Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 31.08.2023, Az.: 4 K 36/22

Verteilung der Zahlungen eines Energiekonsortiums für die Inanspruchnahme von Grundstücken zur Verlegung einer Erdgasleitung auf eine Laufzeit von 25 Jahren ; Bestimmbarkeit des Vorauszahlungszeitraums anhand objektiver Umstände

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
31.08.2023
Aktenzeichen
4 K 36/22
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 47540
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE::2023:0831.4K36.22.00

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG erfasst nur Einnahmen die auf einer Nutzungsüberlassung beruhen, nicht aber Entschädigungsleistungen für eine Wertminderung eines Grundstücks

  2. 2.

    Voraussetzung für die Verteilung der Einnahme nach § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG ist, dass der Vorauszahlungszeitraum anhand objektiver Umstände und sei es auch im Wege sachgerechter Schätzung feststellbar (bestimmbar) ist und einen Nutzungsüberlassungszeitraum von mehr als fünf Jahren entgilt.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob Zahlungen eines Energiekonsortiums für die Inanspruchnahme von Grundstücken zur Verlegung einer Erdgasleitung auf eine Laufzeit von 25 Jahren verteilt werden können.

Die Kläger werden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin ist Inhaberin eines landwirtschaftlichen Betriebs von ca. 8,8 ha, der Kläger von ca. 10,12 ha Größe, wobei die Flächen zum größten Teil verpachtet sind. Sie ermittelten ihre Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung im Sinne von § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für das für Land- und Forstwirte geltende Regelwirtschaftsjahr, also für den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. Juni des Folgejahres.

Teile der landwirtschaftlichen Flächen der Kläger liegen in einem Gebiet, das im Rahmen eines bundesländerübergreifenden Projektes genutzt werden sollte. Unter den teilweise in der Nähe der Hofstelle gelegenen Grundstücken waren bereits in den Jahren 1966 zwei Gasleitungen, im Jahr 1981 und im Jahr 1991 jeweils eine Gasleitung verlegt worden.

Am 29. Dezember 2011 schlossen die Kläger mit der A AG, der B GmbH & Co. KG und der C GmbH als Gesamtberechtigte, vertreten durch die D GmbH (im Folgenden: die Vorhabensträger) eine "Gestattungs- und Bauerlaubnisvereinbarung" über die "Verlegung einer Erdgasleitung sowie eines Steuer- und Kommunikationskabels zur betrieblichen Nutzung zur Überwachung und Steuerung des Gastransportes in der Erdgasleitung" auf (bzw. unter) den Grundstücken der Kläger (im Folgenden: Vereinbarung).

In § 1 Abs. 1 der Vereinbarung werden bestimmte Flächen der Klägerin und des Klägers nach Flurstücken ausgewiesen und auf diesen sog. Schutzstreifenflächen und sog. Arbeitsstreifen festgelegt. Dabei waren die Schutzstreifen die Bereiche, in denen die Leitungen verlegt werden sollten, während die Arbeitsstreifen für den Bau der Leitungen erforderlich waren. Es waren insgesamt Flächen von 18.188 qm betroffen. Die Schutzstreifen umfassten eine Fläche von insgesamt 3.713 qm, von denen 3.466 qm im Eigentum der Klägerin und 247 qm im Eigentum des Klägers standen, die Fläche der Arbeitsstreifen betrug insgesamt 14.475 qm, von denen 13.588 qm auf die Klägerin und 887 qm auf den Kläger entfielen.

In § 1 Abs. 2 der Vereinbarung heißt es:

"(2) Die Eigentümer gestatten dem Vorhabenträger [sic!] unwiderruflich, die in (...) § 1 Abs. 1 (...) als Schutzstreifen aufgeführten Grundstücksteilflächen (...) für die Erdgasleitung (...) nebst einem unmittelbar neben der Leitung verlegten Steuer- und Kommunikationskabel in Anspruch zu nehmen.

Die Eigentümer gestatten dem Vorhabenträger [sic!] unwiderruflich, bis zum endgültigen Abschluss der Bauarbeiten die in (...) § 1 Abs. 1 (...) als Arbeitsstreifenflächen bezeichneten Teilflächen (...) in Anspruch zu nehmen.

Diese Gestattung bzw. Duldung dient ausdrücklich nicht für die Verlegung weiterer Leitungen oder Kabel."

Gemäß § 1 Abs. 3 der Vereinbarung verpflichteten sich die Eigentümer zu Gunsten der Vorhabensträger eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit in das Grundbuch eintragen zu lassen. Nach Anlage 1 der Vereinbarung sollte diese beschränkt persönliche Dienstbarkeit dazu berechtigen, in dem Schutzstreifen

"eine Erdgasfernleitung mit Kabel und Zubehör (...) unterirdisch zu verlegen, zu betreiben, dauernd zu belassen und die Grundstücke zum Zwecke des Baues, des Betriebs und der Unterhaltung der Erdgasfernleitung zu benutzen". Außerdem dürfen auf dem Schutzstreifen der in Anspruch genommen Grundstücke "für die Dauer des Bestehens der Anlage keine Gebäude errichtet oder sonstige Einwirkungen, die den Bestand oder Betrieb der Erdgasfernleitung beeinträchtigen oder gefährden, vorgenommen werden."

