Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.10.2014, Az.: 12 K 79/13
Ermittlung der tatsächlichen Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 21.10.2014
- Aktenzeichen
- 12 K 79/13
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2014, 35195
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2014:1021.12K79.13.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - AZ: VI R 10/15
Rechtsgrundlagen
- § 7 Abs. 1 EStG
- § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 1 EStG
- § 9 Abs. 2 EStG
Fundstellen
- DStR 2016, 6
- DStRE 2016, 902-906
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der als Werbungskosten zu berücksichtigenden Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte sowie für Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung im Veranlagungszeitraum (VZ) 2011.
Die Kläger, wohnhaft in G bei A, sind verheiratet und werden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist im Streitzeitraum angestellter Wirtschaftsprüfer in B, die Klägerin selbständige Rechtsanwältin.
Der Kläger erwarb im Juli 2011 eine 78 qm große 3-Zimmer- Wohnung in B zu einem Kaufpreis von 127.750 EUR in einem im Jahr 1988 errichteten Gebäudekomplex.
Für das Streitjahr machte der Kläger folgende Aufwendungen als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG geltend:
Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
Aufgesucht an Tagen | Einfache Entfernung | Mit eigenem Pkw zurückgelegt | Mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt | Aufwendungen für Fahrten mit öffentl. Verkehrsmitteln |
---|---|---|---|---|
140 | 291 | 11 | 280 | 5.200,00 EUR (BahnCard 100 First) |
55 | 3 | 3 | 0 |
Beiträge zu Berufsverbänden | 1.250,00 EUR |
---|---|
Aufwendungen für Arbeitsmittel | |
Arbeitsmittel ohne Belege | 100,00 EUR |
Übrige Werbungskosten | |
Reisekosten, Kontoführungsgebühren, Buch | 237,00 EUR |
Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung | |
Beginn der doppelten Haushaltsführung: 01.10.2011 | |
Kosten der ersten Fahrt zum Beschäftigungsort mit privatem Kraftfahrzeug (291 km x 0,30 EUR) | 88,00 EUR |
Weitere Fahrtkosten: | 1.834,00 EUR |
14 Familienheimfahrten á 20 km x 0,30 EUR = 84,00 EUR | |
14 Familienheimfahrten à 271 km x 0,30 EUR =1.139 EUR; | |
Kosten öffentliche Verkehrsmittel = 1.750 EUR; Ansatz des höheren Wertes | |
Unterkunftskosten: | 2.336,00 EUR |
lfd. Kosten Verbrauchsmaterialien | 1.061,29 EUR |
Hausgeld | .168,00 EUR |
Hausratversicherung | 105,80 EUR |
Verpflegungsmehraufwendungen bei einer Abwesenheit | 870,00 EUR |
von mind. 8 Stunden (5 Tage x 6,00 EUR) | 30,00 EUR |
von mind. 14 Stunden (10 Tage x 12,00 EUR) | 120,00 EUR |
von mind. 24 Stunden (30 Tage x 24,00 EUR) | 720,00 EUR |
Sonstige Aufwendungen | |
Ausstattung/Renovierung einer Eigentumswohnung: | 25.257,00 EUR |
GWG (8.089,06 EUR), Kühlschrank (3/60 v. 543,90 EUR) | 8.116,26 EUR |
Renovierung (16.325,35 EUR), AfA Gebäude (815,33 EUR) | 17.141,00 EUR |
Gesamt (Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung) | 30.385,00 EUR |
Für den 13 Kalenderwochen umfassenden Zeitraum vom 01.10.2011 bis 31.12.2011 erklärte der Kläger 15 Urlaubs- und Krankheitstage. In den übrigen Werbungskosten des Klägers i.H.v. 237,00 EUR sind Kosten für das Buch von Richard David Precht "Die Kunst, kein Egoist zu sein-Warum wir gerne gut sein wollen und was uns davon abhält" i.H.v. 19,99 EUR enthalten.
Mit Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 29.05.2012 berücksichtigte der Beklagte die geltend gemachten Werbungskosten wie folgt:
Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (9/12 von 6.690 EUR BahnCard 100 First) | 5.018,00 EUR |
---|---|
Beiträge zu Berufsverbänden | 1.250,00 EUR |
Aufwendungen für Arbeitsmittel | 100,00 EUR |
Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung: | 9.689,00 EUR |
erste Fahrt (291 km x 0,30 EUR) | 88,00 EUR |
Familienheimfahrten (3/12 von 6.690 EUR BahnCard 100) | 1.673,00 EUR |
Verpflegungsmehraufwand | 870,00 EUR |
Unterkunftskosten | 2.331,00 EUR |
AfA Küche | 146,84 EUR |
Verbrauchsmaterialien | 38,33 EUR |
Allg. Haushaltsbedarf | 266,61 EUR |
Küchenbedarf | 277,03 EUR |
Einrichtung | 3.997,74 EUR |
Übrige Werbungskosten | 237,00 EUR |
Summe | 16.294,00 EUR |
Zur Begründung führte der Beklagte aus: Die Kosten für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln seien in Höhe der BahnCard 100 First anteilig für neun Monate (9/12 von 6.690 EUR) zu berücksichtigen. Familienheimfahrten seien in Höhe von 1.673 EUR (Kosten der BahnCard 100 First anteilig für 3 Monate) bei den Mehraufwendungen für die doppelte Haushaltsführung enthalten.
Die Kosten für die Wohnung in B berücksichtigte der Beklagte in Höhe von 2.331 EUR als Mehraufwand für doppelte Haushaltsführung. Als angemessen und notwendig dürfe nur die Durchschnittswarmmiete für eine 60 qm große Wohnung in vergleichbarer Lage und durchschnittlicher Ausstattung als Mehraufwand für die doppelte Haushaltsführung zugrunde gelegt werden. Diese belaufe sich nach dem Mietspiegel von B für 2011 auf 9,71 EUR/qm (60 qm x 9,71 EUR = 582,60 EUR x 4 Monate = 2.330,40 EUR). Damit seien auch die Kosten für Renovierung, Betriebs- und Unterhaltungskosten berücksichtigt. Kosten für Dekorationsartikel und verschiedene weitere Kosten erkannte der Beklagte als nicht notwendig und unangemessen nicht als Werbungskosten an. Die Anschaffungskosten für die Küche in der Wohnung in B berücksichtigte der Beklagte in Höhe der Absetzungen für Abnutzungen (AfA) von 146,84 EUR (Anschaffungskosten 4.405,17 EUR -Küchenmöbel: 1.956,89 EUR; Elektro, Spüle, Zubehör, Kühlschrank: 2.448,28 EUR-, Nutzungsdauer: 10 Jahre, 4 Monate für 2011).
Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein mit der Begründung, die geltend gemachten Kosten für die doppelte Haushaltsführung seien nicht in der beantragten Höhe berücksichtigt worden. Die Renovierungskosten für die Wohnung in B müssten uneingeschränkt abziehbar sein. Die Kosten für die Küchenmöbel dürften nicht als einheitliches Wirtschaftsgut betrachtet werden. Es handele sich nicht um eine maßgefertigte Einbauküche, sondern um Küchenmöbel von I, die auch als Einzelschrank und nicht ausschließlich gemeinsam nutzbar seien.
Zudem sei die Höhe des zugrunde gelegten Quadratmeterpreises für die Mietkosten i.H.v. 9,71 EUR/qm zu niedrig, da die Mietpreisentwicklung in B stark steige. Die Kläger bezweifelten, dass mit dem zugrunde gelegten Mietansatz die Renovierungskosten und auch die laufenden Kosten abgegolten seien.
Hinsichtlich der Fahrtkosten wenden sie ein, dass im Streitjahr sowohl für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte als auch für die Familienheimfahrten die auf 4.500 EUR begrenzte Pauschale anzusetzen sei. Der Kläger habe sowohl den eigenen Pkw als auch öffentliche Verkehrsmittel genutzt. Deshalb sei die Kürzung der Kosten auf den Höchstbetrag von vornherein ausgeschlossen. Vielmehr müssten die gesamten Kosten für öffentliche Verkehrsmittel (BahnCard) zum Abzug gelangen.
