Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 20.09.2012, Az.: 4 A 258/09
Bewerbung kommerzieller juristische Repetitorien im räumlichen Bereich einer Universität
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 20.09.2012
- Aktenzeichen
- 4 A 258/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2012, 39761
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGGOETT:2012:0920.4A258.09.0A
Rechtsgrundlage
Fundstelle
- NdsVBl 2013, 4
Amtlicher Leitsatz
Werbung für kommerzielle Repetitorien im räumlichen Bereich einer Universität stellt eine Beeinträchtigung der Zweckbestimmung der Universität dar.
Sie ist geeignet, das Vertrauen der Studierenden in die Leistungsfähigkeit der Universität und die Qualität der staatlichen Ausbildung zu beeinträchtigen und berechtigt die Universität grundsätzlich zur Verfügung eines Haus- und Werbeverbots.
Tatbestand
Die Klägerin bietet Repetitorien zur Vorbereitung auf juristische Prüfungen an. Auf ihre Veranstaltungen wies sie u.a. durch Handzettel, Plakate und persönliche Ansprachen in den Räumlichkeiten der Beklagten hin.
Mit Bescheid vom 11.9.2009 untersagte die Beklagte der Klägerin für alle von der Beklagten genutzten Gebäude und Grundstücke Werbemaßnahmen für ihr kommerzielles Repetitorium durchzuführen und erteilte der Klägerin sowie ihren Hilfspersonen ein Hausverbot, soweit der räumliche Bereich der Beklagten zu Werbezwecken betreten wird. Darüber hinaus ordnete die Beklagte die sofortige Vollziehung der Verfügung an und drohte der Klägerin für den Fall der Zuwiderhandlung gegen das Werbe- und Hausverbot ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500 € an. Zur Begründung führte die Beklagte aus: Im Rahmen von Ortsbesichtigungen am 13.7.2009 und am 14.8.2009 sei festgestellt worden, dass Plakate kommerzieller Repetitorien im Juridicum aufgehängt worden seien. Teilweise seien offizielle Mitteilungen überklebt worden. Darüber hinaus seien im Zentralen Hörsaalgebäude Flugblätter verteilt worden. Im Rahmen ihres Hausrechts sei sie zu Hausverboten und Nutzungsuntersagungen berechtigt. Die Werbemaßnahmen beeinträchtigten sie in der Durchführung ihrer Aufgaben. Ihr aus Vorlesungen, Klausurenkursen, Seminaren, Übungen und Universitäts-Repetitorien sowie Wiederholungs- und Vertiefungskursen bestehendes Lehrangebot ermögliche jedem Studierenden bei entsprechender Eignung ohne zusätzlichen finanziellen Aufwand zu einem Studienabschluss zu gelangen. Werbung für kommerzielle Repetitorien in dem Bereich der Universität erwecke bei den Studierenden den Eindruck, als sei sie selbst nicht davon überzeugt, dass ihr Angebot ausreiche. Durch das Überhängen offizieller Mitteilungen oder das Ansprechen von Studenten vor der Prüfung werde darüber hinaus der Betriebsablauf gestört. Die Universität sei kein für die allgemeine Öffentlichkeit gewidmeter Bereich, Werbemaßnahmen gehörten nicht zum Betriebszweck. Der Klägerin blieben trotz des Werbeverbotes zahlreiche andere Möglichkeiten, Interessenten anzusprechen. Durch das auf Betreten zu Werbezwecken beschränkte Hausverbot sei sichergestellt, dass die Räumlichkeiten zu anderen Zwecken, z.B. zum Studium, betreten werden könnten.