§ 1 Abs. 5 der Vereinbarung lautet:

"Die Leitung bleibt im Eigentum der Vorhabensträger. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Leitung nur zu einem vorübergehenden Zweck verlegt wird (§ 95 Abs. 1 Satz 1 BGB)."

In § 1 Abs. 8 heißt es:

"Die Ansprüche der Eigentümer auf Wiederherstellung und Entschädigung in Anspruch genommener Flächen gelten für alle Maßnahmen nach dem Bau der Leitung (Unterhaltung, Instandsetzung, Umlegung, Stilllegung, Beseitigung etc.). Maßnahmen nach dem Bau der Leitung sind gesondert zu entschädigen und sind nicht von den Entschädigungszahlungen dieser Vereinbarung (1,5 Mio. €) umfasst."

In § 1 Abs. 9 der Vereinbarung wird die Errichtung von Baulichkeiten auf den Schutzstreifen untersagt. Gleichzeitig muss aber eine "zeitgemäße landwirtschaftliche Bewirtschaftung der Fläche nach guter fachlicher Praxis (...) sichergestellt bleiben".

In § 2 der Vereinbarung sind Einzelheiten zu den "Bauarbeiten" geregelt. Diese sollen nach § 2 Abs. 7 "möglichst (...) innerhalb von drei Monaten (...) beendet sein, damit die Fruchtfolge eingehalten werden kann."

§ 2a Abs. 6 der Vereinbarung lautet:

"Durch die Verlegung der Leitung erleiden die Eigentümer eine Wertminderung ihres Grundstücks und büßen ggf. bestehende Entwicklungsmöglichkeiten ein. Die Vorhabenträger [sic!] zahlen den Eigentümern zum Ausgleich dieser Nachteile einen Betrag in Höhe von 1.493.712,41 € (...).

In § 5 der Vereinbarung ist als "Zusatzvereinbarung" bestimmt, dass die Vorhabensträger sechs Wochen nach Erteilung der notariell beglaubigten Eintragungsbewilligung der Klägerin einen einmaligen Gesamtbetrag i.H. von 5.804,30 € und dem Kläger i.H. von 483,29 € als endgültige Entschädigung für die in dieser Vereinbarung geregelte Grundstücksinanspruchnahme und die dauerhafte Belastung des Grundstücks mit der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zahlen.

Ferner verpflichtete sich die Klägerin ihre bei dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg anhängige Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluss zurückzunehmen (§ 5 Abs. 2), die Vorhabensträger verpflichteten sich, die Anträge auf vorzeitige Besitzeinweisung und Enteignung zurückzunehmen (§ 5 Abs. 7). Dies sollte innerhalb von sieben Tagen nach Vertragsunterzeichnung erfolgen.

In den in § 9 der Vereinbarungen enthaltenen "Schlussbestimmungen" heißt es in Absatz 2: "Der Vertrag gilt bis zur endgültigen Stilllegung und Entfernung der Leitung", in Abs. 3 werden die Regelungen der "Rahmenvereinbarung mit dem [Verband E]" ergänzend zur Anwendung gebracht, falls die der Vereinbarung hinter diesen zurückbleiben sollten.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Vereinbarung wird auf Blatt 1 ff. der Lasche "Verträge" wegen der Einzelheiten der ergänzend anzuwendenden Vereinbarung der Vorhabensträger mit dem [Verband E] auf Blatt 42 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen.

Der Betrag i.H. von 1.493.712,41 € (nach § 2a Abs. 6 der Vereinbarung) wurde am 23. Januar 2012, die Beträge nach § 5 der Vereinbarung wurden jeweils am 17. Dezember 2015 gezahlt.

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung für 2012 beantragten die Kläger ausdrücklich, die Entschädigung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG auf 25 Jahre zu verteilen. Dabei teilten sie den Betrag von 1.493.712,41 € nach dem Verhältnis der Größe der Eigentumsflächen bezogen auf die vereinbarten Arbeitsstreifen auf sich auf. Die Zahlung sollte danach zu 93,87% auf die Klägerin und zu 6,13% auf den Kläger entfallen. Die an die Klägerin geleistete Forstentschädigung wurde vollständig und (wohl versehentlich) noch einmal anteilig der Klägerin zugerechnet. Die (erst im Jahr 2015) gezahlten Beträge nach § 5 der Vereinbarung wurden beiden Klägern direkt zugerechnet. Es ergaben sich danach Beträge i.H. von 1.482.637,76 € für die Klägerin und 92.047,86 € für den Kläger. Diese verteilten sie auf 300 Monate, d.h. 25 Jahre, und setzten in den Gewinnermittlungen der Klägerin für die Wirtschaftsjahre 2011/2012 einen Betrag von 29.652,76 € und 2012/2013 von 59.305,51 € und in denen des Klägers einen Betrag von 1.840,98 € bzw. 3.681,91 € an. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf Blatt 64 der Heftung "Einspruch ESt 2011, ESt 2012" Bezug genommen.