Mit Einspruchsentscheidung setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2011 herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück.
1. Für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte setzte der Beklagte den Betrag i.H.v. 5.259 EUR an, der sich die folgt zusammensetzte:
a. Zeitraum 01.01. bis 30.09.2011
BahnCard 100 (2011): | 6.400 EUR |
---|---|
davon 9/12 | 4.797 EUR |
Die Entfernungspauschale (140 Tage x 291 km x 0,30 EUR = 12.222 EUR, höchstens 4.500 EUR) sei nicht anzusetzen, weil sie die tatsächlichen Kosten der BahnCard 100 nicht übersteige.
Zusätzlich seien die Fahrten des Klägers mit dem eigenen Pkw von seiner Wohnung zum Hauptbahnhof in A i.H.v. 462 EUR (140 Tage x 11 km x 0,30 EUR) anzusetzen.
b. Zeitraum 01.10. bis 31.12.2011
Eine Entfernungspauschale für Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte sei nicht zu berücksichtigen, da der hierfür vorgesehene Höchstbetrag von 4.500 EUR bereits erreicht sei (unter 1 a.).
Für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel seien tatsächlich entstandene Fahrtkosten weder geltend gemacht noch nachgewiesen.
2. Die Kosten der doppelten Haushaltsführung seien wie folgt zu berücksichtigen:
a. Für die erste Fahrt zu Beginn der doppelten Haushaltsführung seien Fahrtkosten i.H.v. 87,30 EUR (291 km x 0,30 EUR) anzusetzen.
b. Aufwendungen für Familienheimfahrten seien i.H.v. 873,00 EUR anzusetzen (10 Fahrten x 291 km x 0,30 EUR). Ohne Nachweis tatsächlich durchgeführter Familienheimfahrten sei der Ansatz höherer Aufwendungen nicht gerechtfertigt. Der Zeitraum 01.10. bis 31.12.2011 umfasse 13 Kalenderwochen. Hierbei seien erklärungsgemäß 15 Urlaubs-/ Krankheitstage berücksichtigt.
c. Notwendige Aufwendungen für die Zweitwohnung seien wie folgt anzusetzen:
Die tatsächlichen Kosten für die Zweitwohnung am Beschäftigungsort seien als Werbungskosten nur insoweit berücksichtigungsfähig, als sie notwendig und angemessen seien. Aufwendungen seien notwendig und angemessen lediglich in Höhe der ortsüblichen Durchschnittswarmmiete für eine 60 qm-Wohnung. Dies beinhalte laufende Nebenkosten, AfA und Kosten für die Renovierung.
Die durchschnittliche Nettokaltmiete für eine 60 qm große Wohnung in der S-Straße/Bezirk F betrage lt. Mietspiegel von B 7,13 EUR/qm und damit 427,80 EUR (60 qm x 7,13 EUR) monatlich. Der Deutsche Mieterbund weise in seinem Betriebskostenspiegel für Mietwohnungen in Deutschland durchschnittliche Betriebskosten je Quadratmeter zwischen 2,18 EUR und 3,02 EUR aus (60 qm x 3,01 EUR = 180,60 EUR). Daraus folge eine insgesamt zugrunde zu legende maximale Monatsmiete i.H.v. 608,40 EUR (Nettokaltmiete 427,80 EUR + 180,60 EUR).
Hiervon abweichend habe der Beklagte keine Bedenken, im Streitjahr bei Bemessung der Miete die vom Kläger aufgewendeten tatsächlichen Betriebskosten i.H.v. 292 EUR/Monat und damit eine Monatsmiete i.H.v. 719,80 EUR zu berücksichtigen (427,60 EUR + 292 EUR). Somit betrügen die für das Jahr 2011 maximal abziehbaren Aufwendungen 2.879,20 EUR (4 Monate x 719,20 EUR).
Aufwendungen für Einrichtungs- und Ausstattungsgegenstände seien nur abzugsfähig, sofern sie notwendig und die Kosten dafür nicht überhöht seien. Ob es sich dabei -wie vom Kläger vorgetragen- um eine Einbauküche handele oder nicht, könne dahinstehen. Die von den Klägern unbestrittenen notwendigen Aufwendungen für die Wohnungseinrichtung und Ausstattung beliefen sich auf 8.680,43 EUR:
Kühlschrank | 543,90 EUR |
---|---|
Umzugskosten | 105,00 EUR |
Einrichtung/ Ausstattung | 1.474,44 EUR |
4.814,09 EUR | |
6.288,53 EUR | |
Küchenmöbel (nur notwendige) | 1.742,91 EUR |
8.680,34 EUR |
3. Weitere Werbungskosten
a. Beträge zu Berufsverbänden seien in der geltend gemachten Höhe von 1.250 EUR abzugsfähig.
b. Pauschale Aufwendungen für Arbeitsmittel seien ohne Nachweis nicht zu berücksichtigen.
c. Übrige Werbungskostens seien i.H.v. 217,01 EUR zu berücksichtigen.
Die Kosten für das Buch von Richard David "Die Kunst, kein Egoist zu sein -Warum wir gerne gut sein wollen und was uns davon abhält" in Höhe von 19,99 EUR seien nicht abzugsfähig. Insoweit handele es sich um allgemeinbildende Literatur und nicht um berufsspezifische Fachliteratur und damit um nicht abzugsfähige Kosten der privaten Lebensführung gemäß § 12 EStG. Einen Nachweis für eine ausschließlich berufliche Verwendung habe der Kläger nicht erbracht.
Der Beklagte berücksichtigte demzufolge:
Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte | Beträge in EUR | Beträge in EUR |
---|---|---|
01.01.bis 30.09.201 (9/12 von 6.400 EUR) | 4.797,00 | |
Fahrten zwischen Wohnung und Hauptbahnhof | 462,00 | |
Doppelte Haushaltsführung | ||
Erste Fahrt zu Beginn der doppelten Haushaltsführung | 87,30 | |
Familienheimfahrten | 873,00 | |
Verpflegungsmehraufwendungen | 870,00 | |
Kosten für die Eigentumswohnung | 2.879,20 | |
Kosten für die Einrichtung/ Ausstattung | 8.680,34 | |
Summe | 13.389,84 | |
Weitere Werbungskosten | ||
Beiträge zu Berufsverbänden | 1.250,00 | |
Übrige Werbungskosten | 217,01 | |
Gesamtsumme | 20.115,85 |
Hiergegen richtet sich die erhobene Klage.
Zur Klagebegründung machen die Kläger geltend:
1. Die 10 Familienheimfahrten, für die der Beklagte lediglich 873 EUR auf der Basis der Entfernungskilometer anerkannte, seien mittels Pkw von der Wohnung bis zum Hauptbahnhof A und ab dort mit der Bundesbahn durchgeführt worden. Für die Zeit der doppelten Haushaltsführung seien weitere 3/12 der Kosten für die BahnCard 100 First i.H.v. 1.600 EUR (3/12 von 6.400 EUR) als Familienheimfahrten anzuerkennen. Zusätzlich seien die Fahrten zum Hauptbahnhof mit dem Pkw i.H.v. 33 EUR anzusetzen (10 x 11 km x 0,30 EUR).
Als Familienheimfahrten seien anzusetzen: | |
---|---|
Fahrten zum Bahnhof | 33,00 EUR |
Anteilige BahnCard 100 First | 1.600,00 EUR |
Insgesamt | 1.633,00 EUR |
Der Kläger reicht eine Konkretisierung seiner Familienheimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung ein. Hiernach nahm er insgesamt 7 Heimfahrten direkt von A nach B und von B direkt nach A vor (04.10./06.10; 10.10./13.10; 24.10/ 27.10.; 09.11./13.11; 14.11./ 15.11.; 28.11./29.11.; 12.12./14.12.). Bei den übrigen Heimfahrten erfolgte die Hin- bzw. Rückreise am 07.11., 15.12. sowie am 19.12. über einen Dienstreiseort.
