Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 12.07.2024, Az.: 14 W 14/24

Abgrenzung der funktionellen Zuständigkeiten zwischen der allgemeinen Zivilgerichtsbarkeit und dem Familiengericht im Rahmen einer Verweisung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
12.07.2024
Aktenzeichen
14 W 14/24
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 20994
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2024:0712.14W14.24.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Verden - 25.03.2024 - AZ: 7 O 281/23

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Der Kläger darf nicht durch Vorenthalten entsprechenden Vortrages zum Zusammenhang im Sinne des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG - hier zum Zeitpunkt der Eröffnung eines gemeinsamen Sparkontos - den Rechtsweg zu den allgemeinen Zivilgerichten einseitig vorgeben. Das angerufene allgemeine Zivilgericht darf deshalb gemäß § 139 Abs. 3 ZPO auf seine diesbezüglichen Bedenken hinweisen, wobei keineswegs feststehen muss, dass die Partei tatsächlich oder rechtlich unvollständig oder widersprüchlich vorgeht.

  2. 2.

    Es ist dann die Aufgabe des Klägers, die vom allgemeinen Zivilgericht geäußerten Bedenken zu entkräften, die tatsächlichen Grundlagen für die Begründung der funktionellen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts vorzutragen und nachzuweisen. Kommt der Kläger dem nicht nach, verstößt er sowohl gegen den Beibringungsgrundsatz als auch gegen seine Prozessförderungspflicht und muss sich an der Verweisung an das Amtsgericht - Familiengericht - nach § 17a Abs. 6, Abs. 2 S. 1 GVG festhalten lassen, soweit auch die übrigen Voraussetzungen für eine Verweisung vorliegen.

  3. 3.

    Auseinandersetzungen zwischen ehemals Verheirateten um die Verteilung von Kontoguthaben nach Trennung und Scheidung stellen als naheliegende und häufig vorkommende Folge oder Begleiterscheinung der Beendigung einer Ehe regelmäßig eine sonstige Familiensache im Sinne des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG dar. Dem steht es nicht entgegen, wenn zwischen Ehescheidung und Einleitung des gerichtlichen Verfahrens gegen den ehemaligen Ehegatten ein mehr als zehnjähriger zeitlicher Abstand liegt.

  4. 4.

    Ist der Aufenthaltsort des Beklagten unbekannt, sodass ihm bis zum Entscheidungszeitpunkt die Klage nicht zugestellt werden konnte, kann von der in § 17a Abs. 6, Abs. 2 S. 1 GVG grundsätzlich vorgesehenen Anhörung beider Parteien vor Verweisung des Rechtsstreits an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges ausnahmsweise abgesehen werden

In der Beschwerdesache
pp.
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... als Einzelrichter am 12.07.2024 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 28.03.2024 gegen den Beschluss der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 25.03.2024 - 7 O 281/23 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.740,- € festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Verweisung einer vor dem allgemeinen Zivilgericht erhobenen Klage an ein Familiengericht, mit der er die Beklagte auf Abgabe einer Willenserklärung, gerichtet auf Zustimmung zur Auflösung eines gemeinsamen Sparkontos und Auszahlung des vorhandenen Guthabens in Höhe von rund 13.700 € an den Kläger in Anspruch nimmt.

Bei den Parteien handelt es sich um ehemalige Eheleute; die Ehe wurde im März 2011 geschieden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind die Parteien über das gemeinsame Sparkonto und einer in L. gelegenen Eigentumswohnung miteinander verbunden. Die Finanzierung der Eigentumswohnung sollte durch zwei Bausparverträge abgesichert werden, die im Jahr 2019 nach Kündigung zur Auszahlung gelangten. Die Auszahlungsbeträge in Höhe von 17.239,90 € und 7.372,98 € wurden dem gemeinsamen Sparkonto gutgeschrieben. In der Folge wurden die Bausparverträge jedoch nicht für die Finanzierung der Wohnung eingesetzt; der Kläger trug die Kosten für die Wohnung seit 2015 allein. Nach der schriftlichen Aufforderung des Klägers vom 08.01.2020 gegenüber der Beklagten, dass diese ihren Kostenanteil an der Wohnung übernehmen solle, führten die Parteien ein Gespräch mit dem Ziel, das Sparkonto aufzulösen. Der Kläger stimmte dabei der Auszahlung eines Betrages in Höhe von 5.000,00 € an die Beklagte zu; nachfolgend verweigerte die Beklagte ihrerseits die Unterzeichnung der für die Auflösung des Kontos und Auszahlung des Restguthabens an den Kläger erforderlichen Erklärung gegenüber der Bank.