Das beklagte Finanzamt folgte dem nicht, es war der Auffassung, dass die Verteilung der Entschädigung auf 25 Jahre nicht möglich sei. Es rechnete die Zahlungen der Vorhabensträger vielmehr dem erklärten Gewinn des Wirtschaftsjahres 2011/2012 in voller Höhe hinzu und korrigierte gegenläufig die erklärten anteiligen Erträge. Für das Wirtschaftsjahr 2011/2012 ermittelte das Finanzamt einen Gewinn der Klägerin i.H. von 1.525.487 € und für den Kläger i.H. von 87.228 €. Die Gewinne erfasste es hälftig in dem Einkommensteuerbescheid 2012 vom 24. September 2014 und berücksichtigte daneben hälftig den ebenfalls um den Verteilbetrag korrigierten Gewinn/Verlust des Wirtschaftsjahres 2012/2013 i.H. von ./. 340,41 € für die Klägerin und von ./. 72.282,06 € für den Kläger.

Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein und führten aus, die Möglichkeit der Verteilung der Einmalzahlung sei durch § 11 Abs. 1 Satz 3 i. V. mit Abs. 2 Satz 3 EStG geregelt und gelte auch für die Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Bei dem vereinbarten Entgelt für die Inanspruchnahme der Grundstücke handele es sich trotz der in der Vereinbarung verwendeten Bezeichnung als Ausgleich für die Wertminderung des Grundstücks um ein Nutzungsentgelt. Die steuerrechtliche Beurteilung sei nicht von der vertraglichen Bezeichnung abhängig. Obwohl in dem Vertrag kein bestimmter Zeitraum vorgesehen sei, seien die Verpflichtungen der Grundstückeigentümer nicht absolut zeitlich unbegrenzt, denn der Vertrag gelte bis zur endgültigen Stilllegung und Entfernung der Leitung. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (im Folgenden: BFH) komme eine Verteilung von Zahlungen auf einen Mindestzeitraum von 25 Jahren aber auch bei einer zeitlich unbegrenzten Grunddienstbarkeit in Betracht.

Auf Nachfrage des beklagten Finanzamts, von welchem Zeitraum die Vertragsparteien bei der in § 1 Abs. 5 der Vereinbarung enthaltenen Formulierung "vorübergehender Zweck" ausgegangen seien und wie die Entschädigung von knapp 1,5 Mio. € zum Ausgleich der Nachteile wie die Wertminderung des Grundstücks und die Einbußen der Entwicklungsmöglichkeiten ermittelt worden sei, erklärten die Kläger, dass es nicht bekannt und feststellbar sei, was mit "vorübergehender Zweck" gemeint gewesen sei. Es habe sich sicherlich um die juristische Formulierung des § 95 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gehandelt. Es werde der Zeitraum gemeint gewesen sein, für den Gas gefördert werde, danach könne die Leitung stillgelegt oder abgebaut werden. Eventuell böten die Nutzungen der anderen Leitungen einen Anhaltspunkt.

Die Vorhabensträger hätten für das neue Netz bereits in der Nähe Leitungen verlegt und die Grundstücke der Kläger deswegen benötigt, sonst hätte die Vorhabensträger den Bau endgültig stoppen müssen. In den ersten Gesprächen hätten die Vorhabenträger eine Entschädigung von 1,50 € pro qm angeboten. Nachdem die Kläger damit nicht einverstanden gewesen seien, hätten die Vorhabensträger mit einer vorläufigen Besitzeinweisung gedroht, mit der Folge, dass die Kläger die Baumaßnahme hätten dulden müssen. Gegen die vorläufige Besitzeinweisung hätten sie, die Kläger, und zehn andere Betroffene geklagt und vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg obsiegt. Danach hätten die Vorhabensträger neu verhandelt, was zu der bekannten Vereinbarung geführt habe. Dabei sei eine Fläche von 8.000 qm zugrunde gelegt worden und, als Wertminderung bezeichnet, ein Betrag von 75 €/qm angesetzt worden. Der sich daraus ergebende Betrag von 600.000 € sei wegen der Einkommensteuerpflicht um einen Zuschlag von 700.000 € erhöht worden, durch weitere Nachverhandlungen sei die später erzielte Summe erreicht worden.

Der Entschädigungsbetrag sei unter dem Druck der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts und dem Interesse der Vorhabensträger an der Inanspruchnahme des Grundstücks durch eine Grunddienstbarkeit, also die Möglichkeit der Verlegung von Leitungen, ausgehandelt worden. Es seien verschiedene Berechnungen ins Feld geführt worden. Letztlich orientierten sich Entschädigungsforderungen des Grundstückseigentümers an der Interessenlage der Gegenseite und diese müsse sich überlegen, welchen Nutzen sie habe und welchen Aufwand sie dafür in Kauf nehme. Ein Sachverständigengutachten sei nicht erstellt worden, denn es seien Verhandlungen auf Grundlage der unterschiedlichen Interessenlagen geführt worden. Aus der Bodenrichtwertkarte zum Stichtag 1. Januar 2011 ergebe sich ein Bodenrichtwert für die an ihre Hofstelle angrenzenden Grundstücke von 80 €/qm. Die Wertminderung des Hofgrundstücks ergebe sich durch die Insellage zwischen allen Leitungen, außerdem sei die Bebauung weiterer Bauplätze durch die Leitungen, die Inhalt der Grunddienstbarkeit seien, gehindert. Die Bewirtschaftungseinschränkungen ergäben sich dadurch, dass der 10 m breite Schutzstreifen über der Leitung nur eingeschränkt nutzbar sei und die Arbeitsstreifen eine schlechtere Bodenstruktur als vorher aufwiesen.