Am 9.10.2009 hat die Klägerin gegen diesen Bescheid Klage erhoben. Ein vorläufiger Rechtsschutzantrag der Klägerin hat zur Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage geführt. Auf den Beschluss des erkennenden Gerichts vom 25.2.2010 (4 B 10/10) und den Beschluss des Nds. Oberverwaltungsgerichts vom 14.7.2010 (2 ME 167/10) wird insoweit verwiesen. Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor:
Der Bescheid sei mangels Anhörung formell und im Übrigen materiell rechtswidrig. Die Beklagte sei eine öffentliche Einrichtung, die Werbung zumindest durch das Bereitstellen von Plakatwänden konkludent ermögliche und in der Vergangenheit geduldet habe. Die Beklagte verfolge mit dem Verbot zudem kein legitimes Ziel. Der betriebliche Ablauf der Beklagten werde durch die Werbetätigkeit nicht gestört. Sie könne ungehindert ihre Lehrveranstaltungen anbieten und durchführen. Offizielle Mitteilungen der Beklagten seien durch Plakate zu keinem Zeitpunkt verdeckt worden. Das Repetitorium stehe nicht in Konkurrenz zu den Angeboten der Beklagten, sondern ergänze diese. Zudem gehe die Beklagte nicht konsequent genug gegen weitere Anbieter von Repetitorien vor. So unterlägen medizinische und nichtkommerzielle juristische Repetitorien keinen Beschränkungen.
Am 31.3.2010, begründet am 3.5.2011 (Amtl. Mittlg. der Beklagten 8/2010, S. 881 und 11/2011, S. 709), hat die Beklagte im Wege der Allgemeinverfügung gegenüber allen kommerziellen Repetitorien ein Haus- und Werbeverbot erlassen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 11.9.2009 und die Allgemeinverfügung vom 31.3.2010 aufzuheben und die Berufung zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft die Argumente des angegriffenen Bescheides. Sie habe zwischenzeitlich Vorkehrungen getroffen, um Werbemaßnahmen aller kommerziellen Repetitorien wirksam zu unterbinden. Hierzu diene auch die Allgemeinverfügung. Eine lückenlose Kontrolle sei aufgrund der Größe der Einrichtung und der personellen Kapazitäten jedoch nicht möglich. Die Verantwortung für die medizinischen Repetitorien liege bei der Universitätsmedizin als eigenständige Körperschaft. Im Übrigen handele es sich um studiengebührenfinanzierte zusätzliche Angebote, die nicht mit Lehrveranstaltungen vergleichbar seien. Hinsichtlich der übrigen Werbung liege keine Konkurrenzsituation vor.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Maßgeblich ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, weil es sich bei der Untersagungsverfügung und dem Hausverbot um Dauerverwaltungsakte handelt.
Rechtsgrundlage des Werbeverbots ist § 37 Abs. 3 S. 1 NHG, nach dem das Präsidium die Ordnung in der Hochschule wahrt und das Hausrecht ausübt. § 37 Abs. 3 S. 1 NHG stellt nicht nur eine Zuständigkeitsvorschrift sondern auch eine Befugnisnorm dar (zu vergleichbaren Vorschriften im Schul- und Hochschulrecht: BayVGH, Beschluss vom 23.6.2003 - 7 CE 03.1294 -, NVwZ-RR 2004, 185; VG Braunschweig, Urteil vom 10.3.2005 - 6 A 159/03 -, [...]).
Das Hausrecht umfasst das Recht, zur Wahrung der Sicherheit und Ordnung innerhalb der Hochschule Maßnahmen zu ergreifen. Insbesondere dient es dem Erhalt der Zweckbestimmung und zur Abwehr von Störungen des Dienstbetriebes. Dabei steht dem Inhaber des Hausrechts ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Ermessensspielraum hinsichtlich des Ob und Wie der Maßnahmen zu (Nds. OVG, Beschluss vom 14.7.2010,- 2 ME 167/10 -, [...]).
Der Bescheid der Beklagten vom 11.9.2009 sowie die Allgemeinverfügung der Beklagten vom 31.3.2010 sind danach rechtlich nicht zu beanstanden.
Rechtlich erhebliche formelle Fehler bestehen nicht. Ob die Klägerin vor Erlass des Bescheides angehört worden ist, kann dahinstehen. Denn jedenfalls ist durch den Schriftwechsel der Beteiligten im Eil- und Klageverfahren, in dem beide Seiten ihre Standpunkte ausgetauscht haben, ein etwaiger Anhörungsmangel geheilt worden (§ 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG, s.a. Nds. OVG, a.a.O.).