2. Die vom Beklagten angesetzten Kosten für die im Rahmen der doppelten Haushaltsführung genutzte Eigentumswohnung i.H.v. 2.879,20 EUR seien nicht nachvollziehbar. Insbesondere seien die Kosten für die Renovierung der Wohnung und die Hausratversicherung anzusetzen.
Bei Anwendung der Grundsätze des Bundesfinanzhofs (BFH), dass nur Aufwendungen für eine nach Größe, Ausstattung und Lage angemessene Mietwohnung zu zahlen wären, stelle der Beklagte ermessensfehlerhaft auf eine isolierte Betrachtung lediglich des Kalenderjahres 2011 ab. Der Kläger werde die doppelte Haushaltsführung bis zur Vollendung seines 62. Lebensjahres (Ende der vertraglich vereinbarten Altersteilzeitregelung) ausüben. Die Angemessenheit, Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit seiner Aufwendungen für die Wohnung im Rahmen der doppelten Haushaltsführung müsste im gesamten Zeitraum der doppelten Haushaltsführung von 2011 bis 2018 betrachtet werden.
Der vom Beklagten mit der angesetzten Nettokaltmiete zugrunde gelegte Mitspiegel sei der vom 01.10.2010, der als Fortschreibung des Mietspiegels von 2009 erstellt worden sei. Er gelte nicht für Neu-Vermietungen in 2011 und sei unrealistisch. Die Mietpreise in B seien stark steigend. Das Onlineportal Immowelt ermittele derzeit für den Bezirk, in dem die Wohnung des Klägers belegen ist, eine Durchschnittsmiete von 9,59 EUR. Hieraus leite sich eine ortübliche Kaltmiete für eine als angemessen geltende 60 qm Wohnung i.H.v. monatlich 575,40 EUR ab.
Die AfA aus dem Objekt betrage jährlich 2.445 EUR. Diesem Aufwand stehe eine jährliche ortsübliche Miete von 6.522 EUR gegenüber. Hieraus ergäbe sich eine Ersparnis von 4.077 EUR jährlich. Dem stünden einmalige anfängliche Renovierungskosten i.H.v. 16.355 EUR gegenüber. Innerhalb der Gesamtdauer der doppelten Haushaltsführung (bis 28.02.2018) lägen die Kosten der Wohnung i.H.v. 32.451,25 EUR (6 Jahre 7 Monate x 2.445 AfA = 16.095,25 + 16.355 Renovierung) unter denen einer Mietwohnung zu ortsüblicher Miete in Höhe von 40.762,50 EUR (6 Jahre 3 Monate x 6.522 EUR). Die vom Beklagten zugrunde gelegte Vergleichsmiete läge -den Gesamtzeitraum der doppelten Haushaltsführung betrachtend- insgesamt deutlich höher.
Der Ansatz durchschnittlicher Betriebskosten in Deutschland sei angesichts der hohen Unterschiede in unterschiedlichen Regionen nicht sachgerecht. Ausweislich der Hausgeldabrechnung für den Nutzungszeitraum 01.09.2011 bis 31.12.2011 seien in 2011 Hausgeldzahlungen (ohne Instandhaltungsrücklage) i.H.v. 1.074,38 EUR geleistet worden. Zusätzlich würden Stromkosten i.H.v. 760 EUR sowie Kosten der Hausratversicherung i.H.v. 107,87 EUR in Ansatz gebracht. Diese Kosten seien auch bei einer pauschalierten Berechnung auf Basis von Durchschnittsnebenkosten anzusetzen, da diese üblicherweise nicht in den Mietnebenkosten enthalten, sondern vom Mieter selbst zu tragen seien. Es ergäben sich folgende Wohnungsnebenkosten:
Hausgeld | 1.074,38 EUR |
---|---|
Strom (07/2011 bis 05/2012) | 760,00 EUR |
Hausratversicherung | 107,87 EUR |
Renovierungskosten | 16.325,00 EUR |
AfA (anteilig 5/12) | 1.022,91 EUR |
Summe | 19.289,66 EUR |
davon 60/72 | 16.074,71 EUR |
Da die Zweitwohnung des Klägers 72 qm groß sei und nach der Rechtsprechung nur 60 qm als notwendig anerkannt würden, sei mit 60/72 zu quoteln.
3. Im Klageverfahren begehren die Kläger zusätzlich zum bisherigen Klagevorbringen die Anerkennung der Kosten für die BahnCard 100, 2. Klasse i.H.v. 3.800 EUR für den Gültigkeitszeitraum Januar 2012 bis Januar 2013 als Werbungskosten im Streitjahr 2011 unter Hinweis auf das Urteil des Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg vom 17.01.2008, 6 K 2192/07. Die Anschluss-BahnCard 100, 2. Klasse habe der Kläger bereits am 26.11.2011 aufgrund der angekündigten Preiserhöhung erworben.
Die Kläger vertreten die Ansicht, die bisher vom Beklagten anerkannten Werbungskosten seien um weitere Werbungskosten für Familienheimfahrten i.H.v. 760,00 EUR, für die Zweitwohnung im Rahmen der doppelten Haushaltsführung i.H.v. 13.195,51 EUR sowie um die Kosten der Anschluss-BahnCard 100, 2. Klasse i.H.v. 3.800,00 EUR zu erhöhen.
Die geltend gemachten Aufwendungen für die Erstausstattung der Zweitwohnung i.H.v. 8.680,34 EUR dürften keinen Anlass dafür geben, diese Kosten für eine 60 qm Wohnung als unangemessen anzusehen.
Soweit die Verausgabung von Kosten im Streitjahr dazu führte, dass zahlenmäßig höhere Kosten angefallen seien als im Streitjahr an Mietzahlungen für eine als notwendig anzusehende Vergleichswohnung entstanden wären, handele es sich bei dem übersteigenden Betrag um vorweggenommene Werbungskosten. Insoweit sei ein Bezug zu der Erzielung von Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers in den Folgejahren gegeben.
Falls das Gericht der vom Kläger vorgeschlagenen Vergleichsmiete i.H.v. 9,59 EUR nicht folgte, beantragten die Kläger die Beweiserhebung, welche Kosten für eine 60 qm große Wohnung in der Umgebung der Ber Arbeitsstätte im Jahr 2011 angefallen wären durch Einholung eines Mietgutachtens.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend abzuändern, dass weitere Werbungskosten in Höhe von 17.755,51 EUR bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers berücksichtigt werden und die Steuer entsprechend herabgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält zunächst an seiner im Einspruchsverfahren vertretenen Rechtsauffassung fest. Ergänzend führt er aus:
1. Familienheimfahrten
Zu den notwendigen Fahrtkosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung zählten die Kosten für eine tatsächlich durchgeführte Familienheimfahrt wöchentlich. Der Kläger habe keinen Nachweis darüber geführt, ob und gegebenenfalls wie viele wöchentliche Familienheimfahrten er im Zeitraum von Oktober 2011 bis Dezember 2011 tatsächlich durchgeführt habe. Dass der Kläger eine BahnCard 100 First (Jahrespreis: 6.400 EUR) genutzt habe und auf den Zeitraum der doppelten Haushaltsführung rechnerisch 1.600 EUR (3/12 von 6.400 EUR) entfielen, indiziere nicht aus sich heraus, dass der Gesamtbetrag auf tatsächlich durchgeführte Familienheimfahrten entfalle und als Werbungskosten abziehbar sei. Davon ausgehend, dass der Kläger im Zeitraum Oktober 2011 bis Dezember 2011 tatsächlich 10 Familienheimfahrten durchgeführt habe, entfiele ein Betrag i.H.v. 173,91 EUR (1.600 EUR: 92 Tage für Okt. bis Nov. 2011 x 10 Heimfahrten) auf Kosten, die durch die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel entstanden seien.
