Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 20.09.2012, Az.: 8 C 696/12

Bachelorstudiengang; besondere Eignung; Masterstudiengang; Mindestnote; Zugangsordnung

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
20.09.2012
Aktenzeichen
8 C 696/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2012, 44463
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Zulassung zum Masterstudiengang (hier: Wirtschaftsinformatik) kann für Absolventen eines Bachelorstudiengangs in einer universitären Zugangsordnung vom Nachweis einer nicht unverhältnismäßigen Mindestnote des Bachelor- oder gleichwertigen Abschlusses (hier: 3,0) abhängig gemacht werden.

Gründe

Der 1984 geborene Antragsteller hat den Bachelorstudiengang Wirtschaftsinformatik an der F. -Universität mit der Gesamtnote 3,1 abgeschlossen. Seine Bewerbung um einen Studienplatz im Masterstudiengang Wirtschaftsinformatik an dieser Universität zum Wintersemester 2012/2013 ist mangels Erfüllung der Zugangsvoraussetzungen (kein mindestens mit der Note 3,0 bewerteter Bachelor-Abschluss) erfolglos geblieben (Ablehnungsbescheid der Antragsgegnerin vom 25.5.2012). Über die hiergegen am 25.6.2012 erhobene Klage (8 A 697/12) ist noch nicht entschieden.

Die gleichzeitig sinngemäß gestellten Anträge,

1. der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, den Antragsteller nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2012/2013 vorläufig zum Masterstudiengang Wirtschaftsinformatik an der F. -Universität D. im 1. Fachsemester zuzulassen,

2. dem Antragsteller Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt H. aus D. zu gewähren,

haben keinen Erfolg.

Der mit dem Antrag zu 1. geltend gemachte Anspruch auf vorläufige Zulassung des Antragstellers zu dem von ihm begehrten – zulassungsbeschränkten – Masterstudiengang scheitert daran, dass er seine „besondere Eignung“ nicht durch einen qualifizierten Bachelorstudienabschluss nachgewiesen hat. Die Kammer unterscheidet in Verfahren der vorliegenden Art nach dem eigentlichen Zugangsverfahren, in dem die Zugangsberechtigung der Bewerber geklärt wird, und einem Auswahlverfahren, wenn die Anzahl der für diesen Studiengang zugangsberechtigten Bewerber die Anzahl der zur Verfügung stehenden Studienplätze übersteigt.

Bezogen auf den hier allein in Rede stehenden Hochschulzugang beurteilen sich die Voraussetzungen nach § 18 Abs. 8 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes – NHG – und § 2 der auf dieser Grundlage ergangenen Ordnung der Antragsgegnerin über die Zugangsvoraussetzungen und die Zulassung für den Masterstudiengang in Wirtschaftsinformatik in der am 12.1.2006 genehmigten Fassung, geändert durch die am 3.9.2007 genehmigte Erste Änderung und die am 11.3.2009 genehmigte Zweite Änderung (Amtliche Mitteilungen der F. -Universität D. vom 12.1.2006/Nr. 1 S. 30; vom 10.9.2007/Nr. 16 S. 753; vom 1.4.2009/Nr. 9 S. 717) – Zugangsordnung –.

Die Bestimmungen des § 18 NHG regeln allgemein den Zugang zu einem Hochschulstudium und enthalten in Absatz 8 besondere Regelungen für den Zugang zu einem mit einem Mastergrad abschließenden Studiengang. Danach setzt die Zugangsberechtigung zu Masterstudiengängen einen Bachelorabschluss oder gleichwertigen Abschluss und eine besondere Eignung voraus (§ 18 Abs. 8 Satz 1 NHG). Vertieft der Masterstudiengang das vorherige Studium fachlich in derselben Richtung, so wird die besondere Eignung insbesondere auf der Grundlage des Ergebnisses der Bachelorprüfung festgestellt (§ 18 Abs. 8 Satz 2 NHG), wobei das Nähere eine Ordnung, hier § 2 der Zugangsordnung der Antragsgegnerin, regelt (§ 18 Abs. 8 Satz 4 NHG).