In der Sache begegnet die Untersagung von Werbung für kommerzielle Repetitorien keinen rechtlichen Bedenken.
Die Werbung kommerzieller Repetitorien stellt grundsätzlich eine Beeinträchtigung der Zweckbestimmung der Beklagten dar.
Zu den Aufgaben der Beklagten gehört die Ausbildung und Hinführung der Studierenden zu einem berufsqualifizierenden akademischen Abschluss durch Bereitstellung eines entsprechenden Lehrangebots. Im Rahmen des juristischen Studiums bietet die Beklagte (neben den für den Studienabschluss notwendigen Lehrveranstaltungen) speziell zur Wiederholung und Examensvorbereitung für höhere Semester Repetitorien, Klausurenkurse und Probeexamina an. Die Klägerin wirbt für vergleichbare Veranstaltungen kommerzieller Art und richtet sich damit an dieselbe Zielgruppe. Dabei spricht die Befreiung der Repetitorien von der Umsatzsteuerpflicht gem. § 4 Nr. 21 UStG (ordnungsgemäße Vorbereitung auf eine Prüfung) für die Gleichartigkeit des Unterrichts der Klägerin mit den Lehrveranstaltungen der Beklagten und nicht lediglich für eine Ergänzung des Angebots der Beklagten.
Die Werbung für solche Veranstaltungen im räumlichen Bereich der Beklagten ist geeignet, bei den Studierenden den Eindruck zu vermitteln, dass das universitäre Lehrangebot für einen erfolgreichen Examensabschluss nicht ausreicht und die Beklagte ihr Lehrangebot selbst nicht für ausreichend hält. Bereits diese Beeinträchtigung des Vertrauens in die Leistungsfähigkeit der Beklagten stellt eine Störung der Zweckbestimmung der Beklagten dar, die grundsätzlich eine Nutzungsuntersagung rechtfertigt. Erst recht gilt dies, wenn der Lehrbetrieb unmittelbar, z.B. durch Überkleben offizieller Mitteilungen mit kommerziellen Plakaten oder den Zugang zu Hörsälen behindernde Verteilung von Werbemitteln, gestört wird. Die Beklagte ist deshalb grundsätzlich berechtigt, gegen Werbetätigkeiten kommerzieller Repetitorien vorzugehen (Im Ergebnis ebenso: OLG Hamm, Urteil vom 16.11.2000, - 5 U 2/00 -, [...]; OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.5.2009, - 5 U 50/08 -, NJW 2009, 2143 [OLG Karlsruhe 13.05.2009 - 6 U 50/08]).
Dem steht nicht entgegen, dass auch bei einem umfassenden Lehrangebot der Beklagten die private Vor- und Nachbereitung durch die Studierenden erforderlich ist. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass Wissenslücken entstehen können, die u.U. nicht mehr in Eigeninitiative, sondern mit Hilfe kommerzieller Nachhilfe- oder Lehrinstitute behoben werden. Im Regelfall ist die universitäre Ausbildung jedoch darauf ausgerichtet, dass neben den Lehrveranstaltungen die eigenständige Arbeit des Studierenden für den Studienerfolg ausreicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.4.1970, - VII B 116/69 -, [...]: "Erfahrungsgemäß können einigermaßen begabte, denkfähige und fleißige Studenten das Examen auch ohne Repetitor bestehen"). Demgegenüber erweckt die Werbung kommerzieller Repetitorien, auch wenn sie auf die Notwendigkeit universitärer Lehrveranstaltungen hinweist, den Eindruck, ein erfolgreicher Abschluss des Studiums sei nur bei dem Besuch ihrer Kurse verlässlich zu erreichen (z.B. "... Marktführer in der privaten Ausbildung des Juristennachwuchses. Ca. 90 Prozent aller Jurastudenten lassen sich durch private Repetitorien wie dem Juristischen Repetitorium [der Klägerin] auf ihre Staatsexamina vorbereiten", "...längste Erfahrung in professioneller Juristenausbildung ... Viele Prüfer haben sich selbst mit [dem kommerziellen Repetitorium] vorbereitet"). Die kommerziellen Repetitorien bieten damit für die Phase zwischen dem Erwerb der Lehrveranstaltungsnachweise und der Abschlussprüfung ein umfassendes Lehrangebot in Konkurrenz zu der Beklagten an, das über die ohnehin erforderliche private Vor- und Nachbereitung hinausgeht. Teilweise findet der Unterricht kommerzieller Repetitorien zudem zeitgleich zu den Lehrveranstaltungen der Beklagten statt, so dass sich die Studierenden für einen längeren, in der Regel über ein Semester hinausgehenden Zeitraum entscheiden müssen, ob sie sich mit Hilfe der Beklagten oder mit Hilfe des kommerziellen Repetitors auf die Prüfung vorbereiten.