Hiernach wären insgesamt als Familienheimfahrten abziehbar 206,91 EUR (Fahrten BahnCard: 173,91 EUR, Fahrten zum Bahnhof: 33,00 EUR). Dieser Betrag liege jedoch unter dem bisherigen pauschalierten Ansatz für Familienheimfahrten i.H.v. 873,00 EUR.
Der Beklagte vertritt die Ansicht, durch die berücksichtigte Entfernungspauschale seien sämtliche Aufwendungen abgegolten, so dass weitere Aufwendungen (wie Parkgebühren) nicht zusätzlich zur Entfernungspauschale abgezogen werden könnten. Die Berücksichtigung zusätzlicher Kilometer für die Strecke von der Wohnung des Klägers zum Hauptbahnhof im Rahmen der doppelten Haushaltsführung scheide aus, da diese bereits in den angesetzten Gesamtentfernungskilometern von 291 km enthalten seien.
2. Aufwendungen für die Zweitwohnung
Durch den pauschalierten Ansatz der ortsüblichen Durchschnittsmiete laut Mietspiegel von B für eine 60 qm große Wohnung (fiktive Miete) seien auch die Kosten für die Renovierung abgegolten. Das Hausgeld sei -entgegen der Auffassung des Klägers- insgesamt im Rahmen der Werbungskosten berücksichtigt worden (einschließlich der Instandhaltungsrücklage).
Über die Stromkosten habe der Kläger bisher keinen Nachweis geführt. Für den Fall, dass der Kläger diese weiter verfolge, würde der Beklagte dem bisherigen Ansatz der Kosten für die Ausstattung und Einrichtung nicht mehr zustimmen.
3. Berücksichtigung der Anschluss-BahnCard 100, 2. Klasse
Im Streitjahr 2011 wären nur die Kosten der Anschluss-BahnCard i.H.v. 3.800 EUR zu berücksichtigen. Als Folge hieraus ergäbe sich, dass der bisher berücksichtigte Kostenanteil für die Bahncard 100 First nicht abziehbar wäre, weil diese bereits in 2010 erworben wäre und die Kosten somit im Jahre 2010 entstanden wären.
4. Die Kosten für das Wohnen am Beschäftigungsort seien der Höhe nach auf das nach objektiven Maßstäben zu beurteilende Notwendige beschränkt. Daher seien bereits ausnahmsweise zugunsten des Klägers berücksichtigte, aber nicht notwendige Kosten aus dem Werbungskostenansatz i.H.v. 1.526,41 EUR auszuscheiden. Die zu berücksichtigenden Kosten für Einrichtung/Ausstattung beliefen sich daher auf 7.153,93 EUR (8.680,34 EUR ./. 1.526,41 EUR).
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist unbegründet.
Der Einkommensteuerbescheid für 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
1. Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte
Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1 EStG zählen zu den Werbungskosten die Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 Halbsatz 1 (in der für das Streitjahr maßgeblichen Gesetzesfassung) für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die regelmäßige Arbeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte von 0,30 EUR anzusetzen, höchstens jedoch 4.500,00 EUR im Kalenderjahr; soweit der Arbeitnehmer einen eigenen Pkw benutzt, ist ein höherer Betrag als 4.500,00 EUR anzusetzen.
Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG sind durch die Entfernungspauschale sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte und durch die Familienheimfahrten veranlasst sind. Indes können Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel angesetzt werden, soweit sie den als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen, § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG.
a. Sofern Arbeitnehmer -wie vorliegend der Kläger an 140 Arbeitstagen im Zeitraum 01.01. bis 30.09.2011- die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln zurücklegen (Pkw und Zug), sind diese Arbeitnehmer nicht verpflichtet, ihr Wahlrecht -Entfernungspauschale oder tatsächliche Kosten- insgesamt einheitlich auszuüben (Urteil des FG Münster vom 02.04.2014, 11 K 2574/12 E, EFG 2014, 1183). Insbesondere steht es dem Steuerpflichtigen frei, für die mit dem Pkw zurückgelegte Teilstrecke (11 km) die Entfernungspauschale und für die mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegte Teilstrecke die tatsächlichen Kosten anzusetzen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG (vgl. BFH-Urteil vom 26.03.2009, VI R 25/08, BFH/NV 2009, 1619; Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.05.2008, 4 K 2056/05, EFG 2009, 1541).
Legt ein Arbeitnehmer die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit verschiedenen Verkehrsmitteln zurück, ist die insgesamt anzusetzende Entfernungspauschale i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG teilstreckenbezogen zu ermitteln. Sie ist für die Teilstrecke, die der Arbeitnehmer mit seinem eigenen PKW zurücklegt, und für die Strecke, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt wird, getrennt zu ermitteln (Urteil des BFH vom 26.03.2009, VI R 25/08, BFH/NV 2009, 1619 [BFH 26.03.2009 - VI R 25/08] m.w.N.). § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG bezeichnet als Vergleichsgröße zu den Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel den "als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag". Durch den Gebrauch des Wortes "Entfernungspauschale" im Singular gibt das Gesetz zu erkennen, dass der hierfür ermittelte Betrag auf die mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegte Teilstrecke bezogen ist. Übersteigen, wie im Streitfall, die tatsächlichen Kosten die für die mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegte Teilstrecke anzusetzende Entfernungspauschale, können sie an deren Stelle angesetzt werden (BFH, Urteil vom 26.03.2009, VI R 25/08, BFH/NV 2009, 1619).
Die auf den Zeitraum 01.01.2011 bis 30.09.2011 entfallenden Aufwendungen des Klägers für öffentliche Verkehrsmittel (Bahncard 100 First) belaufen sich auf 4.797 EUR (9/12 von 6.400 EUR) und übersteigen den als Entfernungspauschale anzusetzenden Betrag i.H.v. 4.500 EUR (140 Tage x 291 km x 0,30 EUR=12.222 EUR, höchstens 4.500 EUR). Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG erfolgt damit der Ansatz der höheren Kosten für öffentliche Verkehrsmittel i.H.v. 4.797 EUR.
Daneben erhält der Kläger den mit der Entfernungspauschale anzusetzenden Betrag i.H.v. 462 EUR (140 Tage x 11 km x 0,30 EUR) für die von ihm getätigten Fahrten mit dem eigenen Pkw auf der Teilstrecke von seiner Wohnung zum Hauptbahnhof in A.
b. Die vom Kläger geltend gemachten und am 26.11.2011 getätigten Aufwendungen i.H.v. 3.800 EUR für die Anschaffung der BahnCard 100, 2. Klasse für den Gültigkeitszeitraum Januar 2012 bis Januar 2013 sind nicht im Streitjahr 2011 zu berücksichtigten.
Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG in der für das Streitjahr gültigen Gesetzesfassung wird die einzelne Entfernungspauschale "für jeden Arbeitstag" und damit tageweise berechnet. Damit ermitteln sich die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte arbeitstagsbezogen (ausdrücklich: Urteil des BFH vom 11.05.2005, VI R 40/04, BStBl II 2005, 712 [BFH 11.05.2005 - VI R 40/04]). Insoweit stellt die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG zur Entfernungspauschale eine Spezialnorm zum Abflussprinzip des § 11 EStG dar (Drenseck in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 30. Auflage 2011, § 9 Rn. 127; Bode, DStRE 2009, S. 134). Gleiches gilt über § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG für Familienheimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung.
§ 9 Abs. 2 Satz 2 EStG bezeichnet als Vergleichsgröße zu den Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel den "als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag". Der hierfür ermittelte Betrag der Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel ist ebenfalls tagesbezogen zu berechnen (Urteil des BFH vom 11.05.2005, VI R 40/04, BStBl II 2005, 712). Damit ermittelt sich der für die Frage, ob die für Wege zur Arbeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder für Familienheimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung tatsächlich aufgewendeten Fahrtkosten höher sind als der anhand der Entfernungspauschale errechnete Betrag immer arbeitstagsbezogen.