Das Einspruchsverfahren ruhte zunächst bis zur Entscheidung des BFH in den Revisionsverfahren VI R 54/16 und VI R 34/17. Nachdem der BFH über diese Revisionsverfahren entschieden hatte, beriefen sich die Kläger bei der Fortführung des Einspruchsverfahrens darauf, dass ihr Fall mit dem in dem Verfahren VI R 34/17 zugrundeliegenden Fall vergleichbar sei. Im Streitfall sei die zeitliche Inanspruchnahme begrenzt, wie sich aus § 9 Abs. 2 ergebe. Danach gelte der Vertrag bis zur endgültigen Stilllegung und Entfernung der Leitung. Bei zeitlich unbegrenzten Nutzungsrechten komme ebenfalls eine Verteilung, und zwar regelmäßig auf 25 Jahre, in Betracht. Das Entgelt für die Nutzungsüberlassung ergebe sich aus § 2a Abs. 6 der Vereinbarung. Wie in solchen Fällen üblich, werde es als Wertminderung des Grundstücks durch die Verlegung der Leitung und der Einbuße bestehender Entwicklungsmöglichkeiten bezeichnet. Es werde also nicht nach einem kapitalisierten Nutzungsentgelt berechnet. Tatsächlich seien die Grundstücke aber zur Nutzung überlassen worden, so dass die Voraussetzungen zur Verteilung nach der Rechtsprechung vorlägen. Wie das Entgelt dafür berechnet oder bezeichnet worden sei, sei letztlich unerheblich. Wirtschaftlich habe es sich um ein Entgelt für die Überlassung des Grundstücks zur Nutzung gehandelt, so dass die Voraussetzungen der Verteilung vorgelegen hätten.

Das beklagte Finanzamt korrigierte, da die Zahlungen aus der Zusatzvereinbarung wegen ihres Zuflusses erst im Wirtschaftsjahr 2015/2016 und nicht im Wirtschaftsjahr 2011/12 anzusetzen seien, die von ihm ermittelten Gewinne aus dem Vorgang. Es reduzierte die Betriebseinnahmen aus der Entschädigung auf 1.444.997,37 € für die Klägerin bzw. 86.745,50 € für den Kläger und rechnete diese Beträge dem Streitjahr 2012 hälftig zu. Es berücksichtigte wie zuvor die hälftigen korrigierten Verluste des Wirtschaftsjahres 2012/2013 und erfasste insgesamt Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für den Kläger i.H. von 7.231 € und für die Klägerin i.H. von 722.328 €.

Mit Einspruchsentscheidung vom 11. April 2022 setzte es die Einkommensteuer 2012 herab und wies im Übrigen den Einspruch als unbegründet zurück und führte hierzu Folgendes an:

Bei der Ermittlung des Gewinns durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung seien die Einnahmen grundsätzlich im Jahr des tatsächlichen Zuflusses zu erfassen. Nur Einnahmen, die für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet würden, könnten auf den Zeitraum gleichmäßig verteilt werden, für den die Vorauszahlungen geleistet würden. Die im Streitfall gezahlte Entschädigung stelle keine Einnahme aus einer Nutzungsüberlassung dar, sondern solle die Wertminderung des jeweiligen Grundstücks bzw. das Einbüßen ggf. bestehender Entwicklungsmöglichkeiten ausgleichen. Eine solche Entschädigung trete an die Stelle eines Veräußerungserlöses und sei im Zeitpunkt des Zuflusses zu erfassen. Auch bei der Entschädigung für die Grundstücksinanspruchnahme und die dauerhafte Belastung der Grundstücke mit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit handele es nicht um ein Entgelt für eine Nutzungsüberlassung, sondern für eine rechtsgeschäftliche Verwertung des Grundbesitzes durch dingliche Belastung.

Unabhängig davon, ob im Streitfall eine Einnahme für eine Nutzungsüberlassung vorliege, müsse die Dauer der mindestens mehr als fünfjährigen Nutzungsüberlassung von vornherein feststehen. Hierfür genüge nicht schon der Abschluss eines unbefristeten, ordentlich kündbaren Vertrags über die Nutzungsüberlassung. Im Streitfall sei weder eine bestimmte Laufzeit vereinbart worden noch sei eine Bestimmung des maßgeblichen Zeitraums anhand sonstiger objektiver Umstände möglich.

Hiergegen haben die Kläger am 12. Mai 2022 Klage erhoben. Sie sind der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Verteilung der den Klägern zugeflossenen Vergütungen nach § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG vorliegen. Die dauerhafte Überlassung der Grundstücke zu dem Zweck, eine Gasleitung zu verlegen und zu betreiben, stelle eine Nutzungsüberlassung dar. Den gesetzlich nicht definierten Begriff der Nutzungsüberlassung habe der BFH in Anlehnung an § 100 BGB bestimmt. Einnahmen aus einer Nutzungsüberlassung seien hiernach Leistungen, die für eine Nutzung von beweglichen oder unbeweglichen Sachen sowie Rechten erbracht würden. Entscheidend sei die jeweilige Vereinbarung im Einzelfall und dabei, ob eine Vereinbarung zur Nutzung berechtige, wobei es entscheidend auf den wirtschaftlichen Gehalt der zugrundeliegenden Vereinbarung ankomme. So habe der BFH entschieden, dass die Zurverfügungstellung von Flächen für naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahmen eine Nutzungsüberlassung sei und die Entschädigungen nach § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG verteilt werden könnten. Das Gleiche müsse gelten, wenn wie hier das Grundstück zur Verlegung und zum Betrieb einer Erdgasleitung überlassen werde. Es könne keinen Unterschied machen, ob der Vertragspartner das Grundstück auf der Oberfläche nutze oder unterhalb der Bodenkrume. Auch der untere Bereich des Bodens sei kein eigenständiges Wirtschaftsgut, sondern Teil des Betriebsvermögens.

Nach einer Verfügung der Oberfinanzdirektion Frankfurt (vom 23. Juli 2019 - S 2230 A-010-St 21) stellten Entschädigungen für die Inanspruchnahme eines Grundstücks für den Bau und den Betrieb u.a. von Erdgasleitungen nur dann eine Entschädigung für eine Wertminderung des Grund und Bodens und nicht für eine Vergütung für eine Nutzungsüberlassung dar, wenn eine Wertminderung des Grund und Bodens objektiv feststellbar sei. Das sei im Streitfall jedoch durch die Verlegung der Leitungen nicht gegeben, weil die Kläger deren landwirtschaftliche Nutzung nach der Rekultivierung durch den Vertragspartner "so gut wie uneingeschränkt" hätten fortsetzen können. Der Wert landwirtschaftlicher Grundstücke errechne sich nach den Nutzungsmöglichkeiten und der Bonität, die offenkundig hier nicht beeinträchtigt sei. Deshalb könne nach den Gesamtumständen und der wirtschaftlichen Betrachtung die Vergütung nur die Nutzungsüberlassung betreffen und nicht eine objektive Wertminderung der Grundstücke. Zur Nutzung für landwirtschaftliche Zwecke könne das Grundstück - wie auch vor der Verlegung der Gasleitung - zum etwa gleichen Preis verkauft werden. Der Wertverlust, der für die Bemessung der Vergütung beziffert worden sei, stelle keine objektive Wertminderung der Grundstücke dar. Bei Vereinbarungen, die oft erst nach langen Verhandlungen oder sogar gerichtlichen Auseinandersetzungen getroffen würden, müssten Formulierungen gefunden werden, die von "allen zuständigen, prüfenden und betroffenen Personen und Institutionen" akzeptiert werden könnten.

Schließlich werde auch in der sog. Rahmenvereinbarung mit dem [Verband E], die nach § 9 Abs. 3 der Vereinbarung ergänzend anzuwenden sei, von dem Vorliegen von "Grundstücksbenutzungsverträgen" gesprochen. Dort sei auch geregelt, dass bei Beendigung der Nutzungsüberlassung der ursprüngliche Zustand wiederherzustellen und die eingetragene Dienstbarkeit zu löschen sei. Im Abschnitt Entschädigung werde darin ausgeführt, dass die Entschädigungen für die Inanspruchnahme der Grundstücke und Eintragung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit gezahlt würden.

Die Nutzungsüberlassung im Streitfall sei auch zeitlich begrenzt bis zur Stilllegung und Entfernung der Leitung. Entsprechend sei zwischen den Parteien ausdrücklich vereinbart worden, dass die Leitungen nur zu einem vorübergehenden Zweck eingebaut würden und Eigentum des Nutzungsberechtigten blieben.

Die Situation im Streitfall sei vergleichbar mit derjenigen, in der ein Nießbraucher Baulichkeiten errichte oder ein Erbbauberechtigter auf Grund der gesetzlichen Regelung für das Erbbaurecht dinglicher Eigentümer der Baulichkeiten bleibe oder werde. Werde der Erbbauzins nicht laufend gezahlt, sondern in einem einmaligen Betrag, stelle dies eine Vergütung für eine Nutzungsüberlassung dar, die nach § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG verteilt werden könne.

Der Nutzungszeitraum müsse nach der Rechtsprechung des BFH nicht ausdrücklich vertraglich vereinbart werden, es reiche aus, wenn er an Hand objektiver Umstände im Wege sachgerechter Schätzung bestimmbar sei. Eine Bestimmbarkeit sei mithin ausreichend. Im Fall des BFH VI R 34/17 sei anhand der Nutzungsdauer des errichteten Kraftwerks und dessen Rückbau geschätzt worden.

Nach - bundeseinheitlich abgestimmter - Auffassung des Schleswig-Holsteinischen Finanzministeriums seien Entschädigungszahlungen u.a. für zu verlegende Erdkabel beim Stromnetzausbau als Entgelt für eine Nutzungsüberlassung zu beurteilen und nach § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG auf mindestens 25 Jahre zu verteilen. Nichts Anderes könne für Gasleitungen gelten.

Die Kläger beantragen,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2012 vom 24. September 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. April 2022 die Einkommensteuer auf den Betrag herabzusetzen, der sich ergibt, wenn Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i. H. von 77.340 € (Klägerin) und von ./. 34.889 € (Kläger) berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

und verweist im Wesentlichen auf seine Ausführungen im Einspruchsverfahren.

Ergänzend trägt er vor, es sei Fakt, dass im Zeitpunkt der Zahlung mit dem Verlegen der Erdgasleitung eine Wertminderung des Grundstücks eingetreten sei. Demgegenüber stelle die Durchführung naturschutzrechtlicher Ausgleichsmaßnahmen, für die Gestattungsentgelte geleistet würden und auf die sich die Kläger beriefen, nach der herrschenden Rechtsprechung keinen veräußerungsähnlichen Vorgang dar. Ein solcher liege jedoch im Streitfall vor.

Auch wenn in der Rahmenvereinbarung die Formulierung "Grundstücksbenutzungsvertrag" gewählt werde, ändere dies nichts an der steuerlichen Beurteilung der Vereinbarung im Streitfall.

Auf das Schreiben des schleswig-holsteinischen Finanzministeriums könnten sich die Kläger nicht berufen. Es sei weder ein entsprechendes BMF-Schreiben ergangen noch seien Anweisungen an die Finanzämter erteilt worden. Die Verwaltungsauffassung des Landes Schleswig-Holstein sei für die niedersächsische Finanzverwaltung nicht bindend.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist unbegründet.

Die im Streitjahr erfolgte hälftige Erfassung der den Klägern in dem Wirtschaftsjahr 2011/2012 zugeflossenen Zahlungen ist nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen für eine Verteilung dieser Zahlungen auf einen Zeitraum von 25 Jahren nach § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG sind nicht erfüllt.

Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG kann der Steuerpflichtige Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung im Sinne des Absatzes 2 Satz 3 beruhen, die also für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet werden, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.

1. Bei den im Streitjahr zugeflossenen Zahlungen handelt es sich um (steuerbare) Einnahmen, nämlich um Betriebseinnahmen bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft.

Betriebseinnahmen bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft i.S. von § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG sind in Anlehnung an § 8 Abs. 1 und § 4 Abs. 4 EStG alle Zugänge in Geld oder Geldeswert, die durch den landwirtschaftlichen Betrieb veranlasst sind. Eine Einnahme ist betrieblich veranlasst, wenn ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Betrieb gegeben ist (BFH, Urteil vom 21. November 2018 - VI R 54/16, BFHE 263, 191, BStBl. II 2019, 311).

Ein solcher Zusammenhang besteht im Streitfall dadurch, dass die Gasleitungen unter den zum Betriebsvermögen gehörenden Grund und Boden der Kläger verlegt wurden und hierfür eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit zulasten der betroffenen Grundstücke bewilligt wurde. Unstreitig gehören die Bodenschichten unterhalb der Krume zum Wirtschaftsgut Grund und Boden (vgl. BFH, Urteil vom 19. April 2021 - VI R 49/18, BStBl. II 2022, 316). Es handelt sich bei der rechtlich abgesicherten Verlegung der Gasleitungen und der Duldung des Betriebs insgesamt um einen Nutzungsvorteil des Wirtschaftsguts Grund und Boden, der mit diesem untrennbar verbunden ist.

2. Die Einnahmen wurden nicht für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren geleistet.

a) Im Streitfall fehlt es bereits an einer Überlassung zur Nutzung des Grundstücks.

Nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung umfasst der Begriff der Nutzungsüberlassung in § 11 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 3 EStG in Anlehnung an § 100 BGB sowohl die Fruchtziehung als auch die Gebrauchsüberlassung. Der Begriff der Nutzung ist danach insbesondere von der Verwertung einer Sache oder eines Rechts abzugrenzen. Vorteile aus der Veräußerung oder anderweitigen (rechtsgeschäftlichen) Verwertungen einer Sache oder eines Rechts stellen somit keine Einnahmen aus einer Nutzungsüberlassung i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG dar. Gleiches gilt für Zahlungen, durch die eine (tatsächliche oder vermeintliche) Wertminderung ausgeglichen werden soll (BFH, Urteil vom 21. November 2018 - VI R 54/16, BStBl. II 2019, 311).

Für die Abgrenzung einer Nutzungs- oder Fruchtziehungsüberlassung ist maßgebend auf den wirtschaftlichen Gehalt der zugrundeliegenden Vereinbarung abzustellen, wie er sich nach dem Gesamtbild der gestalteten Verhältnisse des Einzelfalls unter Berücksichtigung des wirklichen Willens der Vertragsparteien ergibt (s. z.B. BFH, Urteile vom 4. Juni 2019 - VI R 34/17, BFHE 265, 139, BStBl. II 2021,5; und vom 19. April 2021 - VI R 49/18, BFHE 273, 98, BStBl. II 2022, 316).

aa) Für eine Zahlung, mit der eine Wertminderung ausgeglichen und keine Nutzung entgolten werden soll, spricht im Streitfall zunächst der Wortlaut der Vereinbarung. Denn in deren § 2a Abs. 6 stellen die Parteien ausdrücklich fest, dass die Kläger als Eigentümer eine Wertminderung ihres Grundstücks erleiden sowie ggf. bestehende Entwicklungsmöglichkeiten einbüßen und die Vorhabensträger ihnen den Betrag von 1.493.712,41 € "zum Ausgleich dieser Nachteile" zahlten. Hiernach liegt also eine Entschädigungszahlung für eine Wertminderung und für den Verlust von zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten der betroffenen Grundstücke vor.

bb) Auch die Berechnung der Entschädigungssumme sowie die Umstände, aufgrund derer die Vereinbarung über die an die Kläger zu zahlende Entschädigung zustande gekommen ist, sprechen dafür, dass keine Nutzungsüberlassung entgolten, sondern eine Wertminderung ausgeglichen werden sollte.

Zur Ermittlung der Entschädigungszahlung wurden - wie von den Klägern im Einspruchsverfahren ausgeführt - ein Flächenumfang in einer Größenordnung von 8.000 qm und ein Betrag von 75 €/qm zugrunde gelegt. Letzterer orientierte sich an dem Bodenrichtwert zum 1. Januar 2011 für Bauland, der etwa 80 €/qm betrug. Die Zugrundlegung der Baulandpreise bestätigt das in der Vereinbarung ausdrücklich festgeschriebene Motiv, wonach durch die Zahlungen "ggf. bestehende Entwicklungsmöglichkeiten" ausgeglichen werden sollten. Auch wenn die Kläger im Laufe des Klageverfahrens vorgetragen haben, es habe sich gar kein Wertverlust ergeben, weil die Fläche nach der Verlegung der Gasrohre ohne weiteres bewirtschaftet werden konnten und auch ein eventueller Verkaufspreis unverändert gewesen wäre, so war jedoch nach § 1 Abs. 9 der Vereinbarung eine Bebauung der von der Verlegung der Gasleitungen betroffenen Fläche nicht mehr, jedenfalls nicht mehr ohne weiteres, möglich und konnte auch keine entsprechende Veräußerung als Bauland zu entsprechenden Preisen erfolgen. Folglich spricht diese Art und Weise der Berechnung der Entschädigung für den Ausgleich einer Wertminderung (vgl. auch BFH, Urteil vom 2. Juli 2018 - IX R 31/16, BFHE 262, 102, BStBl. II 2018, 759). Dass mit einem weiteren Betrag zusätzlich die einkommensteuerlichen Folgen der Vereinbarung berücksichtigt wurden, steht dem nicht entgegen.

cc) Wirtschaftlich betrachtet wurde die (auch im Hinblick auf die Bodenrichtwerte sehr hoch bemessene) Entschädigung zur Überzeugung des Senats zusätzlich als ein Ausgleich für die (kurzfristige) Beendigung des von der Klägerin geführten Klageverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg gegen den Planfeststellungsbeschluss gezahlt. Der Senat leitet dies aus den vertraglich festgelegten unterschiedlichen und abgestimmten Fristen für die eingegangenen Vertragspflichten ab. So verpflichtete sich die Klägerin, innerhalb von sieben Tagen nach Erhalt der von den Vorhabenträgern unterzeichneten Vereinbarung ihre Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss zurückzunehmen (§ 5 Abs. 2). Der Zahlbetrag von knapp 1,5 Mio. € sollte dann drei Wochen nach Unterzeichnung der Vereinbarung durch die Eigentümer und Zustellung an die Bevollmächtigten fällig sein.

dd) Dafür, dass die Zahlungen jedenfalls nicht für eine Nutzungsüberlassung der Grundstücke, sondern vielmehr für die Einräumung der Grunddienstbarkeit und der Beendigung des Verfahrens gezahlt wurden, spricht auch die in der schuldrechtlichen Vereinbarung fehlende Regelung einer kalendermäßig bestimmten Laufzeit. Denn da für die Vertragsparteien gerade nicht die Vergütung der Nutzungsmöglichkeit am Grundstück für eine bestimmte Zeit im Vordergrund der Entschädigungszahlung stand, war es aus ihrer Sicht folgerichtig, die Laufzeit nicht zu bestimmen (vgl. BFH, Urteil vom 2. Juli 2018 - IX R 31/16, BFHE 262, 102, BStBl. II 2018, 759).

ee) Eine Nutzungsüberlassung i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 3 EStG liegt im Übrigen auch dann nicht vor, wenn der Steuerpflichtige - wie im Streitfall - zur Vermeidung einer sonst zulässigen förmlichen Enteignung daran mitwirkt, durch vertragliche Vereinbarung eine dem Ergebnis eines möglichen Enteignungsverfahrens entsprechende Beschränkung seines Eigentums gegen Entschädigung (Entgelt) zu gestatten (BFH, Urteil vom 21. November 2018 - VI R 54/16, BFHE 263, 191, BStBl. II 2019, 311).

b) Darüber hinaus fehlt es auch im Zeitpunkt der Zahlung an einem feststehenden Zeitraum "von mehr als fünf Jahren".

Die Nutzungsüberlassung muss über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren vereinbart sein. Voraussetzung für die Verteilung der Einnahme ist, dass der Vorauszahlungszeitraum anhand objektiver Umstände - und sei es auch im Wege sachgerechter Schätzung - feststellbar (bestimmbar) ist und einen Nutzungsüberlassungszeitraum von mehr als fünf Jahren entgilt (BFH, Urteil vom 4. Juni 2019 - VI R 34/17, BFHE 265, 139, BStBl. II 2021, 5)

Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt.

Zur Laufzeit des (schuldrechtlichen) Vertrages findet sich nur in den Schlussbestimmungen eine Regelung. Danach gilt der Vertrag bis zur "endgültigen Stilllegung und Entfernung der Leitung" (§ 9 Abs. 2). Wann diese erfolgen soll oder geplant ist, ist jedoch nicht ersichtlich. Bei der von den Klägern im Einspruchsverfahren hierfür als Zeitpunkt genannten Beendigung der Gaslieferungen handelt es sich um ein völlig ungewisses Ereignis. Auch aus der Konstruktion und Bauweise der Leitungen bzw. deren mutmaßlicher Lebensdauer lässt sich nichts schließen. Denn vergleichbare Leitungen liegen bereits seit längerem auf dem Grundstück der Kläger (die Erste seit 1966). Eine sachgerechte Schätzung des Nutzungszeitraums scheidet daher aus. Zwar dürfte davon auszugehen sein, dass das den Vertrag auflösende Ereignis nicht vor Ablauf von fünf Jahren eintreten wird. Ein bestimmbarer Zeitraum folgt hieraus aber nicht.

Hinzu kommt, dass die getroffenen Vereinbarungen nicht ausschließen, dass die Gasleitung nach Nutzungsende im Boden belassen wird. Zwar wurde in dem Vertrag die Formulierung "endgültige Stilllegung und Entfernung der Leitung" gewählt. Ausweislich der Rahmenvereinbarung der Vorhabensträger mit dem [Verband E], die auch im Streitfall ergänzend anzuwenden ist, kann die Entfernung jedoch nur dann beansprucht werden, "wenn der Grundstückseigentümer ein berechtigtes Interesse nachweist".

3. Aus der von den Klägern angeführten Verwaltungsanweisung des Finanzministeriums des Landes Schleswig-Holstein lässt sich kein anderes Ergebnis begründen.

a) Norminterpretierende Verwaltungsanweisungen sind keine Rechtsnorm, sondern lediglich Ausdruck der Rechtsmeinung der Verwaltungsbehörde. Solche Verwaltungsanweisungen können - soweit sie nicht der Bindung eines der Behörde durch Gesetz eingeräumten Ermessens dienen - weder eine mit Rechtsverordnungen vergleichbare Bindung aller Rechtsanwender noch eine Bindung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben herbeiführen (BFH, Urteil vom 24. August 2016 - X R 11/15, BFH/NV 2017, 300). Darüber, ob die Auslegung einer Rechtsnorm durch die Finanzverwaltung im Einzelfall Bestand hat, entscheidet das Gericht (BFH, Urteil vom 13. Dezember 2007 - IV R 92/05, BFHE 220, 482, BStBl. II 2008, 583). Im Wege von Verwaltungserlassen dürfen die Finanzbehörden keine Ausnahmen von der gesetzlich vorgesehenen Besteuerung zulassen (BFH, Beschluss vom 28. November 2016 - GrS 1/15, BFHE 255, 482, BStBl. II 2017, 393).

Bei der von den Klägern angeführten Kurzinformation des schleswig-holsteinischen Finanzministeriums vom 23. Mai 2023 (DStR 2023, 1358) handelt es sich um eine norminterpretierende Verwaltungsanweisung, weil sie ungeachtet der im Einzelfall getroffenen Vereinbarungen Entschädigungsleistungen im Zusammenhang mit dem Stromnetzausbau als zeitraumbezogene Gegenleistung für eine Nutzungsüberlassung einordnet, die nach § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG auf einen Mindestzeitraum von 25 Jahren verteilt werden soll. Dadurch werden keine Vorgaben für eine Ermessensausübung formuliert, sondern die Anwendung eines Gesetzes vorgegeben, die nach Auffassung des Senats im Widerspruch zu der genannten Rechtsprechung des BFH steht.

b) Für den Fall ermessensleitender Verwaltungsanweisungen - die im Streitfall nicht vorliegt - hat der BFH außerdem entschieden, dass die Steuergerichte diese nicht selbst auslegen dürfen. Die Gerichte dürfen sie nur darauf überprüfen, ob die Auslegung durch die Finanzbehörden nach dem Wortlaut der Verwaltungsanweisung möglich ist (vgl. BFH, Urteile vom 27. Oktober 1978 - VI R 8/76, BFHE 126, 217, BStBl. II 1979, 54; vom 15. November 1982 - VI R 102/79, BFHE 137, 167, BStBl. II 1983, 177). Ist objektiv zweifelhaft, ob ein bestimmter Fall unter eine der Vereinfachung der Verwaltung dienende Anweisung fällt, so ist es Sache der Verwaltungsbehörde zu entscheiden, ob die Vereinfachungsregelung anzuwenden ist oder nicht (BFH, Urteil vom 18. September 1986 - VI R 102/85, BFHE 148, 25, BStBl. II 1987, 128).

Die Anweisung des schleswig-holsteinischen Finanzministeriums regelt die Behandlung von (Dienstbarkeits-) Entschädigungszahlungen im Zusammenhang mit dem Stromnetzausbau. Im Streitfall geht es jedoch um die Errichtung und den Betrieb einer Erdgasleitung. Auch wenn der wirtschaftliche Inhalt der Vereinbarungen in beiden Fällen sicherlich weitgehend identisch sein dürfte, ist der Streitfall nicht vom ausdrücklichen Wortlaut der Anweisung erfasst. Auch aus diesem Grunde kommt eine Anwendung durch das Gericht nicht in Betracht.

4. Da es an den Voraussetzungen der Ausnahmeregelung in § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG mangelt, bleibt es bei dem Grundsatz des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG, wonach Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen sind, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.

Bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr wie im Streitfall ist dabei nach § 4a Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 EStG das Wirtschaftsjahr maßgebend, in dem der Zufluss erfolgt. Der so ermittelte Gewinn ist dann entsprechend dem zeitlichen Anteil aufzuteilen. Im Streitfall ist dies das Wirtschaftsjahr 2011/2012, da im Februar 2012 der Zufluss der ersten Zahlung erfolgt ist.

II. Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.