht vor. Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekanntwerden, die zu einer höheren Steuer führen. Im Streitfall waren dem FA bereits bei Erlass der ursprünglichen Bescheide die Tatsachen bekannt, die das Vorliegen eines einheitlichen Vertragswerks und damit die Einbeziehung der voraussichtlichen Baukosten in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer belegen. Der Sachverhalt des Streitfalles unterscheidet sich insoweit auch von dem vom BFH mit Urteil vom 28. März 2012 (II R 57/10) entschiedenen Fall, in dem erst 19 Monate nach Abschluss des notariellen Grundstückskaufvertrages ein Generalunternehmervertrag geschlossen wurde und das FA vom Vorliegen der Voraussetzungen eines einheitlichen Vertragswerks erst aufgrund einer Außenprüfung Kenntnis erlangt hatte.
Da das FA bei Erlass der ursprünglichen Steuerbescheide bereits dem Grunde nach fehlerhaft die voraussichtlichen Baukosten nicht einbezogen hatte, kommt es auf den nachfolgenden Abschluss des Bauvertrages nicht mehr an.
Dass die Kläger den Abschluss des Bauvertrages nicht angezeigt haben, ist unerheblich. Das FA hat zutreffend ausgeführt, dass die Kläger den Abschluss des Bauvertrages hätten anzeigen müssen. Die Kläger waren subjektiv der Auffassung, den Bauvertrag nicht anzeigen zu müssen. Objektiv jedoch haben sie ihre Anzeigepflicht verletzt, wie das FA im Einzelnen zutreffend dargelegt hat; das Gericht nimmt insoweit auf die Ausführungen des FA Bezug. Diese Verletzung der Anzeigepflicht ist aber unerheblich, weil das FA von vornherein den Erwerbsgegenstand "bebautes Grundstück" hätte besteuern müssen. Ebenfalls ist unerheblich, ob der Bauvertrag notariell hätte beurkundet werden müssen. Durch die Eintragung im Grundbuch sind etwaige Mängel geheilt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Entscheidungen zur Vollstreckbarkeit folgen aus den §§ 151, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (vgl. Stapperfend in Gräber, Kommentar zur FGO 7. Aufl. 2010, Rz. 3 zu § 151 FGO).
Das Gericht lässt gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO im Hinblick auf das Urteil des BFH vom 28. März 2012 (II R 57/10) die Revision zu.