Demzufolge müssen die "arbeitstäglichen" Kosten des Klägers der vor Beginn des Nutzungszeitraums der in einem Betrag gezahlten Bahncard 100, 2. Klasse bezogen auf die einzelnen nachzuweisenden Fahrten des Klägers während der Gültigkeitsdauer der Bahncard (von Januar 2012 bis Januar 2013) ermittelt werden. Die vom Kläger geltend gemachte Bahncard 100, 2. Klasse ist daher in die Vergleichsberechnung des § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG für das Jahr ihrer Gültigkeit einzubeziehen, jedoch nicht im Streitzeitraum.
Das vom Kläger angeführte Urteil des FG Baden-Württemberg vom 17.01.2008, 6 K 2192/07, EFG 2008, 1019 ist vorliegend nicht einschlägig. Diesem Urteil liegt ein anderer Sachverhalt zugrunde als im vorliegenden Fall. Im Fall des FG Baden-Württemberg vom 17.01.2008, 6 K 2192/07, EFG 2008, 1019 benötigte der Steuerpflichtige die Bahncard 100 im Streitjahr, um zumindest einen Teil seiner Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Streitjahr (ab Dezember) ableisten zu können. Vorliegend deckt der Kläger mit seiner im November 2011 angeschafften Bahncard 100, 2. Klasse überhaupt keine Fahrten im Streitzeitraum ab, da die Gültigkeit dieser Bahncard erst im Januar 2012 beginnt. Auch wenn die Kaufentscheidung des Klägers für die Bahncard 100, 2. Klasse im Streitjahr wirtschaftlich sinnvoll gewesen ist, fehlt es jedoch an jeglichem Bezug zu im Streitzeitraum abgedeckten Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte sowie zu Familienheimfahrten. Da die Regelung zur Entfernungspauschale des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG eine Spezialnorm zum Abflussprinzip des § 11 EStG darstellt, kommt letzteres vorliegend gerade nicht zur Anwendung.
2. Kosten der doppelten Haushaltsführung
Notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, sind nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG in der für das Streitjahr gültigen Gesetzesfassung Werbungskosten. Eine doppelte Haushaltsführung liegt gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt.
Das Vorliegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung seitens des Klägers liegt dem Grund nach unzweifelhaft vor. Der Wohnsitz der Familie in G bei A ist der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Kläger und der Beschäftigungsort des Klägers ist B. Streitig ist lediglich die Höhe der abziehbaren Werbungskosten.
Da die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung gegeben sind, weist § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG die Kosten für das Wohnen am Beschäftigungsort dem Grunde nach dem beruflich veranlassten Mehraufwand zu.
a. Soweit der Kläger den Ansatz weiterer Fahrtkosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten für den Zeitraum 01.10.2011 bis 31.12.2011 begehrt, ist dem grundsätzlich zu folgen.
Da § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 EStG in der im Streitjahr gültigen Gesetzesfassung sowohl für durch Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte als auch durch Familienheimfahrten veranlasste Aufwendungen gilt, erhält der Kläger den teilstreckenbezogen ermittelten Betrag der Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel, soweit dieser den als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigt (Ausführungen unter 1. a.) sowie die Entfernungspauschale für die Fahrten zwischen seiner Wohnung zum Hauptbahnhof A.
Die auf den Zeitraum 01.10. bis 31.12.2011 entfallenden Aufwendungen des Klägers für öffentliche Verkehrsmittel (Bahncard 100 First) belaufen sich auf 1.600 EUR (3/12 von 6.400 EUR) und übersteigen den als Entfernungspauschale anzusetzenden Betrag (maximal 10 Familienheimfahrten x 280 km x 0,30 EUR = 840 EUR). Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG erfolgt daher der Ansatz der höheren Kosten für öffentliche Verkehrsmittel i.H.v. 1.600 EUR. Daneben erhält der Kläger den mit der Entfernungspauschale anzusetzenden Betrag i.H.v. 33 EUR (maximal 10 Tage x 11 km x 0,30 EUR) für die von ihm getätigten Fahrten mit dem eigenen Pkw auf der Teilstrecke von seiner Wohnung zum Hauptbahnhof in A anlässlich der Familienheimfahrten.
b. Die Aufwendungen für die erste Fahrt zu Beginn der doppelten Haushaltsführung des Klägers i.H.v. 87,30 EUR (291 km x 0,30 EUR) sowie die von ihm geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen in einer Gesamthöhe von 870 EUR stellen notwendige Mehraufwendungen aus Anlass der doppelten Haushaltsführung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG dar. Dies ist unstreitig.
c. Auch die notwendigen Kosten der Unterkunft am Beschäftigungsort stellen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG zu berücksichtigende Mehraufwendungen aus Anlass der doppelten Haushaltsführung dar.
Als Unterkunftskosten am Beschäftigungsort sind auch im Falle des Wohnens in einer eigenen Wohnung grundsätzlich die tatsächlich angefallenen Aufwendungen anzusetzen. Die Ermittlung fiktiver (Miet-) Kosten ist jedoch dann geboten, wenn die tatsächlichen Kosten so hoch sind, dass es sich nicht mehr um "notwendige" Mehraufwendungen für die Unterkunft i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG handelt (vgl. BFH-Urteil vom 24.05.2000, VI R 28/97, BStBl II 2000, 474).
Die Beschränkung der Mehraufwendungen auf das Notwendige begrenzt den Abzug auf das nach objektiven Maßstäben zur Zweckverfolgung Erforderliche. Zwar sind beruflich veranlasste Aufwendungen grundsätzlich unabhängig davon, ob sie notwendig, angemessen, üblich oder zweckmäßig sind, in voller Höhe als Werbungskosten abziehbar (vgl. BFH-Beschluss vom 29.04.1999, IV R 40/97, BStBl II 1999, 828 m.w.N.). Wenn ihr Abzug aber durch das Gesetz auf das Notwendige begrenzt ist, bestimmt sich dieser nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Steuerpflichtigen, sondern nach objektiven Maßstäben.
Da im Rahmen der doppelten Haushaltsführung nur die zu den Wohnungsaufwendungen am Lebensmittelpunkt hinzukommenden Wohnkosten abziehbar sind, hat sich das Merkmal "notwendig" am Abzugszweck (Berücksichtigung des zusätzlichen Wohnbedarfs am Beschäftigungsort) zu orientieren, also daran, welcher Wohnungszuschnitt für einen Steuerpflichtigen als Einzelperson erforderlich ist, der von dort seiner Arbeit nachgeht, aber an einem anderen Ort, an dem sich auch sein Lebensmittelpunkt befindet, seinen Haupthausstand beibehalten hat (BFH-Urteil vom 14.10.2004, BStBl II 2005, 98 [BFH 14.10.2004 - VI R 82/02] m.w.N.; BFH-Beschlüsse vom 24.06.2005, VI B 25/05, BFH/NV 2005, 1560; vom 19.07.2004, VI B 160/03, BFH/NV 2005, 39).
Im Hinblick auf die von Beschäftigungsort zu Beschäftigungsort erheblich schwankenden Wohnkosten sieht der BFH eine betragsmäßige feste Obergrenze nicht als sachgerecht an, sondern hält Mehraufwendungen für notwendig, soweit sie sich für eine Wohnung mit einer Wohnfläche bis zu 60 qm bei einem ortsüblichen Mietzins je Quadratmeter für eine nach Lage und Ausstattung durchschnittliche Wohnung (Durchschnittsmietzins) ergeben (Urteil des BFH vom 09.08.2007, VI R 10/06, BStBl II 2007, 820). Diesen vom BFH aufgestellten Grundsätzen schließt sich der erkennende Senat an.
Nach diesen Grundätzen können als notwendige Kosten der Unterkunft des Klägers am Beschäftigungsort i.S.d § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG bei Nutzung seiner Eigentumswohnung im Streitjahr 2011 höchstens die Aufwendungen anerkannt werden, die im Falle einer Anmietung der Wohnung entstanden wären (sog. fiktive Mietkosten).
aa. Danach ermitteln sich die fiktiven Mietkosten des Klägers am Beschäftigungsort wie folgt:
Nettokaltmiete: 60 qm x 7,27 EUR | 436,20 EUR |
---|---|
zzgl. tatsächlicher Nebenkosten/Monat | 292,00 EUR |
abzüglich Anteil Instandhaltungsrücklage | ./. 23,40 EUR |
268,60 EUR | |
davon 60/78 | 206,62 EUR |
642,82 EUR | |
01.09. bis 31.12.2011 (4 Monate x 642,82 EUR) | 2.571,28 EUR |
Werden bei der Nutzung einer eigenen Eigentumswohnung die als Werbungskosten abziehbaren Unterkunftskosten der Höhe nach auf die fiktiven Mietkosten begrenzt, so erfordert dies einen Vergleich. Bei diesem Vergleich ist nicht von der im Einzelfall beabsichtigten Gesamtdauer der doppelten Haushaltsführung, sondern von den Verhältnissen des jeweiligen Veranlagungszeitraumes (vgl. § 2 Abs. 7, § 25 Abs. 1, § 36 Abs. 1 EStG) auszugehen (Urteil des BFH vom 27.07.1995, VI R 32/95, BStBl II 1995, 841).
Soweit der Kläger geltend macht, für die Angemessenheit, Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit von Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung (insbesondere Renovierungskosten) müsste der gesamte Zeitraum der doppelten Haushaltsführung von 2011 bis 2018 betrachtet werden, kann dem nicht gefolgt werden. Dies widerspräche dem im Einkommensteuerrecht geltenden Prinzip der Abschnittsbesteuerung. Daher ist der Beklagte bei Anwendung der vom BFH aufgestellten Grundsätze, wonach Aufwendungen für eine im Rahmen der doppelten Haushaltsführung genutzte Eigentumswohnung nur insoweit anzuerkennen sind, die für eine nach Größe, Ausstattung und Lage angemessene Mietwohnung zu zahlen wären, zutreffend davon ausgegangen, dass lediglich auf den betreffenden Besteuerungszeitraum und nicht auf den gesamten Zeitraum der doppelten Haushaltsführung (2011 bis 2018) abgestellt werden darf.
Sind die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft in der eigenen Eigentumswohnung in einem Veranlagungszeitraum höher als die fiktiven Mietkosten, so steht für diesen VZ fest, dass sie in Höhe des übersteigenden Betrages nicht notwendig waren i.S.d § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG. Daher scheidet auch -wie vom Kläger vertreten- insoweit eine Berücksichtigung der "übersteigenden Werbungskosten" als vorweggenommene Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG der Folgejahre aus.
Der BFH hat in seinem Urteil vom 09.08.2007, VI R 10/06, BStBl II 2007, 820 [BFH 09.08.2007 - VI R 10/06] in diesem Zusammenhang als Obergrenze notwendiger Mehraufwendungen die Kosten angesehen, die sich für eine Wohnung mit einer Wohnfläche bis zu 60 m2 bei einem ortsüblichen Mietzins je Quadratmeter für eine nach Lage und Ausstattung durchschnittliche Wohnung ergeben (z.B. BFH-Urteil vom 09.08.2007, VI R 23/05, BStBl II 2009, 722).
Die Berechnung der fiktiven Mietkosten durch den Beklagten (Nettokaltmiete: 60 qm x 7,13 EUR = 427,80 EUR zuzüglich der tatsächlichen monatlichen Nebenkosten des Klägers) anhand des für B geltenden qualifizierten Mietspiegels für das Jahr 2011 ist vorliegend dem Grunde nach nicht zu beanstanden. Eine 60 qm große Wohnung ist für einen Einpersonenhaushalt angemessen. Der vom Beklagten für eine solche Wohnungsgröße angemessene Mietzins von 7,13 EUR/qm ist nach Ansicht des Senates geringfügig auf 7,27 EUR (Durchschnittsmietzins) zu erhöhen.
Nach dem Mietspiegel von B für das Jahr 2011 (und dieser ist für den betreffenden Streitzeitraum maßgebend) beträgt die durchschnittliche Nettokaltmiete für eine 60 qm bis unter 90 qm große, in den Jahren 1984 bis 1990 errichtete Wohnung mit mittlerer Wohnlage/ Ausstattung 6,17 EUR (5,85 EUR bis 6,54 EUR) und mit guter Wohnlage/ Ausstattung 7,27 EUR (6,21 EUR bis 8,88 EUR).
Klägergünstig geht der Senat von einer guten Wohnlage/Ausstattung aus. Nach der Rechtsprechung des BFH ist die ortsübliche Miete generell auf der Grundlage des örtlichen Mietspiegels zu bestimmen (so: Urteil vom 17.08.2005, IX R 10/05, BStBl II 2006, 71 [BFH 17.08.2005 - IX R 10/05]). Da Unterkunftskosten am Beschäftigungsort dann notwendig i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG sind, wenn sie den Durchschnittsmietzins einer 60 qm-Wohnung am Beschäftigungsort nicht überschreiten (so: Urteil des BFH vom 09.08.2007, VI R 10/06, BStBl II 2007, 820), hält es der Senat für sachgerecht, auf den Durchschnittsmietzins einer 60 qm-Wohnung, wie ihn der qualifizierte Mietspiegel von B für das Jahr 2011 vorgibt, abzustellen.
Für den Beschäftigungsort des Klägers B besteht ein qualifizierter Mietspiegel für das Jahr 2011. Daher ist der ortsübliche Durchschnittsmietzins nach Ansicht des Senates anhand dieses Mietspiegels von B für das Jahr 2011 zu bestimmen.
bb. Ein Abstellen auf die individuell ermittelte ortsübliche Miete für das konkrete Objekt auf der Basis eines speziell dafür eingeholten Sachverständigen-/Mietgutachtens, wie es der Kläger fordert, wiederspricht nach Ansicht des Senates der ständigen BFH-Rechtsprechung, die gerade auf den nach objektiven Maßstäben ermittelten Durchschnittsmietzins einer 60 qm-Wohnung am Beschäftigungsort (vorliegend: Stadtgebiet B) abstellt. Auch auf die Wohnlage und -verhältnisse in der Umgebung der Arbeitsstätte in B des Klägers kommt es nicht maßgeblich an. Dem Beweisantrag des Klägers auf Einholung eines Mietgutachtens zur Ermittlung der Kosten für eine 60 qm große Wohnung in der Umgebung seiner Arbeitsstätte in B im Jahr 2011 folgt der Senat daher nicht.
Gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen. Das Gericht ist dabei an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden, § 76 Abs. 1 Satz 5 FGO. Das gilt aber nur in dem Sinne, dass das Finanzgericht von sich aus auch Beweise erheben kann, die von den Parteien nicht angeboten sind (u.a. BFH- Beschluss vom 27.05.2005, VII B 38/04, BFH/NV 2005, 1496; Urteil vom 22.04.1988, III R 59/83, BFH/NV 1989, 38). Von den Verfahrensbeteiligten angebotene Beweise muss das Finanzgericht grundsätzlich erheben, wenn es einen Verfahrensmangel vermeiden will (vgl. auch BFH-Beschluss vom 21.12.2005, I B 249/04, BFH/NV 2006, 780). Auf die beantragte Beweiserhebung kann es im Regelfall nur verzichten, wenn das Beweismittel für die zu treffende Entscheidung unerheblich ist, wenn die in Frage stehende Tatsache zugunsten des Beweisführenden als wahr unterstellt werden kann, wenn das Beweismittel unerreichbar ist oder wenn das Beweismittel unzulässig oder absolut untauglich ist (ständige Rechtsprechung; z.B. BFH-Urteile vom 16.11.2005, VI R 71/99, BFH/NV 2006, 753; vom 27.07.2000, V R 38/99, BFH/NV 2001, 181; vom 12.04.1994, IX R 101/90, BStBl II 1994, 660).
Das vom Kläger angebotene Beweismittel (Mietgutachten für seine Eigentumswohnung) ist für die Entscheidung des vorliegenden Falles unerheblich, da nach der oben aufgezeigten Rechtsprechung des BFH nicht auf den für die Wohnung des Klägers konkret erzielbaren Mietwert, sondern auf den ortsüblichen Durchschnittsmietzins für eine nach Lage und Ausstattung durchschnittliche Wohnung abzustellen ist.
cc. Der Beklagte hat -klägergünstig- die tatsächlich vom Kläger geleisteten Nebenkosten i.H.v. 292 EUR/Monat für die Zweitwohnung in Ansatz gebracht.
Dem Grunde nach weicht das Gericht hiervon nicht ab, jedoch sind die monatlichen Zahlungen der tatsächlichen Nebenkosten um die Zahlungen in Höhe des Anteils des Klägers an der Instandhaltungsrücklage i.H.v. monatlich 23,40 EUR zu mindern. Insofern liegen keine Wohnungsnebenkosten vor. Der sich hiernach ergebende Betrag der tatsächlich gezahlten Nebenkosten für die 78 qm große Wohnung des Klägers ist mit 60/78 anzusetzen, da entsprechende Mehraufwendungen nur für eine 60 qm große Wohnung als notwendig anzuerkennen sind.
(1) Die vom Kläger geltend gemachten Kosten für die Renovierung seiner Eigentumswohnung in B i.H.v. 16.325,00 EUR können nicht zusätzlich zu den fiktiven Mietkosten als Werbungskosten berücksichtigt werden.
Mit dem Abzug der notwendigen Kosten für die Unterkunft sind sämtliche Kosten, die durch den Erwerb und den Unterhalt der am Beschäftigungsort bewohnten eigenen Wohnung entstehen, abgegolten (BFH-Urteil vom 11.12.1996, X R 15/96, BStBl II 1997, 221). Die im Zuge der Anschaffung der Eigentumswohnung getätigten Renovierungsaufwendungen zählen daher nicht zusätzlich zu den notwendigen Kosten für die Unterkunft im Rahmen der doppelten Haushaltsführung des Klägers.
(2) Der vom Kläger geltend gemachten Betrag für die Hausratversicherung, der nicht in den monatlichen Nebenkostenabschlägen von 292 EUR enthalten ist, stellt zusätzlich zu berücksichtigende Wohnnebenkosten dar.
Der vom Kläger geltend gemachte Betrag für die Hausratversicherung i.H.v. 107,82 EUR ist erst im Jahre 2012 abgeflossen i.S.d. § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG und wäre daher auch als Nebenkosten im Rahmen der notwendigen Kosten für die Unterkunft des Jahres 2012 zu berücksichtigen. Aus dem Versicherungsschein vom 22.08.2011, der den losen Belegen des Klägers beigefügt war, ergibt sich der Betrag für die Hausratversicherung betreffend das Objekt in B für das Jahr 2011 i.H.v. 105,80 EUR, der im Streitzeitraum nach dem Abflussprinzip des § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG zu berücksichtigen ist.
(3) Die vom Kläger geltend gemachten Stromkosten i.H.v. 760 EUR, die dem Grund nach als Wohnnebenkosten zusätzlich zu den monatlichen Nebenkostenabschlägen von 292 EUR zu berücksichtigen sind, betreffen den Zeitraum vom 14.07.2011 bis 31.05.2012 (10 Monate). Die Erstattung der Stromzahlungen i.H.v. 585,39 EUR (vgl. Abrechnung vom 03.06.2012, Bl. 24 der GA) ist nach dem Zuflussprinzip des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG im VZ 2012 und damit nicht im Streitjahr zu berücksichtigen.
Ausweislich der Hausgeldabrechnung der Hausverwaltung nutzte der Kläger die Wohnung in B ab 01.09.2011 und leistete ab diesem Zeitpunkt Hausgeldzahlungen. Vor diesem Hintergrund geht der Senat davon aus, dass der Kläger ab Beginn der Nutzung am 01.09.2011 auch tatsächlich die monatlichen Abschläge für Strom entrichtet hat. Daher ist der tatsächlich im VZ 2011 gezahlte Betrag von vier Monatsabschlägen à 76 EUR gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG (Abflussprinzip), mithin der Gesamtbetrag i.H.v. 304 EUR, als notwendige Kosten für die Unterkunft im Rahmen der doppelten Haushaltsführung des Klägers zu berücksichtigen.
(4) Das vom Kläger geltend gemachte Hausgeld ist bereits in Höhe des monatlichen Gesamtabschlages (Nebenkosten) i.H.v. 292 EUR (gekürzt um die Instandhaltungsrücklage und mit einem Anteil von 60/78) für die Zeit vom 01.09.2011 bis 31.12.2011 berücksichtigt.
dd. Die als Werbungskosten i.S.d. § 9 I S. 3 Nr. 5 EStG anzusetzenden notwendigen Kosten für die Unterkunft des Klägers in der Zeit vom 01.09.2011 bis 31.12.2011 belaufen sich damit insgesamt auf 2.886,51 EUR.
Fiktive Mietkosten für die Eigentumswohnung | 2.571,28 EUR |
---|---|
Hausratversicherung für das Jahr 2011 | 105,80 EUR |
Strom vom 01.09. bis 31.12.2011 (4/10 von 760 EUR) | 304,00 EUR |
409,80 EUR | |
davon 60/78 | 315,23 EUR |
Notwendige Kosten der Unterkunft -gesamt- | 2.886,51 EUR |
d. Die Kosten der notwendigen Einrichtung und Ausstattung der Wohnung am Arbeitsort i.S.d. § 9 I S. 3 Nr. 5 EStG hat der Beklagte bisher i.H.v. 8.680,34 EUR berücksichtigt.
Anschaffungskosten für die erforderliche Wohnungseinrichtung sind -soweit nicht überhöht- als Werbungskosten i.S.d. § 9 I S. 3 Nr. 5 EStG abziehbar (Urteil des BFH vom 3.12.1982, VI R 228/80, BStBl II 1983, 467; Urteil des BFH vom 13.11.2012, VI R 50/11, BStBl II 2013, 286 m.w.N.; FG München, Urteil vom 29.12.2003, 8 K 4428/00, EFG 2005, 1677[FG München 29.12.2003 - 8 K 4428/00]; Sächsisches FG, Urteil vom 18.09.2008, 2 K 863/08, EFG 2010, 131; FG B-Brandenburg, Urteil vom 22.06.2011, 9 K 9079/08, EFG 2012, 35).
Aufwendungen dieser Art können nur insoweit nach der ausdrücklichen Anweisung in § 9 I S. 3 Nr. 5 EStG als Werbungskosten abgezogen werden, als sie anlässlich der doppelten Haushaltsführung "notwendig" entstanden sind. Notwendig sind sie nach dem Urteil des BFH vom 16.03.1979, VI R 126/78, BStBl II 1979, 473 insbesondere dann nicht, wenn sie als überhöht gelten müssen, etwa weil mit ihnen gesellschaftliche Bedürfnisse befriedigt werden sollen. Zur Abgrenzung von den nicht abziehbaren Ausgaben für die allgemeine Lebensführung dürfen daher insbesondere die AfA auf Einrichtungsgegenstände einer Eigentumswohnung am Beschäftigungsort nur insoweit zum Abzug zugelassen werden, als solche Gegenstände ihrer Art nach zum Leben in einer Wohnung notwendig und die hierfür aufgewandten Kosten nicht als überhöht anzusehen sind (BFH-Urteil vom 03.12.1982, VI R 228/80, BStBl II 1983, 467).
aa. Die vom Kläger angeschaffte Küche ist als Sachgesamtheit und damit als einheitliches Wirtschaftsgut linear über die Absetzungen für Abnutzung (AfA) abzuschreiben, § 9 I S. 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 I S. 1 und 2 EStG.
Insoweit greift das Argument des Klägers, es handele sich bei seiner Küche nicht um eine maßgefertigte Einbauküche, sondern um Küchenmöbel, die auch als Einzelschrank und nicht ausschließlich gemeinsam nutzbar seien, nicht durch.