Die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 29.10.1987, - 2 C 57.86 -, BVerwGE 78, 211), das Ansehen und die Qualität der staatlichen Ausbildung - hier der Referendarausbildung - werde durch die Nebentätigkeit eines (zugleich mit der Referendarausbildung betrauten) Richters bei einem privaten Repetitorium nicht in Frage gestellt, ist auf die Werbung kommerzieller Repetitorien in staatlichen Universitäten nicht übertragbar. Die auf die lehrende Person beschränkte Identität zwischen staatlicher und privater Ausbildung stellt in geringerem Maße eine Verbindung zur staatlichen Ausbildung her. Der Ausbilder wird erkennbar als Privatperson außerhalb der staatlichen Einrichtung und außerhalb seiner Dienstzeit tätig. Seine hauptberufliche Tätigkeit wird durch die private Ausbildungstätigkeit auch nicht abgewertet. Vielmehr wird diese als werbewirksames Kriterium von der privaten Einrichtung genutzt werden, was eine grundsätzliche Wertschätzung der staatlichen Ausbildung voraussetzt.
Etwas anderes gilt jedoch, wenn Werbung für kommerziellen Privatunterricht innerhalb der staatlichen Ausbildungsstätte erfolgt. Hierdurch wird eine sachliche und räumliche Verbindung zur staatlichen Einrichtung geschaffen, welche die Annahme zulässt, die staatliche Einrichtung billige den Inhalt der Werbung, fördere die private Einrichtung und halte deren Besuch für nützlich oder gar geboten. Da das gesamte Handeln der staatlichen Ausbildungsstätte letztlich deren Bildungsauftrag zu dienen hat, wird auch die von ihr zugelassene Werbung an diesem Auftrag gemessen.
Im Übrigen dient die staatliche Referendarausbildung vorrangig dazu, den Referendar mit den Aufgaben der juristischen Praxis vertraut zu machen und nimmt - anders als die universitäre Ausbildung - nicht für sich in Anspruch, ein umfassendes Angebot zur Prüfungsvorbereitung bereit zu stellen.
Die Beklagte ist auch nicht rechtlich verpflichtet, die Werbung der Klägerin zu dulden. Ein Anspruch auf Durchführung von Werbemaßnahmen in dem Bereich der Beklagten steht der Klägerin nicht zu. Der räumliche Bereich der Beklagten steht nicht im Gemeingebrauch, sondern dient der Erfüllung der universitären Aufgaben. Der Öffentlichkeit steht die Benutzung nur im Rahmen dieser Zweckbestimmung zu. Gewerbliche Tätigkeiten sind hiervon grundsätzlich nicht erfasst. Mit dem Aufstellen von Stellwänden für Aushänge hat die Beklagte auch nicht konkludent Werbung erlaubt. Die Beklagte hat durch ihre Gebühren- und Entgeltordnung (Amtl. Mittlg. der Beklagten 2/2012 S. 42) Werbemaßnahmen und andere, insbesondere gewerbliche Nutzungen durch Außenstehende von dem Abschluss einer vorherigen Vereinbarung abhängig gemacht. Bereits hierdurch wird deutlich, dass Stellwände ohne vorherige Prüfung und Zulassung durch die Beklagte lediglich Universitätsangehörigen i.S.d. § 16 NHG, §§ 5, 6 Grundordnung (Amtl. Mittlg. der Beklagten 58/2010 S. 6374) zur Verfügung stehen. Teilweise ist dies auch durch Aufschriften, z.B. "Studentische Veranstaltungen", erkennbar. Soweit die Beklagte in der Vergangenheit nicht gegen Werbung kommerzieller Repetitorien vorgegangen ist, resultiert hieraus kein Anspruch auf künftige Werbemaßnahmen (vgl. Nds. OVG, a.a.O.).
