§ 182 NKomVG - Sonderregelungen für epidemische Lagen
Bibliographie
- Titel
- Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG)
- Amtliche Abkürzung
- NKomVG
- Normtyp
- Gesetz
- Normgeber
- Niedersachsen
- Gliederungs-Nr.
- 20300
(1) 1Solange eine epidemische Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes, eine epidemische Lage von landesweiter Tragweite nach § 3a Abs. 1 Satz 1 des Niedersächsischen Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst oder die Anwendbarkeit des § 28a Abs. 1 bis 6 IfSG nach § 28a Abs. 8 IfSG festgestellt ist, gelten die Absätze 2 bis 4. 2Unabhängig davon, ob eine Lage nach Satz 1 oder die Anwendbarkeit des § 28a Abs. 1 bis 6 IfSG nach § 28a Abs. 8 IfSG festgestellt ist, kann die Vertretung die Anwendung der Regelungen des Absatzes 2 auf Vorschlag der Hauptverwaltungsbeamtin oder des Hauptverwaltungsbeamten mit einer Mehrheit von zwei Dritteln ihrer Mitglieder für einen Zeitraum von jeweils längstens drei Monaten beschließen, wenn ein relevantes örtliches Infektionsgeschehen besteht oder das Zusammentreten der Organe der Kommune sonst aufgrund einer außergewöhnlichen Notlage erheblich erschwert ist. 3Für die Fassung des Beschlusses können die Regelungen des Absatzes 2 bereits angewendet werden.
(2) 1Liegen die Voraussetzungen nach Absatz 1 vor, so
- 1.
kann die Vertretung auf Vorschlag der Hauptverwaltungsbeamtin oder des Hauptverwaltungsbeamten über bestimmte Angelegenheiten im Umlaufverfahren beschließen, wenn sich vier Fünftel der Mitglieder der Vertretung damit einverstanden erklärt haben; dies gilt für Sitzungen des Hauptausschusses und der Ausschüsse entsprechend,
- 2.
kann die Vertretung beschließen, dass der Hauptausschuss längstens für die Dauer der festgestellten epidemischen Lage über bestimmte Angelegenheiten anstelle der Vertretung beschließt,
- 3.
kann die Hauptverwaltungsbeamtin oder der Hauptverwaltungsbeamte im Benehmen mit der oder dem Vorsitzenden der Vertretung in der Ladung anordnen, dass alle oder einzelne Abgeordnete per Videokonferenztechnik an der Sitzung der Vertretung teilnehmen können, soweit dies technisch möglich ist; dies gilt für Sitzungen des Hauptausschusses und der Ausschüsse entsprechend,
- 4.
kann die Entscheidung nach § 46 Abs. 4 Satz 1 abweichend von § 46 Abs. 4 Satz 2 bis spätestens 12 Monate vor dem Ende der laufenden Wahlperiode getroffen werden,
- 5.
kann die Hauptverwaltungsbeamtin oder der Hauptverwaltungsbeamte bei der Vorbereitung von Beschlüssen des Hauptausschusses auf die Beteiligung der beratenden Ausschüsse verzichten, wenn der Hauptausschuss nichts anderes bestimmt,
- 6.
ist die Hauptverwaltungsbeamtin oder der Hauptverwaltungsbeamte nicht verpflichtet, einem Verlangen auf Einberufung der Vertretung nach § 59 Abs. 2 Satz 4 Nr. 2 zu entsprechen,
- 7.
kann in den von § 94 erfassten Angelegenheiten anstelle des Ortsrates die Ortsbürgermeisterin oder der Ortsbürgermeister und anstelle des Stadtbezirksrats die Bezirksbürgermeisterin oder der Bezirksbürgermeister angehört werden.
2Die Beschlüsse, die im Umlaufverfahren gemäß Satz 1 Nr. 1 oder aufgrund einer Übertragung der Zuständigkeit nach Satz 1 Nr. 2 vom Hauptausschuss anstelle der Vertretung gefasst wurden, sind unverzüglich zu veröffentlichen, soweit nicht im Einzelfall aus Gründen des öffentlichen Wohls oder zur Wahrung berechtigter Interessen Einzelner etwas anderes beschlossen wird. 3Ergeht für eine öffentliche Sitzung eine Anordnung nach Satz 1 Nr. 3, so kann das jeweilige Gremium unbeschadet von § 64 Abs. 2 Satz 2 durch Beschluss zulassen, dass auch die Öffentlichkeit per Videokonferenztechnik an dieser Sitzung teilnehmen kann. 4 § 64 Abs. 2 Satz 3 findet Anwendung, soweit dies technisch möglich ist. 5Soweit die Öffentlichkeit an einer gemäß Satz 1 Nr. 3 durchgeführten Sitzung der Vertretung nicht teilnehmen konnte, ist das Protokoll (§ 68) zu veröffentlichen.