Werden bewegliche Sachen miteinander verbunden, entscheidet sich, ob jeweils selbstständige Wirtschaftsgüter oder unselbstständige Teile eines verbundenen Wirtschaftsguts vorliegen danach, ob die einzelnen Güter weiterhin ihre selbständige Bewertbarkeit behalten. Maßgebende Kriterien für diese Entscheidung sind, ob ein gemeinsamer Zweck der mehreren Güter vorliegt, der Grad der Festigkeit der Verbindung der Güter, der Zeitraum, auf den eine Verbindung oder die gemeinsame Nutzung mehrerer beweglicher Sachen angelegt ist, sowie das äußere Erscheinungsbild. Von einem einheitlichen Wirtschaftsgut ist regelmäßig auszugehen, wenn nach dem äußeren Erscheinungsbild der einzelne Gegenstand für sich allein betrachtet unvollständig erscheint oder ein Gegenstand ohne den anderen ein negatives Gepräge erhält (Urteile des BFH vom 09.08.2001, III R 30/00, BStBl II 2001, 842; vom 14.04.2011, IV R 46/09, BStBl II 2011, 696). Die eigenständige Nutzbarkeit eines Gegenstandes ist nicht Voraussetzung für seine selbständige Bewertbarkeit (Urteil des BFH vom 05.09.2002, III R 8/99, BStBl II 2002, 877). Die selbständige Bewertbarkeit eines Wirtschaftsgutes kann auch dadurch untergehen, dass es fest und auf längere Dauer mit anderen Gegenständen verbunden wird und nur in dieser technischen Verbundenheit seinen bestimmungsgemäßen Zweck erfüllen kann wie zum Beispiel Badewanne und Armaturen (Urteil des BFH vom 09.08.2001, III R 30/00, BStBl II 2001, 842).
In Anwendung dieser Grundsätze bildet die Küche des Klägers in seiner Wohnung in B nach Auffassung des Senates als Sachgesamtheit ein einheitliches Wirtschaftsgut, da nach dem äußeren Erscheinungsbild einer Küche der einzelne Küchenschrank oder der einzelne Kühlschrank für sich allein betrachtet unvollständig erscheint. Zudem sind Küchenschränke regelmäßig fest und auf längere Dauer miteinander verbunden und erfüllen ihren bestimmungsgemäßen Zweck regelmäßig durch ihre Verbundenheit.
bb. Folglich ist die Küche als einheitliches Wirtschaftsgut über die AfA über den Zeitraum ihrer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer abzuschreiben.
Der AfA auf die neu angeschaffte Einbauküche von I in der Wohnung des Klägers ist nach Ansicht des Senates eine Nutzungsdauer von 10 Jahren zugrunde zu legen (FG München, Urteil vom 29.12.2003, 8 K 4428/00, EFG 2005, 1677[FG München 29.12.2003 - 8 K 4428/00]: 7 Jahre bei einer gebrauchten Küche). In seiner Steuererklärung selbst ging der Kläger bei den angeschafften Küchenmöbeln von einer 10-jährigen Nutzungsdauer aus.
Für den Ansatz der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer hat die Finanzverwaltung AfA-Tabellen erstellt, die auch den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit als Anhaltspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit der steuerlichen AfA dienen können, weil sie auf den Erfahrungen der mit den tatsächlichen Verhältnissen besonders vertrauten steuerlichen Betriebsprüfung beruhen. Der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer entspricht im Streitfall die Nutzungsdauer der Einrichtung einer Wohnung am Beschäftigungsort, die unter üblichen Bedingungen beansprucht wird. Für Ladeneinbauten gehen die amtlichen AfA-Tabellen (BStBl I 2000, 1532 unter Ziff. 3.7) von einer achtjährigen Nutzungsdauer aus, während für Möbel im Gastgewerbe einschließlich Einbaumöbel zehn Jahre angesetzt werden (FG München, Urteil vom 29.12.2003, 8 K 4428/00, EFG 2005, 1677[FG München 29.12.2003 - 8 K 4428/00]).
Ausgehend von den Anschaffungskosten für Küchenmöbel i.H.v. 1.742,91 EUR beträgt der jährliche AfA-Betrag für diese Küchenmöbel demnach 174,29 EUR (im Streitjahr anteilig mit 4/12 anzusetzen: 58,10). Für den Kühlschrank ist nach der amtlichen AfA-Tabelle von einer Nutzungsdauer von 10 Jahren auszugehen (BStBl I 2000, 1532 unter Ziffer 7.7). Ausgehend von den Anschaffungskosten i.H.v. 543,90 EUR beträgt der jährliche AfA-Betrag 54,39 EUR (im Streitjahr anteilig mit 4/12 anzusetzen: 18,13 EUR).
cc. Zudem hat der Kläger nicht nachgewiesen, dass die von ihm geltend gemachten Aufwendungen i.H.v. 1.526,41 EUR, die vom Beklagten im Rahmen des Klageverfahrens als nicht notwendig erachtet worden sind, tatsächlich notwendig i.S.d. § 9 I S. 3 Nr. 5 EStG sind. Hierfür trägt jedoch der Kläger die Beweis-/Feststellungslast.
dd. Damit belaufen sich die als Werbungskosten i.S.d. § 9 I S. 3 Nr. 5 EStG anzuerkennenden Kosten der notwendigen Einrichtung und Ausstattung der Wohnung des Klägers am Arbeitsort auf insgesamt 4.943,35 EUR.
Ansatz des Beklagten | Ansatz lt. FG | |
---|---|---|
Kühlschrank | 543,90 EUR | 18,13 EUR |
Umzugskosten | 105,00 EUR | 105,00 EUR |
Einrichtung/ Ausstattung | 1.474,44 EUR | |
4.814,09 EUR | ||
6.288,53 EUR | 6.288,53 EUR | |
Küchenmöbel | 1.742,91 EUR | 58,10 EUR |
8.680,34 EUR | 6.469,76 EUR | |
- abzüglich Kürzungsbetrag wegen nicht notwendiger Aufwendungen i.S.d. § 9 I S. 3 Nr. 5 ESt | ./. 1.526,41 EUR | ./. 1.526,41 EUR |
7.153,93 EUR 4.943,35 EUR |
3. Insgesamt sind damit als Werbungskosten des Klägers anzuerkennen:
Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte | Beträge in EUR |
---|---|
01.02. bis 30.09.2011 (9/12 von 6.400 EUR) | 4.797,00 |
Fahrten zwischen Wohnung und Hauptbahnhof | 462,00 |
Doppelte Haushaltsführung | |
Erste Fahrt zu Beginn der doppelten Haushaltsführung | 87,30 |
Familienheimfahrten Öffentliche Verkehrsmittel: 3/12 von 6.400 EUR Fahrten v. Wohnung zum Hauptbahnhof 10 Tage x 11 km x 0,30 EUR | 1.600,00 33,00 |
Verpflegungsmehraufwendungen | 870,00 |
Kosten für die Unterkunft | 2.886,51 |
Kosten für die Einrichtung/ Ausstattung | 4.943,35 |
Weitere Werbungskosten | |
Beiträge zu Berufsverbänden | 1.250,00 |
Übrige Werbungskosten (unstreitig) | 217,01 |
Gesamtsumme der Werbungskosten | 17.146,17 |
Da der Beklagte in seiner Einspruchsentscheidung Werbungskosten des Klägers in der Gesamthöhe von 20.115,85 EUR als abzugsfähig anerkannt hat und dieser Betrag über dem Betrag der Werbungskosten liegt, der nach der Entscheidung des Senates abzuziehen wäre, ist die Klage aufgrund des bestehenden Verböserungsverbotes abzuweisen.
Das Gericht darf durch seine Entscheidung die Rechtsposition des Klägers im Vergleich zum Zustand vor Klageerhebung nicht verschlechtern (BFH-Urteil vom 26.11.1997, X R 146/94, BFH/NV 1998, 961).
II. Die Kostenentscheidung ergeht nach § 135 Abs. 1 FGO.