Die von der Beklagten verfügte Untersagung von Werbetätigkeiten ist frei von Ermessensfehlern.
Die Untersagung ist geeignet und erforderlich, um die Beeinträchtigung des Vertrauens in die Qualität der staatlichen Ausbildung zu vermeiden. Die Beklagte musste die Untersagung dabei nicht auf besonders störende Werbung oder auf bestimmte, besonders sensible Bereiche beschränken. Auch nicht den Betriebsablauf störende Werbung ist geeignet, das Vertrauen der Studierenden in die Qualität der staatlichen Ausbildung zu beeinträchtigen. Eine Beschränkung des Werbeverbots auf diejenigen Bereiche, in denen vorrangig Juristen ausgebildet werden, beispielsweise das Juridicum, ließe außer Acht, dass die Räumlichkeiten der Beklagten als Ganzes den Studierenden zur Verfügung stehen und für den Eindruck, den die Werbung bei den Studierenden hinterlässt, nicht entscheidend ist, ob an dem Ort der Werbung nur gelegentlich oder häufig Juristenausbildung stattfindet. Wesentlich ist, dass Werbung in den Räumlichkeiten der Beklagten erfolgt und von ihr damit (vermeintlich) gebilligt wird.
Den Gleichheitssatz (Art. 3 GG) hat die Beklagte hinreichend beachtet.
Die Beklagte hat zwischenzeitlich ein Kontrollsystem eingerichtet, das es ihr ermöglicht, effektiv gegen unerwünschte Werbung vorzugehen. Sie hat ihre Mitarbeiter angewiesen, aufgefundenes Werbematerial umgehend zu beseitigen, zu dokumentieren und dem zuständigen Sachbearbeiter anzuzeigen. Sie hat solche Dokumentationen und die daraufhin erfolgten Schreiben an die betreffenden Unternehmen vorgelegt und damit glaubhaft gemacht, dass die Dienstanweisung auch umgesetzt wird. Mit der Allgemeinverfügung vom 31.3.2010 hat die Beklagte zudem sichergestellt, dass neben den Repetitorien, gegenüber denen bereits eine Untersagungsverfügung ergangen war, auch allen anderen gegenwärtigen und künftigen Anbietern kommerzieller juristischer Repetitorien Werbemaßnahmen untersagt sind. Soweit die Klägerin auf Werbung für juristische Verlagserzeugnisse oder Stellenangebote juristischer Repetitorien hinweist, handelt es sich bereits nicht um Werbung für kommerzielle Repetitorien. Auch hinsichtlich des weiteren Vorwurfs, ein kommerzielles Repetitorium verteile regelmäßig Flyer, hat die Klägerin weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass es sich dabei um Werbung für das Repetitorium des Unternehmens und nicht um Werbung für dessen Verlagsprodukte handelt. Im Übrigen ist eine lückenlose Kontrolle trotz umfassender Vorkehrungen angesichts der Größe des Universitätsgeländes kaum möglich. Anhaltspunkte für ein wissentliches Zulassen weiterer Werbemaßnahmen sind nicht ersichtlich.