Die Klage ist zunächst vor dem Landgericht Verden erhoben worden mit dem Antrag, die Beklagte zur Abgabe einer Willenserklärung - gerichtet auf Zustimmung zur Auflösung des gemeinsamen Kontos und Erklärung des Einverständnisses mit der Auszahlung des auf diesem Konto vorhandenen Guthabens an den Kläger - zu verurteilen. Das Landgericht Verden hat den Kläger mit Verfügung vom 19.01.2024 darauf hingewiesen, dass es nicht zuständig sein dürfte, weil es sich bei der vorliegenden Streitigkeit um eine sonstige Familiensache im Sinne des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG handeln dürfte. Das Gericht gehe davon aus, dass das gemeinsame Konto noch aus der Zeit der Ehe stamme. Nach Anhörung des Klägers hat sich die Kammer mit Beschluss vom 25.03.2024 für funktionell unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht - Familiengericht - Stolzenau verwiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass eine sonstige Familiensache nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG gegeben sei, nämlich ein Verfahren, das Ansprüche zwischen ehemals miteinander verheirateten Personen im Zusammenhang mit der Trennung oder Scheidung betreffe. Hierunter fielen u.a. Streitigkeiten um Gemeinschaftskonten und auch Ansprüche auf Zustimmung zur Aufteilung des in der Ehe angelegten Kontos. Ein solcher Fall liege hier vor, wobei das Gericht nach wie vor davon ausgehe, dass das gemeinsame Konto aus der Zeit der Ehe stamme, was der Kläger in seiner Anhörung nicht in Abrede gestellt habe. Ein Zusammenhang zur Ehe bzw. zur Scheidung zur Ehe sei daher zu bejahen. Dass die Ehe bereits seit 2011 geschieden sei, stehe dem von § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG geforderten "Zusammenhang von Trennung oder Scheidung" mit Blick auf eine weite Auslegung des Merkmals nicht entgegen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers. Das Landgericht habe zur Anlage des Kontos lediglich spekuliert, weil hierzu seitens der Parteien nicht vorgetragen worden sei. In der Sache gehe es um eine ausschließlich vertragliche Angelegenheit, die mit der lange zurückliegenden Scheidung nichts zu tun habe.

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Das Landgericht hat darauf hingewiesen, dass der Kläger auch in seiner Beschwerdeschrift nicht in Abrede gestellt habe, dass das Konto aus der Zeit der Ehe stamme.

II.

Die vom Kläger eingelegte sofortige Beschwerde gegen den landgerichtlichen Verweisungsbeschluss ist gemäß § 17a Abs. 6, Abs. 4 S. 3 GVG in Verbindung mit §§ 567 ff. ZPO statthaft und fristgerecht (§ 569 Abs. 1 S. 1, 2 ZPO) erhoben worden sowie auch im Übrigen zulässig.

Die sofortige Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht eine Verweisung an das Amtsgericht - Familiengericht - Stolzenau ausgesprochen. Die Voraussetzungen des § 17a Abs. 6, Abs. 2 S. 1 GVG für eine Verweisung an ein Familiengericht liegen vor. Bei dem Verfahrensgegenstand handelt es sich um eine sonstige Familiensache im Sinne des § 111 Nr. 10 FamFG in Verbindung mit § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG.

1. Zunächst durfte das Landgericht bei der Beurteilung seiner funktionellen Zuständigkeit davon ausgehen, dass das gemeinsame Sparkonto bei der Sparkasse M. noch während der Ehezeit der Parteien angelegt worden ist. Anders als der Kläger meint, hat das Landgericht nicht lediglich zur Anlage des Kontos "spekuliert". Vielmehr ist das Landgericht mit seiner Verfügung vom 19.01.2024, in der es darauf hingewiesen hat, dass es davon ausgehe, dass das gemeinsame Konto noch aus der Zeit der Ehe stamme, seiner Verpflichtung aus § 139 Abs. 3 ZPO nachgekommen. Danach hat das Gericht auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen. Dies umfasst insbesondere das Vorliegen der unverzichtbaren Prozessvoraussetzungen, wozu auch die funktionelle Zuständigkeit des angerufenen Zivilgerichts zählt (vgl. § 17a Abs. 6, Abs. 2 GVG). Die Hinweispflicht aus § 139 Abs. 3 ZPO betrifft alle tatsächlichen oder rechtlichen Umstände oder Gesichtspunkte, die von Amts wegen zu berücksichtigen sind und die sich aus dem bisherigen Vortrag der Partei nach der Beurteilung des Gerichts in entscheidungserheblicher Weise ergeben können. Ein Bedenken liegt schon dann vor, wenn vorläufig zweifelhaft ist, ob der Vortrag der Partei ausreichend und entscheidungserheblich ist. Es muss keineswegs feststehen, dass die Partei tatsächlich oder rechtlich unvollständig oder widersprüchlich vorgeht (Anders in: Anders/Gehle ZPO, 82. Aufl. 2024, § 139 Rn. 62).

Gemessen an diesem Maßstab sind die Bedenken des Landgerichts bezüglich der Vollständigkeit des klägerischen Vortrags zu den tatsächlichen Umständen des Sparkontos, insbesondere zum Zeitpunkt seiner Eröffnung bei der Sparkasse, begründet und nicht allein spekulativ. Hierfür spricht bereits der Umstand, dass es sich um ein gemeinsames Sparkonto handelt, bei dem die Parteien nach den Angaben des Klägers nur mit Zustimmung des anderen Auszahlungen an sich selbst veranlassen können. Häufig wird ein solches Gemeinschaftskonto aufgrund des für die Kontoverwaltung erforderlichen besonderen Vertrauensverhältnisses gerade während und nicht etwa nach Beendigung der Ehe angelegt, um die Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft zu fördern (Kohlenberg, NZFam 2018, 773, 775; Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 7. Aufl. 2018, Rn. 526, 560). Das Landgericht durfte diesen Grundfall - der sich gleichgelagert in zahlreichen weiteren Entscheidungen aus der Praxis wiederfindet (vgl. nur BGH, Urt. v. 29.11.1989 - IV b ZR 4/89, NJW 1990, 705 [BGH 29.11.1989 - IVb ZR 4/89]; OLG München, Beschl. v. 20.12.2011 - 2 UF 1740/11, juris Rn. 2; KG Berlin, Beschl. v. 20.10.2011 - 13 W 12/11, juris, Rn. 1; Wache, NZFam 2017, 1109) - zum Anlass nehmen, um auf seine Bedenken hinsichtlich der funktionellen Zuständigkeit gemäß § 139 Abs. 3 ZPO hinzuweisen.

Die Verfügung des Landgerichts vom 19.01.2024 genügte den inhaltlichen Anforderungen, die an einen gerichtlichen Hinweis nach § 139 Abs. 3 ZPO zu stellen sind. Der Hinweis muss unmissverständlich, gezielt und konkret den problematischen Gesichtspunkt benennen und seinem Inhalt und seiner Tragweite nach für die Parteien verständlich sein; es ergibt sich demgemäß die Notwendigkeit, die den Erlass der Verfügung veranlassenden Bedenken darzulegen (Kern, in: Stein/Jonas ZPO, 23. Aufl. 2016, § 139 Rn. 97 mwN). Dem ist das Landgericht unter Nennung der einschlägigen Rechtsvorschriften ausreichend nachgekommen. Das Gericht hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es davon ausgeht, dass das gemeinsame Konto noch aus der Zeit der Ehe stamme und demgemäß die Zuständigkeit des Familiengerichts nach § 266 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 FamFG begründet sein könnte. Ferner hat das Gericht dem Kläger einen Verweisungsantrag nahegelegt. Dies war aufgrund der ausschließlichen Zuständigkeit der Familiengerichte (§ 23a Abs. 1 S. 2 GVG) erforderlich (Fritsche, in: MüKO ZPO, 6. Aufl. 2020, § 139 Rn. 51).

Für den Kläger war auf Grundlage der gerichtlichen Verfügung vom 19.01.2024 ohne weiteres erkennbar, dass das Gericht nach dem seinerzeitigen Verfahrensstand davon ausging, dass das gemeinsame Konto aus der Zeit der Ehe stamme und es sich daher als funktionell unzuständig ansehe. Es war dann die Aufgabe des insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Klägers, die vom Landgericht geäußerten Bedenken zu entkräften, die tatsächlichen Grundlagen für die Begründung der funktionellen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts vorzutragen und nachzuweisen, ohne dass es insoweit eines gesonderten Hinweises seitens des Gerichts bedurft hätte (vgl. Fritsche, in: MüKO ZPO, 6. Aufl. 2020, § 139 Rn. 49; vgl. von Selle, in: BeckOK ZPO, 52. Edition, Stand: 01.03.2024, § 139 Rn. 41). Dem ist der Kläger jedoch nicht nachgekommen. Die Ausführungen des Klägers in seiner Anhörung vom 29.01.2024 und in seiner Beschwerdebegründung vom 28.03.2024 erschöpfen sich in rechtlichen Erwägungen; in tatsächlicher Hinsicht hat der Kläger zu den Bedenken des Landgerichts, das Sparkonto stamme noch aus der Zeit der Ehe, nicht abweichend vorgetragen. Vielmehr hat er im Rahmen seiner Anhörung selbst eine sonstige Familiensache unterstellt (die gerade dann vorliegen würde, wenn das Sparkonto noch während der Ehezeit angelegt worden wäre) und gemeint, für eine Verweisung an das Familiengericht fehle es auch in diesem Fall an einem zeitlichen Zusammenhang zur Ehe. Der Kläger hat die in der Verfügung vom 19.01.2024 enthaltene Anregung, zu den tatsächlichen Grundlagen des gemeinsamen Sparkontos vorzutragen, um die unmissverständlich dargelegten Bedenken des Landgerichts zu entkräften, folglich nicht beantwortet. Hierdurch hat er sowohl gegen den Beibringungsgrundsatz als auch gegen seine Prozessförderungspflicht verstoßen (Anders, in: Anders/Gehle ZPO, 82. Aufl. 2024, § 139 Rn. 71). Kommt der Kläger seiner Aufgabe, auf den Hinweis des Landgerichts mit eigenem Tatsachenvortrag zu reagieren, um die Bedenken gegen die funktionelle Zuständigkeit auszuräumen, nicht nach, muss er sich an den hieran anknüpfenden Folgen - hier die Verweisung an das Familiengericht nach § 17a Abs. 6, Abs. 2 S. 1 GVG - festhalten lassen, soweit auch die übrigen Voraussetzungen für eine Verweisung vorliegen (vgl. Anders, in: Anders/Gehle ZPO, 82. Aufl. 2024, § 139 Rn. 71; vgl. Seiler, in: Thomas/Putzo ZPO, 45. Aufl. 2024, § 139 Rn. 34). Ihm ist es insbesondere verwehrt, sich auf den Standpunkt zurückzuziehen, das Landgericht habe zur Anlage des Kontos lediglich spekuliert, weil dazu seitens der Parteien nicht vorgetragen worden sei. Eben jenen Vortrag hat der Kläger trotz gerichtlichen Hinweises und entgegen seiner eigenen Prozessförderungspflicht unterlassen. Keinesfalls darf der Kläger durch Vorenthalten entsprechenden Vortrages zum Zusammenhang im Sinne des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG den Rechtsweg zu den allgemeinen Zivilgerichten einseitig vorgeben (vgl. BGH, Beschl. v. 05.12.2012 - XII ZB 652/11, juris, Rn. 22; vgl. Schwedhelm, in: Bahrenfuss FamFG, 3. Aufl. 2017, § 266 Rn. 13).

Im Übrigen ist weder vom Kläger vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass ihm Tatsachenvortrag zur Anlage des Kontos, insbesondere zu den zeitlichen Rahmenumständen, nicht möglich oder sonst unzumutbar war.

2. Ist nach alldem für das hiesige Beschwerdeverfahren zugrunde zu legen, dass das gemeinsame Sparkonto während der Ehezeit der Parteien angelegt worden ist, liegt entgegen der Ansicht des Klägers in dem Streit um die Auflösung des Sparkontos und Verteilung des Restguthabens auch eine sonstige Familiensache vor, §§ 110 Nr. 10, 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG. Danach gehören zu den sonstigen Familiensachen Verfahren, die Ansprüche zwischen ehemals miteinander verheirateten Personen im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung oder Aufhebung der Ehe betreffen.

a) Bei den Parteien handelt es sich um ehemals miteinander verheiratete Personen, sodass die persönlichen Voraussetzungen des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG erfüllt sind.

b) Das Tatbestandsmerkmal "im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung" ist weit auszulegen. Auszuscheiden sind nur die Fälle, in denen der familienrechtliche Bezug völlig untergeordnet ist, so dass eine Entscheidung durch das Familiengericht sachfremd erscheint (BGH, Beschl. v. 22.08.2018 - XII ZB 312/18, juris, Rn. 13; BGH, Beschl. v. 12.07.2017 - XII ZB 40/17, juris, Rn. 12; OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.06.2022 - 1 SV 2/22, juris, Rn. 13; Feskorn, in: Zöller ZPO, 35. Aufl. 2024, § 266 FamFG Rn. 17; Schwamb, in: Bumiller/Harders/Schwamb FamFG, 13. Aufl. 2022, § 266 Rn. 4). Ein inhaltlicher Zusammenhang im vorgenannten Sinn ist jedenfalls dann gegeben, wenn das Verfahren vor allem der wirtschaftlichen Entflechtung der vermögensrechtlichen Beziehungen der Ehegatten als Folge von Trennung bzw. Scheidung dient (BGH, Beschl. v. 22.08.2018 - XII ZB 312/18, juris, Rn. 11; BGH, Beschl. v. 12.07.2017 - XII ZB 40/17, juris, Rn. 11; Borth, in: Musielak/Borth/Frank FamFG, 7. Aufl. 2022, § 266 Rn. 11). Dabei ist im Hinblick auf die gewünschte möglichst umfassende Zuständigkeit des Familiengerichts eine großzügige Beurteilung geboten (OLG Bremen, Beschl. v. 06.03.2024 - 4 AR 2/24, BeckRS 2024, 4755, Rn. 10; Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 7. Aufl. 2018, Rn. 42).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor, denn im hiesigen Verfahren streiten die ehemaligen Ehegatten um die Auflösung eines während der Ehezeit angelegten Sparkontos und die Verteilung des vorhandenen Guthabens. Bei einem Fortbestand der Ehe wäre ein Streit dieser Art nicht aufgekommen; vielmehr wäre die Verteilung des Vermögens einvernehmlich im Rahmen des ehelichen Zusammenlebens geregelt worden bzw. den Eheleuten gemeinsam zugutegekommen (KG Berlin, Beschl. v. 20.10.2011 - 13 W 12/11, juris, Rn. 9). In tatsächlicher Hinsicht waren die Trennung und Scheidung der Ehe somit ursächlich für die vom Kläger geltend gemachten Rechtsfolgen. Daher stellen Auseinandersetzungen zwischen ehemals Verheirateten um die Verteilung von Kontoguthaben nach Trennung und Scheidung als naheliegende und häufig vorkommende Folge oder Begleiterscheinung der Beendigung einer Ehe regelmäßig eine sonstige Familiensache im Sinne des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG dar (OLG Dresden, Beschl. v. 27.06.2016 - 20 W 502/16, juris, Rn. 5, 15; OLG München, Beschl. v. 20.12.2011 - 2 UF 1740/11, juris, Rn. 8; Breuers, in: Weinreich/Klein Familienrecht, 7. Aufl. 2022, § 266 FamFG Rn. 5; Schwamb, in: Bumiller/Harders/Schwamb FamFG, 13. Aufl. 2022, § 266 Rn. 4; Giers, in: Sternal FamFG, 21. Aufl. 2023, § 266 Rn. 16; Heiter, in: Prütting/Helms FamFG, 6. Aufl. 2023, § 266 Rn. 54d; Wever, FF 2008, 399; Burger, FamRZ 2009, 1017, 1020; für die Verteilung speziell von aus gekündigten Bausparverträgen folgenden Guthaben als sonstige Familiensache im Sinne des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG: OLG Bremen, Beschl. v. 06.03.2024 - 4 AR 2/24, BeckRS 2024, 4755, Rn. 10).

c) Der Rechtsstreit hat trotz des langen zeitlichen Abstands einen ausreichenden Bezug zu Trennung und Ehescheidung.

Zwar ist dem Kläger darin recht zu geben, dass bei der Frage, ob ein ausreichender Zusammenhang im Sinne des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG besteht, nicht nur die tatsächlichen und rechtlichen Verbindungen der ehemaligen Eheleute zu berücksichtigen sind, sondern auch der zeitliche Ablauf (BGH, Beschl. v. 28.02.2018 - XII ZR 87/17, juris, Rn. 9; BGH, Beschl. v. 29.06.2017 - IX ZB 98/16, juris, Rn. 18 mwN). Der Begriff des Zusammenhangs hat nach der Gesetzesbegründung neben der - hier vorliegenden - inhaltlichen auch eine zeitliche Komponente (BT-Drs. 16/6308, S. 262). Allerdings handelt es sich dabei nicht um eine selbständig zu prüfende Voraussetzung für die Zuständigkeit der Familiengerichte. So gibt es keine feste zeitliche Grenze, ab der für Verfahren, die Ansprüche zwischen ehemals miteinander verheirateten Personen betreffen, ein Zusammenhang dieser Ansprüche mit Trennung oder Scheidung oder Aufhebung der Ehe generell verneint werden könnte. Insbesondere setzt § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG nicht voraus, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang der Ansprüche zu Trennung oder Scheidung der Ehe besteht (BGH, Beschl. v. 29.06.2017 - IX ZB 98/16, juris, Rn. 18). So kann der Kläger nicht damit gehört, dass allein aufgrund des Umstands, dass die Scheidung der Parteien mehr als zehn Jahre zurückliege, ein Zusammenhang im Sinne des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG schlechterdings nicht mehr vorhanden sei. Vielmehr ist auch hinsichtlich des Bestehens eines Zusammenhangs in zeitlicher Hinsicht im Zweifel großzügig zu verfahren (Heiter, in: Prütting/Helms FamFG, 6. Aufl. 2023, § 266 Rn. 50a). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass auch ein Abstand von zwölf Jahren zwischen Ehescheidung und Einleitung des gerichtlichen Verfahrens den zeitlichen Zusammenhang nicht notwendig entfallen lässt (BGH, Beschl. v. 29.06.2017 - IX ZB 98/16, juris, Rn. 20).

Der Rechtsstreit stellt sich unter Beachtung dieser Maßstäbe nicht als bloßer Konflikt zwischen Inhabern eines gemeinsamen Sparkontos ohne familienrechtliche Besonderheiten dar. Das Gemeinschaftskonto findet seine spezifische Grundlage gerade in dem für die Zeit der Ehe andauernden besonderen Vertrauensverhältnis, sodass die wirtschaftliche Entflechtung der durch die Ehe begründeten wirtschaftlichen Verhältnisse im Vordergrund dieses Rechtsstreits steht. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Beträge aus den gekündigten Bausparverträgen, aus denen sich das Guthaben auf dem Sparkonto zusammensetzt, erst im Jahr 2019 zur Auszahlung gelangten und die Parteien zunächst auf außergerichtlichem Weg versucht haben, eine Lösung für die Rechtsverhältnisse in Bezug auf das gemeinsame Sparkonto zu finden, wodurch eine weitere zeitliche Verzögerung der gerichtlichen Geltendmachung des klägerischen Anspruchs verursacht worden ist. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Abgabe von Willenserklärungen ist im Wesentlichen familienrechtlich geprägt. Der zeitliche Abstand tritt deshalb in den Hintergrund.

d) Soweit der Kläger meint, der Streitgegenstand des hiesigen Verfahrens betreffe ausschließlich eine vertragliche Angelegenheit, wobei auf der einen Seite die betroffene Bank als kontoführendes Institut stehe und auf der anderen Seite die Parteien des Verfahrens, geht dies in der Sache fehl. Der Kläger macht vorliegend - wie von § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG gefordert ("zwischen") - gerade Ansprüche gegen seine ehemalige Ehefrau geltend; etwaige hieran anknüpfende Streitigkeiten der Parteien im Verhältnis zur Bank im Zusammenhang mit der Auflösung des Kontos und der Auszahlung des Guthabens sind für die Feststellung des Zusammenhangs nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG im hiesigen Verfahren ohne Belang. Für die funktionelle Zuständigkeit der Familiengerichte ist allein entscheidend, dass die vermögensrechtliche Auseinandersetzung zwischen ehemaligen Ehegatten außerhalb des Güterrechts (sogenanntes Nebengüterrecht) den Schwerpunkt des Rechtsstreits bildet und nach dem gesetzgeberischen Willen insoweit den Familiengerichten zugewiesen werden soll (BT-Drs. 16/6308, S. 263; vgl. BGH, Beschl. v. 16.09.2015 - XII ZB 340/14, juris, Rn. 17; vgl. OLG Dresden, Beschl. v. 27.06.2016 - 20 W 502/16, juris, Rn. 13; vgl. KG Berlin, Beschl. v. 20.10.2011 - 13 W 12/11, juris, Rn. 9). Allein die Sachnähe des Familiengerichts zum Verfahrensgegenstand ist maßgebliches Ordnungskriterium (BT-Drs. 16/6308, S. 169). Es kommt aus diesem Grund auch nicht darauf an, ob sich der Kläger im Rahmen der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung mit seiner ehemaligen Ehegattin auf vertragliche oder gesetzliche Ansprüche beruft.

3. Für Familiensachen besteht gem. § 23a Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2 GVG die ausschließliche Zuständigkeit der Amtsgerichte als Familiengerichte (§ 23b Abs. 1 GVG), so dass sich das Landgericht zu Recht für unzuständig erklärt hat.

Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Stolzenau folgt aus § 267 Abs. 2 FamFG in Verbindung mit §§ 12, 16 Hs. 2 ZPO, wonach es für die örtliche Zuständigkeit auf den letzten gewöhnlichen Aufenthalt der Beklagten ankommt. Dieser befand sich in an ihrem Wohnsitz in X. und damit im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Stolzenau. Die Anwendbarkeit des § 16 ZPO als Auffangtatbestand setzt nicht voraus, dass die Wohnsitzlosigkeit der Beklagten positiv feststeht (woran es vorliegend fehlt). Vielmehr bleibt § 16 ZPO bis zum Nachweis des neuen Wohnsitzes anwendbar, solange nur feststeht, dass der alte Wohnsitz aufgegeben und die Begründung eines neuen Wohnsitzes trotz Nachforschung (noch) nicht geklärt ist (LG Hamburg, Beschl. v. 29.01.2002 - 330 T 7/02, BeckRS 2002, 10920; Hüßtege, in: Thomas/Putzo ZPO, 45. Aufl. 2024, § 16 Rn. 1).

4. § 17a Abs. 6, Abs. 2 S. 1 GVG schreibt seinem Wortlaut nach die Anhörung beider Parteien vor Verweisung des Rechtsstreits an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges vor. Diese ist hinsichtlich der Beklagten unterblieben. Indes kann von der Anhörung ausnahmsweise abgesehen werden, wenn die Sachentscheidung auch ohne Anhörung ergehen kann und deren Zweck sonst vereitelt zu werden droht (Lückemann, in: Zöller ZPO, 35. Aufl. 2024, § 17a GVG Rn. 10). So liegt der Fall hier.

Zudem erscheint die unterlassene Anhörung der Beklagten auch nicht objektiv willkürlich. Denn die Anhörung der Beklagten ist allein deshalb unterblieben, weil ihr die Klage bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zugestellt werden konnte. Dies fällt jedoch in die alleinige Verantwortung der Beklagten, da sie ihrer Meldeverpflichtung aus § 17 Abs. 1 oder 2 BMG nicht nachgekommen ist. Eine Verzögerung der Sachentscheidung bis zu einer nachgeholten Anhörung der Beklagten kann nicht hingenommen werden, zumal keinerlei Anhaltspunkte für den aktuellen Aufenthaltsort der Beklagten ersichtlich sind.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Da eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergeht, ist für die Wertfestsetzung 1/5 des Streitwerts in der Hauptsache anzusetzen, § 3 ZPO (KG Berlin, Beschl. v. 20.10.2011 - 13 W 12/11, juris, Rn. 14).

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO in Verbindung mit § 17a Abs. 4 S. 4, S. 5 GVG liegen nicht vor.