(3) 1Der Hauptausschuss verlängert auf Antrag der Vertreterinnen und Vertreter eines Bürgerbegehrens durch Beschluss die Fristen nach § 32 Abs. 6 Sätze 1 und 4 und Abs. 7 Satz 4. 2Die Verlängerung erfolgt für die Dauer der festgestellten epidemischen Lage, höchstens jedoch für sechs Monate.
(4) 1Zur Bewältigung der Folgen einer epidemischen Lage nach Absatz 1 für die kommunale Haushaltswirtschaft
- 1.
muss die Kommune Fehlbeträge des ordentlichen und außerordentlichen Ergebnisses aus dem betreffenden Haushaltsjahr oder den betreffenden Haushaltsjahren und dem Folgejahr in ihrer Bilanz auf der Passivseite gesondert ausweisen,
- 2.
darf sich die Kommune abweichend von § 110 Abs. 7 Satz 1 über den Wert ihres Vermögens hinaus verschulden, wenn die Verschuldung auf der festgestellten epidemischen Lage beruht,
- 3.
kann die Vertretung beschließen, dass in dem betreffenden Haushaltsjahr oder den betreffenden Haushaltsjahren und in den beiden Folgejahren ein Haushaltssicherungskonzept nach § 110 Abs. 8 nicht aufgestellt wird, soweit wegen der festgestellten epidemischen Lage der Haushaltsausgleich nicht erreicht, eine Überschuldung nicht abgebaut oder eine drohende Überschuldung nicht abgewendet werden kann,
- 4.
dürfen Liquiditätskredite nach § 122 Abs. 1 Satz 1 abweichend von § 112 Abs. 3 Satz 1 bereits ab dem Tag nach der Verkündung der Haushaltssatzung aufgenommen werden, jedoch frühestens mit Beginn des Haushaltsjahres,
- 5.
dürfen abweichend von § 114 Abs. 2 Satz 2 Haushaltssatzungen ohne genehmigungsbedürftige Teile bereits zwei Wochen nach Vorlage an die Kommunalaufsichtsbehörde verkündet werden,
- 6.
muss für unmittelbar aus der festgestellten epidemischen Lage resultierende über- oder außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen abweichend von § 117 Abs. 1 Satz 1 eine Deckung nicht gewährleistet sein,
- 7.
kann die Kommune abweichend von § 122 Abs. 1 Satz 1 Liquiditätskredite für Unternehmen und Einrichtungen in der Rechtsform des privaten Rechts, bei denen sie über die Mehrheit der Anteile verfügt, sowie für ihre kommunalen Anstalten im Rahmen des in der Haushaltssatzung festgesetzten Höchstbetrages aufnehmen und an diese Rechtsträger weiterreichen, soweit diesen aufgrund der festgestellten epidemischen Lage für rechtzeitige Auszahlungen andere Mittel nicht zur Verfügung stehen,
- 8.
gilt abweichend von § 122 Abs. 2 der von der Vertretung für die Aufnahme von Liquiditätskrediten festgesetzte Höchstbetrag als von der Kommunalaufsichtsbehörde genehmigt, wenn der Höchstbetrag ein Drittel der im Finanzhaushalt veranschlagten Einzahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit nicht übersteigt.
2Fehlbeträge nach Satz 1 Nr. 1 sollen in einem Zeitraum von bis zu 30 Jahren gedeckt werden. 3Die Möglichkeit nach Satz 1 Nr. 7 lässt die Erteilung einer Zulassung nach § 181 unberührt. 4Gilt der festgesetzte Höchstbetrag gemäß Satz 1 Nr. 8 als genehmigt, so ist der zugrundeliegende Beschluss der Vertretung der Kommunalaufsichtsbehörde unverzüglich mitzuteilen.