Die Zugangsvoraussetzungen dürfen nicht dem Recht auf freie Wahl des Berufs und der Ausbildungsstätte (Art. 12 Abs. 1 GG) i.V.m. dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem Sozialstaatsprinzip widersprechen; insbesondere darf der Zugang zum Masterstudium nicht unverhältnismäßig beschränkt werden. Hieraus folgt ein nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes einschränkbares Recht des die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen erfüllenden („hochschulreifen“) Staatsbürgers auf Zulassung zum Hochschulstudium. § 18 Abs. 8 Satz 1 und 2 NHG sowie eine hierauf basierende Zugangsordnung sind subjektive Berufszulassungsvoraussetzungen, die den Zugang zum Masterstudium durch Eignungsregelungen beschränken, indem insbesondere auf erworbene und qualifizierte (die besondere Eignung indizierende) Abschlüsse abgestellt wird. Diese Beschränkung ist im Hinblick auf ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut, das gegenüber der Freiheit des Einzelnen vorrangig ist, gerechtfertigt. Dieses liegt in der Feststellung, ob der Studienbewerber den Anforderungen des Masterstudiums genügen wird und dient damit letztlich der internationalen Akzeptanz und Reputation der Masterabschlüsse (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 7.6.2010 – 2 NB 375/09 –, NdsVBl. 2010, 296/297; OVG NRW, Beschluss vom 18.4.2012 – 13 B 52/12 –, NWVBl. 2012, 352/353). Das Abstellen auf einen solchen Abschluss ist ein sachgerechtes und nachvollziehbares Kriterium, um den besonderen, in den Ländergemeinsamen Strukturvorgaben über die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen in den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz vom 10.10.2003, 10.12.2009 und 4.2.210 zum Ausdruck kommenden Anforderungen an das Masterstudium (vgl. dort in der aktuellen Fassung Nr. A 2.1) Rechnung zu tragen, und damit Ausdruck einer verhältnismäßigen Zugangsbeschränkung. Danach ist eine von der Zugangsordnung verlangte besondere Eignung des Studienbewerbers als solche verfassungsrechtlich unbedenklich. Denn bezweckt ist die Feststellung, ob der Studienbewerber in der Lage sein wird, die in dem vorangegangenen Bachelorstudium erworbenen Grundkenntnisse um anspruchsvolle wissenschaftliche und praxisrelevante Spezialkenntnisse zu ergänzen. Dieses Ziel dient letztlich dem Interesse der internationalen Reputation und der Akzeptanz der Masterabschlüsse durch den Arbeitsmarkt, einem besonders wichtigen Gemeinschaftsgut. Allein aus Art. 12 Abs. 1 GG kann daher auch unter Berücksichtigung des Wunsches von Absolventen eines Bachelorstudienganges, sich für das Berufs- und Arbeitsleben besser zu qualifizieren, kein Anspruch darauf abgeleitet werden, eine einmal begonnene Hochschulausbildung unabhängig von der Qualifikation eines Bachelorabschlusses fortzusetzen (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 7.6.2010, a.a.O. S. 298). Die Kapazitätsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die davon ausgeht, dass Bewerber wegen ihrer gleichwertigen Berechtigung Anspruch auf gleichen Zugang zur Ausbildungsstätte haben (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.7.1972 – 1 BvL 32/70 u.a. –, BVerfGE 33, 303/333 ff; Urteil vom 8.2.1977 – 1 BvF 1/76 u.a. –, BVerfGE 43, 291/313 f.), spielt bei dem von subjektiven Voraussetzungen abhängigen Zugang zu einem Masterstudiengang keine Rolle (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14.1.2010 – 13 B 1632/09 –, NWVBl. 2010, 434/435).

Die Kammer kann nicht erkennen, dass § 2 Abs. 3 der hier in Rede stehenden Zugangsordnung der Antragsgegnerin übermäßige Anforderungen an die Eintrittsqualifikation für das wissenschaftlich besonders betonte Masterstudium Wirtschaftsinformatik stellt. Das dort normierte Erfordernis, wonach die Bewerberinnen und Bewerber einen mindestens mit der Note 3,0 bewerteten Bachelor-Abschluss (oder gleichwertigen Abschluss) nachweisen müssen, ist nicht unverhältnismäßig oder willkürlich (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 7.6.2010, a.a.O. S. 297 re. Sp. i.V.m. S. 296 re. Sp., und OVG NRW, Beschluss vom 14.1.2010, a.a.O. S. 435 re. Sp.– jeweils zu einer Mindestnote von sogar 2,5).

Gemäß dem vom Antragsteller vorgelegten vorläufigen Zeugnis vom 25.4.2012 hat er die Bachelor-Prüfung mit einer Gesamtnote von 3,1 abgeschlossen. Er verfügt also nicht über die für die Zulassung zum Masterstudiengang Wirtschaftsinformatik erforderliche Zugangsberechtigung. Demzufolge ist hier aus Rechtgründen kein Raum dafür, die Antragsgegnerin zu einer vorläufigen Zulassung des Antragstellers für diesen Studiengang zu verpflichten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes (Antrag zu 2.) ist abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung des Antragstellers aus den vorstehend dargelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO).