Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 03.08.2023, Az.: 5 K 136/22

Leistungsaustausch; Schutzmaskenpauschale

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
03.08.2023
Aktenzeichen
5 K 136/22
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 40857
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE::2023:0803.5K136.22.00

Fundstellen

  • DStRE 2024, 844-847
  • UStB 2024, 17

Amtlicher Leitsatz

Die sog. Schutzmaskenpauschale nach § 5 Abs. 1 Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung (SchutzmV) in der Fassung vom 14. 12. 2020 unterliegt der Umsatzsteuer.

  1. 1.

    Die Apothekerinnen und Apotheker haben die sog. Schutzmaskenpauschale des § 5 Abs. 1 SchutzmV als Gegenleistung für die Abgabe bzw. die Bereitschaft zur Abgabe von Schutzmasken nach § 4 Abs. 1 SchutzmV an die anspruchsberechtigten Personen in der sog. Phase 1 nach § 2 Abs. 1 SchutzmV im Rahmen eines steuerbaren und steuerpflichtigen Leistungsaustausches erhalten.

  2. 2.

    Für den steuerbaren Leistungsaustausch ist es ausreichend, dass zwischen den Apotheken und der gesetzlichen Krankenversicherung ein Rechtsverhältnis nach Maßgabe der SchutzmV bestanden hat, in dessen Rahmen tatsächlich gegenseitige Leistungen ausgetauscht worden sind und die von den leistenden Apotheken empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Lieferung bzw. sonstige Leistung in Gestalt der Abgabe der Schutzmasken bzw. der Bereitschaft hierzu bildet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Steuerbarkeit der sog. Schutzmaskenpauschale nach § 5 Abs. 1 der Verordnung zum Anspruch auf Schutzmasken zur Vermeidung einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 in der Fassung vom 14. Dezember 2020 (Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung - SchutzmV).

I.

Vor dem Hintergrund des dynamischen Infektionsgeschehens im vierten Quartal des Jahres 2020 beabsichtigte die Bundesregierung das Risiko einer Ansteckung mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 für besonders vulnerable Personengruppen mittels der Verwendung von Schutzmasken zu reduzieren. Daher erließ das Bundesministerium für Gesundheit im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen und nach Anhörung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, des Deutschen Apothekerverbandes e. V. und des Verbandes der Privaten Krankenversicherung auf der Grundlage des § 20i Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. c und Nr. 2, Satz 5, 7, 9 bis 12 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) mit Wirkung ab dem 15. Dezember 2020 die SchutzmV.

Nach § 1 Abs. 1 SchutzmV hatten Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatten, Anspruch auf Schutzmasken, wenn sie zu einer besonders vulnerablen Personengruppe (sog. Risikogruppe mit einem signifikant erhöhten Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf nach einer Infektion mit dem Coronavirus SARC-CoV-2) nach den Nummern 1 oder 2 gehörten. Nach § 1 Abs. 2 SchutzmV hatten auch solche Personen den Anspruch aus § 1 Abs. 1 SchutzmV, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren, wenn sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatten und wenn sie ebenso zur Risikogruppe gehörten.

Diese anspruchsberechtigten Personen hatten gem. § 2 Abs. 1 SchutzmV im Zeitraum vom 15. Dezember 2020 bis zum Ablauf des 6. Januar 2021 (sog. Phase 1) einen Anspruch auf einmalig drei abgabefähige Schutzmasken im Sinne des § 2 Abs. 3 i.V.m. der Anlage zur SchutzmV. Zur Information der Anspruchsberechtigten hatten die Krankenkassen und die privaten Krankenversicherungsunternehmen anhand der bei ihnen vorliegenden Daten die bei ihnen versicherten Personen zu ermitteln, die nach § 1 SchutzmV anspruchsberechtigt waren, und über das Bestehen des Anspruchs zu informieren (§ 3 Abs. 1 SchutzmV).

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 SchutzmV wurde der Anspruch in der Phase 1 nach § 2 Abs. 1 SchutzmV durch die für die anspruchsberechtigten Personen unentgeltliche Abgabe von Schutzmasken an die anspruchsberechtigten Personen durch Apotheken in Deutschland im Rahmen der Verfügbarkeit der Schutzmasken erfüllt. Bei den nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 SchutzmV anspruchsberechtigten Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet hatten, erfolgte die Abgabe gegen Vorlage des Personalausweises (§ 4 Abs. 1 Satz 2 SchutzmV). Die übrigen Risikopatienten des § 1 Abs. 1 Nr. 2 hatten das Vorliegen der Erkrankung oder des Risikofaktors durch eine Eigenauskunft nachvollziehbar darzulegen; dies konnte auch durch eine in der Apotheke zu unterzeichnende Eigenerklärung auf einem Formblatt der Apotheke erfolgen.

Für die Abgabe von Schutzmasken nach § 4 Abs. 1 SchutzmV sollten die Apotheken jeweils eine Pauschalzahlung aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds über den Fonds zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes von Apotheken nach § 18 Abs. 1 Satz 1 des Apothekengesetzes nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 SchutzmV erhalten. Nach dieser Vorschrift hatte der Deutsche Apothekerverband e.V. diese sog. Schutzmaskenpauschale nach § 5 Abs. 1 SchutzmV durch Bescheid für jede Apotheke festzusetzen und nach Abzug der Verwaltungskosten an die Apotheken auszuzahlen. Die Pauschale errechnete sich durch Multiplikation des in § 9 Abs. 3 SchutzmV genannten Betrages mit dem Quotienten aus der Anzahl der im dritten Quartal 2020 von der jeweiligen Apotheke abgegebenen und nach § 19 Abs. 3 Satz 1 und 2 und Abs. 5 Satz 1 des Apothekengesetzes an den Deutschen Apothekerverband e. V. gemeldeten Packungen verschreibungspflichtiger Fertigarzneimittel zur Anwendung bei Menschen und der Anzahl der von den anspruchsberechtigten Apotheken jeweils insgesamt im dritten Quartal 2020 abgegebenen und nach § 19 Abs. 3 Satz 1 und 2 und Abs. 5 Satz 1 des Apothekengesetzes an den Deutschen Apothekerverband e. V. gemeldeten Packungen der entsprechenden Arzneimittel. Der Deutsche Apothekerverband e. V. nahm diese Aufgabe als Beliehener wahr (§ 7 Abs. 1 Satz 4 SchutzmV).

Nach § 9 Abs. 3 SchutzmV hatte das Bundesamt für Soziale Sicherung aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds bis zum 22. Dezember 2020 pauschal 491,4 Millionen € an den Fonds zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes von Apotheken nach § 18 Abs. 1 Satz 1 des Apothekengesetzes für die Erfüllung der Zahlungsverpflichtung nach § 5 Abs. 1 SchutzmV zu zahlen.

II.

Im Rahmen dieser kostenfreien Versorgung von Versicherten, die gemäß der SchutzmV zur Risikogruppe gehörten, gab die Klägerin - eine Apothekerin - Schutzmasken an die Anspruchsberechtigten aus. In diesem Zusammenhang erhielt die Klägerin aufgrund eines Auszahlungsbescheids des Nacht- und Nothilfefonds des Deutschen Apothekerverbandes e.V. vom 18. Dezember 2020 für ihre Apotheke eine einmalige Schutzmaskenpauschale zur Ausstattung besonders gefährdeter Personengruppen mit Corona-Schutzmasken für den Abgabezeitraum 15. Dezember 2020 bis 6. Januar 2021 (Phase 1) gem. § 7 SchutzmV in Höhe von ... € abzüglich einer einmaligen Abwicklungsgebühr in Höhe von ... €. Der Auszahlungsbetrag in Höhe von ... € wurde am selben Tag dem Bankkonto der Klägerin gutgeschrieben.

Nach der Begründung des Auszahlungsbescheids haben die Offizin-Apotheken über den Nacht- und Nothilfsfonds einen einmaligen Geldbetrag für die Ausgabezeitraum der Phase 1 zur Beschaffung der in der SchutzmV benannten drei Schutzmaske pro anspruchsberechtigten Versicherten erhalten, um eine ordnungsgemäße und kostenfreie Abgabe zu ermöglichen. Für diesen Ausgabezeitraum sei eine Nachweispflicht bezogen auf die Abgabe nicht vorgesehen. Im Rahmen der Berechnung der Schutzmaskenpauschale enthielt der Auszahlungsbescheid den Hinweis: "Ihre Schutzmasken-Pauschale enthält einen Umsatzsteueranteil in Höhe von ... €. Aufgrund der möglichen Leistungserbringung im Dezember 2020 gilt der Steuersatz von 16%". Für weitere Einzelheiten nimmt der Senat auf den Auszahlungsbescheid Bezug.

III.

In ihrer am 18. November 2021 elektronisch an das beklagte Finanzamt übermittelten Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2020 meldete die Klägerin unter anderem auch die vom Nacht- und Nothilfefonds des Deutschen Apothekerverbandes e.V. ausgezahlte Schutzmaskenpauschale mit dem Nettobetrag zum temporär auf 16 % herabgesetzten Regelsteuersatz an.

IV.

Mit Schreiben vom 6. Juli 2022 beantragte die Klägerin im Zusammenhang mit der Auszahlung der Schutzmaskenpauschale die Herabsetzung der Umsatzsteuer für das Jahr 2020 um ... €. Die Zahlungen aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds seien in der Phase 1 eine pauschale Zahlung. Diese seien ohne Anknüpfung an bestimmte Umsätze und auch dann erfolgt, wenn keine Schutzmasken zur Abgabe bereitgehalten worden seien. Daher habe es sich um echte - nicht steuerbare - Zuschüsse gehandelt.

Den Änderungsantrag lehnte das beklagte Finanzamt am 20. Juli 2022 ab. Über den hiergegen gerichteten Einspruch entschied das beklagte Finanzamt durch Einspruchsentscheidung vom 21. September 2022 ohne Entscheidungssatz. Zur Begründung führte das beklagte Finanzamt aus, dass die pauschale Zahlung nach § 5 Abs. 1 SchutzmV für die Abgabe der Schutzmasken durch die Apotheken, auch wenn sie sich nicht an der konkret abgegebenen Anzahl der Masken bemessen habe, eine Entgeltzahlung von Dritter Seite darstelle und daher der Umsatzsteuer unterliege. Der Einwand, dass die Zahlungen an die Apotheken auch erfolgt seien, wenn keine Schutzmasken zur Abgabe bereitgehalten worden seien, sei unbeachtlich. Es erscheine nicht glaubhaft, dass Apotheken keine Schutzmasken in der Phase 1 ausgegeben hätten.

V.

Nach Erlass der Einspruchsentscheidung änderte der Nacht- und Nothilfsfonds des Deutschen Apothekerverbandes e.V. den Auszahlungsbescheid vom 18. Dezember 2020 für die Zahlung in der ersten Phase der Ausstattung besonders gefährdete Personengruppen mit Corona-Schutzmasken durch Bescheid vom 14. Oktober 2022 in Bezug auf die in dem ursprünglichen Auszahlungsbescheid offen ausgewiesene Umsatzsteuer. In diesem Zusammenhang wurden die Apotheker im geänderten Bescheid und einem Begleitschreiben darauf hingewiesen, dass die Apotheker mit der Abgabe von Schutzmasken in der Phase 1 eine umsatzsteuerbare Leistung an die anspruchsberechtigten Personen erbracht hätten, wobei das Entgelt ohne Eigenbeteiligung der anspruchsberechtigten Person im Ergebnis allein durch den Bund als Dritten gezahlt worden sei. Der separate Ausweis der Umsatzsteuer in dem ursprünglichen Auszahlungsbescheid sei nach Rechtsauffassung der obersten Finanzbehörden der Länder aber möglicherweise unzulässig gewesen. Das würde dazu führen, dass die Umsatzsteuer dann doppelt geschuldet würde. Denn aus umsatzsteuerlicher Sicht hätten die Apotheker keine Leistungen an den Nacht- und Nothilfsfonds des Deutschen Apothekerverbandes e.V. erbracht. Daher läge in dem offenen Steuerausweis im Auszahlungsbescheid vom 18. Dezember 2020 ein unberechtigter Steuerausweis im Sinne des § 14c Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) vor, und die Apotheker würden diese Umsatzsteuer als Rechnungsaussteller in Form eines Gutschriftempfängers zusätzlich zu der gesetzlich geschuldeten Umsatzsteuer auf die Abgabe der Schutzmasken solange gegenüber der zuständigen Finanzbehörde schulden, bis die durch den unberechtigten Steuerausweis verursachte Steuergefährdung beseitigt worden sei. Sofern ein Apotheker die auf Grund des unberechtigten Steuerausweises geschuldete Steuer zusätzlich angemeldet und abgeführt hat, könne dieser Apotheker die Berichtigung der Steuerschuld gem. § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG beantragen. Da der Nacht- und Nothilfsfonds des Deutschen Apothekerverbandes e.V. keinen Vorsteuerabzug vorgenommen habe, sei der wegen unberechtigten Steuerausweises geschuldete Betrag für den Zeitraum zu berichtigen, in dem der Auszahlungsbescheid vom 18. Dezember 2020 erteilt worden sei.

Mit Schreiben vom 11. November 2022 bestätigte das für die Besteuerung des Nacht- und Nothilfefonds des Deutschen Apothekerverbandes e.V. zuständige Finanzamt, dass keine Vorsteuerbeträge hinsichtlich der Abgabe von Schutzmasken geltend gemacht worden seien und eine Gefährdung des Steueraufkommens daher zu keiner Zeit bestanden habe.

VI.

Mit ihrer am 24. Oktober 2022 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Änderungsbegehren weiter.

Die vom Nacht- und Nothilfsfonds des Deutschen Apothekerverbandes e.V. gezahlte Pauschale sei ein nicht steuerbarer echter Zuschuss. Ein Leistungsaustausch sei zu verneinen, denn nach der SchutzmV sei die Zahlung in der Phase 1 nicht an bestimmte Umsätze geknüpft und völlig unabhängig von der Anzahl der abgegebenen Schutzmasken gezahlt worden; sogar auch dann, wenn eine Apotheke keine Schutzmasken abgegeben hätte. Daher könne die Pauschale keine Gegenleistung für eine von den Apotheken erbrachte Leistung darstellen. Es fehle an einer der Gegenleistung gegenüberstehenden Leistung der Apotheke.

Dem Gesetzgeber habe es freigestanden, die Zahlungen an die Apotheken als echten Zuschuss oder als Leistungsentgelt auszugestalten. Für die Phase 1 habe er sich für den echten Zuschuss entschieden, in den darauffolgenden Phasen für das Leistungsentgelt. Hätte der Gesetzgeber die Umsatzsteuerbarkeit in der Phase 1 beabsichtigt, wäre die Höhe der geleisteten Zahlungen von der Anzahl der abgegebenen Schutzmasken abhängig gemacht worden. Es sei daher der eindeutige Wille des Gesetzgebers gewesen, sog. echte Zuschüsse aus gesundheitspolitischen Gründen zu leisten.

Entgegen der Auffassung des beklagten Finanzamts habe eine gesetzlich angeordnete Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung aus dem einschlägigen § 5 Abs. 1 SchutzmV nicht bestanden. Vielmehr seien hiernach die Zahlungen geleistet worden, um die Apotheken allgemein in den Zustand zu versetzen, Teile der Bevölkerung mit Schutzmasken versorgen zu können.

Nach Hinweis des Berichterstatters stellte das beklagte Finanzamt mit Schreiben vom 14. Juli 2023 fest, dass die Einspruchsentscheidung vom 21. September 2022 wegen des fehlenden Entscheidungssatzes nichtig sei, und erließ am selben Tage eine Einspruchsentscheidung, mit der es den Einspruch aus denselben Gründen als unbegründet zurückwies.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 20. Juli 2022 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2023 zu verpflichten, die Umsatzsteuer für das Jahr 2020 unter Abänderung der einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehenden Umsatzsteuererklärung vom 18. November 2021 um ... € auf ... € herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die pauschale Zahlung stehe in einem direkten Zusammenhang mit der Abgabe der Schutzmasken durch die Apotheken an die Endverbraucher und sei deshalb als Entgelt von dritter Seite zu erfassen. Zwischen den Apotheken und den Risikopatienten habe in der Phase 1 ein Leistungsaustausch bestanden. Bei der vom Bund getragenen Schutzmaskenpauschale habe es sich insoweit um Entgelt von dritter Seite für die Lieferungen der Schutzmasken gehandelt. Die Zahlungen des Bundes seien über das Bundesamt für Soziale Sicherung an den Nacht- und Notdienstfonds des Deutschen Apothekerverbandes e.V. erfolgt, der die Zahlungen wiederum an die einzelnen Apotheken ausgekehrt habe. Der Änderungsbescheid des Nacht- und Notdienstfonds des Deutschen Apothekerverbandes e.V. vom 14. Oktober 2022 besage nicht, dass die Zahlung des Bundes kein Entgelt von Dritter Seite für die im Rahmen eines steuerbaren Leistungsaustauschs erfolgten Lieferung von Schutzmasken von Apotheken an Risikopatienten sei.

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Klage ist unbegründet.

1. Der Ablehnungsbescheid vom 20. Juli 2022 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2023 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten, weil die am 18. Dezember 2020 an die Klägerin ausgezahlte sog. Schutzmaskenpauschale im Sinne des § 5 Abs. 1 SchutzmV zu Recht der Umsatzsteuer unterworfen worden ist (§ 101 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO)).

Die von der Klägerin in Gestalt der Erfüllung des Anspruchs der anspruchsberechtigten Personen auf drei Schutzmasken in der Phase 1 nach der SchutzmV erbrachte Leistung stellt eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG dar, welche die Klägerin als Unternehmer im Sinne des § 2 UStG gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht und dafür eine Gegenleistung in Gestalt der sog. Schutzmaskenpauschale nach § 5 Abs. 1 SchutzmV nach § 7 Abs. 1 Satz 4 SchutzmV erhalten hat.

a) Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

aa) Dazu muss zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden. Dabei wird eine Leistung dann "gegen Entgelt" erbracht, wenn zwischen der erbrachten Leistung und dem erhaltenen Entgelt ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte bestimmbare Leistung bildet. Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein. Er muss ein Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt. Es bestimmt sich in erster Linie nach dem der Leistung zugrundeliegende Rechtsverhältnis, ob eine Leistung des Unternehmers vorliegt, die derart mit der Zahlung verknüpft ist, dass sie sich auf die Erlangung einer Gegenleistung (Zahlung) richtet (vgl. zu alledem: BFH-Urteil vom 18. Dezember 2019 XI R 21/18, BStBl. II 2020, 723 m.w.N.)

bb) Für die Annahme einer Leistung gegen Entgelt ist nicht erforderlich, dass die Gegenleistung vom Leistungsempfänger erbracht wird, denn gem. § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG gehört zum Entgelt auch, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistungserbringer für diese Umsätze vom Erwerber oder Dienstleistungsempfänger oder auch einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen. Maßgebend ist, dass der Dritte für die Leistung des leistenden Unternehmers an den Leistungsempfänger zahlt und der Unternehmer die Zahlung hierfür erhält, so dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und der Zahlung des Dritten besteht (vgl. auch EuGH-Urteil vom 27. März 2014 C-151/13, Le Rayon d'Or, UR 2014, 487). Das kann auch bei einer pauschalierten Zahlung der Fall sein (vgl. EuGH-Urteil vom 29. Oktober 2015 C-174/14, Saudacor, UR 2015, 901 sowie BFH-Beschluss vom 18. Dezember 2019 XI R 31/17, BFH/NV 2020, 565).

cc) Bei Zahlungen aus öffentlichen Kassen kann es zwar an dem für die Steuerbarkeit einer Leistung erforderlichen Leistungsaustausch fehlen, wenn die Zahlung lediglich der Förderung der Tätigkeit des Zahlungsempfängers allgemein - aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen - dient und deshalb nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit einer Leistung an den Zahlenden steht. Anders ist es hingegen, wenn Zahlungen zur Ausführung bestimmter Leistungen im Interesse des Zuwendenden geleistet werden. Erbringt ein Unternehmer aufgrund eines gegenseitigen Vertrages mit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts Leistungen zur Erfüllung der von ihm vertraglich gegen Entgelt übernommenen Aufgaben, ist grundsätzlich von einem Leistungsaustausch auszugehen. Die Abgrenzung zwischen Entgelt und einem nicht steuerbaren Zuschuss wird insoweit vor allem nach der Person des Bedachten und dem Förderungsziel sowie unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Realität vorgenommen (vgl. zu alledem: BFH-Urteil vom 18. November 2021 V R 17/20, DStR 2022, 614 und vom 5. August 2010 V R 54/09, BStBl. II 2011, 191 jeweils mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).

b) Nach diesen Rechtsgrundsätzen hat die Klägerin die sog. Schutzmaskenpauschale in der sog. Phase 1 nach § 5 Abs. 1 SchutzmV als Gegenleistung für die Abgabe von Schutzmasken nach § 4 Abs. 1 SchutzmV bzw. in der Erwartung der Abgabe von Schutzmasken an die nach § 1 SchutzmV anspruchsberechtigten Personen nach § 2 Abs.1 SchutzmV im Rahmen eines Leistungsaustausches erhalten.

aa) Entgegen der Verwaltungsauffassung besteht im Streitfall aber im Zusammenhang mit der Abgabe von Schutzmasken im Rahmen des § 4 Abs. 1 SchutzmV kein (unmittelbares) Rechtsverhältnis zwischen den Apotheken - und damit zwischen der Klägerin - und den nach § 1 SchutzmV anspruchsberechtigten Personen. Denn nach § 20i Abs. 3 Satz 3 SGB V wurde das Bundesministerium der Gesundheit ermächtigt, bis zum 7. April 2023 durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass Versicherte und Personen, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, Anspruch auf bestimmte Schutzmasken hatten, wenn sie zu einer in der Rechtsverordnung festzulegenden Risikogruppe mit einem signifikant erhöhten Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf nach einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 gehörten. Insoweit vermittelte § 1 SchutzmV nach der Gesetzessystematik sowohl für Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung als auch nicht gesetzlich Krankenversicherte in der Phase 1 gegen die gesetzliche Krankenversicherung einen Anspruch auf drei Schutzmasken (ebenso Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 29. März 2021, L 6 AS 43/21 B ER, juris und Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23. März 2021, L 13 AS 125/21 B ER, ZFSH/SGB 2021, 349).

bb) Daher sind die Apotheken nach § 4 Abs. 1 Satz 1 SchutzmV auch lediglich in die Erfüllung des Anspruchs der nach § 1 SchutzmV anspruchsberechtigten, besonders vulnerablen Personengruppen nach § 2 Abs. 1 SchutzmV eingeschaltet worden. Denn nach der Gesamtkonzeption des SGB V stellen die Krankenkassen den gesetzlich Krankenversicherten gem. § 2 Abs. 1 SGB V die im Dritten Kapitel genannten Leistungen und damit auch die Leistungen zur Verhütung von Krankheiten, zu denen auch die Abgabe von Schutzmasken der auf der Grundlage des § 20i Abs. 3 Satz 3 SGB V erlassenen SchutzmV zählen, zur Verfügung. Insoweit ist - wegen der offensichtlichen Rechtswirkung des Rahmenvertrags über die Arzneimittelversorgung nach § 129 Abs. 2 und Abs. 3 SGB V zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkasse und dem Deutschen Apothekerverband e.V. für die Klägerin - jedenfalls bei den gesetzlich Krankenversicherten regelmäßig das sog. Sachleistungsprinzip gem. § 2 Abs. 2, § 13 Abs. 1 SGB V anzuwenden, wonach die gesetzlichen Krankenversicherungen grundsätzlich ihren Versicherten medizinische Sachleistungen und Dienstleistungen als Naturalleistung bereitstellen (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 20. Mai 2015 XI R 2/13, BStBl. II 2018, 605 und BFH-Beschluss vom 24. Februar 2015 V B 147/14, BFH/NV 2015, 768). Das Sachleistungsprinzip der gesetzlichen Krankenversicherung ist auch für den auf nach § 1 Abs. 2 SchutzmV auf nicht gesetzlich Versicherte ausgedehnten Anspruch auf drei Schutzmasken in der Phase 1 nach der Konzeption der SchutzmV übertragbar und damit anwendbar. Nicht entscheidungserheblich ist insoweit zur Überzeugung des Senats, dass die Krankenkassen in die Erfüllung des Anspruchs auf Abgabe der Schutzmasken wegen der Finanzierungsverantwortung des Bundesamtes für Soziale Sicherung nach § 9 Abs. 3 SchutzmV bzw. des Bundes nach § 10 Abs. 2 SchutzmV nicht eingebunden waren.

cc) Die Apotheken erbrachten daher in der Phase 1 im Rahmen des durch die SchutzmV begründeten (öffentlich-rechtlichen) Schuldverhältnisses als Rechtsverhältnis im vorgenannten Sinne in Erfüllung der Ansprüche der anspruchsberechtigten Personen Lieferungen von Schutzmasken gem. § 3 Abs. 1 UStG an die gesetzliche Krankenversicherung; mithin an die Bundesrepublik Deutschland. Hierfür wurde nach § 5 Abs. 1 SchutzmV den Apotheken nach dem Mechanismus des § 7 Abs. 1 SchutzmV die (streitgegenständliche) Schutzmaskenpauschale gezahlt. Nach § 5 Abs. 1 SchutzmV besteht auch ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der erbrachten Leistung der Apotheken in Gestalt der Erfüllung des Anspruchs nach § 2 Abs. 1 SchutzmV auf Abgabe der Schutzmasken an die anspruchsberechtigten Personen und der hierfür über den Nacht- und Notdienstfonds des Deutschen Apothekerverbandes e.V. als Zahlungsabwickler für das Bundesamt für Soziale Sicherung aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds und in letzter Finanzierungsverantwortung des Bundes gezahlten Schutzmaskenpauschale als Entgelt, die den tatsächlichen Gegenwert für die an die gesetzliche Krankenversicherung erbrachte Lieferung von Schutzmasken bildet. Denn nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 SchutzmV wird die Schutzmaskenpauschale für die Abgabe von Schutzmasken durch die Apotheken nach § 4 Abs. 1 SchutzmV gezahlt.

dd) Auch wenn der Anspruch auf Abgabe von Schutzmasken nach § 2 Abs. 1 SchutzmV an die anspruchsberechtigten Personen durch Apotheken in Deutschland nur im Rahmen der Verfügbarkeit der Schutzmasken von den Apotheken zu erfüllen gewesen und die Apotheken insoweit zu einer Abgabe von Schutzmasken nicht verpflichtet gewesen waren (vgl. hierzu auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. April 2021 I-15 U 17/21, GRUR-RR 2021, 374), ist es zur Überzeugung des Senats wirklichkeitsfremd, dass Apotheken in Deutschland zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie in der Phase 1 tatsächlich keine Schutzmasken an die nach § 1 SchutzmV anspruchsberechtigten Personen abgegeben haben. Insbesondere liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Apotheken zwar keine Masken abgegeben haben, aber zugleich die Abrechnung durch den Nacht- und Nothilfefonds des Deutschen Apothekerverbandes e.V. zu ihren Gunsten zugelassen haben. Unabhängig davon hat die Klägerin nach ihren eigenen Angaben in der Phase 1 nach Maßgabe der SchutzmV Schutzmasken an die Berechtigten ausgegeben, ohne dass diese hierfür ein Entgelt zu leisten hatten. Der Leistungsaustausch kann nach alledem jedenfalls im Streitfall nicht mit der Begründung versagt werden, dass Apotheken entgegen der ihnen obliegenden, im öffentlichen Interesse gebotenen Verpflichtung zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln nach § 1 Abs. 1 des Apothekengesetzes und entsprechend der Versorgung besonders vulnerabler Personengruppen mit Schutzmasken nach dem Zweck der SchutzmV gehandelt haben könnten.

ee) Dem Gegenleistungscharakter der Schutzmaskenpauschale steht auch nicht entgegen, dass sich die Zahlung des Pauschalbetrags nicht auf eine individualisierte Lieferung bezieht. Insoweit kann insbesondere dahinstehen, ob die Schutzmaskenpauschale nach § 5 Abs. 1 SchutzmV vom Bund nicht nur für bzw. in Erwartung der Abgabe von Schutzmasken an die abgabeberechtigten Personen in der Phase 1 bis einschließlich 6. Januar 2021 gewährt worden ist, sondern darüber hinaus weitergehende Leistungen der Apotheken in Gestalt einer Bevorratung mit Schutzmasken (auch für die nachfolgenden Phasen nach der § 2 Abs. 2 SchutzmV) abgelten sollten. Denn auch insoweit wäre im Streitfall ein Leistungsaustausch anzunehmen. Ebenso ist nicht entscheidungserheblich, dass die Apotheken zur Abgabe der Schutzmasken nur im Rahmen der Verfügbarkeit und damit nicht verpflichtet gewesen waren. Denn für einen steuerbaren Leistungsaustausch ist es ausreichend, dass zwischen den leistenden Apotheken und der Leistungsempfängerin ein Rechtsverhältnis nach Maßgabe der SchutzmV bestanden hat, in dessen Rahmen tatsächlich gegenseitige Leistungen ausgetauscht worden sind und die von den leistenden Apothekern empfangene Vergütung in Gestalt der Schutzmaskenpauschale den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Lieferung bzw. sonstige Leistung in Gestalt der Abgabe der Schutzmasken bildet.

2. Nachdem die Klage abzuweisen war, kann wegen des finanzgerichtlichen Verböserungsverbots dahinstehen, ob das beklagte Finanzamt zu Recht auf die gesamte Maskenpauschale für die im Zeitraum vom 15. Dezember 2020 bis zum Ablauf des 6. Januar 2021 abgegebenen Schutzmasken den gem. § 29 Abs. 1 UStG nur bis zum 31. Dezember 2020 auf 16 % geminderten Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG angewandt hat.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

III. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen, da zur Frage der Steuerbarkeit der Schutzmaskenpauschale im gesamten Bundesgebiet zahlreiche Einspruchsverfahren bei den Finanzämtern anhängig sind.