Soweit die Beklagte zwischen der Werbung kommerzieller und nicht kommerzieller Repetitorien differenziert, ist dies im Ergebnis nicht zu beanstanden. Nichtkommerzielle Anbieter von Repetitorien befinden sich gegenwärtig nicht in einer Konkurrenzsituation zu der Beklagten, die mit derjenigen kommerzieller Repetitorien vergleichbar wäre. Soweit ersichtlich beschränken sich nichtkommerzielle Angebote auf die Vorbereitung einzelner Lehrveranstaltungsnachweise. Sie werden von politischen Hochschulgruppen organisiert und i.d.R. von wissenschaftlichen Mitarbeitern der Beklagten durchgeführt (vgl. Flyer Juli 2012 der U. [www. U. -goettingen.de] und www. V. -goettingen.de). Lediglich ein von der Klägerin vorgelegtes Plakat der V. -Hochschulgruppe wirbt für die Vorbereitung auf eine Übungsklausur durch den Referenten eines kommerziellen Repetitoriums, ohne dass jedoch ein Hinweis auf das kommerzielle Repetitorium erfolgt. Diese Veranstaltungen werden bereits dadurch, dass sie von Mitgliedern der Beklagten innerhalb ihres Aufgabenbereichs (vgl. § 20 NHG) angeboten und überwiegend auch durchgeführt werden, nicht als Konkurrenz zu dem Lehrangebot der Beklagten angesehen. Sie erreichen auch nicht annähernd den zeitlichen Umfang einer Lehrveranstaltung der Beklagten und können erkennbar das Lehr- und Repetitorienangebot der Beklagten nicht ersetzen. Eine Beeinträchtigung der Reputation der Beklagten kann durch sie nicht entstehen. Andere, insbesondere weitergehende nichtkommerzielle Angebote von Repetitorien sind nicht ersichtlich und angesichts fehlender Gewinnaussichten nicht zu erwarten. Die Beklagte ist deshalb gegenwärtig nicht gehalten, auch die Werbung für nichtkommerzielle Lehrveranstaltungen zu untersagen. Etwas anderes könnte jedoch dann gelten, wenn Hochschulgruppen in nach außen erkennbarer Zusammenarbeit mit kommerziellen Repetitorien unentgeltliche Lehrveranstaltungen anbieten und damit dem kommerziellen Anbieter letztlich Gelegenheit gegeben wird, für seine kostenpflichtigen Kurse zu werben.
Bei der Werbung für medizinische Repetitorien liegt ebenfalls kein vergleichbarer Sachverhalt vor. Die Beklagte hat zunächst zutreffend darauf hingewiesen, dass es sich bei der Universitätsmedizin um eine eigenständige Körperschaft handelt, die in eigener Verantwortung über die Zulassung von Werbung in ihrem Bereich entscheidet.
Unabhängig davon ist der Beklagten das von der Klägerin erwähnte medizinische Repetitorium W. nicht bekannt. Aushänge oder andere Werbemaßnahmen dieses Repetitoriums im Bereich der Beklagten sind nicht ersichtlich. Dem Internetauftritt des Repetitoriums (www. W. -online.de) ist zu entnehmen, dass es Kurse in Mannheim, München und Berlin anbietet, in anderen Städten nur auf Anfrage. Neben dem Internetauftritt wirbt es offenbar lediglich über Mund-zu-Mund-Propaganda, verbunden mit einem Rabattsystem.
Das Repetitorium X., das in Zusammenarbeit mit der Universitätsmedizin Studierende auf den ersten Abschnitt der medizinischen Prüfung vorbereitet, ist mit juristischen Repetitorien nicht vergleichbar. Die Universitätsmedizin hat sich dafür entschieden, keine eigenen Repetitorien anzubieten, sondern ein kommerzielles Repetitorium aus Studiengebührenmitteln zu bezuschussen, um die Studierenden bei der Vorbereitung auf das Physikum zu unterstützen. Das Repetitorium wird damit bereits nicht in Konkurrenz, sondern in Zusammenarbeit mit der Universitätsmedizin angeboten. Es wiederholt zudem - anders als die juristischen Repetitorien - keinen Lehrstoff, sondern beschränkt sich auf das Angebot früherer Prüfungsklausuren und das Üben der multiple-choice-Technik.
Im Verhältnis zu der übrigen kommerziellen Werbung im Bereich der Beklagten besteht bereits deshalb keine Ungleichbehandlung, weil die Beklagte die Zulassung von Werbung generell davon abhängig macht, dass sie das Ansehen der Beklagten nicht beeinträchtigt. Wenn sie dabei kommerzielle Werbung für Verlagsprodukte, Reisevorträge, kulturelle Veranstaltungen o.ä. zulässt, ist dies nicht zu beanstanden. Da das Vorhalten derartiger Angebote nicht zu den Aufgaben der Beklagten gehört, kann eine Konkurrenzsituation - wie bei den juristischen Repetitorien - nicht entstehen.
Die Klägerin wird durch das Werbeverbot schließlich nicht unangemessen benachteiligt. Der Klägerin steht außerhalb des räumlichen Bereichs der Beklagten weiterhin die Möglichkeit offen, für ihr Repetitorium zu werben.
Das zusätzlich zur Untersagung von Werbetätigkeiten verfügte Hausverbot genügt ebenfalls dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es ist ebenso wie das Werbeverbot geeignet, den durch Werbung möglichen Reputationsschaden künftig abzuwenden. Dabei musste sich die Beklagte nicht auf die schlichte Untersagung von Werbung beschränken, um dieses Ziel zu erreichen. Da das Hausverbot präventiven Charakter hat, muss die Behörde darlegen, aufgrund welcher Tatsachen in der Vergangenheit der Hausfrieden gestört worden ist und aus welchen Gründen künftig mit einer Wiederholung zu rechnen ist. Im Regelfall darf sie nur dann sogleich, dh. ohne den Erfolg milderer Maßnahmen abzuwarten, ein Hausverbot aussprechen, wenn der Hausfrieden nachhaltig oder in besonders aggressiver Weise gestört wurde (OVG Koblenz, Beschluss vom 7.3.2005, - 7 B 10104/05 -, [...]).
Dies hat die Beklagte dargelegt. Sie hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass andernfalls Werbung durch das Verteilen von Handzetteln oder kostenlosen Skripten und durch persönliche Ansprachen nicht wirksam begegnet werden könnte. So sei es z.B. öfter vorgekommen, dass Mitarbeiter kommerzieller Repetitorien unmittelbar nach einer Lehrveranstaltung den Hörsaal betreten hätten, um für kommerzielle Veranstaltungen gleichen Inhalts zu werben. Zuletzt sei dies durch Mitarbeiter eines Mitbewerbers der Klägerin am 4.6.2012 erfolgt. Gegen ein derartiges Vorgehen könne die Beklagte nur durch ein sofortiges Eingreifen mittels eines Hausverbots vorgehen.
Diese Erwägung ist nicht zu beanstanden. Durch die Vielfalt von Werbetätigkeiten versprechen lediglich reaktive Maßnahmen, wie z.B. die Festsetzung eines Zwangsgeldes nach Verstößen gegen das Werbeverbot, nicht in gleichem Maße Erfolg wie ein Hausverbot. Ein sofortiges Unterbinden von Werbemaßnahmen ist auf diese Weise nicht möglich. Das Hausverbot erweist sich insbesondere auch in den Fällen als das wirksamere Mittel, in denen Hilfspersonen - wie im Juni 2012 - zwar offensiv in besonders sensiblen Bereichen der Beklagten werben, dabei aber (vermeintlich oder tatsächlich) einer Weisung des sie beauftragenden Unternehmens zuwider handeln.
Das Hausverbot ist auch angemessen. Die Beklagte hat ausgeführt, dass sie das Hausverbot auf das Betreten zu Werbezwecken beschränkt habe, um z.B. Studierenden das Betreten des Universitätsgeländes zu Studienzwecken zu ermöglichen. Es ist damit sichergestellt, dass Personen, die sich innerhalb des Bestimmungszwecks der Beklagten auf dem Universitätsgelände aufhalten, dies auch weiterhin tun können.
Die Androhung des Zwangsgeldes ergibt sich aus §§ 64 Abs. 1, 65, 70 Nds. SOG. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes ist unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Interesses der Klägerin an der Nichtbefolgung der Verfügung nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Berufung wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO vorliegt (§ 124 a Abs. 1 S. 1 VwGO).